Nachmittagssitzung.

[273] [Der Angeklagte Funk im Zeugenstand.]


VORSITZENDER: Herr Dr. Sauter! Haben Sie noch irgendwelche Fragen?

DR. SAUTER: Nein.


MR. FRANCIS BIDDLE, MITGLIED DES GERICHTSHOFS FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Angeklagter! Ich bin mir über Ihre Unterredung mit Himmler noch nicht ganz im klaren. War das das erstemal, daß solch ein Depot von der SS angelegt worden ist?


FUNK: Jawohl.


MR. BIDDLE: Sie hatten das vorher nie mit einer Persönlichkeit von der SS besprochen?


FUNK: Nein, mit niemandem.


MR. BIDDLE: Natürlich war es nicht Sache Himmlers, Sorge zu tragen, daß entsprechend dem deutschen Gesetz Gold und Banknoten in die Bank eingelegt wurden?


FUNK: Himmler sagte mir, daß erhebliche Werte von der SS beschlagnahmt worden seien und daß darunter auch Werte seien, die für die Reichsbank interessant seien, also Devisen, Gold und so weiter.


MR. BIDDLE: Das habe ich Sie nicht gefragt. Wollen Sie jetzt zuhören? War es irgendwie Himmlers Aufgabe oder Pflicht, darauf zu achten, daß Gold und Banknoten in die Bank eingeliefert wurden? Dafür war er doch nicht zuständig, nicht wahr?


FUNK: Doch, wenn diese Dinge zum Beispiel den Insassen der Konzentrationslager abgenommen wurden, mußte er dafür sorgen...


MR. BIDDLE: Das ist genau, was ich meinte. Sie haben also, weil Himmler mit Ihnen verhandelte, gewußt oder vermutet, daß das Gold und die Banknoten aus Konzentrationslagern kamen, die Himmler unterstanden. War das nicht der Grund, warum Sie annahmen, daß diese Dinge aus Konzentrationslagern kommen mußten? Das war doch augenscheinlich, nicht wahr?


FUNK: Nicht nur von Konzentrationslagern, denn Himmler hatte ja auch die ganze Zollpolizei, und die SS war ja Polizei auch in den besetzten Gebieten. Also es brauchten nicht unbedingt diese Dinge aus Konzentrationslagern allein zu kommen, sondern...


MR. BIDDLE: Nein, aber Sie haben, als Himmler mit ihnen sprach, vermutet, daß es von Konzentra tionslagern kam, nicht wahr?


FUNK: Ja.


MR. BIDDLE: Haben Sie ihn gefragt, wo die Sachen hergekommen sind?


[273] FUNK: Darnach habe ich ihn nicht gefragt.


MR. BIDDLE: Sagte er, dieses Gold und die Noten seien ein Teil von anderem Besitz? Gab es also auch noch anderen Besitz?


FUNK: Nein! Er sagte mir, das sind beschlagnahmte Werte. Die Unterredung war ganz kurz und fand, soviel ich mich erinnere, im Feldquartier von Lammers statt, zu einer Gelegenheit, wo ich ihn sah. Es war eine ganz kurze Unterhaltung. Er sagte mir, wir haben sehr viele Werte beschlagnahmt, besonders im Osten, und wir möchten dafür Tresorraum haben in der Reichsbank.

Darf ich noch etwas sagen?

Und dann, als diese Dinge zur Bank kamen, dann hat Puhl bei einem Gespräch – und es war, soviel ich mich erinnere, auch Wilhelm dabei – haben die beiden gesagt, ich sollte Himmler fragen, ob ich diese Dinge, die von der SS angeliefert wurden – denn wir durften ja an ihr Depot an und für sich nicht heran – ob sie auch von der Reichsbank privat verwaltet werden können. Das habe ich ihn gefragt, und das hat er bejaht.


MR. BIDDLE: Nun, wir wollen mal sehen. Der Osten, das bedeutete das Generalgouvernement, nicht wahr?


FUNK: Ja, damals waren ja schon weite Ostgebiete besetzt.


MR. BIDDLE: Aber er hat doch nicht Deutschland gemeint, er hat doch besetzte Gebiete gemeint, nicht wahr?


FUNK: Er sprach vom Osten, ja. Also ich mußte davon annehmen.


MR. BIDDLE: Sie hatten keine Ahnung, was er meinte, als er sagte, der Osten, nicht wahr?


FUNK: Nein. Ich meinte also die besetzten Gebiete im Osten. Das habe ich damit verstanden. Die besetzten Ostgebiete.


MR. BIDDLE: Dies war doch nicht eines Ihrer üblichen Depots? Ich nehme an, daß man wohl sagen kann... Es war nicht eines Ihrer regulären Depots, es war etwas Ungewöhnliches?


FUNK: Unbedingt.


MR. BIDDLE: Stellten Sie ihm darüber überhaupt keine Fragen?

FUNK: Nein, ich habe kein Wort mit ihm weiter gesprochen als das, was ich hier gesagt habe. Ich habe mir gestern abend den Kopf darüber zerbrochen, um alles wieder zu rekonstruieren, aber ich bin auf nichts anderes gekommen, als was ich gesagt habe.


MR. BIDDLE: Sie waren nicht neugierig über dieses Depot? Sie waren gar nicht neugierig? Es interessierte Sie nicht?


FUNK: Nein! Ich habe nur ein oder zweimal mit Puhl – und einmal war auch Wilhelm dabei – darüber gesprochen, ganz kurz.


[274] MR. BIDDLE: Danke schön, das ist alles.


VORSITZENDER: Der Angeklagte kann zur Anklagebank zurückkehren.


[Der Angeklagte verläßt den Zeugenstand.]


DR. STAHMER: Herr Präsident! Sie haben heute vormittag Angaben darüber gefordert, ob diese Fragen, für die ich den Zeugen benannt habe, schon früher behandelt sind. Ich habe darüber bisher folgendes feststellen können: In der Sitzung vom 8. März 1946 (Band IX, Seite 61/62) ist der Zeuge Milch von mir gefragt worden über ein oder zwei Briefe, die der Obergruppenführer Wolff an ihn gerichtet hatte. Die Antwort ist von Milch. Der Brief stammt aus dem Mai 1942.

Es ist dann im Kreuzverhör von Mr. Justice Jackson auf diese Frage zurückgekommen worden (Band IX, Seite 103). Alsdann hat Herr General Rudenko im Kreuzverhör mit demselben Zeugen Milch einen anderen Brief Himmlers an – ich glaube an Milch – produziert vom November 1942 (Band IX, Seite 147/148). Weiteres habe ich darüber bisher nicht finden können. Ich habe das in der kurzen Zeit nur durchsehen können. Ich erinnere mich selbst nicht, Göring darnach gefragt zu haben. Ich glaube das auch nicht, denn es handelt sich um einen ganz beschränkten Punkt, der durch die Aussage von Milch ausreichend geklärt wurde. Milch ist vor Göring vernommen worden, und ich darf darauf hinweisen, daß es sich hier meines Erachtens um andere Vorgänge handelt. Es ist damals von der Trinkbarmachung des Meerwassers und von einem Mittel zur Bekämpfung des Flecktyphus überhaupt nicht die Rede gewesen, bestimmt nicht. Ich glaube auch nicht von Unterkühlungsversuchen, so daß es sich um einen anderen Fragenkomplex handelt als den, der von Milch behandelt ist.


VORSITZENDER: Wollen Sie sagen, daß der Angeklagte Göring das Thema der Experimente an Konzentrationslager-Insassen überhaupt nicht erörtert hat? Sie beziehen sich auf General Milch.


DR. STAHMER: Ja, soweit ich die Sache jetzt noch in Erinnerung habe... ich habe dies bezüglich Göring nicht nachprüfen können. Soweit ich mich erinnere, habe ich Milch über dieses Thema gefragt und bin dann bei Görings Vernehmung, die später erfolgte, nicht wieder darauf zurückgekommen, weil ich annahm, daß diese Frage durch Milch geklärt sei. Ich möchte mich aber selbst noch einmal davon, überzeugen, indem ich die Protokolle noch einmal genau durchsehe. Das habe ich heute mittag in der kurzen Zeit nicht machen können. Ich möchte in diesem Zusammenhang dann nur noch auf eines hinweisen: In meinem schriftlichen Antrag habe ich auch einen Eventualantrag gestellt für den Fall, daß der Zeuge General Schreiber, dessen Erklärungen vor einigen Tagen von der [275] Russischen Anklagebehörde erwähnt wurden, hier als Zeuge vorgeführt wird; also wenn der Zeuge Schreiber noch vorgeführt werden sollte, bitte ich, die Vernehmung Görings nach der Vernehmung des Zeugen Schreiber stattfinden zu lassen, damit es nicht nötig ist, ihn ein drittes Mal auf den Zeugenstand zu rufen.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird das auch in Erwägung ziehen. General Rudenko! Können Sie dem Gerichtshof sagen, ob Dr. Schreiber hierher gebracht werden soll, ob Sie sein Affidavit verwenden und ihn herbringen wollen oder nicht?


GENERAL R. A. RUDENKO, HAUPTANKLÄGER FÜR DIE SOWJETUNION: Wir haben alle notwendigen Schritte eingeleitet, um den Zeugen Schreiber, der sich in einem Gefängnis in der Nähe von Moskau befindet, vor dem Ende der Verhandlungen der Organisationen hierherzubringen. Ich vermute, daß wir im Laufe des heutigen oder morgigen Tages genaue Nachrichten darüber erhalten werden und dies dem Gerichtshof mitteilen können.


VORSITZENDER: Nun, Sir David, haben Sie schon ausfindig machen können, ob der Angeklagte Göring, über dieses Thema Aussagen gemacht hat?


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Mein Stab ist gerade bei dieser Sache. Sie sind mit der Durchsicht des Protokolls noch nicht ganz fertig. Ich hoffe, Euer Lordschaft bald darüber Bescheid geben zu können.


VORSITZENDER: Gut. Der Gerichtshof wird jetzt die Dokumente für die Organisationen behandeln. Ich glaube, Herr Dr. Servatius will sich zuerst damit befassen.


DR. ROBERT SERVATIUS, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SAUCKEL, VERTEIDIGER FÜR DAS KORPS DER POLITISCHEN LEITER: Herr Vorsitzender! Ich trage zunächst den Inhalt der Dokumentenbücher vor, daran anschließend komme ich dann zu den Affidavits. Ich habe die Dokumente selbst schon angeführt, damals im Anschluß an die Beweisaufnahme. Die Exhibit-Nummern sind mit dem Herrn Generalsekretär vereinbart.

Auf Seite 1 befindet sich das Dokument Nummer 10.1 Es befaßt sich mit der Statistik der Partei. Es ist ein Auszug aus einer Nummer »Der Hoheitsträger«. Die Bedeutung liegt darin, daß man einen Anhalt bekommt, wie viele Menschen durch dieses Verfahren betroffen werden. Wie Sie aus Seite 1 ersehen, ist für das Jahr 1935 die Zahl der Ämter (Block-, Zellen-, Ortsgruppen-, Kreis- und Gau-Ämter) mit rund 600000 angegeben.

Wenn man auf die Seite 2 herumschlägt, kommen dazu – und zwar auf der unteren Hälfte der Seite – die Führerschaft aus den [276] Organisationen für das Jahr 1935. Das sind einmal, um zur Einführung Zahlen zu nennen, in der Frauenschaft und Frauenwerk etwa 50000, Studentenbund 1600, DAF und ähnliches 800000, das Amt für Volkswohlfahrt und NSV 300000 – ich nenne runde Zahlen –, der Reichsnährstand rund 100000 und die Kriegsopferversorgung 84000. Das sind die Fachämter, zusammengezogen 1475000. Nimmt man dazu die vorerwähnten 600000 Ämter, so kommt man auf eine Zahl von über 2 Millionen.


VORSITZENDER: Sind diese Zahlen solche von Personen, die unter die Definition »Politische Leiter« fallen?


DR. SERVATIUS: Ja, Herr Präsident!


VORSITZENDER: Nun, entweder die Gauleiter oder die Kreisleiter...


DR. SERVATIUS: Darf ich das kurz erklären? Man muß hier grundsätzlich unterscheiden zwischen den eigentlichen politischen Führern, die den politischen Apparat gesteuert haben, vom Gau- bis zum Blockleiter, und daneben diese große Zahl von Leuten, die in der Arbeitsfront, NSV und in diesen Organisationen gearbeitet haben und auch »Politische Leiter« heißen. Es wurde dies schon klar, wie der Zeuge Hupfauer hier vernommen wurde und sagte, daß in seiner Organisation, die 20 Millionen Mitglieder umfaßte, auch die Leitung durch »Politische Leiter« erfolgte. Ich glaube, ich werde später in meinem Schlußwort auseinanderlegen, wie hier eine Auslegung erfolgen kann. Zunächst aber sind diese alle erfaßt durch das Wort »Korps der Politischen Leiter«. Tatsächlich hat die Anklage offenbar nur diejenigen gemeint, die die eigentlichen politischen Ämter steuern vom Gau bis Block; aber sie sind durch das Wort alle mit erfaßt. Deshalb habe ich, um das klarzustellen, Zahlen gegeben.


VORSITZENDER: Aber was haben wir mit all diesen Leuten außer denen vom Gauleiter bis zum Blockleiter zu tun? Der Rest davon ist Gefolgschaft, soweit es den Gerichtshof betrifft.


DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Sie sind zunächst ja durch das Wort »Korps der Politischen Leiter« mit erfaßt, und die Anklage hat es noch nicht eingeschränkt. Das müßte sie dann tun. Es ist aber auch von Bedeutung, weil aus diesen Organisationen in die Fachstäbe dieser Politischen Ämter...


VORSITZENDER: Sie meinen, daß die Anklageschrift nicht spezifiziert »Gau- bis herab zum Blockleiter«, sondern einfach »Korps der Politischen Leiter« sagt?


DR. SERVATIUS: Das ist später definiert; aber zunächst im Antrag ist das gesamte »Korps der Politischen Leiter« gemeint. Wenn die Staatsanwaltschaft das aufklärt, dann schrumpft natürlich [277] der Bestand erheblich zusammen. Ich wollte nur hier auf das statistische Material verweisen. Wenn es also...


VORSITZENDER: Wo hat sich die Anklageschrift auf »Gauleiter bis Blockleiter« beschränkt?


DR. SERVATIUS: Es ist im Trial-Brief. Es werden im einzelnen die Stellen aufgeführt, aber es ist nirgendwo gesagt, daß die anderen herausgelassen sind.


VORSITZENDER: Soweit ich verstehe, sagen Sie, die Anklageschrift stelle die Politischen Leiter, das »Korps der Politischen Leiter« unter Anklage?


DR. SERVATIUS: Jawohl.


VORSITZENDER: In diesem Korps gab es Leute, die »Politische Leiter« waren, aber nicht in der Klassifizierung »Gauleiter bis herab zum Blockleiter« eingeschlossen sind?


DR. SERVATIUS: Jawohl.


VORSITZENDER: Dann, zu einem späteren Zeitpunkt, und zwar in dem Trial-Brief, beschränkt die Anklagebehörde oder läßt jedenfalls eine Beschränkung ihres Antrags auf die Erklärung der »Gauleiter bis herab zum Blockleiter« als verbrecherisch erkennen; das bedeutet also eine Beschränkung auf den ursprünglichen Rahmen der Anklage.


DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Ich habe das so verstanden, daß herausgelassen werden die Stäbe der Ortsgruppenleiter und die Block- und Zellenhelfer. Dann bliebe noch die größere Masse übrig. Es ist also von der negativen Seite verfahren worden.

VORSITZENDER: Die Block- und Zellenleiter wurden nicht ausgelassen, sagen Sie?


DR. SERVATIUS: Nein, die Helfer der Block- und Zellenleiter, also deren sogenannte Stäbe und die Stäbe des Ortsgruppenleiters, und ich glaube, daß...


VORSITZENDER: Das eben habe ich gesagt, daß die ursprüngliche Anklageschrift das ganze »Korps der Politischen Leiter« einschloß, diese aber auf »Gauleiter bis herab zum Blockleiter« begrenzt wurden.


DR. SERVATIUS: Ich glaube, es sind einzelne Teile herausgenommen worden, und man hat nicht gesagt: Das ist der Rest, der nun noch unter Anklage steht. Es kann sein, daß das ein Mißverständnis ist. Vielleicht kann die Anklage das aufklären.


VORSITZENDER: Oberst Griffith-Jones! Können Sie uns das sagen?


OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Vielleicht kann ich behilflich sein. Die Anklageschrift umfaßte alle »Politischen Leiter«. [278] Als der Fall vorgetragen wurde, hat die Anklagebehörde von dieser Gesamtzahl die Stabsmitglieder im Stab der Ortsgruppenleiter ausgeschlossen. Euer Lordschaft werden sich erinnern, daß das »Korps der Politischen Leiter« seine Hoheitsträger hatte, die Gauleiter, Kreisleiter, Ortsgruppenleiter, Zellenleiter und Blockleiter. Die Gau-, Kreis- und Ortsgruppenleiter hatten ebenfalls Stäbe, Leute, die in ihren Büros arbeiteten, die wohl »Politische Leiter«, aber keine Hoheitsträger waren. Die Anklagebehörde hat die Stabsmitglieder und die Ortsgruppenstäbe ausgeschlossen; somit bleiben übrig; alle Hoheitsträger vom Gauleiter abwärts bis zum Blockleiter und die Politischen Leiter der Stäbe oder die Gaustabsmitglieder. Ich glaube, so liegt die Sache im Moment.


VORSITZENDER: Nun, sind Sie damit einverstanden, Dr. Servatius?


DR. SERVATIUS: Jawohl, aber es muß dann eine formelle Erklärung der Anklagebehörde erfolgen. Die Anklagebehörde hat doch bekanntlich angeklagt das gesamte »Korps der Politischen Leiter«. Sie hat sich vorbehalten, Gruppen herauszulassen. Dann muß sie also hier erklären, daß sie die Politischen Leiter in diesen Organisationen, die ich eben nannte – NSV, Frauenschaft, Arbeitsfront – aus der Anklage herausnimmt. Dann muß sie den formellen Antrag stellen.


VORSITZENDER: Gut, Oberst Griffith-Jones, Dr. Servatius schlägt vor, daß Sie eine formelle Erklärung namens der Anklagebehörde abgeben sollten, daß das so ist.


OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Wie ich die Lage betrachte, Herr Vorsitzender, unterstehen alle die Politischen Leiter, auf welche Dr. Servatius sich bezieht und die hier aufgeführt sind – die Frauenschaft und so weiter – dem Stab; sie arbeiten für die Politischen Leiter im Stabe der verschiedenen Hoheitsträger. Möglicherweise bildet die Deutsche Arbeitsfront eine Ausnahme. Durch die Zeugen für die Verteidigung wurde angedeutet, daß es andere Politische Leiter in der DAF gab, die nicht direkt zu den Stäben eines der Hoheitsträger gehörten. Wenn dem so ist, sind sie natürlich in der Anklage mit inbegriffen.


VORSITZENDER: Aus diesem Dokument scheint nicht hervorzugehen, ob diese Leute Stabsmitglieder sind oder nicht. Es gibt nur Zahlen an.


OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Das stimmt; aber tatsächlich ist die Lage so, daß sie den Stab der verschiedenen Hoheitsträger bildeten. Die Vertreter dieser verschiedenen anderen Organisationen, die Stäbe jedes Hoheitsträgers, des Gauleiters, Kreisleiters oder Ortsgruppenleiters zeigen ziemlich das gleiche Bild. Er hatte seine Stabsmitglieder, seine Ausbildungsleiter und [279] so weiter; er hatte aber auch die Vertreter dieser anderen Organisationen wie zum Beispiel die Deutsche Arbeitsfront, die Volkswohlfahrt, die Frauenschaft, die Studentenschaft, den Lehrerbund und so weiter. Es waren eben diese Stabsmitglieder, die den Gesamtstab bildeten. Vielleicht darf ich noch sagen, daß die angegebene Zahl von zwei Millionen auch die Stabsmitglieder und Ortsgruppenstäbe, also diejenigen, die die Anklagebehörde ausgeschlossen hat, einschließt. Gerade die Stabsmitglieder und Ortsgruppenstäbe machten die Mehrheit dieser Gesamtzahl aus.

Ich kann dem Gerichtshof die genauen Zahlen angeben, wenigstens so genau, als wir eine Schätzung vornehmen konnten. Ich fürchte, daß ich sie im Augenblick nicht bei mir habe. – Sie werden daraus ersehen, daß ungefähr 6002 Ortsgruppen mit je ungefähr 15 Stabsmitgliedern bestanden haben, so daß die Gesamtzahl ziemlich beträchtlich ist.


VORSITZENDER: Diese Ziffern wären von den hier vorhandenen abzuziehen?


OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Diese Ziffern müßten abgezogen werden. Die Anklagevertretung hat die soeben von Dr. Servatius dem Gerichtshof genannte Zahl nicht eingeschlossen. Von diesen wäre somit der vollständige Stab aller Ortsgruppen, die einen sehr großen Teil der angegebenen Gesamtzahl darstellen, abzuziehen. Soweit ich das im Gedächtnis habe, beläuft sich die Gesamtziffer nach Abzug dieser Zahl auf etwa 600000.


VORSITZENDER: Könnten Sie uns vielleicht die Ziffern schriftlich vorlegen? Oder vielleicht könnten Sie uns jetzt angeben, wie viele Stabsmitglieder der Ortsgruppenleiter bei Annahme einer Gesamtzahl von 2000000 Ihrer Schätzung nach vorhanden waren.


OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Herr Vorsitzender! Ich werde dem Gerichtshof binnen einer Viertelstunde die Zahlen angeben können, wenn ich jetzt nach ihnen schicken darf. Ich bedaure, daß ich sie nicht auswendig behalten kann. Ich werde sie holen und dann den Gerichtshof wissen lassen.


VORSITZENDER: Gut.


DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Darf ich zu dieser Frage Stellung nehmen? Es ist richtig, daß die Stäbe der Ortsgruppenleiter herausgelassen sind. Sie machen nach meiner Kalkulation etwa eine Million aus, aber die Zahl erhöht sich wieder durch den Wechsel. Es sind etwa eineinhalbmal im Lauf dieser Jahre Wechsel eingetreten – im Durchschnitt –, so daß man von der geringeren Zahl wieder auf das Anderthalbfache kommt und die Zahlen immer wieder in die Millionen gehen. Es kommt noch eines hinzu: Es sind[280] diese Ortsgruppenleiter und diese Ämter ja nicht nach der Personenanzahl angegeben, sondern nur als Ämter, so daß die Stellvertreter, Nachfolger, nicht erfaßt sind. Es kann sich mit dieser Frage in Wahrheit nur eingehend ein Statistiker befassen. Ich glaube, es kommt aber nicht darauf an, es bis ins einzelne auszurechnen, um einen allgemeinen Begriff zu bekommen, daß es tatsächlich Millionen sind.

Ich gehe dann auf Seite 4 über. Dort ist ein Auszug, ebenfalls aus dem »Der Hoheitsträger«. Es ist leider durch ein Versehen aus dem Dokument nicht ersichtlich, daß es sich um eine andere Nummer des »Der Hoheitsträger« handelt aus dem Jahre 1937, zweite Folge. Hier kann man sehen, wie prozentual aufgeteilt ist zwischen Blockleiter, Kreis- und Gauleiter; man sieht, daß die größte Menge – über 50 Prozent – Block- und Zellenleiter sind. Diese Block- und Zellenleiter sind aus der Anklage nicht herausgelassen. Herausgelassen sind ihre Helfer. Der eigentliche Kern der »Politischen Leiter« sind die Kreis- und Gauleiter, die 1,3 Prozent ausmachen. Von Bedeutung sind dann noch die Zahlen, die unter 5) und 6) stehen, nämlich die Fachämter mit 27,8 Prozent und die parteiinternen Ämter, die Verwaltung, mit 16 Prozent. Diese Fachämter sind deswegen von Bedeutung, weil darin die Politischen Leiter der Organisationen sitzen, der Berufsverbände, also zum Beispiel aus der DAF, aus der NSV. Es sind aber bei weitem nicht alle Politischen Leiter dieser Verbände nun gleichzeitig in diesen Gaustäben, Kreisstäben und Ortsgruppenstäben gewesen, sondern nur sehr wenige, also in jedem Gau vielleicht ein oder zwei, im Kreis einige, vielleicht auch bei der Ortsgruppe, so daß es immer eine übersehbare Zahl bleibt. Das Gros dieser Fachleute ist natürlich in ihren Verbänden.

Ich gehe dann zum Dokument auf Seite 5 über, es ist das Dokument Nummer 12. Das ist von Bedeutung bezüglich des Begriffs »Korps der Politischen Leiter«. Ob ein solches Korps besteht oder jetzt gebildet werden kann, ist zweifelhaft. Hier ist davon die Rede, daß eine politische Organisation verboten und der Ausdruck untersagt wird, daß eine Anordnung von Heß im Jahre 1935 gegeben worden ist, gerade mit der rechtlichen Begründung, daß es eine solche Sonderorganisation nicht geben könne.

Ich komme dann zu dem Dokument Nummer 13. Dieses ist aus folgendem Grunde von Bedeutung: »Politischer Leiter« wird man nicht durch Übertragung eines Amtes, sondern durch eine besondere Ernennung. Das ist hier ausgeführt, indem es heißt, daß durch einen besonderen Hoheitsakt diese Ernennung zum Hoheitsträger erfolgen muß. Wer also nicht ernannt wird, ist nicht Hoheitsträger und gehört damit nicht zum »Korps der Politischen Leiter«. Es zeigt sich, daß eine ganze Menge nicht ernannt sind, so im besonderen im Kriege alle diejenigen, die aushilfsweise die unteren Ämter, die ehrenamtlich waren, geführt haben.

[281] Das Dokument Nummer 14 bestätigt dieselben Fragen.

Das Dokument Nummer 15 betont auch in ähnlicher Weise, daß es sich bei der Ernennung um einen öffentlichen Dienst handelt, also daß es nicht einfach eine private Einstellung in ein Amt ist.

Im Dokument Nummer 16, Seite 9, findet man die Anordnung, daß die Leiter in der DAF (Deutsche Arbeitsfront) ebenfalls Politische Leiter der Partei sind, also nach dem Begriff, den die Anklage gebildet hat, an und für sich zum »Korps der Politischen Leiter« gehören würden, wenn man sie nicht herausnimmt.

Das nächste Dokument, Nummer 17, zeigt das Höhere Führerkorps, die Hoheitsträger, die bis zum Kreisleiter gehen. Man sieht, daß also der Ortsgruppenleiter und darunter, anders behandelt wird bezüglich der Ernennung. Hitler ernennt selbst den Gauleiter, seinen Adjutanten, den Gauamtsleiter, und den Kreisleiter. Das wird von Bedeutung sein für die Beurteilung dieser Personen.

Das nächste Dokument, Nummer 18, auf Seite 11, zeigt die Übertreibung des Begriffs »Hoheitsträger«, indem dort nicht der Begriff ist »Politische Leiter«; es ist die Rede von der Verleihung dieses Titels an Kraftfahrer, Telephonisten, Hausmeister und Ordonnanzen, und es heißt, man solle sie zu »Politischen Leitern« in den Organisationen machen, aber nicht in dem eigentlichen politischen Ressort zwischen Gau-und Ortsgruppenleiter.

Dokument Nummer 19, auf Seite 12, sagt, daß die Ernennungen zum »Politischen Leiter« bis auf weiteres ausgesetzt werden. Es stammt aus dem Jahre 1944; die Folge davon wäre, daß diejenigen, die nach August 1944 ein Amt bekommen haben, auf keinen Fall mehr »Politische Leiter« wurden. Die Praxis war schon vorher so.

Von großer Bedeutung ist das Wort »Hoheitsträger«. Die Anklagebehörde hat es darauf abgestellt und aus diesem Grunde die kleinen Funktionäre, die Zellen- und Blockleiter, nicht aus dem Verfahren herausgelassen, weil sie eben Hoheitsträger sind.

Hier ist im Dokument Nummer 20, auf Seite 13, von Heß verfügt am 14. April 1934, daß Hoheitsträger nur sind: Gauleiter, Kreisleiter und Ortsgruppenleiter. Es ist nicht ausdrücklich bestimmt, ergibt sich aber aus dem Text.

Das nächste Dokument, Nummer 2, auf Seite 14, ist deswegen von Bedeutung, weil es ebenfalls den Kreis der Hoheitsträger mit dem Ortsgruppenleiter abschließen läßt, also diese kleinen Funktionäre bei der Benutzung dieses Wortes herausläßt.

Ebenso das nächste Dokument, Nummer 21, Seite 15, beschränkt auch wieder den Begriff auf Gauleiter, Kreisleiter und Ortsgruppenleiter.

Auf Seite 16 ist das Dokument Nummer 1. Hier sind klar bestimmt die Hoheitsgebiete. Es ist dies ein Buch: »Die Verwaltung [282] der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei«, 1940, das von einem Dr. Lingg herausgegeben ist. Hier heißt es wörtlich:

»Die Partei gliedert sich zur Durchführung ihrer Aufgabe in vier Hoheitsgebiete: 1. Reich, 2. Gau, 3. Kreis, 4. Ortsgruppe.

In jedem dieser Hoheitsgebiete steht der Hoheitsträger an der Spitze: Der Führer, der Gauleiter, der Kreisleiter, der Ortsgruppenleiter.«

Dokument Nummer 22, auf Seite 77, aus dem Jahre 1940 ist eine amtliche Verfügung, die im gleichen Sinne eine Festlegung des Begriffs »Hoheitsträger« trifft.

Auch das Dokument Nummer 4, auf Seite 18, lautet im gleichen Sinne; es ist eine Anordnung Hitlers über den Personenkreis, der Schadenfeststellung nach Fliegerangriffen vornehmen kann. Es heißt dort:

»Zutritt... haben die zuständigen Hoheitsträger... Gauleiter, Kreisleiter, Ortsgruppenleiter...«

Also gerade da, wo sich etwas im nächsten Bereich des Block- und Zellenleiters abspielt, ist er nicht zugelassen, weil er eben kein Hoheitsträger ist.

Ich beziehe mich auf Dokument Nummer 23, auf Seite 19, das sich im gleichen Sinne ausspricht.

Das Dokument Nummer 24, Seite 20, bestätigt wiederum meine Darstellung.

Das Dokument Nummer 25, auf Seite 21, ein Auszug aus dem »Der Hoheitsträger«, befaßt sich mit vertraulichen Mitteilungen und der Frage, wie weit sie weitergegeben werden dürfen. Diese Vertraulichkeit endet beim Ortsgruppenleiter. Block- und Zellenleiter erfahren nichts.

Es folgt das Dokument 9, auf Seite 23. Es handelt sich dort um einen Erlaß des Reichsministers der Finanzen, und es dreht sich um die Gewährung von Ehestandsdarlehen und sonstigen Beihilfen. Das Dokument ist deswegen von Bedeutung, weil hier gesagt ist, wer seine politische Zuverlässigkeit nachweisen muß, bevor er Aussicht hat, daß eine Bewerbung bewilligt wird. Es ergibt sich hier, daß der Block- und Zellenleiter zunächst seine politische Zuverlässigkeit nachweisen muß, also kein Hoheitsträger im wahren Sinne des Wortes sein kann.

Ich komme nun zu einem anderen Komplex.

Es ist Dokument 26, auf Seite 26. Dort ist die Frage berührt, inwieweit SA und SS den »Politischen Leitern« unterstellt sind. Es ist hier bestimmt, daß ein solches Unterstellungsverhältnis nicht besteht, weder für die SA, noch SS, HJ, NSKK.

[283] In gleicher Weise spricht sich das Dokument 27 aus. Das bestätigt auch, daß die Führer der SA-Grup pen oder Brigaden der Befehlsgewalt der Gauleiter nicht unterstellt sind.

Das nächste Dokument, Nummer 28, befaßt sich mit den Werbegruppen und der Frage, wie Propaganda gemacht werden soll, nämlich daß man mit Rat und Tat helfen und vor allen Dingen gewinnen und überzeugen soll. Es betrifft auch das später auftauchende Thema der Bespitzelung.

Das Dokument 29 befaßt sich mit der Frage Zusammenhang zwischen Partei und Staat, Eingriffe der Partei in staatliche Rechte.

Hier ist eine Anweisung, die sagt:

»Hände weg von Maßnahmen, die durchzuführen Aufgaben des Staates sind. Bei Anrufung staatlicher Organe zunächst sorgfältige Prüfung, ob ein Eingreifen berechtigt ist.«

Das Dokument 30, auf Seite 31, ist eine Verfügung von Heß über die Haltung des Nationalsozialisten, daß er Vertrauen und Bereitwilligkeit zur Mitarbeit erstreben soll.

Das nächste Dokument, Nummer 31, richtet sich auch gegen die Versuche, die Parteistellung zu mißbrauchen gegenüber anderen Dienststellen und dort Einfluß zu gewinnen.

Das Dokument 32 befaßt sich mit der Strafverfolgung und weist darauf hin, daß die Partei mit diesen Dingen nichts zu tun hat und sich heraushalten soll, und sagt wörtlich:

»Die Entscheidung, ob eine strafbare Handlung nicht verfolgt werden soll, liegt allein bei der Staatsanwaltschaft, bzw. beim Reichsminister der Justiz.«

Das nächste Dokument, Nummer 33, ist wieder eine Anordnung von Heß aus dem Jahre 1935. Es bezieht sich auf die politischen Beurteilungen und sagt, daß allein vom Kreisleiter aufwärts solche abgegeben werden dürfen. Ich möchte die besondere Aufmerksamkeit des Gerichts darauf lenken, weil ich es für ein wesentliches Merkmal halte für den höheren Parteiführer und ein Charakteristikum, das zu einer richtigen Beurteilung führen muß.

Das Dokument 34 befaßt sich mit der Frage der Ermittlungen, bekannt unter dem Thema »Bespitzelungen«. Es ist hier von Heß im Oktober 1936 verfügt, ich zitiere:

»Niemals aber dürfen die Zellen- und Blockleiter bei der Betreuung der letzten Volksgenossen und ihrer Familien aufdringlich werden, niemals auch darf die Betreuung in ein Beschnüffeln und Bespitzeln ausarten. Dadurch würde nicht Vertrauen, sondern Mißtrauen geweckt werden.«

Das nächste Dokument, Nummer 35, ist eine Anordnung von 1937, die erklärt, daß Nachforschungen und Ermittlungen keineswegs Aufgaben der Partei seien, sondern daß dieses Aufgaben des Staates [284] sind, die zur Aufdeckung und Beseitigung dieser Gefahren geschaffen wurden.

Im Dokument 36, auf Seite 37, wird dies unterstrichen. Es ist ein Dokument, das über Zusammenarbeit der Parteidienststellen mit der Gestapo handelt. Dort ist gesagt:

»Ich verbiete allen Dienststellen der Partei..., Ermittlungen und Vernehmungen in Angelegenheiten anzustellen, die Sache der Gestapo sind.«

Das nächste Dokument, Nummer 37, zeigt, daß die »Politischen Leiter« keine anderen Aufgaben hatten, Vorgänge zu melden, als ein Beamter. Es ist das deutsche Beamtengesetz hier zitiert, Paragraph 3; da heißt es von den Beamten:

»Er hat Vorgänge, die den Bestand des Reiches oder der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei gefährden können, auch dann, wenn sie ihm nicht vermöge seines Amtes bekanntgeworden sind, zur Kenntnis seines Dienstvorgesetzten zu bringen.«

Das Dokument 38, auf Seite 39, betrifft die Fachämter in den politischen Stäben. Es ist ein Rundschreiben aus dem amtlichen Buch »Verfügungen, Anordnungen und Bekanntgaben«, Band I. Hier ist die Rede von den fachlichen Tätigkeitsberichten, die zu erstatten sind. Der politische Lagebericht wird nur von Hoheitsträgern gegeben. Es ist eine Auftrennung zwischen beiden Arten gegeben. Ich bringe es vor zur Entlastung der Facharbeiter in den politischen Stäben.

Die folgenden Dokumente befassen sich mit der Verschwörung gegen den Frieden. Es ist zunächst Dokument 39, auf Seite 41, ein Auszug aus dem Kommentar zum Parteiprogramm von Gottfried Feder, ein maßgebender Kommentar aus dem Jahre 1934. Es ist dort gesagt, ich zitiere:

»Wir erklären, daß wir indes nicht daran denken, mit Gewalt einen Anschluß der außerhalb Deutschlands unter dänischer, polnischer, tschechischer, italienischer oder französischer Oberhoheit lebenden Deutschen erzwingen zu wollen.«

Ich überspringe einen Satz:

»Somit entbehrt diese Forderung« – von der eben die Rede ist – »jeder imperialistischen Tendenz.«

Das Dokument 40, Seite 42, aus dem Verordnungsblatt der Reichsleitung, ist eine Bekanntgabe von Heß aus dem Jahre 1933; sie lautet:

»In einigen Teilen des Auslandes hat sich die gegen Deutschland gerichtete Propaganda neuerdings der unwahren Behauptung bemächtigt, die NSDAP erstrebe auf weitere [285] Sicht die Einverleibung von Teilen der Schweiz, Holland, Belgien, Dänemark und so weiter.

So unsinnig diese Unterstellung ist, so findet sie nichtsdestoweniger hier und da Glauben. Die Reichsleitung legt daher Wert auf die Feststellung, daß kein ernsthafter Mensch in Deutschland daran denkt, die Unabhängigkeit anderer Staaten auch nur anzutasten.«

Das Dokument 41, auf Seite 43, ist wieder eine Anordnung von Heß, ein Jahr später, vom Oktober 1934. Es ist dort ausgedrückt, daß die anderen Völker und Staaten der Erde, mit denen das deutsche Volk und sein Führer in Frieden und gegenseitiger Achtung leben will, keine Differenzen mit der Welt haben wollen.

Im August 1935, also ein weiteres Jahr darauf, ist wieder eine Anordnung von Heß an die Partei ergangen. Das ist Dokument 42, und es wird Bezug genommen auf die großen Reden Hitlers mit dem immer wieder betonten Willen zur friedlichen Regelung aller schwebenden Fragen. Angaben des Auslandes werden für böswillige Erfindungen erklärt.

Das nächste Dokument, Nummer 43, ist wiederum von Heß, und zwar vom Januar 1937. Es nimmt Bezug auf die Aufrüstung und sagt, ihr Zweck sei nach außen Deutschland vor Willkür zu schützen.

Ich komme zu einem anderen Komplex. Es ist die Frage der Geheimhaltung, die der Verschwörung entgegenarbeitet. Zunächst der bekannte Geheimhaltungsbefehl, der für die Wehrmacht ergangen ist, hier auch für die Partei, und daß niemand, kein Offizier, keine Dienststelle, früher und mehr wissen darf, als unbedingt notwendig.

Im Dokument 45 ist dieser Befehl noch ausgedehnt auf jede Dienststelle, jeden Beamten, Angestellten und Arbeiter.

Das Dokument 46 behandelt eine Frage der Presse und betrifft insoweit die Geheimhaltung, als es dort heißt, daß grundsätzlich Aufsätze vorher mit der Reichspressestelle zu besprechen sind.

Dokument 47, Seite 49: Hier wird angeordnet, daß Erörterungen über die militärische Lage verboten sind und ein Fall zitiert, wo ein Blockleiter seine hervorragenden Informationen verbreitet hat.

Das Dokument 48, auf Seite 50, handelt von dem Gesetz über die Vernehmung von Angehörigen der Partei und ihrer Gliederungen. Auch hier ist die Geheimhaltung wieder gesichert durch die Vorschrift der Amtsverschwiegenheit und Vernehmung nur mit ausdrücklicher Genehmigung bei Unterführern der Partei. Das Dokument 48, auf Seite 51, ist eine Verordnung zur Ausführung dieses Gesetzes. Dort ist gesagt, wer Unterführer im Sinne der Partei ist, und hier weise ich darauf hin, daß wiederum in der Stufenleiter das Ende beim Ortsgruppenleiter ist. Block- und [286] Zellenleiter scheiden wieder aus, selbst bei der Bezeichnung Unterleiter.

Das Dokument 49, auf Seite 53: Es sind dies vertrauliche Informationen der Partei vom 9. Oktober 1942,

»Vorbereitende Maßnahmen zur Endlösung der europäischen Judenfrage. – Gerüchte über die Lage der Juden im Osten.«

Es wird hier folgendes gesagt:

»Um jeder Gerüchtebildung in diesem Zusammenhang, die oftmals bewußt tendenziösen Charakter trägt, entgegentreten zu können, werden die nachstehenden Ausführungen zur Unterrichtung über den derzeitigen Sachstand wiedergegeben.«

Es kommt dann auf der nächsten Seite die Feststellung, was beabsichtigt ist: Erstens Zurückdrängung der Juden aus den einzelnen Lebensgebieten des deutschen Volkes, zweitens das Bestreben, den Gegner aus dem Reichsgebiet hinauszudrängen.

Das nächste Dokument, Nummer 50, befaßt sich mit dem Gedanken der Verschwörung. Es zeigt sich, daß hier das bekannte Führerprinzip...

OBERSTLEUTNANT GRIFFITH-JONES: Ich unterbreche nur ungern, aber ich tue es, ehe Dr. Servatius das letzte Dokument Nummer 49, auf Seite 53, verläßt. Ein Dokument, auf das die Anklagebehörde jetzt, da sie es im Dokumentenbuch der Verteidigung gefunden hat, sehr großen Wert legt. Auf Seite 54, ungefähr in der Mitte des zweiten Abschnitts, kann man sehen, daß die Ausschaltung der Juden nicht mehr durch Abwanderung möglich ist. Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs besonders auf den letzten Satz der folgenden Seite lenken:

»Es liegt in der Natur der Sache, daß diese teilweise sehr schwierigen Probleme im Interesse der endgültigen Sicherung unseres Volkes nur mit rück sichtsloser Härte gelöst werden.«

Auf der ersten Seite dieses Dokuments kann man unter »Notizen« sehen: »Nur frei für G und K«. Herr Dr. Servatius kann mich verbessern, wenn ich unrecht habe; aber ich nehme an, das heißt doch: »Frei für Gau und Kreis«.

DR. SERVATIUS: Ich nehme an, daß die Notiz: »Nur frei für G und K« so sein wird in der Bedeutung, wie der Herr Anklagevertreter sagt: »Gau und Kreis«. Ich möchte aber nunmehr das ganze Dokument verlesen, da nur dann der völlige Sinn sich ergibt. Das Bestreben des Schreibers ist ja eine Vertuschung der wirklichen Lage, und wenn hier gesagt ist, es ist keine Möglichkeit zur Auswanderung mehr, so ergibt sich aus dem Schreiben, daß ein Siedlungsgebiet im Osten geschaffen werden soll, aber nicht, wie man schließen könnte, die Ausrottung; und wenn es heißt: Es wird [287] rücksichtslos vorgegangen, mit rücksichtsloser Härte, – dann ist das die übliche Redewendung, die man in dem Parteischrifttum wieder findet, daß eben diese Maßnahme des Abtransportes mit rücksichtsloser Härte gelöst werden müsse. Ich glaube, daß es ja schon eine wirkliche Rücksichtslosigkeit bedeutet, diese Menschen abzutransportieren, ohne daß man nun weiß, daß sie ausgerottet werden sollen. Ich glaube, ich kann es mir ersparen, hiernach das Ganze vorzulesen, glaube aber, daß der Inhalt so richtig vorgetragen ist.

Das Dokument 50, auf Seite 56, zeigt, daß die Führung gerade in der Außenpolitik ganz in der Hand des Führers ist, daß selbst Maßnahmen, die für jeden Deutschen eigenartig erscheinen, wie der Verzicht auf Südtirol, auf einen Wink ohne weiteres erduldet werden. Irgendein Einspruch ist unzulässig.

Das Dokument 51, auf Seite 57, bewegt sich in der gleichen Richtung. Es ist ein Rundschreiben an die Partei, herausgegeben von der Parteikanzlei vom November 1942, und besagt, daß es immer nur eine verbindliche Parteimeinung geben darf, und nimmt Bezug auf einen früheren Erlaß.

In gleicher Weise ist das Dokument 52, Seite 58, zu verstehen. Hier ist gesagt, daß der Hoheitsträger allein nach den Richtlinien zu handeln hat, die er vom Führer erhält.

Das Dokument 53, auf Seite 60, befaßt sich mit der Stellung Bormanns. Es wird hier festgestellt – ich zitiere:

»Der Führer erteilt seit Jahren gewohnheitsmäßig dem Reichsleiter Martin Bormann laufend Sonderaufträge der verschiedensten Art, die nicht in den Aufgabenkreis des Reichsleiters Bormann in seiner Eigenschaft als Leiter der Parteikanzlei fallen, sich vielmehr auf Angelegenheiten beziehen, in denen außerhalb des Rahmens der Partei Weisungen und Auffassungen des Führers führenden, leitenden Persönlichkeiten des Staates und staatlichen Dienststellen im Auftrag des Führers übermittelt werden sollen.«

Es ist dies von Bedeutung, weil Bormann verschiedene sehr wesentliche Dinge bestimmt hat in seiner Eigenschaft als Sekretär des Führers; zum Beispiel fällt das Thema Gnadentod darunter.

Das Dokument 54, auf Seite 62, gibt allgemeine Gesichtspunkte zur politischen Führung wieder, nämlich Niederhalten von Meinungsverschiedenheiten unter den führenden Parteigenossen. Es wird damit praktisch eine Cliquenbildung verhindert.

Das nächste Dokument, Nummer 55, auf Seite 64, befaßt sich mit der Auslandsorganisation und macht das nächste Dokument, Nummer 56, verständlich, wo nun die Hoheitsträger bestimmt sind, aber in etwas anderer Art. Da sie ja kein eigentliches Gebiet haben, bekommen sie nur den Dienstrang eines Gauleiters und den [288] Dienstrang eines stellvertretenden Gauleiters. Ebenso ist es mit den Kreisleitern, Ortsgruppenleitern und Stützpunktleitern.

Das Dokument 57, Seite 68, hebt in diesem Zusammenhang hervor den Grundsatz »Nationalsozialismus ist keine Exportware« und weist darauf hin, daß es nicht Aufgabe sein kann, andere Stellen im Ausland für den Nationalsozialismus zu gewinnen.

Das Dokument 58, auf Seite 69, ist ein Rundschreiben über den Verkehr mit fremdländischen politischen Gruppen aus dem Jahre 1942. Es sagt folgendes:

»Jeder Verkehr von Angehörigen der Dienststellen der Bewegung im In- und Ausland mit politischen oder angeblich unpolitischen Gruppen anderer Staaten richtet sich ausschließlich nach dem Verhältnis, in dem diese Gruppen zu ihrer offiziellen Regierung, mit der das Deutsche Reich diplomatische Beziehungen unterhält, stehen. Der Verkehr mit solchen Gruppen hat ausnahmslos zu unterbleiben, wenn sie nicht hinter ihrer offiziellen Regierung stehen, bzw. ihr sogar Schwierigkeiten bereiten. Dies gilt auch dann, wenn diese Gruppen sich als nationalsozialistisch oder faschistisch bezeichnen.«

Das Dokument 59, auf Seite 70, aus dem Reichsverfügungsblatt, ist eine Verfügung vom 4. November 1942, und zwar eine Verfügung Hitlers. Es ist dort folgendes gesagt:

»Das Zusammenleben der Völker verlangt gegenseitige taktvolle Rücksichtnahme auf ihre naturgegebene Eigenart. Die NSDAP und ihre Organisationen haben daher keine europäische oder weltumfassende Missionsaufgabe zu erfüllen.«

Damit beende ich das Dokumentenbuch I.

VORSITZENDER: Vielleicht wäre es angebracht, hier abzubrechen.


[Pause von 10 Minuten.]


VORSITZENDER: Dr. Servatius! Der Gerichtshof schätzt die Weise, in der Sie die Dokumente behandeln; aber trotzdem, behandeln Sie nicht Dinge, die Sie eigentlich in Ihrer Schlußansprache erörtern sollten?

DR. SERVATIUS: Ich werde aber in meinem Schlußvortrag nur kurz diese Fragen streifen. Sie müssen ja zunächst einmal überhaupt vorgetragen sein. Es hat sich ja schon als sehr nützlich erwiesen, gerade in der Frage...


VORSITZENDER: Was die formelle Vorlage oder das Beweisangebot anlangt, kann dies kürzer gehalten werden. Wenn Sie sich im Schlußwort mit dem Inhalt der Dokumente beschäftigen, ist es nicht notwendig, Zeit zu verschwenden und den Inhalt von jedem [289] Dokument anzugeben, wenn Sie die Dokumente als Beweisstücke vorlegen. Wenn Sie sich demnach in Ihrer Schlußansprache ihrem Ziel entsprechend ausführlich damit beschäftigen werden, hieße das, daß Sie es zweimal bringen würden.


DR. SERVATIUS: Es kommen dieselben Fragen noch einmal bei den Affidavits, die ich vorlegen werde. Es läßt sich nicht vermeiden, das Thema hier vor dem Gericht nun wenigstens einmal zu besprechen, denn nachher in meinem Schlußvortrag werde ich ja sehr kurz sein und nur stichwortartig darauf Bezug nehmen. Ich hatte nicht vor...


VORSITZENDER: Ich erwarte von Ihnen, daß Sie die Dokumente jetzt in der Beweisaufnahme vorlegen, ohne sich mit dem Inhalt zu beschäftigen und daß Sie dann den Inhalt in Ihrem Schlußwort behandeln.


DR. SERVATIUS: Ich habe meinen Schlußvortrag soweit fertig und habe ihn gerade in diesen Fragen sehr kurz gefaßt mit Rücksicht darauf, daß ich annahm, hier das Wesentliche vortragen zu können. Ich hatte anfangs mich anders eingestellt, wie damals gesagt wurde, man solle die Unterlagen einreichen, einführen und im Schlußvortrag darauf kommen. Dann wäre mein Schlußvortrag ganz anders ausgefallen, als er jetzt aufgebaut ist.


VORSITZENDER: Sicher werden Sie den Gerichtshof zu unterstützen suchen, indem Sie sich so kurz als möglich halten werden.


DR. SERVATIUS: Jawohl!

Das Dokumentenbuch II beginnt mit dem Dokument 60 und befaßt sich zunächst mit den Fragen des Zwangs, ein Amt anzunehmen. Es ist zunächst eine grundlegende Anordnung, wonach jeder Parteigenosse zur Mitarbeit verpflichtet ist und herangezogen wer den kann. Das nächste befaßt sich mit der gleichen Frage und das Dokument 62 bestätigt wiederum, daß man neben der beruflichen Tätigkeit verpflichtet ist, in der Partei zu arbeiten. Und das ist wesentlich, daß Parteigenossen, die sich ohne Angabe wirklich stichhaltiger Gründe weigern, Parteiämter zu übernehmen, damit den Interessen der Partei zuwiderhandeln und parteigerichtlich zu bestrafen sind.

Das nächste Dokument zeigt, daß in dem staatlichen Gesetz zur Sicherung der Einheit von Staat und Partei diese Pflichtverletzung vom Staat bestraft wird. Da heißt es in Paragraph 5:

»Außer den sonst üblichen Dienststrafen können auch Haft und Arrest verhängt werden.«

Es ist das von Bedeutung, weil hier der physische Zwang einsetzt in der Form von Arrest.

Das nächste Dokument macht die Satzungen der Partei zum öffentlichen Recht. Das ist Dokument 63. Auf Seite 77 ist nun die [290] praktische Folgerung gezogen. Wer den Bestrebungen zuwiderhandelt, kann wegen Interesselosigkeit aus der Partei ausgeschlossen werden.

Das nächste Dokument, Nummer 8, Seite 78, zeigt ein Urteil, wo dies tatsächlich geschieht, weil jemand ein Amt nicht übernehmen will. Auf Seite 82 ist die amtliche Entlassung bestätigt; sie ist im Berufungsurteil gemildert aus dem Ausstoß in eine Entlassung.

Das Dokument 64 enthält eine Entscheidung des Obersten Parteigerichts, wonach jemand ausgeschlossen wird, weil er absichtlich seine Sache schlecht gemacht hat, um den Ausschluß zu erreichen, um die Abberufung von seinem Posten zu erreichen.

Von besonderer Bedeutung ist das Dokument 65. Dort heißt es:

»Der Ausschluß aus der Partei ist die höchste Strafe... Sie bedeutet für den Betroffenen, wie... Reichsleiter Buch wiederholt betont hat, heute unter Umständen Verlust der Existenz und Verlust jedes persönlichen Ansehens.«

Man weiß, daß eine Strafe, eine feste Strafe von noch so langer Dauer, einmal zu Ende geht. Aber der Verlust der Existenz bedeutet hier, daß der Ausgestoßene mit seiner Familie nicht mehr in Arbeit und Brot kommt.

In Dokument 66 sind die Folgerungen gezogen für Beamte, die ausgeschlossen worden sind. Die Ernennung kann rückgängig gemacht werden. Dann kommen verschiedene Dokumente, die diesen Zwang, der auf die Beamten und Angestellten von verschiedenen Regierungsstellen ausgeübt wird, bestätigen; es wird Dokument 67, von der Bayerischen Landesregierung, also nicht von der Partei, das androht was geschieht, wenn jemand ein Amt nicht annimmt.

Das nächste Dokument, Nummer 68, ist eine Abschrift eines Erlasses des Ministeriums des Innern, das auch in diesem Sinne ist. Der Beamte muß nach weisen, wo er tätig ist und wie er sich aktiv in der Partei betätigt; falls es nicht geschieht, ist zu berichten.

Das Dokument 69 befaßt sich mit dem Lehrpersonal. Es ist der Staatsminister für Unterricht und Kultus aus Oberfranken und Mittelfranken. Lehrkräfte, die unangenehm auffallen, sind namentlich zu benennen, heißt es dort.

Dokument 70: Der Reichsminister der Finanzen macht auch die Eignung für eine Beförderungsstelle davon abhängig, daß in der Partei mitgearbeitet wird.

Das Dokument 71 handelt vom Austritt und Ausschluß von Beamten und sagt, daß man nicht Beamter bleiben kann, wenn man aus der Partei ausgetreten ist. Zum mindesten muß der Beamte damit rechnen, daß seine Beförderung zurückgestellt wird. Bormann bittet darum, ihm gleichzeitig das Urteil über den Ausschluß des Betreffenden aus der Partei mitzuteilen.

[291] Es kommt das Dokument 72 bezüglich der Fachämter. Es wird hier betont, daß die den Hoheitsträgern in ihren Stäben zugeteilten Fachämter unpolitisch zu führen sind.

Das Dokument 73 trennt heraus aus den Stäben die Beamten des Reichsschatzmeisters, die mit Finanzkontrolle und Buchführung zu tun haben.

Das Dokument 74 zeigt wieder den getrennten Aufbau des Finanzwesens von dem eigentlichen politischen Wesen.

In Dokument 75 wird die Finanzverwaltung von der politischen Parteiverwaltung getrennt und die Entlassung der Finanzfachleute aus dem Stab der Gauleitung angeordnet.

In Dokument 75 ist gesagt, daß die Kassenwarte nur dem Gauschatzmeister verantwortlich sind und seinen Anweisungen zu folgen haben.

Dokument 76 befaßt sich mit Strafanzeigen, die auch wieder von der Finanzabteilung selbständig gegen alle Angehörigen der politischen Stäbe gemacht werden können.

Dokument 77 zeigt die Aufgliederung der Ämter in den Stäben; dort wird unterschieden zwischen politischer Führung, Verwaltung und Parteigericht.

Dokument 78 behandelt wieder die Abtrennung der Gauschatzmeister und Kassenleiter, Dokument 79 wiederum das Thema Aufgliederung innerhalb des Stabes in verschiedene Verantwortungsbereiche.

Dokument 80 verbietet Eingriffe von Parteistellen in das Parteigerichtsverfahren.

Das Dokument 81 ist insofern von Bedeutung, als die Parteigerichte außerhalb der Parteiorganisation gestellt werden und selbständig sind. Das führt dazu, daß die Parteirichter keine »Politischen Leiter« sind.

Auch das Dokument 82 behandelt die Stellung des Parteirichters. Es heißt dort: »Er ist nur dem Führer unterstellt.« Also kein »Politischer Leiter«.

Die nächsten Dokumente befassen sich mit der Kirchenfrage. Zunächst der Kommentar von Feder zum Parteiprogramm. Dort ist zu Kultur gesagt, daß man Angriffe auf das Christentum als plump und taktlos vermeiden soll. Er betont zum Schluß: »Die Partei steht auf dem Boden des Christentums.«

Dokument 84 ist deswegen von Bedeutung, weil es nun im einzelnen als Parteikommentar betont, wie zur Kirchenfrage praktisch gestanden wird und sagt hier in Punkt 27 und 29 volle Religions- und Gewissensfreiheit, Schutz des Glaubensbekenntnisses, Unterdrückung und Fernhaltung von Glaubenslehren zu, die dem deutschen Sittlichkeitsgefühl zuwiderlaufen und so weiter.

[292] Im Dokument 85 richtet sich die Partei aber gegen den sogenannten Wotanskult und lehnt ihn entschieden ab.

Das Dokument 86 verbietet ein staatliches Eingreifen in den Meinungskampf der Kirche; insbesondere soll jedes polizeiliche Eingreifen, wie Schutzhaft, polizeiliche Beschlagnahme und ähnliches unterbleiben. Das ist ein Dokument aus dem Jahre 1933.

Das Dokument 87 schließt an eine Erklärung des Reichsbischofs Müller an und verbietet den Gewissenszwang. Es ist eine Verfügung von Heß aus dem Jahre 1933. Aus dem Jahre 1935 stammt eine Anordnung von Heß, die sich auch gegen den Kirchenstreit wendet und besagt, daß man sich jeglicher Einmischung in derartigen Fragen zu enthalten hat und daß Einzelaktionen gegen Kirchen untersagt sind.

Das Dokument 89 ist ein Rundschreiben aus den Parteianordnungen aus dem Jahre 1937 und vertritt eine gleichmäßige Behandlung aller Konfessionen und ordnet an, daß die Partei sich aus allen konfessionellen Gruppen heraushält und richtet sich auch gegen die Weltanschauungsgemeinschaften »Deutsche Glaubensbewegung« und »Deutsche Gotterkenntnis« (Haus Ludendorff).

Dokument 90 betrifft »Nationalsozialistische Feiern« und richtet sich gegen den Versuch, einen Ersatz für Gottesdienste zu schaffen durch Ausstattung eigener Feiern.

Das nächste Dokument, Nummer 91, zeigt die praktischen Folgerungen daraus, daß jemand, der ein Kirchenamt annimmt, nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann, sondern unbehelligt bleiben muß.

Dokument 92 behandelt den Reichsarbeitsdienst und sagt, daß keine Behinderung des einzelnen erfolgen darf. Es richtet sich nur dagegen, daß geschlossen zugunsten einer Konfession aufgetreten wird.

Es ist dann die Rede von der Behandlung der Theologiestudenten und Vermeiden jeder Polemik in Kirchenfragen im Arbeitsdienst.

Das Dokument 93 betrifft das Buch »Mythus«, und eine nähere Lektüre ergibt, daß es nicht den parteiamtlichen Unbedenklichkeitsvermerk bekommen hat.

Das Dokument 94 bezieht sich auf die Frage des Lynchens. Es wird hier verwiesen auf die Maßnahme der Japaner, die Flieger zum Tode verurteilt haben, die dort Bombardierungen vorgenommen hatten. Es wird hier ein gleiches Denken für Deutschland abgelehnt. Das ist aus dem Jahre 1942.

Das Dokument 95 befaßt sich mit der Behandlung von Kriegsgefangenen und sagt, sie müßten genügend zu essen bekommen, die Behandlung muß zwar streng, aber nicht roh sein, gerecht und anständig.

[293] Dokument 96 betrifft den Einsatz von Ostarbeitern, und zwar ist es ein Rundschreiben der Reichspropagandaleitung, das auch den Politischen Leitern zugänglich wird und sagt, daß sie korrekt behandelt werden müssen und so ernährt und vernünftig behandelt werden müssen; »Sie dürfen nicht mit Kriegsgefangenen verwechselt werden«.

Dokument 97 betrifft konfessionelle Versorgung dieser Ostarbeiter und sagt, daß orthodoxe Geistliche eingesetzt werden können.

Das Dokument 98 behandelt die Frage des Eingriffs bei schwangeren Ostarbeiterinnen. Es ist eine vertrauliche Information der Parteikanzlei und sagt, daß nur mit Zustimmung der betreffenden Arbeiterin eine derartige Unterbrechung vorgenommen werden darf. Nur auf Wunsch der Schwangeren kann die Schwangerschaft unterbrochen werden.

Das Dokument 99 betrifft die Schutzhaft und sagt, daß diese schärfste Maßnahme nur nach einwandfreier Klärung des Sachverhalts und der Schuldfrage geschehen darf, und es muß erwartet werden, daß sie nur in wirklich dringenden Fällen, in begründeten Fällen, beantragt wird. Es ist gerichtet an die Kreisleiter.

Das Dokument 100 behandelt die Betreuung der Angehörigen von politischen Häftlingen und der Häftlinge selbst nach ihrer Entlassung. Es ergibt sich die seltsame Tatsache, daß die Angehörigen der politischen Häftlinge, die in Konzentrationslagern sind betreut werden in wirtschaftlicher und politischer Weise und daß nach der Rückkehr eine wirtschaftliche Betreuung der entlassenen KZ-Häftlinge erfolgen soll.

Dokument 101 wendet sich in der Judenfrage gegen die Gerüchte und sagt: Terroraktionen gegen die Juden sind zu vermeiden als Provokation, damit die Möglichkeit besteht, gegen die Greuel- und Boykottpropaganda im Auslande anzugehen und sie Lügen zu strafen.

Das nächste Dokument ist insofern von Bedeutung, als von der Anklage die Verbrauchergenossenschaften hervorgehoben worden sind, die im Zusammenhang mit den Gewerkschaften überführt wurden.

Damit ist das Dokumentenbuch II durchgesprochen. Es sind noch einige Anträge genehmigt worden. Der eine ist als Dokument 59a vorgelegt. Es besagt, daß Himmler nur den parteimäßigen Rang eines Reichsleiters hat, aber selbst kein Reichsleiter ist, was rechtlich von Bedeutung werden kann.

Dann ist ein Dokument zugelassen aus einem Leitzordner der Geheimen Staatspolizei der Staatspolizeistelle Düsseldorf über erfolgte Mißhandlung ausländischer Arbeiter. Es ist dort die Züchtigung, Freiheitsberaubung und Mißhandlung untersagt, und es wird [294] auf das Urteil eines Sondergerichts hingewiesen, durch welches Wachpersonal eines Lagers wegen Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung zur Gefängnisstrafe von nicht unter vier Monaten verurteilt wurde. Damit habe ich die Dokumente selbst vorgetragen. Ich komme dann zu den Affidavits, die genehmigt worden sind.

VORSITZENDER: Wollen Sie jetzt die Affidavits behandeln?

DR. SERVATIUS: Jawohl, Herr Präsident!

Es liegt dem Gericht eine Liste vor, in der diese 64 genehmigten Affidavits aufgeführt sind. Ich möchte an Hand dieser Liste vorgehen.

Es ist das Affidavit Nummer 1, das übersetzt worden ist. Ich darf es dem Gericht überreichen. Das Dokument ist bisher nur in englischer Sprache vorhanden. Es ist ein Affidavit eines 60 Jahre alten Landgerichtsdirektors in Regensburg, der Blockleiter war und darüber aussagt, wie er dieses Amt übernehmen mußte und was dort zu tun war. Er führt das im einzelnen auf. Er äußert sich auch über die Bedeutung des Organisationsbuches, das ja insofern eine Rolle spielt, als daraus viele Schlüsse hergeleitet werden über den Umfang der Organisation und über die Tätigkeit der einzelnen Mitglieder. Es kehrt häufig wieder, daß dieses Buch nur ein Entwurf war, der eine Arbeitsgrundlage geben sollte, aber keine endgültige parteiamtliche Lösung darstellte.

Das Dokument 2 ist nicht übersetzt. Es befindet sich im Protokoll vom 16. Juli 1946 vor der ersten Kommission. Es ist die Aussage eines Kriminalobersekretärs aus München, der auch seine Aufnahme schildert, wie er zunächst als unzuverlässig abgelehnt wird als Blockleiter, später aber eingesetzt wird. Der Sinn der Vorlage ist der, zu zeigen, daß es keine wichtigen politischen Ämter waren, die nur einem sogenannten Hoheitsträger übertragen werden sollten. Zu den einzelnen Fragen äußert sich der Zeuge.

Das Affidavit Nummer 3 ist von der gleichen Sitzung der Kommission. Es ist ein kaufmännischer Angestellter, der acht Jahre lang Blockleiter war.

Dann kommt das Affidavit Nummer 4, auf der gleichen Seite. Es ist dies ein Melkermeister, der in einem kleinen Landstädtchen tätig war, 10 Jahre als Blockleiter, und ein früherer Anhänger der Gewerkschaften. Er äußert sich zu der Frage der Spitzeltätigkeit; auch berührt er die Frage der Einwohnerkartei und die Aufträge, die er bekam.

Affidavit Nummer 5 stammt von einem 72 Jahre alten Schlossermeister in Wiesbaden, der lange Jahre Blockleiter und später Zellenleiter war. Er äußert sich über die Frage des Bespitzelns und sagt, daß es unklug gewesen wäre und Mißtrauen und Ablehnung geschaffen hätte. Er äußert sich auch über den Grund des [295] Beitritts in die Partei und schildert dann die Personenklasse, aus der sich diese Block- und Zellenleiter zusammensetzten: Schneider, Schlosser, Zimmermeister, Gastwirte und ähnliches.

Ich komme nun zum Affidavit 6, das übersetzt worden ist. Es ist die Aussage eines Behördenangestellten aus Stuttgart; es gibt Aufschluß über die Vorkriegsverhältnisse und nimmt in übersichtlicher Weise Stellung zu den verschiedenen Punkten, die für die Frage des Blockleiters von Bedeutung sind.

Das Affidavit Nummer 7 ist nicht übersetzt. Dieser Zeuge ist Kriegsblockleiter und Diplomingenieur. Er nimmt Stellung zu der bekannten Kartei und schildert eindrucksvoll, was der Blockleiter in der dortigen Gegend zu tun hatte, vom Einsammeln der Parteibeiträge bis zum Entfernen des Schnees, wo er im allgemeinen Interesse mit tätig sein mußte.

Das Dokument 10 ist eine Aussage eines Maurerpoliers, der sich über das Verhältnis zur Kirche äußert im Bezirk Köln und sagt, daß bei Gründung der Zelle alles strenggläubige evangelische Christen waren, daß der Pfarrer Mitglied der Partei war und daß auch in der Nachbarschaft Theologen als Redner auftraten, daß alles sich geändert habe mit dem Jahre 1935, mit dem Auftreten der Deutschen Christenbewegung.

Das Dokument 11 ist wieder übersetzt. Es stammt von einem Kreisleiter, also von einem beruflichen Angestellten aus dem Kreis Köln und Euskirchen. Er äußert sich zu der Haushaltskartei.

Ich habe übersprungen ein Dokument Nummer 9, das aus Brake in Oldenburg stammt und in allgemeiner Weise Stellung nimmt.

Ich beziehe mich auf das Affidavit 16 und muß mich insofern korrigieren, als ich wiederholt diese Affidavits als Dokumente bezeichnet hatte, was zu Irrtümern Veranlassung geben könnte. Die Dokumente sind in den Dokumentenbüchern, während die Affidavits besonders numeriert sind.

Das Affidavit 12 stammt von einem Maschinenschlosser, der in der Metallarbeitergewerkschaft organisiert war, und 200 Blockleiter kennt. Er sagt vor allen Dingen zu der Frage der Bestätigung und Ernennung zum Politischen Leiter aus und sagt, daß es kaum geschehen sein wird.

Das Affidavit Nummer 18 stammt von einem Zellenleiter in Bremen, der Verwaltungsoberinspektor war. Es befaßt sich mit der Frage des Druckes zur Übernahme des Amtes und sagt, daß er Fragebogen ausfüllen mußte, die zu den Personalakten genommen wurden.

Das Affidavit 19 stammt von einem Block- und Zellenleiter aus Hamburg; es befaßt sich mit der Frage, ob Hoheitsträger oder nicht und führt im einzelnen die Tatsachen an, die zur Beurteilung dienen können.

[296] Das Affidavit 20 stammt aus Berlin und zeigt die dortige Tätigkeit in der Großstadt, Einkassierung von Winterhilfsbeiträgen und sonstigen Beiträgen, Verteilung von Aufrufen, Sammlungen und ähnlichen Dingen. Es befaßt sich auch mit der Frage der Auskünfte über einzelne Personen und der Durchführung; er sagt, wenn negative Beurteilungen gemacht worden sind, die auf dem Dienstwege angefordert wurden, wäre eine eingehende Untersuchung von oben erfolgt auf die Richtigkeit von Beschuldigungen.

Dokument 12 stammt aus Berlin-Hessenwinkel, das ist die Sowjetzone. Es ist ein Verlagsbuchhändler, der dort eine klare Übersicht gibt über die Verhältnisse, die in seinem Bereich geherrscht haben.

Das Affidavit 17 stammt aus Dresden und zählt die Tätigkeit des Blockleiters in einfachen Dingen und ähnlichem Kleinkram auf. Er befaßt sich mit der Gegenüberstellung von Angehörigen der Ortsgruppenstäbe und Block- und Zellenleiter und stellt fest, daß die Block- und Zellenleiter weniger einflußreich waren als die Angehörigen der Ortsgruppen. Schließlich ist noch ein Affidavit 21 aus Eisenach, das sich auch mit der Frage befaßt; Verhalten zur Bevölkerung, Vertrauen gewinnen, tadelloses Benehmen, nicht schikanieren, Bespitzelung ist verboten.

Affidavit 13 stammt von dem Gauorganisationsleiter des Gaues München-Oberbayern und befaßt sich mit dem Beweiswert des Organisationsbuches, von dem ich schon vorher sprach, also über Fragen der Hoheitsträger und Befugnisse der einzelnen. Es sagt, daß besonders übertrieben in dem Buche die Ansichten und Pläne über Blockleiter und Zellenleiter seien, die dort aus propagandistischen Gründen herausgestellt werden als die wichtigsten Leute der Partei.

Es folgen dann noch drei Affidavits über Block-und Zellenleiter; da ist Nummer 14, die Aussage eines Amtsgerichtsrats, der sich auch mit den hoheitlichen Befugnissen befaßt. Dann ein Bauer aus Westfalen, der zum Bürgermeister gewählt worden war. Er erklärt ebenfalls zur Frage der Hoheitsrechte, daß sie bei den Block- und Zellenleitern nicht vorhanden waren und daß Spitzel- und Verschwörungsdienst niemals stattgefunden hätten.

Nummer 15 ist das Affidavit eines hauptamtlichen Kreisleiters aus Nürtingen. Er gibt einen Überblick über die Block- und Zellenleiter in seinem Kreis, über die Zusammensetzung: 40 Prozent Industriearbeiter, 20 Prozent Landwirte mit Klein- und Kleinstbetrieben und 20 Prozent Angehörige freier Berufe und des Beamtenstandes. Er befaßt sich dann mit den Aufgaben; das Austragen von Lebensmittelkarten sei das wichtigste gewesen. Das Organisationsbuch erklärt er als eine vom »Grünen Tisch« aus verfaßte Niederschrift.

[297] Das Affidavit 24 von Karl Hederich ist übersetzt. Es behandelt die Frage der Zahl der Politischen Leiter, die ich ja beim Vortragen der Dokumente schon einmal berührt habe. Dieser Zeuge war in der Reichsleitung der Partei tätig und stellvertretender Vorsitzender der parteiamtlichen Prüfungskommission für das Schrifttum. Er hatte auch das statistische Material zu bearbeiten und zusammenzufassen. Er ist also über die Fragen, die er in seinem Affidavit behandelt, gut unterrichtet. Er weist gegenüber der Angabe, daß nur 600000 Personen erfaßt wurden, in seinem Affidavit nach, daß die Zahl der Politischen Leiter in Wirklichkeit mindestens 1500000 Mann betrug. Er betont dabei, daß die Zahl sehr niedrig gegriffen sei und daß er berücksichtigt habe, daß zuweilen eine Person gleichzeitig mehrere Ämter verwaltet hat.

Das Affidavit 25 ist Kommissionsbericht 1. Es befaßt sich mit der Bedeutung des Organisationsbuches, dessen Terminologie jetzt hier im Verfahren ein Fundament bildet. Er sagt, daß er mit dem Referenten des Verfassers des Buches wiederholt gesprochen habe; das ist der Zeuge Mehnert, und dieser habe erklärt, das Buch gebe nicht die tatsächlichen Verhältnisse wieder, sondern man wolle es in der Zukunft so aufbauen.

Es folgt Affidavit 26 von Förtsch. Das ist der frühere Gauorganisationsleiter München-Oberbayern. Auch er sagt, daß das Buch ein theoretisches Werk war. Das Affidavit 27 ist ein zweites Affidavit von dem eben genannten Hederich aus der Reichsleitung, wo ebenfalls die Bedeutung dieses Organisationsbuches im einzelnen erläutert wird auf Grund der persönlichen Kenntnis des Zustandekommens des Buches.

Das Affidavit Nummer 28 ist ein zweites Affidavit von dem Gauorganisationsleiter München-Oberbayern, Förtsch, der hier zu der Frage Stellung nimmt: »Was ist das ›Korps der Politischen Leiter‹?« und dann erklärt, daß man streng unterscheiden muß zwischen Dienststellung und Dienstrang und sagt, daß nur ein Bruchteil der Leute, die ein Amt in der Partei hatten, auch zu »Politischen Leitern« ernannt wurden. Als Beispiel führt er an, daß im Gau München-Oberbayern schätzungsweise etwa 20 Prozent von Leuten, die Parteiämter bekleideten, »Politische Leiter« waren, die übrigen 80 Prozent niemals dazu ernannt wurden. Wenn man also auf diese rechtliche Seite abstellt, muß ein erheblicher Abstrich an den Zahlen gemacht werden. Er weist dann darauf hin, daß die Verleihung des Titels »Politischer Leiter« und die Übertragung des Amtes von verschiedenen Dienststellen erfolgte.

Das Affidavit Nummer 29 stammt von einem Zeugen Davidts und bestätigt, daß die Redner, Reichsredner, Gauredner und Kreisredner selbst keinen Politischen-Leiter-Rang hatten.

[298] Es folgt dann Affidavit Nummer 30. Das ist ein Schreiben des Alfons Schaller, Kreisleiter in Köln. Er befaßt sich mit der bekannten Kartei, die im Gau Köln-Aachen üblich war und erklärt sie durch die dortigen Verhältnisse, daß die großen Karteien durch Fliegerangriffe vernichtet waren, man daher eine völlige Aufstellung bei den unteren Stellen haben wollte, sagt aber, daß sie praktisch nicht ausgeführt worden seien, diese Karteien.

Das Affidavit Nummer 31 ist von einem Richard Schaller und befaßt sich mit den politischen Beurteilungen und sagt vor allem, daß die Stellen unterhalb der Kreisleitung solche Beurteilungen nicht abgeben konnten.

Es ist dann hier ein Dokument des Gauleiters Sprenger von der Anklage vorgelegt worden als Dokument D-728. Ich habe damals die Echtheit des Dokuments bestritten, und verschiedene Zeugen haben sich dazu geäußert. Hier ist ein Affidavit eines Mannes, der Adjutant dieses Gauleiters war und jahrelang als Gaugeschäftsführer mit ihm zusammengearbeitet hat. Er erklärt, daß nach seiner persönlichen Kenntnis von der Art der Briefe diese unmöglich von der Quelle herstammen, der sie zugeschrieben werden und nimmt in seinem Affidavit die Erklärung anderer Leute auf, die ihn ebenso unterrichtet haben.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! Ich bin sehr daran interessiert, daß der Vortrag der Anklage sich nur auf Dokumente stützt, die, soweit es überhaupt menschenmöglich ist, nicht angefochten werden können. Um einen Streit über das Dokument zu vermeiden, zieht es die Anklage vor, sich nicht auf dieses Dokument zu stützen, das hier eben behandelt wird.


DR. SERVATIUS: Herr Vorsitzender! Wenn ich recht verstanden habe, wird dann das Dokument Sprenger, D-728, zurückgezogen?


VORSITZENDER: Jawohl! Sie können fortfahren.


DR. SERVATIUS: Ich kann dann das Affidavit Nummer 33 übergehen, das sich mit dem Sprenger-Dokument befaßt.

Das Affidavit Nummer 34 stammt von einem Oberlandesgerichtsrat, der Vorsitzender eines Obersten Parteigerichts war, und er gibt zu seiner Stellung an, daß die Parteirichter nicht »Politische Leiter« waren, daß später aber 1943 im Organisationsbuch eine gewisse Änderung eintrat, durch die sie der Partei genähert wurden.

Herr Vorsitzender! Darf ich zu dem zurückgezogenen Dokument D-728 dann den Antrag stellen, daß dieses Dokument, das damals verlesen worden ist, aus dem Protokoll gestrichen wird?


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! Ich habe keinen Einwand. Wenn ich dieses Dokument zurückziehe, ziehe ich es natürlich vollkommen aus dem Protokoll zurück.


[299] DR. SERVATIUS: Ich komme nun zu den Fachämtern...


VORSITZENDER: Fahren Sie fort, Herr Dr. Servatius!


DR. SERVATIUS: Ich komme nun zu den Affidavits, die sich mit den Fachämtern in den Stäben der Hoheitsträger befassen. In den Stäben der Hoheitsträger sind verschiedene Gruppen von Ämtern, die eigentlichen politischen Führungsämter, dann die, Parteiverwaltung und schließlich die Berufs- und Fachämter. Diese Fachämter sind zwar angeschlossen und disziplinär mit ihrem Personal den Hoheitsträgern unterstellt, bekommen aber ihre Anweisungen unmittelbar von den Reichsleitern.

Ich beginne mit dem Affidavit Nummer 35 eines Gauschulungsleiters Schön in Mainfranken. Er befaßt sich mit dem Lehrstoff der Schulungsarbeit, Frage Kirchenaustritt, und sagt zu diesem Punkt, daß der Kirchenaustritt verboten war, daß er mit Planung von Kriegs- und Humanitätsverbrechen nicht irgendwie in Berührung gekommen ist und schildert im übrigen die Tätigkeit seines Amtes.

Das Affidavit Nummer 36 stammt von dem Hauptstellenleiter Kultur im Gaupropagandaamt, Gau Niederschlesien, Dr. Schulz. Er sagt hier im einzelnen darüber aus, welche Informationen man über den Kriegsbeginn bekam und daß alles überraschend und plötzlich geschah. Dann gibt er Auskunft über die Einrichtung der DAF und seine Propagandatätigkeit. Wesentlich ist, sagt er, daß nur 4 Prozent der Leute im Amt hauptamtlich tätig waren, 96 Prozent ehrenamtlich, und er sagt, daß 70 Prozent den christlichen Konfessionen angehörten.

Die nächste Gruppe ist die Parteiverwaltung. Da ist ein Affidavit 37 eines Paul Künzler aus der Finanzverwaltung. Er bestätigt die ausschließliche Beschäftigung mit verwaltungs- und finanztechnischen Aufgaben und das Heraushalten aus allen politischen Aufgaben.

Die dritte Gruppe der Fachverwaltungen setzt sich so zusammen: Es sind die fachlichen Verbindungsleute der Parteigliederungen, dann die Berufsvertretungen, dann kommen die allgemeinen Fachämter und Fachberater und schließlich die Ämter der Wohlfahrt und Betreuung. Zu den fachlichen Verbindungsleuten gehörten die Frauenschaft, der NS-Dozentenbund und der NS-Studentenbund. Es sind selbständige Gliederungen, die keine Verbindung zu den Hoheitsträgern durch ein Amt in deren Stäben haben. Es kommen nur die örtlichen Führer in ihrer Person als Verbindungsleute zu den Kreis- und Gauleitern zur Beratung. Es sind hier vor der Kommission vernommen worden zwei Zeuginnen, Westernacher und Paul von der Frauenschaft, vom NS-Dozentenbund ein Dr. Kutover.

Als Affidavit 38 folgt ein Affidavit einer Frau Künast, Gauabteilungsleiterin im Mütterdienst in Berlin. Sie sagt, daß sie der [300] Gaufrauenschaftsleitung unmittelbar unterstellt war und keine Berührung mit dem Gauleiter oder einem seiner Mitarbeiter hatte.

In Affidavit 39 sagt eine Ärztin aus, Dr. med. Hildegard Brauns. Sie schildert die Tätigkeit der Kreisfrauenschaftsleiterin in Wesermünde und die Art der Besprechungen und sagt, daß bei den anschließenden Besprechungen, die nicht reine Frauenfragen betrafen und nur den engeren Stab umfaßten, die Frauen den Raum verlassen mußten und daß sie zu politischen Aufgaben niemals herangezogen wurden.

Zu der Gruppe Berufsvertretungen gehören die Lehrer, Beamten, Techniker, Ärzte und Rechtswahrer. Für die Lehrer und Erzieher kann ich noch kein Affidavit vorlegen. Aus technischen Gründen war es mir nicht möglich.

Für Beamte habe ich das Affidavit 40 von einem Dr. Schenk, das auch bestätigt, daß an den Besprechungen der Hoheitsträger mit ihren Stabsoffizieren diese Gruppen nicht teilnahmen, und er sagt, daß seit 1943 das Amt für Beamte stillgelegt wurde, weil ihre Arbeit als unwichtig betrachtet wurde.

Dann für das Kreis- und Gauamt für Technik habe ich hier ein Affidavit. Es ist von dem Kreisamtsleiter für Technik aus Köln, Schöneberger, der seine Tätigkeit schildert. Er war in rein fachlicher Weise beschäftigt mit Energiewirtschaft, Bau- und Verkehrswesen und ähnlichem. Er sagt, daß er nur soweit zugezogen wurde, als es sich um fachliche Aufgaben technischer Art handelte.

Affidavit 42 stammt vom Gauamtsleiter für Technik, Gau Pommern, Mackels, der sich in gleichem Sinn äußert wie der vorige Zeuge und betont, daß alle Arbeit unentgeltlich und nebenberuflich geleistet werden mußte.

Es folgt das Amt für Volksgesundheit. Hierzu Affidavit 43 von einem Dr. Sassé, Leiter des Kreisamts für Volksgesundheit in Iserlohn. Er sagt, daß die örtlichen Führer des Nationalsozialistischen Ärztebundes gleichzeitig Leiter dieser Gauämter für Volksgesundheit waren. Er schildert, daß er zu fachlicher Arbeit herangezogen wurde und daß bei den Beratungen und Besprechungen des engeren Stabes auch diese Ärzte herausgelassen wurden, so daß sie eine politische Orientierung nicht hatten.

Es kommen dann die Aufgaben der Rechtsämter. Es ist Affidavit 44 von einem Kreisrechtsamtsleiter in Augsburg, Dr. Steinhauser. Er befaßt sich mit der Aufgabe des Rechtswahrerbundes und sagt, daß die Rechtsämter, die dem Stab angeschlossen waren, keine politische Bedeutung hatten, da sie 1942 bereits als nicht kriegswichtig aufgelöst wurden.

Die weiteren Gruppen sind die Fachämter und Fachberater, die Obmänner der DAF, die Vertreter von Handwerk und Handel, das [301] Amt für Agrarpolitik, das Amt für Kommunalpolitik, die Wirtschaftsberater, die Beauftragten für Rassenpflege. Dazu lege ich vor Affidavit 45 von einem Kreisobmann der DAF aus Neu-Ulm, namens Haller. Er schildert im einzelnen, was die DAF-Obmänner zu tun hatten und welches ihre Stellung war, und betont, daß ausschließlich soziale Arbeit in seinem Bereich die Gesamttätigkeit ausmachte.

Für das Amt Handwerk und Handel kann ich kein Affidavit vorlegen, da kein Zeuge hier verfügbar war.

Es folgt das Affidavit 46, das von dem früheren Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, dem Reichsbauernführer Darré, abgegeben ist. Er befaßt sich eingehend mit dem Aufbau des Reichsnährstandes und gibt Klarheit darüber, wieweit ein Bauernführer in der Partei tätig war oder zum Reichsnährstand gehörte, und stellt heraus, daß der Reichsnährstand eine starke Unabhängigkeit von der Partei hatte und eine selbständige Berufsorganisation war, die sich bis 1942 weitgehende Selbständigkeit von der Partei erhalten konnte. Im einzelnen nimmt er zu verschiedenen Fragen Stellung, im besonderen zu der Einstellung gegenüber der Kirche von seiten der Bauernschaft.

Ich komme dann zu dem Amt für Kommunalpolitik. Hierzu habe ich zwei Affidavits, eines von Dr. Planck vom Amt für Kommunalpolitik in Nürnberg. Er sagt, daß die Partei sich mit der sogenannten Menschenführung befaßte, während für die Fachaufgaben der Kommunalpolitik Fragen reiner Rechts- und Verwaltungstätigkeit nach der Gemeindeordnung...


VORSITZENDER: Dr. Servatius! Ich weiß nicht, ob Sir David Maxwell-Fyfe uns heute abend auf die Abschnitte in Görings Aussage verweisen wollte. Vielleicht wollte er das tun. Es wäre wohl besser, jetzt abzubrechen. Es dürfte uns kaum möglich sein, die ganze Zusammenfassung dieser Affidavits noch zu beenden.

Beabsichtigen Sie das zu tun, Sir David?


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich wollte Euer Lordschaft dahingehend unterrichten, daß wir in dem Verhör des Angeklagten Göring keine Abschnitte finden konnten. Hie und da kommt es vor. Ich hoffe, daß wir sie nicht übersehen haben. Aber wir haben es ganz durchgesehen, und wir können nichts finden.


VORSITZENDER: Nun, dann...


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! Dies beläßt den Antrag von Dr. Stahmer in folgender Lage: Das erwähnte Dokument ist NO-008 (GB-586). Es ist ein Brief des Zeugen Sievers und enthält folgenden Satz:

»Wie ich Ihnen berichtete, liegt die leitende Durchführung der Versuche in den Händen des Direktors des hygienischen [302] Institutes der Reichsuniversität Straßburg, Professor Dr. Haagen, Oberstabsarzt und beratender Hygieniker bei einer Luft flotte, der dazu durch den Reichsmarschall, Präsident des Reichsforschungsrates, beauftragt wurde.«

Das ist der maßgebende Punkt. Die Lage ist so: Als Feldmarschall Milch aussagte, wurden ihm Briefe vorgelegt, die das Dokument 343-PS betrafen; der zweite, datiert vom 31. August, besagt, daß er mit großem Interesse von den Berichten von Dr. Rascher und Dr. Romberg erfahren hätte...

»Ich bin über die laufenden Versuche unterrichtet. In nächster Zeit werde ich diese beiden Herren bitten, vor meinen Herren einen Vortrag mit Filmvorführung zu halten.«

Euer Lordschaft werden sich daran erinnern, daß der Feldmarschall Milch gesagt hat, er handelte nur als Unterzeichner für seine eigene ärztliche Inspektion in der Luftwaffe, als er diese Briefe unterschrieb, und er könne sich an nichts erinnern. Herr Vorsitzender, das war das Ergebnis der Beweisaufnahme.

Von den Verfügungen des Gerichtshofs kommen zwei in Betracht. Die eine wurde erlassen als der Gerichtshof entschied, es solle so gehandhabt werden, daß die Schlußreden der Angeklagten noch vor der Beweisaufnahme für die Organisationen stattfinden sollten. Der Gerichtshof hat am 31. Mai verfügt, daß den Angeklagten erlaubt werden solle, den Gerichtshof auf irgendwelche neuen Umstände hinzuweisen, die sich aus der Anhörung der Organisationen ergäben und die ihrer Verteidigung behilflich sein könnten. Und, Herr Vorsitzender, der Gerichtshof hatte vorher allgemein verfügt, daß gewisse Unterabschnitte seiner Anordnung vom 23. Februar die Befugnis des Gerichtshofs nicht einschränken sollen, zu gestatten, in Ausnahmefällen einen Angeklagten zu einer weiteren Vernehmung wieder aufzurufen, wenn es nach Ansicht des Gerichtshofs im Interesse der Gerechtigkeit als notwendig erscheint.

Herr Vorsitzender! Die Anklagebehörde zögert natürlich, dem Gerichtshof auch nur anzudeuten, was ein Ausnahmefall ist und was in einem besonderen Fall das Interesse der Gerechtigkeit erfordert. Aber sie möchte zwei Punkte hervorheben, einen, der sich speziell auf diesen Antrag bezieht und einen anderen ganz allgemeinen. Der spezielle Punkt zu diesem Antrag ist, daß es ja natürlich bekannt war, daß, als der Angeklagte Göring den Zeugenstand betrat, diese Briefe vorhanden waren, und daß sein Stellvertreter, Feldmarschall Milch, gesagt hatte, daß die ärztliche Inspektion der Luftwaffe sich mit diesen Experimenten befaßte und deshalb mit der SS in Verbindung stand. Herr Vorsitzender! Soweit wir herausfinden können, wurde die Sache nachher nicht mehr weiter verfolgt. Deshalb hatte auch damals der Angeklagte Kenntnis von der allgemeinen Lage, [303] wenn auch nicht – und hier stimme ich mit Dr. Stahmer überein – gerade von diesen Experimenten über Fleckfieber. Herr Vorsitzender! Der allgemeine Punkt, den die Anklagebehörde herausstellen möchte, ist der, daß dieses Verfahren sich auf Ausnahmefälle beschränken sollte, wo das Interesse der Gerechtigkeit dies ganz klar erfordert. Es wäre zu bedauern, wenn dieses Verfahren eines nochmaligen Verhörs allgemein angewandt würde oder wenn es wegen irgendwelcher Punkte, die nicht von großer Wichtigkeit sind, angewandt würde. Euer Lordschaft erinnern sich gewiß, daß nach der englischen Regelung das Verfahren nur Anwendung findet, wenn es sich um »ex improviso«-Fälle im strengsten Sinne handelt. Wie ich bereits sagte, kann die Anklagebehörde nicht behaupten, daß diese Fleckfieberangelegenheit nicht ex improviso ist, aber die allgemeinen Umstände der Experimente wurden dem Angeklagten zur Kenntnis gebracht, ehe er aussagte; deshalb kann dieser Punkt auch nicht als unvorausgesehen erscheinen. Ich glaube nicht, daß die Anklagebehörde in dieser Sache dem Gerichtshof noch weiter behilflich sein kann.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird darüber beraten. Am Montag wird der Gerichtshof bis 1.00 Uhr tagen. Nach 1.00 Uhr wird er eine geschlossene Sitzung abhalten.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich danke sehr.

[Das Gericht vertagt sich bis

19. August 1946, 10.00 Uhr.]


1 Bei allen nun folgenden, von Dr. Servatius angeführten Dokumenten handelt es sich um PL-Dokumente.


2 Diese Zahl wurde tatsächlich genannt, obwohl vermutlich 60000 stimmen dürfte.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 21.
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