13. Das Verhalten der portugiesischen Juden gegen die aus Spanien vertriebenen und in Portugal aufgenommenen Stammgenossen, und der Brief des David Ibn-Jachja an Jesaia-Weseni.

[482] Gedalja Ibn-Jachja, der Sammler historischer Notizen, referirt in seinem הלבקה תלשלש (gegen Ende) ein auffallendes Factum: daß die portugiesischen Juden, aus Furcht durch die Einwanderung der aus Spanien Vertriebenen Schaden zu erleiden, beim Könige von Portugal Schritte gegen deren Aufnahme gethan hätten. Diesen Bericht, welcher die Engherzigkeit und Lieblosigkeit der portugiesischen Juden gegen ihre unglücklichen Brüder bekunden würde, erklärt Carmoly für lügenhaft und führt dagegen das Zeugniß eines andern Jachjiden an, daß die portugiesischen Juden sich gerade sehr liebevoll gegen die Ausgewiesenen und in Portugal Eingewanderten benommen hätten (Biographie der Jachjiden, p. 15, Anmerk.). Das Letztere ist allerdings durch ein Sendschreiben des David Ibn-Jachja an Jesaja Meseni beurkundet; aber es dementirt, nach meiner Auffassung, den Bericht des Gedalja Ibn-Jachja durchaus nicht, sondern Beide können neben einander aufrecht erhalten werden.

Sehen wir uns zuerst den Brief des David Ibn-Jach ja an, eine Art Bettelbrief, als Einleitung zu einem Commentar zur Vorrede des More Nebuchim, geschrieben um 1496. Ich verdanke die Benutzung dieses interessanten Schreibens dem verewigten Carmoly, und ich theile es wegen mancher wichtigen Notizen darin hier mit. Die Copie stammt von dem Mitglied des französischen Sanhedrin, Joseph David Sinzheim, angefertigt (1790) aus einem Pariser Codex.

םכחה הלהתב םש ול הלעמה יפוי המכחה לילכ לודגו רש ךיתממור ,יתעדי אל ךדובכל םג .ץ"י ינישימ הועשי 'רה הלענה יתמכסה .םישנא לפשל טיבי אל הובג לעמ הובג ,ינריכי אל ולש יתייה רשאכ דחאה :םיתשה הלא ןוחטבב םייתרוש בותכל תומילש יתעמש הנומא ישנא יפמ ישרדמ תיבב ןנער יתבישיב םימשה ןמ הוכילמה הבכרמו תישארבמ הלולכ הבושחה ךשפנ ויה תוינומדק םינשבש תואלו דעל הרבו הכז הרובגו הצעב בוטל תיעבט הוחא תינשה .תואמ ירשו םיפלא ירש ונתומואב הבהאב רטפנ ל"ז הילדג 'הומ ומלועב דיחיל (?) עבשנ ךלכש ירויש ינלדג ירוענמ אוה .וייחמ שריפ רשאכ ךממ שריפ הבר .יבאכ יבלב ורוגי .בהז ילילג וידי לע יתקצי םימ ,ינליכאה ויתיתפ בורמ עמש רפסא .תולהת ארונ ךלדגל יתבשה ןכל יברקב יניע ריאממ םיהלא ילוא ינוממה ינולכא .ינארק רשא תואלתה ויהי ךיפנכ תחת תוזונגה תוללוהמה תולעמהו ברה תוכז םיכושחה ושדק לומל ינאיביו ייגהני ותצעבו ילוקל עמשי רצמה ןמו ירזעב .םירעש תיבב יבר תומד םידישב דחוימה ינפ תוארל הכזא

[482] ינודא כ"ב דוד ימש אזימדב ילע ואב תונוגיו תואלת בר ינודא םוימ יתכאלמ .ל"ז רכזנח םכחהמ ןקזה חאה אייחי ןב המלש ןוד הרות ץיברמ ינאש הנש הרשע עבש ומכ שי ,הרותב התיה יתויה תותבשב וניגהנמכ םיברל שרוד אנובשילמ אשידק הליהקב תומוקמ לכמ םידוהיה דרפס ךלמ שריג רשאכו .םידעומבו םצבקיש לאגוטרופ ךלמ םע רבדל ואב םילודגהמ םיבר ותלשממ .םבתוכל ןכש לכ םריכזהל רוסאש םיאנת םהמע ונתהו וצראב לכ .לארשי תמואל ןכש לכו תוירבה אנוש ועבשמ היה ךלמהש ךלמהו .רזעה ינפוא לכב םישרגנל םירזוע היה דחאכ להקה םפוגב שנע םהמו םיסכנ המהמ םיברל חקלו םהילע המיח אלמתנ חולשל התיה ידיש ילע ומשש ינפמ יתחרב ינאו .ינוע ילבכב ותמו ינליצהש םשה ךורבו .וניתד תרמהב םיסונא היהש תצקמ דהיתהל יתאב .ולכ חקל יסכנמ אצמש המו המוצעהו השקה וברחמ ינולזגו הערה ימי ואב רשאכ יתיבו יתשא םע יתייה םשו ילופנל תא תויחהל ונל רשא לכ םירשל ינחלש תוניפסב הז רחא .םש יתרכמש יסכנב לאל תולהתו ופרוקל םלה ונעיגהו .וניתושפנ טרפו ללכ ידעב םלש אל הגה דעש יתמלש הברה םירפס ןכו לוזב הטעמתנ תיראשהו בכשמל יתלפנו יתילח הז רחא .הטורפ וליפא הצק ריע הטראלב םירופ תינעת םויה הפ ינא הנהו .סיכהמ הזיאב חונמ אצמא םא תוארל איהה ץראל תולעל ףסוכ המרגות יל שיש םג יכ .חכ יל ןיאו יתיב תושפנ תויחהל היהיש ןפוא תאזה ריעה הז לכ םע יתואצוהל םרכמאו תיבה טישכתו םירפס אלש תורצק תולמב ןכל .הב ישפנ תא תויחהל לכוא אלו רעצמ לכו םשל יתיבו ינא תולעל רדס תתל ךונפל ןנחתמ הזב יתלגרוה .'וכו ךידיב והנתא יל רשא

Aus einem Passus in diesem Sendschreiben des David Ibn-Jachja geht allerdings mit Entschiedenheit hervor, daß die portugiesischen Juden den unglücklichen spanischen auf jede mögliche Weise beigestanden, d.h. die Armen und Schwachen unterstützt haben. Aber es ist nicht angegeben, daß sie sich auch für sie beim König Don João verwendet hätten, sie in Portugal ansiedeln zu lassen. Eine dunkle Stelle läßt gerade auf das Gegentheil rathen: Die jüdisch-spanischen Großen kamen mit dem Könige zu sprechen, »daß er sie in Portugal aufnehmen sollte, und sie stellen ihnen Bedingungen (wer, wem?), die man nicht erwähnen, geschweige denn niederschreiben darf«. Es scheint, daß David Ibn-Jachja nicht ganz zu billigende Schritte der portugiesischen Gemeinden verschweigen wollte. Halten wir das Moment fest, daß die spanischen Verbannten vollständige Aufnahme in Portugal, d.h. das Indigenat, gewünscht, und daß es ihnen abgeschlagen wurde, so werden wir den Bericht im Schalschelet aufrecht halten können.

Denn derselbe giebt ebenfalls an, die portugiesischen Juden hätten die Unglücklichen unterstützt, allein sie hätten sich bemüht, dieselben nicht zuzulassen, weil Portugal zu klein sei, um so viele Juden zu fassen. Dadurch wären die spanischen Emigranten gezwungen gewesen, sich von dem Könige von Portugal für Geld die Erlaubniß zum Durchzuge und zum kurzen Aufenthalte im Lande zu verschaffen. Aus den einzelnen Worten des Berichtes geht zwar, wie ich gestehen muß, diese Interpretation nicht hervor, aber aus der Gesammthaltung. Der Bericht lautet: קלחה יכ עדו רשא תושפנ ףלא תואמ שלש ומכ ויה לאגוטרפ לא תכלל ונפש ידכ לאגוטרופ תוכלמבש םידוהיה לכ ודחי ודסונו וצעונ הז לע םירבדה ירחאו םידורמ םיינע ויה םלכ יכ םתאיב לא רדס תתל סנכהל םחיני אלש ךלמה םע לדתשהל ורחב םהיניב ויהש םיברה הז ןטקו רצק יכ הזו ךלמה םע םחור תא ושיאבי אל ןעמל םש אייחי 'ן ףסוי ןוד רשה עומשכו .הלאכ םיינע ךס ליכהל תוכלמה יכ הז לע הלודג הקעצ קעצ ל"ז יבא ינודא ןואגה לש ךיבא יבא הרמהה לע ברח םדיב תתלו םיינעה העושיה יתלד ליעננ ךיא הדצ אצמלו םנוממ יצח איצוהל בוט דתויו הלאכ םירבד םיברו ובא אלו .תורחא תויכלמו סיפ לא םשמ וכליו וסנכיש םכרדל ךלמ םע רשפתהל םילוגה וחדכוהש ןפואב ולוקל עמשל םידוהיה תכלל םהל ךרטצי םאשו ותוכלמ לע דומעל םחיניש לאגוטרופ םכרצ יפכ תוינא םהל תתל ךלמה בייחתי םלכ וא םתצק הצוח יטקוד 'ב וערפי ותוכלמב םיסנכנה לכ התעמו םוערפי םידוהיהו ותצע תא ויריבח ולבק אל יכ וננקז רשה תוארכו ..... שפנ לכל ךרואב בותכ רשאבו לארשי ןימ םע ער ךלמה ינפ האר םגו .וינב םע האילטיאל ול ךלה אייחי ינב תודלותל םימיה 'ירבדב .ובו היה ןכ בשת רשאכו

Aus der Luft gegriffen ist dieses Referat von der nicht sehr brüderlichen Gesinnung der portugiesischen Juden gegen die spanischen nicht; es war eine Familientradition der Jachjiden und knüpfte sich an die Auswanderung des Joseph Ibn-Jachja. Noch weniger ist es psychologisch unrichtig. Giebt es nicht zu jeder Zeit praktisch-kluge Menschen, die aus Egoismus, oder sagen wir aus Selbsterhaltungstrieb die Bruderliebe und das Mitleid gegen Unglückliche hintenansetzen? Ich halte also diesen Zug für historisch und bemerke noch einmal, daß der Bericht des David Ibn-Jachja damit keineswegs im Widerspruch steht.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1890], Band 8, S. 482-484.
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482 | 483 | 484
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