Schlacht bei Askalon


Schlacht bei Askalon.

12. August 1099.

[424] Die Kreuzfahrer mußten gleich nach der Eroberung Jerusalems einem ägyptischen Heer, das bei Sakalon gelandet war, entgegenziehen. Um nach allen Seiten gegen plötzlichen Angriff bereit zu sein, marschierte das Heer, das im ganzen in neun Kolonnen eingeteilt war, in drei Kolonnen nebeneinander. Heermann zeichnet, mit Delpech, die Kolonnen als Linearaufstellungen, aber nicht nur wäre es sehr schwer gewesen, so zu marschieren, sondern die Flanken wären viel schwächer gewesen als die Front, was man offenbar vermeiden wollte. Die einzelnen Kolonnen werden wir uns deshalb ziemlich ähnlich derjenigen von Pillenreuth vorzustellen haben. Da das Heer nach der besten Quelle (Raimund) 1200 Reiter zählte, so hatte jede Kolonne im Durchschnitt 133. Als es zur Schlacht kam, marschierten die hinteren Kolonnen neben den vordersten auf; die Gesta berichten ausdrücklich, daß die Fürsten nebeneinander gestanden hätten. Die Moslim nahmen den Angriff nicht an, sondern ergriffen sofort die Flucht.429 Heermann, der in der Anordnung der dreimal drei Kolonnen bereits eine Schlachtordnung von drei Treffen (nicht eine bloße Marschordnung) sehen will, vereinigt das so, daß die drei Treffen nicht hintereinander, sondern gestaffelt gestanden hätten (das zweite vorn, das erste rechts rückwärts, das dritte links rückwärts). Das mag in der Tat so gewesen sein; dann braucht man es aber nicht »Treffen« zu nennen, sondern kann darin einen nicht ganz vollendeten Aufmarsch sehen. Auch Köhler S. 178 verwirft Heermann, ist jedoch selbst wohl infolge eines Schreibfehlers (in Anmerkung 6 ist am Anfang gesagt, daß die acies hintereinander, am Schluß, daß sie nebeneinander standen) nicht klar. Nach Köhler III, 3, 339 konnte die treffenweise Schlachtordnung und Gefechtsmethode während der Kreuzzüge im Orient wegen des Fußvolks nicht zur Anwendung kommen.

Neben den 1200 Reitern sollen die Kreuzfahrer nach Raimund 9000 Fußgänger gehabt haben. Dieses Fußvolk bestand aus Schützen und Spießern430 und ging vor den Reitern her, die durch sie zum Angriff hindurchsprengten.[424]

Wie bei solcher Masse von Fußvolk die Reiter durch sie hindurchgekommen sind, kann man sich schwer vorstellen; ebensowenig, daß bei solchem Zahlverhältnis die Reiter doch als die allein ausschlaggebende Waffe erscheinen. Vermutlich ist die Zahlangabe bezüglich des Fußvolkes viel zu hoch. Freilich, der Brief der Kreuzfahrer-Fürsten an den Papst gibt das christliche Heer auf 5000 Reiter neben 15000 Fußgängern an. Da derselbe Brief aber dem König der Babylonier (wie es den Sultan von Ägypten nennt) 100000 Reiter und 400000 Mann zu Fuß gibt, und man sich nicht wohl vorstellen kann, woher die Kreuzfahrer, die bei Antiochien auf wenige 100 Pferde reduziert waren, 5000 brauchbare Ritterpferde genommen haben sollen, so werden wir auf jeden Fall die Angabe Raimunds, der bei der Schlacht als Träger der heiligen Lanze zugegen war, vorziehen (bezüglich des Fußvolks auch ihn noch reduzierend) und die Angabe des fürstlichen Briefes als Beleg ansehen, daß selbst die Zahlen in offiziellen Aktenstücken nicht immer zuverlässig sind.431


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 424-425.
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