38. Die letzten Amoräer und Halbamoräer.

[462] Wie es nach der Schlußsammlung der Mischna Halbtannaiten gegeben hat, welche den Übergang von den schöpferischen Tannaiten zu den abhängigen Amoräern bildeten, so gab es auch nach dem Abschluß des Talmuds Halbamoräer, die man als die letzten Amoräer und als die ersten Saburäer betrachten kann. Sie und ihre unmittelbaren Nachfolger haben dem Talmud diejenige Gestalt gegeben, welche er heutigen Tags besitzt. Die Namen dieser Halbamoräer variieren in den zwei uns vorliegenden Texten, dem Seder Tannaïm w' Amoraïm (abbrev. S. T.) und dem Sendschreiben Scheriras (abbrev. Sr.) so sehr, daß ein kritisches Eingehen unerläßlich wird. Ein kritisches Hilfsmittel bietet der Auszug aus der ersten Schrift bei Simson von Chinon (S. Keritot IV. 2.). 1. Als der erste dieser amoräischen Epigonen wird R. Achaï bar R. Huna genannt; Sr. gibt ihm das Epithethon יבמ םיתח, und ebenso S. T. (Lesart des Machsor Vitry): 'ר םיתח (1. יבמ) רבמ יאחא. Nach Sr. wird dieser R. Achaï neben anderen im Talmud (Gittin 7. b.) erwähnt: לכו יבמ אחא 'רו ףסוי 'רו ימוחנ בר ןוגכ הושרפ םיאקו ילת הוהד המ 'וכו גלקצ איבמהב ןנירמאד םיתח. Dafür steht aber in unserer Ausgabe: אזיגראמ ההיבג und האזוח יבמ אחא 'ר. Daher stammen die Korrupteln in S. T.: תויגראד oder ארבג בר אתזוגראמ; nur bei [462] Simson von Ch. deutlich. 2. אמס 'ר יאדוהי אנברד הירב. 3. Der schon genannte ימוחנ oder יאמוחר. 4. אתידבמופמ והבא רב לאומש 'ר, im Talmud erwähnt: והבא 'רד הירב לאומשד היתוכ אתכלה םתמ וחלש. 5. אצמוא ןמ אניבר oder איצמוא רב. 6. אתולג שיר אנוה 'ר (v. S. 462) in S. T. nicht genannt. 7. הובאד אחא 'ר in S. T. kontrahiert in: אניטק רב יוברחא 'ר, bei Sr. korrumpiert הניחת als selbständiger Name. 8. אנינח רב ארטוז רמ (Variante אמח .אנח .אנניח). 9. יסוי 'ר oder ףסוי 'ר der sie sämtlich überlebt hat. Mit diesem beginnt die Epoche der eigentlichen Saburäer. Bei Seder Tannaïm folgt nach der Aufzählung der Halbamoräer die Datumangabe: טימיחמ אצי םהימיבו oder טמוחמ, als wenn die letzten derselben zu Mohammeds Zeit gelebt hätten. Das glaubte Luzzatto sei ein Irrtum. Allein es beweist, daß in unserm Texte eine Lücke ist. Die Schulhäupter von Sura in der nachtalmudischen Zeitepoche sind ausgefallen bis etwa Mar Chanina von ארהיג יב, welchen Scherira eingefügt hat, zu diesem paßt טמחמ אצי וימיבו.

An gewissen eigentümlichen Wendungen, die von einem R. Achaï in den Diskussionen vorkommen: יאחא 'ר טישפ (Ketubbot 2. b.) oder יאחא 'ר ךירפ (das. 47. a.; Jebam. 84. a.; Chullin 65. b.; Sebachim 102, b.; Bechorot 6. a.; Kidduschim 13. a.; Schebuot 41. b) oder יאחא 'ר הב יוה (Bechorot 5. a.) hat der Talmudkommentator Samuel ben Meïr (ם"בשר) mit richtigem Takte erkannt, daß dieselben nicht einem Amora alten Schlages angehören können. Aber dieser im Talmud genannte R. Achaï kann nicht, wie derselbe ausgleichen wollte, mit dem Verfasser der תותלאש, mit Achaï aus Schabacha aus dem 8. Jahrh. identisch sein. Es ist vielmehr jener Halbamora R. Achaï aus Be-Chatim, von dem Scherira tradiert, er habe nebst Nachumai und R. José das im Talmud zweifelhaft Gebliebene erörtert und der Lösung zugeführt. R. Tams Einwendung, daß R. Aschi mit diesem R. Achaï kontroversiert (Ketubbot 2. b.; Sebach. I. b.) ist nicht erheblich, da es auch später einen R. Aschi gegeben haben kann, wenn nicht die Lesart Aschi überhaupt falsch ist, da Nidda 33. a. der Kontroversant des R. Achaï יסא 'ר genannt wird. Man scheint also ganz geflissentlich diejenigen Zusätze im Talmud, welche nicht von den echten Amoräern herrühren, durch eine eigene Wendung kenntlich gemacht zu haben. Die Sentenzen dieses R. Achaï zeichnen sich durch eine gesunde, treffende Dialektik aus; daher mag man ihn in Judäa so sehr gepriesen haben: יניע ריאמש יאחא ונברב ורהזהו הלוגה (Chullin 39. b.). Durch den dabei genannten Samuel bar Abbahu ist er kenntlich genug als Halbamora.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1908, Band 4, S. 462-463.
Lizenz:
Faksimiles:
462 | 463
Kategorien: