Verbrechen gegen den Frieden.

[642] Nach der Machtübernahme durch die Nazis löste von Schirach mit Hilfe von Gewalt und offiziellem Druck alle mit der Hitler-Jugend konkurrierenden Jugendverbände entweder auf oder übernahm sie. Ein Hitler-Erlaß vom 1. Dezember 1936 gliederte die gesamte deutsche Jugendbewegung in die Hitler-Jugend ein. Als im Jahre 1940 der Beitrittszwang offiziell eingeführt wurde, waren 97 Prozent der in Frage kommenden Jugendlichen schon Mitglieder.

Von Schirach benutzte die Hitler-Jugend, um die deutsche Jugend »im nationalsozialistischen Geiste« zu erziehen und unterwarf sie einem intensiven Nazi-Propagandaprogramm. Er machte aus der Hitler-Jugend eine Nachschubquelle33 für die Nazi-Parteiformationen. Im Oktober 1938 traf er eine Abmachung mit Himmler, derzufolge Mitglieder der Hitler-Jugend, die den SS-Anforderungen genügten, als Hauptnachschubquelle34 für die SS betrachtet werden sollten.

Von Schirach benützte die Hitler-Jugend auch für die vormilitärische Ausbildung. Spezialeinheiten wurden eingerichtet, deren Hauptzweck es war, Fachleute für die verschiedenen Dienstzweige auszubilden. Am 11. August 1939 traf er ein Abkommen mit Keitel, demzufolge die Hitler-Jugend sich damit einverstanden erklärte, ihre vormilitärische Betätigung den Anforderungen der Wehrmacht anzugleichen, und die Wehrmacht sich bereit erklärte, jährlich 30000 Hitler-Jugend-Instruktoren auszubilden. Die Hitler-Jugend legte besonderen Wert auf militärischen Geist, und ihr Ausbildungsprogramm betonte die Wichtigkeit der Wiedergewinnung der Kolonien, die Notwendigkeit, Lebensraum zu gewinnen und die edle Bestimmung der deutschen Jugend, für Hitler zu sterben. Trotz der kriegsähnlichen Tätigkeit der Hitler-Jugend hat es jedoch nicht den Anschein, als ob35 von Schirach in die Ausarbeitung des Hitlerschen Planes für territoriale Ausdehnung durch Angriffskriege verwickelt war oder als ob er an der Planung oder Vorbereitung irgendeines der Angriffskriege beteiligt war.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 22, S. 642.
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