Die Schlacht bei Nördlingen[243] 272.

(27. August/6. September 1634.)

1634, nach der Ermordung Wallensteins, wandte sich das kaiserlich-bayerische Heer unter dem Kommando des Thronfolgers,[243] König Ferdinand, und der Führung des Generals Grafen Gallas nach Bayern und belagerte Regensburg. Um die Stadt zu entsetzen, vereinigte sich Bernhard, aus der Oberpfalz heranziehend, mit Horn, der vom Bodensee kam, südlich der Donau, aber erstaunlich genug hatte jener zur Belagerung von Forchheim, dieser am Bodensee und im Breisgau Korps zurückgelassen, so daß die vereinigte Armee für einen unmittelbaren Angriff auf die Belagerer von Regensburg zu schwach schien, und während man sich nun mit der Belagerung und Einnahme von Freising, Moosburg, Landshut aufhielt, fiel endlich Regensburg.

Nach diesem Erfolg teilte sich das kaiserliche Heer, und Ferdinand zog nach Böhmen, das von einem schwedischen Korps mit den Sachsen bedroht wurde, während das bayerisch-ligistische Heer bei Ingolstadt die Ankunft eines großen spanischen Hilfsheeres abwarten wollte, das über Tirol heranzog.

Bernhard und Horn, statt nun, wie wir erwarten würden, den Bayern auf den Leib zu gehen, um sie vor Ankunft der Spanier zu schlagen, teilten sich ebenfalls und ließen ihre Truppen sich ausruhen.

Als nun die Sachsen aus Böhmen zurückwichen, konnte Ferdinand wieder umkehren, sich von neuem mit den Bayern vereinigen, Donauwörth nehmen und sich zur Belagerung von Nördlingen wenden. Sollten die Schweden auch diese wichtige protestantische Stadt in die Hände der Katholiken fallen lassen?

Bernhard, der schon bei Regensburg auf einen Versuch zum Entsatz gedrängt hatte, verlangte auch jetzt, obgleich er die Überlegenheit des Feindes nicht bestellt, daß man es auf eine Schlacht ankommen lasse, Horn widersetzte sich, und zu dem Entschluß, die[244] Belagerer Nördlingens direkt anzugreifen, ist es auch tatsächlich nicht gekommen. Nachdem man in einem Lager nicht weiter als 10 Kilometer westlich von Nördlingen, bei Bopfingen, Verstärkungen abgewartet, beschloß man, den Belagerern noch näher auf den Leib zu rücken und eine Stellung an der Straße Ulm-Nördlingen einzunehmen, die zugleich den Schweden den Bezug der Verpflegung von Ulm und Württemberg her ermöglichte, sie den Kaiserlichen aber (auf der Straße von Donauwörth) abschnitt. Der Marsch, gute zwei Meilen, führte im Bogen aus der Stellung bei Bopfingen, direkt westlich von Nördlingen auf einen Höhenrücken südwestlich der Stadt, den Arnsberg. Es scheint, daß Bernhard, der die Spitze hatte, noch etwas weiter gegen die Stadt heranrückte, als Horn erwartet hatte, weil nur aus so unmittelbarer Nähe die beabsichtigte Wirkung, der Druck auf die Zufuhrstraße der Kaiserlichen zu erreichen war. Aber der Weg, den man von Bopfingen zu nehmen hatte, führte durch ein schwieriges Defilé und Wald, und eh Horns Truppen, die denen Bernhards folgten, diese Schwierigkeiten überwunden hatten, hatten die Kaiserlichen eine Höhe, den Allbuch, die zur Stellung der Verbündeten gehört hätte und den rechten Flügel bilden mußte, besetzt, und im Kampf darum wurde es Nacht. Am nächsten Morgen suchte Horn mit aller Gewalt den Allbuch zu erstürmen, während Bernhard auf seinem, den linken Flügel, nur ein hinhaltendes Gefecht führte273, aber alle Tapferkeit der Schweden scheiterte an der großen Überlegenheit des Gegners. Denn wenn die Verbündeten endlich die größten Teile ihrer einst vor Forchheim und in Süddeutschland zurückgelassenen Korps an sich gezogen hatten, so hatten sich mit den Kaiserlichen mittlerweile die lange erwarteten Spanier vereinigt. Es scheint,[245] daß die Übermacht nicht viel weniger als etwa 40000 gegen 25000 betrug274.

Als der Feldmarschall Horn nun erkannte, daß er weder imstande sei, den Allbuch zu nehmen, noch das Gefecht bis zum Abend hinzuhalten, trat er unter der Deckung eines Kavallerie-Vorstoßes gegen Mittag den Rückzug an, während Bernhard seinen Hügel noch behauptete. Aber jetzt gingen die Kaiserlichen ihrerseits zum Angriff vor. Auch Bernhards Truppen mußten weichen und kreuzten sich mit den zurückgehenden Truppen Horns, da die Ulmer Straße ganz hinter dem linken Flügel lag und die Truppen Horns ja in ihre eigentliche Stellung gar nicht gelangt waren, sondern mit dem Rücken gegen diese Straße, also im Haken mit den Truppen Bernhards gekämpft hatten. Unter all diesen ungünstig zusammenwirkenden Umständen brach das Heer der Protestanten vollständig zusammen, die Infanterie wurde fast vernichtet, Horn wurde gefangen, Bernhard entkam nur mit Mühe.

Die Auffassung liegt nahe, daß Bernhard, indem er so nahe an das feindliche Lager heranrückte, daß man es von der Höhe mit den Geschützen erreichen konnte, sich bewußt gewesen ist, daß er damit die Schlacht erzwinge und seinen zögernden Genossen im Oberbefehl so wider seinen Willen zur Entscheidung fortgerissen hat, weil er wußte, daß Nördlingen schon in der äußersten Not war und jeden Augenblick fallen konnte. Nimmt man hinzu, daß die schwedischen Feldherren das ungeheure Mißverhältnis der Kräfte sicherlich nicht gekannt haben, so scheint nichts vorzuliegen, was diese Auffassung unmöglich machte. In Wirklichkeit dürfte es doch anders gewesen sein. Wenn Bernhard so unbedingt die taktische Entscheidung angestrebt hätte, hätte er seine Truppen von Anfang an nicht so zersplittern und namentlich in der Zeit, wo Ferdinand[246] in Böhmen war, die Schlacht suchen müssen. Wenn es jetzt den Schweden gelang, durch ihren kühnen Flanken-Marsch, die beherrschende Stellung im Südwesten der Stadt ohne Kampf zu erlangen, oder noch am Abend oder am nächsten Morgen früh den Allbuch zu nehmen, so ist es doch nicht so sicher, daß es zur Schlacht gekommen wäre. Wenigstens durfte Bernhard, der die Kaiserlichen wohl für etwas, aber doch nicht sehr wesentlich überlegen hielt, annehmen, daß sie den Sturm auf die starke Stellung, die die Schweden dann einnahmen, nicht wagen, sondern abziehen und Nördlingen aufgeben würden. Erst dadurch, daß der Marsch durch das Defilé zu lange dauerte, und die Schweden die von Bernhard beabsichtigte Stellung gar nicht vollständig erreichten und nun darum kämpften, kam es zur Schlacht, die wir deshalb nicht zu den rangierten, sondern zu den Begegnungsschlachten zu zählen haben275.

Der Verlust der Schweden wird auf 10000 bis 12000 Mann, über die Hälfte des Heeres angenommen; die Infanterie war so gut wie vernichtet. Das katholische Heer soll nicht mehr als 1200 bis 2000 Mann verloren haben, und das ist sehr wohl möglich, daß schon der Sturm auf die Allbuch-Stellung für die Protestanten verlustreicher gewesen sein wird als für die Gegner, der Massenverlust, namentlich an Gefangenen aber erst auf dem Rückzug eintrat.

Über die Tätigkeit der einzelnen Waffengattungen und ihr Zusammenwirken, überhaupt über das eigentlich Taktische ist aus den vorhandenen Berichten nichts Wesentliches zu entnehmen. Wesentlich aber und höchst interessant ist, um es noch einmal hervorzuheben, das strategische Moment, daß keine von beiden Parteien die Schlacht als solche will und beabsichtigt, sondern daß sie sich entwickelt aus dem Kampf um den Besitz einer Höhe, also die Ausführung eines Manövers, das, wenn es gelang, die katholische[247] Armee gezwungen hätte, entweder die Benennung von Nördlingen aufzugeben oder die Protestanten ihrerseits in einer sehr vorteilhaften Stellung anzugreifen.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1920, Teil 4, S. 243-248.
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