8. Kapitel. (724-696.)

[214] Abfall von Assyrien. Sancherib's Zug. Rührigkeit in Jerusalem. Schebna's Sturz und Eljakim's Erhebung. Jesaia's Eifer während der Belagerung. Der Prophet Micha II. Sancherib's Hochmuth. Rabschake vor Jerusalem. Fastenversammlung, Jesaia's Rede. Chiskija's Krankheit und Genesung. Untergang des assyrischen Heeres und Sancherib's Flucht. Psalmistische Siegeslieder. Merodach-Baladan's Gesandtschaft an Chiskija. Erhebung der Dulder und ihre poetischen Ergüße. Hochzeitslied für den König Chiskija. Die Spruchlitteratur (Mischlè). Sprüche aus der Chiskijanischen Zeit. Warum die Fabel-Litteratur nicht angebaut worden ist. Sancherib's und Chiskija's Ende.


Indessen nahmen die Dinge ohne Rücksicht auf Jesaias' Reden und Rathschläge ihren Verlauf. Der König Chiskija – denn in seinem Namen wurde gehandelt und gesprochen – sagte sich von Assyrien los, daß heißt, er sandte nicht mehr Huldigungsgeschenke nach Ninive. So vollzog sich denn das Unvermeidliche. Der König Sancherib (Sanacherib), der vielleicht damals erst den Thron bestiegen und Babylon wieder unterworfen und mit Assyrien verbunden hatte, sammelte ein zahlreiches Heer, um nicht bloß gegen Juda, sondern gegen Aegypten einen gewaltigen Stoß zu führen. Durch die vorangegangene Unterwerfung der Zwischenländer, Aram, Phönicien, Samaria und Philistäa, wurde Aegypten zugänglicher, indem die Hindernisse zu einem Angriff auf dasselbe beseitigt waren. Sancherib zog, wie es scheint, mit seinem Heere, oder wenigstens mit einem Theil desselben östlich vom Hermon durch das jenseitige Jordanland, unterwarf alle Völkerschaften, die noch nicht durch die assyrischen Waffen unterjocht worden waren, die Kedarener, die Moabiter und Ammoniter, welche mit dem umfassenden Namen Araber benannt wurden1, und zwang sie zur [214] Heeresfolge, oder sie brauchten nicht gezwungen zu werden, da sie sich gern an einem Kriege betheiligten, welcher große Beute versprach. So zogen denn mit dem assyrischen Großkönig viele Könige, und er konnte sich rühmen, daß seine Fürsten sämmtlich Könige waren2. In Juda rüstete man sich zur Gegenwehr. Zur offenen Feldschlacht fühlten sich die Kriegsführer allerdings zu schwach, sie dachten daher durch die Bergfestungen, welche in Vertheidigungszustand gesetzt waren, das assyrische Heer so lange aufzuhalten, bis ägyptische Hülfstruppen eintreffen würden. Mit besonderem Eifer wurde Jerusalem befestigt, die schwachen Stellen der Mauer wurden ausgebessert, diese selbst erhöht und die Häuser, welche in Folge der Ausdehnung der Stadt bis an die Mauer stießen, niedergerissen3. Um die alte Befestigungslinie der Davidstadt (Zion) und der Unterstadt (Millô) wurde eine neue, äußere Mauer gezogen4, auf der Mauer wurden die Thürme errichtet. Der obere Teich, welcher von einer Quelle (Gihon) gespeist wurde und mit Wasser gefüllt war, wurde zugemauert und das Wasser vermittelst eines Kanals unterirdisch in die Stadt geleitet5; die Wasserleitung, welche von der Quelle Etam südlich von Jerusalem von Salomo angelegt war, wurde ebenfalls verschüttet, um dem Feinde das Trinkwasser abzuschneiden und eine längere Belagerung zu vereiteln6. Das Waffenhaus, »das Haus des Libanonwaldes«, wurde mit Kriegswerkzeugen versehen.

Die Seele aller dieser Arbeiten an der Befestigung Jerusalem's scheint Schebna, der Palastaufseher und Verweser, gewesen zu sein (o. S. 205). Er, die Fürsten Juda's und ihr Anhang waren frohen Muthes und ohne Furcht vor dem Anrücken der Assyrer. Ja, es herrschte eine übermüthige Ausgelassenheit in Jerusalem, die Abende wurden bei fröhlichen Gelagen zugebracht; man aß und trank und war guter Dinge. Als könnte man die Ankunft des Feindes nicht erwarten, stieg man auf die Dächer hoher Häuser, um nach ihm auszublicken7. Schebna faßte aber auch, als kluger Mann, den schlimmsten Fall in's Auge, den Fall, daß er in diesem Kriege umkommen sollte. Dann sollte seine Leiche nicht, wie die anderer Personen irgendwo beigesetzt werden, sondern ein königliches Grabmal finden; er dünkte [215] sich dem König gleich. Zu diesem Zwecke ließ er für sich, vielleicht gar in der Davidsstadt, eine Grabstätte in einem Felsen aushauen und verzieren8. Eine solche Verblendung und Ueberhebung sollte Jesaia ungerügt lassen? In einer Rede, in welcher jedes Wort eine zermalmende Kraft hat, hielt er dem Volke, oder viemehr den Großen, ihr leichtsinniges Selbstvertrauen vor:

»Was ist dir denn, daß du insgesammt auf die Dächer steigest, geräuschvolle, lärmende, lustige Stadt? Deine Leichname werden nicht durch's Schwert erschlagene Kriesgefallene sein. Deine Häuptlinge fliehen allesammt vor dem Bogen, alle deine Vornehmen werden allesammt gefesselt in die Ferne enteilen. Darum spreche ich: ›wendet euch ab von mir, laßt mich bitterlich weinen, drängt euch nicht heran, mich über das Unglück meines armen Volkes zu trösten! Denn ein Tag der Bestürzung, der Zertretung, der Verwirrung vom Herrn Zebaoth kommt über Ge-Chisajon ... Deine schönsten Thäler sind voll von Kriegswagen, und die Reiter stürmen an's Thor ... Ihr habt gesehen, daß der Risse der Davidsstadt viele sind ... da habt ihr das Wasser des unteren Teiches eingezogen, die Familien Jerusalems habt ihr gezählt, die Häuser eingerissen, um die Mauer zu befestigen, einen Wasserbehälter habt ihr zwischen der Doppelmauer gemacht für das Wasser des alten Teiches. Aber auf den, der es herbeigeführt, und der es vor langer Zeit angelegt, blicket ihr nicht. Der Herr Zebaoth hat diesen Tag verkündet zum Weinen, zur Trauer, zum Jammer und zur Buße, da ist aber Wonne und Freude, Rinder schlagen, Kleinvieh schlachten, Fleisch essen und Wein trinken! Ja essen und trinken wir, denn morgen werden wir sterben‹9. Dann wandte sich Jesaia gegen den aufgeblasenen, übermüthigen Schebna:


[216] Was hast du hier,

Und wen hast du hier,

Das du dir hier ein Grab aushauest?

Hoch haut er sich sein Grabmal aus,

Höhlt sich in einem Felsen eine Wohnung.

Der Herr wird dich schleudern wie einen Ball

In ein weites Land, dort wirst du umkommen,

Dort deine Prachtwagen,

Du Schmach des Hauses deines Herrn.


So ernst war es Jesaia mit seiner Strafrede gegen Schebna, daß er seinen baldigen Sturz prophezeite und ihn wohl auch herbeiführte. Er verkündete nämlich, daß ein Glied des davidischen Hauses, Eljakim, Sohn Chilkijahu's, dessen hohe Stellung und Herrschaft einnehmen werde.


... »Er wird zum Vater für Jerusalems Bewohner und Juda's Haus sein.

Ich werde die Schlüssel des Hauses David auf seine Schulter legen;

Wird er öffnen, wird Niemand verschließen,

Wird er verschließen, wird Niemand öffnen.

Er wird zum Ehrenthron für seines Vaters Haus sein10.


Diese jesaianische Standrede gegen den mächtigsten Mann in Jerusalem muß außerordentliches Aufsehen gemacht haben. Sie scheint auch den König Chiskija aus seinen beschaulichen Leben und seiner leidenden Rolle aufgerüttelt zu haben. Denn bald darauf nahm Eljakim, Sohn Chilkijahu's, denselben Posten ein, den Schebna so lange behauptet hatte. Dieser neue Palastaufseher handelte wohl in Jesaia's Sinne. Chiskija scheint selbst durch ihn zur Theilnahme an den öffentlichen Vorgängen herangezogen worden zu sein. Schebna's Sturz war eine Wendung zum Besseren.

Das Geschehene ließ sich zwar nicht mehr rückgängig machen. Der assyrische Großkönig Sancherib, voller Ingrimm über den Abfall Chiskija's, war bereits auf dem Zuge nach Juda, um es zu verwüsten. Ein Theil des Heeres, welches den Jordan überschritten hatte, zog gegen die Mitte des Landes11. Alle festen Städte, die auf seinem Wege lagen, wurden mit Sturm genommen und zerstört; wehklagend flohen die Einwohner der Hauptstadt zu. Denn die Assyrer schonten kein Geschlecht, kein Alter. Die Straßen waren verödet, kein Wanderer zog durch das Land, der Feind achtete keinen Menschen12. Schon schwang Sancherib seine Hand drohend gegen Jerusalem13. Auch den Tapfersten entsank der Muth, als der Feind der Hauptstadt immer [217] näher rückte, der Uebermuth war in Verzagtheit umgeschlagen. An Widerstand wurde nicht gedacht. Aber während Alle verzweiselten, blieb der Prophet Jesaia ungebeugt und richtete durch sein Wort die Entmuthigten auf. Auf einem der weiten Plätze Jerusalems hielt er wieder eine jener begeisterten und formvollendeten Reden, wie sie nur ihm allein entströmen konnten14:


O Aschur, Zuchtruthe meines Zornes,

In dessen Hand mein Unwille ein Stab ist,

Ich sandte ihn gegen ein schlechtes Volk,

Gegen das Volk meines Zornes,

Beute zu machen und es wie Straßenkoth zu zertreten.

Er aber meint nicht so,

Sein Herz plant nicht so,

Sondern zu vertilgen und zu vernichten nicht wenige Völker.

Denn er spricht: ›Sind nicht alle meine Fürsten Könige?

Ist nicht wie Kharkhemisch, so Kalneh,

Nicht wie Arpad, so Chamath, wie Damaskus, so Samaria?

Wie ich mit Samaria und ihren Göttern verfahren,

So werde ich an Jerusalem und ihren Göttern handeln.«

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

»Darf sich das Beil rühmen über den Hauer,

Die Säge groß thun über den Schwinger?

Als wollte der Stab den Heber schwingen,

Als wollte der Stock das Nicht-Holz heben!

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

So spricht Gott:

Fürchte nicht, mein Volk, Bewohner Zions vor Aschur!

Mit der Ruthe wird er dich schlagen,

Seinen Stab über dich erheben, auf die Weise Aegyptens.

Denn noch ein wenig, ein klein wenig,

So wird mein Unwille ruhen

Und mein Zorn über das Land aufhören.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

An dem Tage wird seine Last von deiner Schulter,

Sein Joch von deinem Halse weichen.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Heute soll er noch in Nob eintreffen,

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Wird seine Hand gegen den Zionsberg schwingen.

Sieh', der Herr Zebaoth enthauptet die Krone mit Schrecken,

Die Hochstämmigen werden umgehauen,

Die Stolzen erniedrigt.

Und ein Reis sprießt auf aus Isai's Stamme,

Und ein Schößling blüht auf aus seiner Wurzel,

Und auf ihm wird ruhen der Geist des Rathes und der Tapferkeit,

Der Geist der Erkenntniß und der Gottesfurcht.

Sein Empfinden in Gottesfurcht,

[218] Nicht nach Augenschein wird er richten,

Nicht nach Gerücht entscheiden,

In Gerechtigkeit wird er sich der Armen annehmen,

Und mit Unparteilichkeit für des Landes Sanftmüthige entscheiden.

Und schlagen den Gewaltigen mit seines Mundes Geißel,

Und mit seiner Lippen Hauch tödten den Frevler.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Dann wird der Wolf bei dem Lamme weilen,

Der Panther bei der Ziege lagern,

Rind, Löwe und Maststier zusammen,

»Ein kleiner Knabe wird sie leiten,

Kuh und Löwin werden weiden,

Ihre Jungen werden zusammen lagern,

Und der Löwe wie das Rind Stroh verzehren,

Der Säugling spielt an der Otter Loch.

Zur Höhle des Basilisken wird der Säugling seine Hand ausstrecken.

Nicht werden sie verderben, nicht zerstören auf meinem heiligen Berge.

Denn voll wird das Land sein von Gotteserkenntniß,

Wie das Wasser die Meerestiefe bedeckt.

An diesem Tage

Werden Isai's Wurzel,

Die als Fahne für die Stämme dient,

Die Völker aufsuchen, und seine Ruhestätte wird Ehre sein.


Eine glänzende Zukunft entrollte Jesaia für Israel in Folge der Rettung von Assyrien. Die Verbannten aller Länder werden heimkehren, die Verbannten des Zehnstämmereichs werden sich mit Juda verbinden, Eifersucht und Feindschaft werde nicht mehr unter ihnen vorkommen, die Wunder beim Auszuge aus Aegypten werden sich wiederholen15; das Volk werde wieder ein begeistertes Loblied anstimmen:


Jauchze und triumphire, Bewohnerin Zions;

Denn groß ist in deiner Mitte der heilige Israel's16.


Bewunderungswürdige Geisteskraft, überwältigendes Vertrauen auf Gott, den endlichen Sieg der Gerechtigkeit und auf den ewigen Frieden, inmitten des Grauens, der Verwüstung und Verzweiflung, in der todesdüstern Gegenwart das Bild einer glücklichen Zukunft festzuhalten! Das Land war verwüstet, die Städte in Feuer verbrannt, der Boden nährte die Eroberer, die ihn zertraten, der Fall der Hauptstadt schien unaufhaltsam. Sancherib hatte seine Heereshaufen, die zunächst gegen Aegypten gerichtet waren, nicht vor Jerusalem Halt machen, sondern durch die philistäische Niederung südlich vordringen lassen, und er selbst nahm sein Hauptquartier in Lachisch17 (etwa 10 Stunden südwestlich von Jerusalem), welches damals eine der angesehensten [219] Landstädte Juda's war18. Wozu brauchte er eine Belagerung gegen das von Natur und durch Kunst stark befestigte Jerusalem zu unternehmen? Sobald das Land Juda nach allen Richtungen eingenommen war, mußte die Hauptstadt sich von selbst ergeben. Dann wäre es Jerusalem wie Samaria ergangen, und die drei oder vier Stämme wären in Gefangenschaft geschleppt und zersplittert worden und wären unter den Völkerschaften verschiedener Zungen untergegangen. Und bei dieser trostlosen Aussicht hielt Jesaia an der ihm gewordenen Verkündigung fest, daß Juda nicht untergehen werde. Leiden wird es allerdings durch Sancherib's Eroberung erdulden; aber diese Leiden werden heilsam zur Besserung, wenn auch nicht des ganzen Volkes, so doch eines Theiles sein. Mit Anknüpfung an den Namen seines Sohnes Scheâr-Jaschub (ein Rest wird umkehren o. S. 109) verkündete Jesaia: »Ein Rest wird umkehren, ein Rest Jakob's zum mächtigen Gotte; denn wenn dein Volk Israel auch wie Sand am Meere sein wird, so wird doch nur ein Rest umkehren. Die Vernichtung ist fest beschlossen, aber herbeifluthend Gerechtigkeit19«.

Jesaia war nicht der einzige Prophet, welcher in dieser Zeit der Drangsale und des drohenden Unterganges nicht bloß die Fahne der Hoffnung hochgehalten, sondern eine glänzende Zukunft für Israel verheißen hat, an welcher alle Völker der Erde theilnehmen würden. Auch Micha hat in demselben Sinne wie Jesaia gesprachen, wenn auch nicht so künstlerisch und treffend. Er hat aber noch bestimmter inmitten des Kriegsgeräusches den ewigen Frieden unter sämmtlichen Völkern für die Zukunft in Aussicht gestellt und dadurch die gesunkene Hoffnung in Jerusalem zu heben versucht. Ausgehend von der Prophezeiung jenes alten Propheten, daß von Zion die Lehre ausgehen, und daß die Völker ihre Schwerter zu Werkzeugen des Ackerbaues verwandeln und nicht mehr die Kriegskunst erlernen würden20, fuhr Micha fort:

... »Dann wird ein Jeder weilen unter seinem Feigenbaum und unter seinem Weinstock. Dann mögen alle Völker wandeln nach ihren Göttern, wir aber wollen wandeln im Namen unseres Gottes. An diesem Tage werde ich das Kranke aufnehmen und das Verstoßene sammeln ... und der Herr wird über sie in Zion von jetzt an bis in Ewigkeit regieren.


Du Heerdenthurm, Höhe des Berges Zion,

Zu dir wird die alte Herrschaft wiederkehren,

[220] Die Regierung zur Tochter Jerusalems.

Warum verzweifelst du so sehr?

Ist kein König in deiner Mitte?

Ist dein Rathgeber untergegangen,

Daß dich Wehen wie eine Mutter ergreifen?

Ja, kreiße und seufze, Tochter Zions,

Denn bald wirst du aus der Stadt ziehen

Und wohnen auf dem Felde

Und bis Babel kommen.

Dort aber wirst du gerettet werden,

Dort wird der Herr dich aus Feindeshand erlösen

Jetzt sind viele Völker gegen dich versammelt,

Sie sprechen: »Sie ist gesunken,

So mögen sich unsere Augen an Zion weiden!«

»Aber diese kennen nicht Gottes Pläne,

Verstehen nicht seinen Rathschluß

Das er sie sammelt wie Garben in der Tenne.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Jetzt magst du trauern,

Tochter, von feindlichen Heeren umgeben!

Belagerung hat er uns aufgelegt,

Mit der Geisel schlugen sie Israel's Richter.

Aber du, Bethlehem-Ephrata,

Gering unter Juda's Familien,

Von dir ging mir aus Einer,

Um Herrscher in Israel zu werden.

Und sein Ursprung ist von Alters her,

Aus den Tagen der Vorzeit.

In Wahrheit, er wird sie preisgeben

Bis zur Zeit, wenn eine Mutter gebiert,

Aber seine übrigen Brüder werden zurückkehren

Sammt den Söhnen Israels.

Er wird auftreten und sie weiden in Gottes Macht,

In der Hoheit des Namens Ihwhs, seines Gottes.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Denn bald wird er angesehen sein bis an der Erde Grenzen.

Und dieser wird friedlich sein.

Sollte Aschur wieder in unser Land kommen,

Unsere Burgen betreten,

So werden wir nur sieben Hirten aufstellen

Und acht Ackerbesitzer;

Diese zerschmettern Assyrien mit dem Schwerte

Und das Land Nimrod mit seinen eigenen Waffen,

Und werden von Aschur retten,

Wenn er in unser Land kommen

Und unser Gebiet betreten sollte.

Der Rest Jakobs wird sein in der Mitte vieler Völker.

Wie Thau vom Herrn,

»Wie Regenfülle auf Gras,

[221] Die nicht hoffen auf Menschen

Und nicht harren auf Adamssöhne21.


Wie sehr stach aber die wirkliche Gegenwart gegen Jesaia's und Micha's hochfliegende Verkündigungen von einer glänzenden und edleren Zukunft ab! Der König Chiskija, welcher in Folge der Einnahme und Verwüstung des Landes Jerusalem in Bedrängniß sah, war verzagt und sandte Boten an Sancherib nach Lachisch, um seine Reue über den Abfall und seine Unterwürfigkeit kund zu geben. Der assyrische König verlangte zuerst die bedeutende Summe von dreihundert Khikhar Silbers (2,250,000 Mark) und dreißig Khikhar Goldes (zusammen 7,875,000 Mk.). Mit schwerem Herzen brachte Chiskija diese Summe zusammen; dazu mußte er die goldenen Verzierungen des Tempels abbrechen. Als Sancherib diese Summe empfangen hatte, verlangte er noch mehr, unbedingte Unterwerfung auf Gnade und Ungnade. Um dieser Forderung Nachdruck zu geben, sandte er eine Heeresabtheilung vor Jerusalem und an ihrer Spitze drei hohe Beamte, Tartan, den Sieger über Aschdod (o. S. 209), den Aeltesten der Verschnittenen und einen Sprachkundigen, Namens Rabschake. Das assyrische Heer lagerte sich im Nordosten Jerusalems auf der Straße in der Nähe des oberen Teiches und traf Anstalten zur Belagerung. Ehe es aber diese in Angriff nahm, forderten die assyrischen Beamten den König Chiskija auf, sich zu ihnen zu einer Unterredung zu begeben. Statt seiner sandte er die drei Hauptwürdenträger, den Palasthauptmann Eljakim, welcher Schebna's Stelle eingenommen hatte, ferner einen andern Schebna, den Listenführer, und den Kanzler Joach, einen Assaphiden22. Rabschake führte [222] diesen gegenüber im Namen Sancherib's das Wort mit einem Hochmuthe, als wenn die Eroberung Jerusalems dem assyrischen Heere ebenso leicht wäre, wie das Ausheben eines Vogelnestes. Auf der äußeren Mauer befanden sich die judäischen Krieger, welche den Ausgang der Unterredung mit Spannung erwarteten. Um diesen den Muth zu benehmen, sprach Rabschake seine frech herausfordernden Worte in hebräischer oder judäischer Sprache, damit sie von den Zuhörern verstanden werden könnten: »Saget dem Chiskija: auf was verlässest du dich denn? Zum Kriege gehören mehr als Worte, es gehört dazu guter Rath und Tapferkeit«. Aegyptens Hilfe sei eitel: Aegypten gleiche einem geknickten Rohre, das, wenn man sich darauf stützen wollte, in die Hand fahre und sie verwunde. Aber selbst, wenn Aegypten Rosse liefern sollte, so gäbe es unter der judäischen Kriegsmannschaft nicht zwei Tausend, welche als Reiter kämpfen könnten. Auf Gottes Schutz dürfte Chiskija um so weniger rechnen, als er doch Neuerungen eingeführt und die alte Ordnung der Gottesverehrung umgestoßen habe. – Als Chiskija's Beamte Rabschake baten, doch lieber in aramäischer Sprache zu sprechen, erwiderte er, er spräche mit Absicht in der Sprache. welche die Krieger auf der Mauer verständen, damit diese sich nicht von Chiskija's Verblendung bethören lassen möchten. Um diese zu gewinnen, rief Rabschake ihnen laut zu: sie möchten sich nicht von Chiskija beschwichtigen lassen, daß Gott sie retten werde. »Haben denn die Götter der Länder, welche die Assyrer unterworfen haben, diese retten können?« Der Gott Israels habe nicht einmal Samaria vor Assyriens König retten können23. Rabschake forderte die judäischen Krieger geradezu auf, ihren König im Stiche zu lassen, Sancherib zu huldigen24, zu ihm überzugehen, dann werde er sie in ein Land führen, das ebenso fruchtbar wie Judäa sei. Das Volk oder die Krieger schwiegen beim Anhören dieser Worte. Aber als sie in Jerusalem kund wurden, verbreiteten sie Schrecken und Entmuthigung unter alle Klassen der Bevölkerung. Chiskija veranstaltete daher einen allgemeinen Fasttag und einen Bittgang im Tempel. Er selbst begab sich in einem Trauergewande in das Heiligthum.

Diese Gelegenheit benutzte Jesaia, um den verstockten Fürsten Juda's, welche trotz der Drangsale ihre Frevel nicht abgestellt hatten, [223] zu Herzen zu reden und zugleich äußerliche Frömmigkeit, die sich in Opfern und Fasten kund giebt, als eitel und nichtig bloßzustellen:


»Höret, Himmel, und vernimm es, Erde! ...

Söhne habe ich groß gezogen und gehoben,

Und sie sind von mir abgefallen ...

Worauf könntet ihr noch geschlagen werden,

So fern ihr noch mehr sündiget?

Das ganze Haupt ist der Krankheit preis,

Das ganze Herz siech,

Von Fußsohle bis zum Scheitel nichts heil:

Schwör, Geschwulst und eiternde Wunde,

Nicht ausgedrückt, nicht verbunden

Und nicht mit Oel erweicht.

Euer Land öde,

Eure Städte in Feuer verbrannt,

Euren Boden verzehren vor euren Augen Fremde,

Eine Verwüstung, wie Sodoms Zerstörung.

Uebrig geblieben ist die Tochter Zion,

Wie eine Hütte im Weinberge,

Wie ein Lager im Melonenfelde,

Wie die Stadt Gomorrha!

Hätte Ihwh nicht ein Ueberbleibsel gelassen,

Beinah wären wir wie Sodom,

Glichen Gomorrha.

Höret Ihwh's Wort, Häuptlinge von Sodom,

Vernehmet unseres Gottes Belehrung, Gomorrha's Volk!

Wozu mir die Menge eurer Opfer? ...

Satt bin ich der Widderopfer,

Das Blut von Rindern, Lämmern und Böcken mag ich nicht.

Wenn ihr mich aufsucht,

Wer hat's denn von euch verlangt,

Meine Vorhöfe zu betreten?

So sollt ihr nicht mehr eitle Gaben bringen.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Ich mag nicht Fasten und Weihen,

Eure Neumonde und eure Feste hasse ich,

Sie sind mir zur Last,

Ich kann sie nicht ertragen

Wenn ihr die Hände ringet,

Werde ich meine Augen verhüllen;

Wenn ihr auch noch so viel flehet,

Ich höre es nicht.

Eure Hände sind voll Blutschuld!

Badet, läutert euch,

Entfernt eurer Thaten Schlechtigkeit von meinen Augen,

Lasset ab, Böses zu thun.

Lernet Gutes thun,

Suchet das Recht,

Gleichet Gewaltthätigkeit aus,

[224] Nehmet euch der Waise an,

Vertretet die Wittwe!

Auf, dann wollen wir rechten,

Wenn eure Sünden gleich Purpur seien,

Werden sie wie Schnee weiß,

Wenn roth wie Scharlach,

Werden sie wie Wolle sein.

›Wenn ihr zustimmet und höret,

Werdet ihr des Landes Fruchtbarkeit verzehren;

Wenn ihr versaget und mißhorchet,

Werdet ihr vom Schwerte verzehrt werden. –

Wie ist zur Buhlerin die treue Stadt geworden!

Einst von Recht erfüllt,

Jetzt voll von Mördern!

Dein Silber ist zu Schlacken geworden,

Dein Wein mit Wasser durchtränkt,

Deine Fürsten Wildlinge, Diebesgenossen;

Alles liebt Bestechung,

Hascht nach Bezahlung;

Der Waise nehmen sie sich nicht an,

Der Wittwe Klage kommt nicht zu ihnen.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Ich werde mit Scheidemittel deine Schlacken läutern,

Entsernen deine gemeine Beimischung,

Deine Richter, wie früher, einsetzen,

Deine Räthe wie im Ursprung.

Dann wirst du wieder Stadt der Gerechtigkeit,

Treue Burg genannt werden.

Zion kann nur durch Recht erlöst werden

Und ihre Bewohner durch Gerechtigkeit.

Frevler und Sünder werden gebrochen werden,

Und die Gott Verlassenden vergehen.

»Dann werdet ihr euch schämen der Terebinthen,

Die ihr so liebt,

Und erröthen ob der Gärten,

Die ihr vorzieht.

Ihr werdet wie eine Terebinthe sein,

Deren Blätter abfallen.

Wie ein Garten, der kein Wasser hat.

Die Speicher werden zum Werg werden,

Und der sie anlegt, zum Funken.

Beide werden zusammen verbrennen,

Niemand wird löschen‹25.


Die Fastenrede muß zermalmend gewirkt haben. Das Heil und die Errettung können nur durch eine gründliche sittliche Besserung und [225] lautere Gesinnung einkehren; aber wie sollen diese so schnell herbeigeführt werden? Rabschake drängte auf eine Entscheidung; die Krieger und das Volk waren entmuthigt. Wie, wenn diese, um ihr Leben zu retten, die Thore öffneten und den Feind einließen? Aller Augen waren daher auf den Propheten Jesaia gerichtet. Der König sandte die höchsten Würdenträger und die Priesterältesten zu ihm, daß er für das unwürdige Volk, für den in Jerusalem zusammengedrängten Rest beten und ein beruhigendes Wort sprechen möge26. Wahrscheinlich in Folge eines inbrünstigen Gebetes kam der prophetische Geist über Jesaia, und das, was er ihm offenbart hatte, theilte er in kurzen Worten mit. Der König möge die Furcht vor dem höhnenden Sieger fahren lassen, Sancherib werde, von einer Nachricht erschreckt, die Belagerung aufheben und in sein Land zurückkehren27. Diese Verkündigung hat nicht bloß den König, sondern, wie es scheint, auch das zitternde Volk beruhigt. Chiskija ließ hierauf Rabschake eine für diesen unerwartete Antwort zugehen, daß er nicht Willens sei, die Stadt zu überliefern, weil er das feste Vertrauen habe, daß Gott sie gegen ein noch so zahlreiches Heer schützen werde28.

Ehe noch Rabschake mit dem erhaltenen Bescheide zu Sancherib zurückkehrte, war schon eine Wandlung eingetreten. Tirhaka, der äthiopische König von Aegypten, welcher das Vordringen der Assyrer verhindern wollte, war ihm mit einem starken Heere entgegengezogen.

Bei der Nachricht von dem Anrücken eines ägyptischen und äthiopischen Heeres, verließ Sancherib sein Standquartier von Lachisch, sammelte seine an mehreren Punkten zerstreuten Heereshaufen und zog weiter südlich bis zur ägyptischen Grenzstadt Pelusium, das er belagerte29. Als Rabschake ihm Chiskija's Entschluß mittheilte, mag der Großkönig in nicht geringe Wuth gerathen sein, daß der Fürst eines so kleinen Ländchens, dem nur die Hauptstadt geblieben war, gewagt hatte ihm zu trotzen. Sofort sandte er einen Brief durch Boten an Chiskija, worin er seine ganze Geringschätzung gegen das Ländchen und gegen den Gott, auf den sich Chiskija verließ, kund gab. Er zählte darin die mächtigen Städte auf, welche die Assyrer bereits erobert hatten. »Haben sie ihre Götter schützen können? Und du glaubst im Vertrauen auf deinen Gott gerettet zu werden30

[226] Die Erwiderung auf dieses lästerliche Schreiben dictirte Jesaia. »Es verachtet dich, es spottet deiner die jungfräuliche Tochter Zions, hinter dir schüttelt das Haupt die Tochter Jerusalems. Wen hast du gelästert und geschmäht, gegen wen deine Stimme erhoben und deine Augen hoch aufgeschlagen? Gegen den Heiligen Israels! Durch deine Diener hast du Ihwh gelästert und meinst: ›Mit der Menge meiner Kriegswagen habe ich bestiegen die Höhe der Berge, die höchste Spitze des Libanon und abgehauen die hohen Cedern, die schönsten Cypressen. Ich habe gegraben und zum Flusse gebracht die Gewässer, und so werde ich auch mit meiner Fußsohle trocken machen alle Kanäle Aegyptens‹. »Hast du es nicht gehört? Vor langer Zeit veranstaltet, aus uralten Tagen habe ich's geschaffen, jetzt habe ich es herbeigeführt, daß es feste Städte in Trümmerhaufen verwüste. Ihre ohnmächtigen Bewohner erschraken und wurden beschämt. Dein Ruhen und Ausziehen kenne ich (spricht Gott), auch dein Aufbrausen gegen mich. Da dein Aufbrausen und Toben mir zu Ohren gekommen, so werde ich einen Dorn in deine Nase bringen und ein Gebiß in deine Lippen und werde dich zurückführen den Weg, auf welchem du gekommen bist«31.

Chiskija's Unmuth in Folge des lästerlichen Schreibens Sancherib's besänftigte Jesaia durch die bestimmte Versicherung, daß nur noch im laufenden Jahre und im folgenden die Roth bestehen werde, dann werde wieder Fruchtbarkeit im Lande einkehren. Ja, der kleine Rest Juda's werde noch zunehmen an Wurzeln unten und an Frucht oben, und dieser werde von Jerusalem ausgehen. Sancherib aber werde nicht einmal einen Pfeil gegen Jerusalem abdrücken, sondern auf seinem Wege zurückkehren, denn Gott werde die Stadt um seinetwillen beschützen32.

Während der König und die Großen, welche Jesaia's Prophezeiungen Glauben schenkten, sich der Hoffnung hingaben und in dem Abzug der vor Jerusalem lagernden Scharen den Beginn der Verwirklichung sahen, trat ein Ereigniß ein, welches wieder neuen Schrecken in Jerusalem hervorbrachte. Chiskija erkrankte an einem brandigen [227] Geschwür so schwer, daß Jesaia selbst ihm rieth, Haus und Regierung zu bestellen, weil er nicht mehr von seinem Siechbette aufstehen werde. Der Tod des Königs in der drangsalsvollen Zeit, der, wie es scheint, damals noch keinen Sohn hatte, hätte das Zeichen zu Spaltungen unter den Fürsten Juda's gegeben und innerhalb der bedrängten Stadt den Bürgerkrieg entzündet. Das Volk hing mit ganzer Seele an diesem sanften und edeln König, er war der Odem für dessen eigenes Leben, und der drohende Verlust machte ihn den Bewohnern Jerusalem's nur um so theurer. Ganz besonders waren die Leviten und Sänger von Trauer über seinen möglichen Tod erfüllt. Ihre Gebete für seine Genesung hallten im Tempel wieder.


»Tage zu den Tagen des Königs mehre,

Seine Jahre mögen wie Geschlecht und Geschlecht dauern,

Er throne lange vor Gottes Antlitz ...

Gnade und Treue bestelle, ihn zu behüten.

So will ich deinen Namen lobsingen für und für,

Zu bezahlen mein Gelübde Tag für Tag«33.


Chiskija selbst wandte sich auf seinem Bette, mit dem Gesicht zur Wand gekehrt, unter Thränen im Gebet zu Gott. Darauf verkündete ihm Jesaia, daß sein Gebet erhört sei, Gott werde ihm Heilung senden, daß er am dritten Tage den Tempel werde besuchen können. Er soll ihm ein Zeichen dafür gegeben haben, daß der Schatten an der Sonnenuhr, die Achas eingeführt hat (o. S. 138), um zehn Grade wieder weichen werde. Durch Auflegen einer weichen Feigenmasse schwand das Geschwür, und er wurde wieder gesund. Als Chiskija genesen war, dichtete er einen tiefempfundenen Dankpsalm, der wohl ebenfalls im Tempel gesungen wurde:


»Ich wähnte:

In der Mitte meiner Tage werde ich in des Grabes Pforte eingehen,

Werde des Restes meines Lebens verkürzt werden,

Ich wähnte, ich werde Gott nicht schauen,

Nicht sehen Gottes Rettung im Lande der Lebenden.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... für sie, daß sie leben,

Für jeden von ihnen ist der Odem meines Lebens,

Lasse mich genesen und heile mich.

Sieh' da! In Glück ist mir das Unglück verwandelt.

Du hast meine Seele des Grabes Verwesung entzogen,

Hast hinter dich all meine Sünder geworfen.

Denn das Grab rühmt dich nicht,

Der Tod preist dich nicht.

Ein Lebender gleich mir preist dich,

[228] Der Vater giebt den Söhnen Kunde

Von. deiner Treue.

Gott versprach mir zu helfen,

So wollen wir seine Lieder singen

Alle Tage unseres Lebens,

So oft wir zum Tempel des Herrn hinaufziehen34.


Ueber die wiedererlangte Gesundheit des Königs herrschte große Freude in Jerusalem; aber sie war nicht rein, sondern mit beängstigenden Sorgen untermischt wegen der noch immer drohenden Feindseligkeit Sancherib's. Diese gedämpfte Freude tönt noch aus einem Liede aus jener Zeit heraus:


Ihwh, deiner Macht wird sich der König freuen,

Und deiner Hilfe, wie wird er frohlocken!

Seines Herzens Wunsch hast du ihm gewährt,

Und seiner Lippen Verlangen nicht versagt.

Du wirst ihm mit Gaben des Guten entgegen kommen,

Wirst auf sein Haupt die goldene Krone setzen.

Um Leben hat er dich angefleht,

Du hast es ihm gewährt,

Dauer der Tage für und für.

Groß wird seine Ehre durch deine Hilfe,

Glanz und Herrlichkeit wirst du ihm auflegen.

Ja, du wirst ihn zu Segnungen für immer einsetzen,

»Wirst ihn deines Blickes sich erfreuen lassen,

Denn der König vertraut auf Ihwh

Und auf des Höchsten Gnade,

So wird er nicht wanken.

Deine Hand wird deine Feinde erreichen,

Deine Rechte erreichen deine Widersacher35.


Die Spannung und Bekümmerniß dauerten indeß in der Hauptstadt fort, so lange der Kampf Sancherib's gegen Aegypten nicht beendet war. Fiele der Sieg zu seinen Gunsten aus, so wären Juda und David's Thron verloren. Wie lange dieser Krieg und die Belagerung von Pelusium gedauert hat, läßt sich nicht bestimmen. Mit einem Male erscholl die freudige Nachricht in Jerusalem, die Assyrer und Sancherib selbst kehren in fluchtähnlicher Eile in ihre Heimath zurück (711). Was war geschehen, was aus dem zahlreichen Heer geworden? Genaues wußte man später nicht darüber, da der Schauplatz des Krieges weit ab lag. In Jerusalem erzählte man sich, eine verheerende Pest, ein Würgeengel, hätte in einer Nacht das ganze assyrische Heer, 185000 Mann, aufgerieben36. In Aegypten erzählten [229] die Priester: eine unzählige Menge von Feldmäusen hätte in einer Nacht im assyrischen Feldlager die Köcher, die Bogen und das Riemenzeug des Heeres bis zur Unbrauchbarkeit zernagt, wodurch die Assyrer und ihre Hülfstruppen, der Waffen beraubt, eilig die Flucht ergriffen hätten37.

Auf welche Weise auch der Untergang des zahlreichen Heeres Sancherib's erfolgt sein mag, den Zeitgenossen erschien er als ein Wunder, als ein von Gott verhängtes Strafgericht über des assyrischen Königs prahlerische Ueberhebung und Gotteslästerung. In Jerusalem war die auf die Beklommenheit folgende Freude um so stärker, als der Prophet wiederholentlich und vom Beginn des Einfalles an verkündet hatte, die Assyrer werden keinen Pfeil gegen Jerusalem abdrücken, und Sancherib werde auf dem Wege, auf welchem er gekommen war, unverrichteter Sache in seine Heimath zurückkehren.

Das Vollgefühl der Erlösung äußerte sich in Jerusalem in Jubelhymnen, welche von den levitischen Korachiden gedichtet und gesungen, im Tempel wiederhallten, herrliche Lieder, wahr in ihrem Inhalt und schön gegliedert in der Form.


Gott ist uns Schutz und Macht,

Als Hilfe in Nöthen bewährt gar sehr.

Darum fürchten wir nicht, wenn die Erde sich wandle,

Wenn Berge wanken in's Herz des Meeres.

Mögen toben und schäumen seine Gewässer,

Die Berge erzittern in seinem Gebrause,

Ihwh Zebaoth ist mit uns

Zuversicht uns Jakob's Gott!

Strom und seine Kanäle werden die Gottesstadt erfreuen,

Die heilige Stadt des Höchsten,

Gott ist in ihrer Mitte,

Sie wird nicht wanken.

Es hilft ihr Gott bei der Wende des Morgens.

Es tobten die Völker,

Es schäumten die Reiche,

Er erhob seine Stimme

Da zerschmolz die Erde.

Ihwh Zebaoth ist mit uns

Zuversicht uns Jakob's Gott.

Wohlan, schauet Ihwh's Thaten,

Was er Erstaunliches gethan im Lande!

Er machte aufhören den Krieg bis zu der Erden Grenzen,

Zerbrach die Bogen, zerstörte die Lanzen.

Wagen verbrannte er im Feuer.

›Lasset ab und erkennet:

[230] Daß ich Gott bin,

Hoch unter Völkern, hoch auf Erden‹.

Ihwh Zebaoth ist mit uns

Zuversicht uns Jakob's Gott38


Ein anderer Sänger, vielleicht ein Assaphide, verherrlichte diese außerordentlichen Vorgänge in Chiskija's Regierung durch einen ebenso schönen Psalm, welcher die Hoffnung aussprach, daß in Folge derselben alle Völker der Erde dem Gott Israel's Anerkennung zollen werden.


»Kund that sich Gott in Juda,

In Israel [Jerusalem] ist groß sein Name,

In Salem [Schilo] war sein Zelt,

Sein Tempel aber in Zion.

Da zerbrach er des Bogens Pfeile,

Schild und Schwert und Krieg.

Verehrungswürdig bist du,

Mächtiger als Berge des Wildes.

Waffenberaubt wurden die Starkherzigen,

Entschlummerten in ihrem Schlaf,

Und alle Tapferen fanden nicht ihre Hände,

Von deinem Drohen, Gott Jakob's, versanken in tiefen Schlaf

So Reiter, wie Roß.

Ja, du bist furchtbar!

Wer kann vor deines Zornes Macht bestehen?

Vom Himmel ließest du Gericht vernehmen,

Da erschrak die Erde und ward still,

Als Gott sich erhob zu richten,

Den Duldern des Landes beizustehen.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Gelobet und haltet Eurem Gott,

Alle seine Umgebung werden Geschenke der Ehrfurcht bringen

Er hemmt den Uebermuth der Großen,

Ist furchtbar den Königen der Erde«39.


[231] So war denn Jerusalem von der Furcht vor den Assyrern befreit. Was Jesaia so nachdrücklich prophezeit hatte: Assur's Joch werde von Juda's Schultern weichen, hatte sich buchstäblich erfüllt. Die Landbewohner, welche theils in der Hauptstadt eingeschlossen, theils in der Nachbargegend Schutz gesucht oder, in Höhlen und Klüfte geflüchtet, verborgen waren, kehrten an ihren Herd zurück und bebauten in gesicherter Ruhe das Land. Es scheint, daß Chiskija das südliche Gebiet des Zehnstämmereichs, welches nach Auflösung desselben zu Assyrien geschlagen worden war, sich nach dem Abzug der Assyrer angeeignet hat40.

Da die Furcht vor einem finstern Blick des Königs von Assyrien geschwunden war, konnten sich die Ju däer, deren Gebiet zu enge war, andere Wohnplätze aufsuchen, sich dort ansiedeln und ausbreiten. Die gesteigerte Zuversicht in Folge der außerordentlichen Rettung flößte ihnen kriegerischen Muth ein, nicht um ungerechte Angriffe zu machen, sondern um das Eigene zu retten. Die Philister hatten unter Achas ein ganzes Gebiet mit Städten an sich gerissen (o. S. 131). Chiskija mochte sie von ihnen auf friedlichem Wege zurückverlangt und sie ihm die Herausgabe verweigert haben. Er überzog nämlich ihr Land mit Krieg und nahm es bis zur südwestlichsten Stadt desselben, bis Gaza41, ein. Doch scheint er das Philisterland nicht Judäa einverleibt, sondern lediglich die judäischen Städte wieder davon losgetrennt zu haben. In dieser Zeit wanderten simeonitische Familien aus ihrem Stammgebiete, wo sie von den Stammesgenossen Juda's eingeengt waren, aus und drangen bis zum Südwesten des Philisterlandes vor bis in die Gegend von Gerar, verdrängten dort die Hirtenstämme chamitischer Abkunft und eigneten sich deren Weideplätze an42. Chiskija's Sinn [232] war indessen nicht auf Krieg gerichtet. Sollte er doch das Vorbild eines Friedensfürsten sein! Es scheint, daß die benachbarten Völkerschaften in der That ihn als Schiedsrichter angerufen und Flüchtlinge und Verfolgte bei ihm Schutz gesucht haben. Als die Moabiter von Feinden bedrängt wurden, forderten sie einander auf, sich nach Zion zu wenden und den für Gerechtigkeit eifrigen König um Schutz anzuflehen.


»Sendet doch Geschenke, ihr Fürsten des Landes!

Vom Felsen der Wüste zum Berge der Tochter Zions!

[Sprechet:] ›Bringe Rath, übe Schiedsgericht,

Mache der Nacht gleich deinen Schatten am hellen Mittag,

Verbirg die Verbannten, verrathe die Flüchtigen nicht.

Mögen in deiner Mitte Moab's Verbannte weilen,

Sei ihnen Schutz vor dem Zerstörer.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Gegründet ist [dort] der Thron durch Gnade.

Es sitzt darauf im Zelte David's

Ein Richter, das Recht eifrig suchend,

Und eifrig in Gerechtigkeit43.


Hat Chiskija dennoch Eroberungen in Moab gemacht? Oder hat sich das Land ihm freiwillig unterworfen? Etwas dergleichen muß vorgekommen sein, denn unter Chiskija scheint es einen judäischen Statthalter von Moab (Pachat-Moab) gegeben zu haben. Dieses Amt hat einer judäischen Familie, wie es scheint, den Nachkommen des Feldherrn Joab, deren Oberhaupt es verwaltet hatte, den Namen »Pachat- Moab« verliehen44.

Obwohl keineswegs durch Kriegsthaten hervorragend, nahm Juda unter Chiskija doch nach Sancherib's Niederlage eine gebietende Stellung unter den Ländern ein, welche zwischen dem Euphrat und Aegypten lagen, die sich wohl zur selben Zeit von Assyrien losgelöst hatten. Ein König aus fernem Lande bestrebte sich ein Bündniß mit [233] ihm zu schließen. Babylonien, welches sich ein Menschenalter vorher von Assyrien freigemacht hatte, scheint durch den Aufschwung der assyrischen Macht unter Tiglat-Pileser, Salmanassar und zuletzt unter Sancherib ihr wieder erlegen zu sein. Babylonien hatte zwar eigene Könige, zwei nach dem Tode des Neugründers Nabonassar (o. S. 128), aber diese waren entweder Vasallen der assyrischen Könige oder deren Statthalter. Der fünfte König von Babylonien, Namens Merodach-Baladan (Mardokempad), Sohn Baladan's (721-710) bestand vielfache Kämpfe mit Assyrien45. Sobald die Niederlage Sancherib's in Babel bekannt geworden war, sandte Merodach-Baladan eine Gesandtschaft mit Briefen und Geschenken an Chiskija, unter dem Vorwande ihm zu seiner Genesung Glück zu wünschen, ohne Zweifel aber, um ein Bündniß mit ihm gegen den gemeinschaftlichen Feind zu schließen. Ueber diese Huldigung, die ihm aus einem entfernten Lande zukam, empfand Chiskija selbstverständlich große Freude, nahm die babylonischen Gesandten mit gebührenden Ehren auf und zeigte ihnen seine Schätze, namentlich die Vorräthe an Wohlgerüchen und besonders an Balsam, welcher eine Seltenheit war und weit und breit gesucht wurde. Diese Freude und diese Schaustellung Chiskija's gefielen Jesaia nicht. Er prophezeite für Juda Feindseligkeiten von Seiten des Landes, das mit ihm gesandtschaftliche Verbindung anknüpfen wollte. Der König nahm indeß die Rüge des Propheten in Demuth hin46.

Die fünfzehn Jahre, welche Chiskija nach dem Untergange des assyrischen Reiches (710-696) noch regierte, waren ein goldenes Zeitalter für die innere Entwickelung des »Restes von Israel«, wie diejenigen Stämme und Stammüberbleibsel fortan genannt wurden, welche nach dem Untergange des Reiches Samaria zurückgeblieben waren. Ungestört konnte jeder unter seinem Weinstock und seinem Feigenbaume sitzen. Wie unter David und Salomo wanderten Fremdlinge in das glückliche Juda ein, wurden freundlich aufgenommen und schlossen sich dem Volke Israel an47. Die Verarmten und Gebeugten, die verachteten Dulder wurden von Chiskija aufgerichtet, um ihren geistigen Bestrebungen leben zu können. Jetzt erst konnte er nach seines Herzens Wunsch seinen Vorsatz ausführen, daß nur die Treuen des Landes, die Gottergebenen und Harmlosen, in seinem Palaste[234] wohnen sollten (o. S. 203). Er war auch erlöst von den Fesseln, welche ihm der Palastaufseher Schebna und die Fürsten Juda's aufgelegt hatten. In Folge der sichtbaren Hilfe von oben befreite er sich von der Vormundschaft und Abhängigkeit, in welcher diese ihn bis dahin gehalten hatten. Er zog die Dulder (Anawim) an seinen Hof, übertrug ihnen Verwaltungsämter und wohl auch Richterstellen. Die Jünger Jesaia's, welche dieser mit seinem Geiste getränkt hatte, wurden Chiskija's Vertraute. Sie wurden »Chiskija's Leute« genannt48. Die Bösen, Frevler und Sünder, die Genußmenschen, die dem Alltagsleben fröhnten, schwanden zwar nicht aus dem Lande, aber sie hatten ihre Stellung und Macht eingebüßt. Kein Wunder, daß die Sänger diesen glücklichen Umschwung für sich und ihre Genossen, die Erhebung der Niedrigen und den Sturz der Hohen und Hochmüthigen, mit Triumphliedern feierten.


»Es jauchzet mein Herz in Ihwh,

Erhaben ist meine Kraft in ihm,

Mein Mund öffnet sich weit gegen meine Feinde.

Denn ich freue mich Deiner Errettung.

Niemand ist heilig gleich Ihwh,

Denn Keiner ist Gott außer Dir,

Und kein Hort gleich unserem Gotte.

Sprecht nicht mehr Stolzes, Stolzes,

Trotz weiche aus eurem Munde,

Denn ein Gott des Wissens ist Ihwh,

Und ihm sind die Thaten zugezählt.

Mit dem Bogen sind die Starken gebrochen,

Und die Schwachen gürten sich mit Kraft,

Die Satten vermiethen sich um Brod,

Und die Hungrigen sind voll.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Ihwh tödtet und belebt

Stürzt in die Tiefe und zieht wieder herauf.

Ihwh macht arm und reich,

Erniedrigt und erhöht,

Richtet die Armen aus dem Staub,

Aus dem Schutthaufen erhebt er die Leidenden,

Um sie neben die Vornehmen zu setzen,

Und sie einen Ehrenthron einnehmen zu lassen.

Denn des Herrn sind der Erde Pfeiler,

Auf sie hat er den Erdkreis gegründet.

Seiner Frommen Schritte bewacht er.

Die Frevler aber werden im Dunkel untergehen;

Denn nicht durch eigene Kraft siegt der Mensch.

Ihwh's Widersacher werden gebrochen,

[235] Auf sie donnert er aus der Höhe

Und wird seinem König den Sieg gewähren

Und erheben die Kraft seines Gesalbten49.


Ein ähnliches Lied eines assaphidischen Sängers wendet sich an die Gewalthaber und führt ihnen den erfahrenen Glückswechsel zu Gemüthe:


»Wir danken Dir, o Gott,

Wir danken Dir,

Die Deinen Namen anrufen, rühmen Deine Wunder.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Ich sprach zu den Wahnbethörten:

Seid nicht rasend‹

Und zu den Frevlern:

›Traget nicht hoch euer Horn‹.

›Redet nicht mit stolzem Halse‹

›Denn nicht von Morgen und nicht von Westen,

Nicht aus der Wüste, nicht von den Bergen,

Sondern Gott richtet,

Diesen erniedrigt er, jenen erhöht er.

Denn ein Becher ist in der Hand Gottes

Und schäumenden Weines voll ein Gefäß,

Er gießt von diesem in jenen;

Aber die Hefe trinken, schlürfen alle Frevler des Landes.

Ich aber werde auf immer preisen,

Lobsingen Jakob's Gott‹50.


Ein anderer Psalmist knüpfte an dieses Dankgefühl eine allgemeine Betrachtung über die Gerechtigkeit Gottes an, die sich den Duldern so augenscheinlich geoffenbart hatte.


Angenehm ist's dem Herrn zu danken,

Zu lobsingen Deinen Namen, Hoher;

Zu künden am Morgen Deine Gnade

Und in den Nächten Deine Treue

Zur Zehnsaite, zur Laute

Und zum Spiel mit der Harfe.

Denn Du hast mich erfreut mit Deiner That,

Die Werke Deiner Gnade will ich singen.

Wie groß sind Deine Werke, o Herr,

Sehr tief Deine Pläne.

Der verdummte Mann erkennt es nicht,

Der Thor versteht Solches nicht.

Wenn aufsproßten die Frevler wie Gras

Und alle Uebelthäter blühten –

Um vertilgt zu werden.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Denn sieh' da, Deine Feinde, o Herr,

[236] Deine Feinde gingen unter,

Es wurden zerstreut alle Uebelthäter.

Mein Horn erhebt sich, wie das des Riesenthiers,

Mein Alter ist wie frisches Oel.

Mein Auge sah an meinen Widersachern,

Mein Ohr vernahm an den frevlerischen Gegnern.

›Der Gerechte wird wie die Palme aufsprießen

Gleich der Ceder des Libanon hochragen,

Gepflanzt im Tempel des Herrn,

Blühen in den Höfen unseres Gottes.

Noch im Alter sind sie saftig,

Markig und frisch werden sie sein,

Um verkünden zu können,

Daß gerade ist Gott, mein Hort

Und kein Fehl an ihm‹51.


Wahrscheinlich stammt auch der Prachtpsalm, die höchste Vollendung dieser Dichtungsart, aus Chiskija's Zeit, jener Naturpsalm und schwungvolle Hymnus, welcher die Weltenschöpfung und die Vorsehung in lebendigen, naturtreuen und greifbaren Zügen vorführt. Der Jubel über den augenblicklichen Sieg der Guten über die Bösen flößte dem Sänger die Hoffnung ein, daß die Sünder überhaupt von der Erde schwinden werden, die Gott so wunderbar geschaffen und ebenso wunderbar erhält. Der Sänger faßt zum Schlusse die Bewunderung für die Thaten Gottes im Kleinen und Großen in wenigen Worten zusammen:


Wie groß sind Deine Werke, o Gott!

Sie alle hast Du in Weisheit geschaffen,

Voll ist die Erde Deiner Geschöpfe.«


Und diese Bewunderung legte ihm den Wunsch nah, daß diese herrlich geschaffene und erhaltene Erde für immer ein weiter und würdiger Schauplatz, ein ewiges Zeugniß für die Güte Gottes bleibe, und nicht von den Frevlern in ein Jammerthal verderbt werden möge:


»Möge Gottes Herrlichkeit auf immer sein.

Es freue sich Gott seiner Werke.«


Die sittliche Lauterkeit der Menschen möge über die Sünde siegen:


»Lobsingen will ich dem Herrn mein Lebenlang,

Preisen meinen Gott in meinem Dasein,

Angenehm sei ihm mein Lied,

Ich freue mich des Herrn.

[237] Es möge schwinden Sünder vom Lande,

Und die Frevler nicht mehr sein.

Preise meine Seele den Herrn!52


Ueberhaupt war Chiskija's Regierung in der zweiten Hälfte derselben eine Zeit fröhlichen, begeisterten Sanges. Die schönsten Blüthen der Psalmenlitteratur stammen aus dieser Zeit. Nicht bloß Danklieder und heilige Hymnen entströmten den Seelen der levitischen Sänger, die wahrscheinlich für den Tempel verwendet wurden, sondern auch halbweltliche Lieder erklangen, allerdings auf den König Chiskija, den Gegenstand der Liebe und Verehrung für dieselben, gedichtet. Bei Gelegenheit seiner Hochzeitsfeier mit einer schönen Jungfrau, deren Reize des Königs Herz gerührt hatten, dichtete ein Korachide ein Lied der Liebe.


Sprudele hervor, mein Herz, ein schönes Wort,

Sprechen will ich mein Gedicht dem König,

Meine Zunge sei der Griffel eines gewandten Schreibers.

Schön bist Du vor den Menschensöhnen,

Ausgegossen ist Anmuth auf Deine Lippen,

Darum hat Dich Gott gesegnet auf immer.

Gürte dein Schwert, Held, Deine Zier, Dein Glanz,

Siege, throne für das Wort der Wahrheit,

Der Milde und der Gerechtigkeit,

Dann wird Deine Hand Dich Wunderbares lehren.

Deine Pfeile gespitzt –

Völker fallen unter Dir –

Gegen das Herz der Feinde des Königs.

Deinen Thron hat Gott für immer gegründet,

Ein Scepter des Gradsinns ist Deines Reiches Scepter.

Du liebst das Recht, hassest das Unrecht,

Drum salbte Dich Dein Gott

Mit Freudöl und erkor Dich.«


Der Sänger schildert dann die Wohlgerüche, von welchen des Königs Gewänder duften, das Saitenspiel, das ihn aus dem Palast von Elfenbein ergötzt, schildert die Jungfrau im goldenen Kranze, mit Perlen besetzt, in der Pracht einer Königstochter und redet sie an:


»Höre, Tochter, schaue und neige Dein Ohr,

Vergiß Deine Familie und Dein Vaterhaus,

Der König verlangte nach Deiner Schönheit,

Er ist Dein Herr, so huldige ihm,

Die Tochter Tyrus wird Dir mit Geschenken entgegenkommen,

Anflehen werden Dich die Reichsten der Völker.


[238] Das Liebes-Lied schließt mit dem Lob des Königs:


Rühmen will ich Deinen Namen für Geschlecht und Geschlecht,

Daß Völker Dich preisen für und für53


Die beiden Dichtungsarten, welche das hebräische Volksthum überhaupt als ureigenes, mit keinem anderen vergleichbares Erzeugniß geschaffen hat, die dichterisch gegliederte prophetische Beredtsamkeit und der Psalm, haben unter Chiskija ihre Gipfelhöhe er reicht. Beredter, gedankenvoller und formgewandter als Jesaia war keiner seiner prophetischen Vorgänger. An Innigkeit, Erhabenheit und künstlerischer Abrundung kommt kein Psalm aus der chiskijanischen Zeit der Drangsale und der Befreiung denen gleich. – Auch die dritte hebräische Dichtungsart, welche zwar nicht ausschließlich das eigenste Wesen des jüdischen Volksthums offenbart, aber doch von ihm tiefer und reicher ausgebaut wurde, als von den stammverwandten Völkern, fand in dieser Zeit eifrige Pflege. Die Spruchdichtung wurde von den Dichtern unter Chiskija nicht bloß gesammelt, sondern auch bereichert. Dieser Zweig, welcher bereits von Alters her gepflegt worden war, wurde in der nachsalomonischen Zeit noch weiter entwickelt. Man unterschied drei Gattungen: das einfache Gleichniß (Maschal), den zugespitzten Räthselspruch (Chiddah), welcher errathen werden mußte und zu denken gab, und endlich die auf Eindruck berechnete, mehr beredte Sentenz (Melizah). Das Gleichniß sprach entweder harmlos oder drückte Hohn aus und wurde zum Spottlied ausgebildet (Scheninah). Indessen sind diese drei Gattungen selten rein gebraucht worden, sondern gingen in einander über und entlehnten die Formen von einander.

Die Sprüche in ihrer Urform sind kurz gefaßt und bestehen größtentheils aus zwei Gliedern, die den Grundgedanken durch Wiederholung und Abwechselung scharf hervorheben und einprägen, oder die Kehrseite erkennen lassen. Solche Kernsprüche sind mehr als ein halbes Tausend überliefert und aufgezeichnet worden. Sie stammen zwar nicht sämmtlich aus einer Zeit, haben aber dasselbe Gepräge und einen gleichartigen Charakter. Ihre größtentheils kunstvolle Anlage bezeugt, daß sie nicht etwa Volkssprüchwörter oder geflügelte Worte waren, sondern daß sie aus einem Kreise stammen, welcher auf die schöne Form, auf Kunst und Geschmack Werth legt und sie zu handhaben verstand. Es waren Weise (Chachamim), welche diese verschiedenartigen Kernsprüche geformt haben54. Wahrscheinlich gehörten auch diese Weisen, wie die Psalmisten, den Prophetenschulen an und hatten Belehrung im Auge. [239] Aeltere Glieder dieser Schulen mögen wohl eingetretene Jünger und überhaupt Solche, welche Belehrung suchten55, durch Spruchweisheit zur richtigen Würdigung des Lebens und seiner verschiedenen Seiten angeleitet haben. Daher sind die Sprüche öfter in Form der Anrede gehalten, als wenn sie sich an einen einzelnen Zuhörer wendeten mit dem Eingange: »Höre, mein Sohn«, oder: »hast du gesehen?« Die Weisen theilten auf diese Weise ihre Lebens-Erfahrungen mit. Die Sprüche geben daher ein hellbeleuchtetes Spiegelbild der Sitten und Anschauungen:


»Mancher stellt sich reich und hat gar nichts,

Mancher stellt sich arm und hat viel Gut«56.

»Ein holder Stein (Zauberedelstein) scheint Bestechung dem Eigenthümer,

Wohin er sich auch wendet, gelingt's ihm«57,

»Hingezogene Hoffnung macht das Herz krank,

Lebensbaum ist ein eingetroffener Wunsch«58,

»Wer Korn zurückhält, den verfluchen die Leute,

Segen für das Haupt des Verkäufers«59.


Das Königthum gab den Spruchdichtern Gelegenheit genug zu Sentenzen, die je nach dem Verfahren des Throninhabers lobend oder rügend zugespitzt wurden. Wahrscheinlich noch aus Salomo's Zeit, in welcher Gerechtigkeit und Billigkeit vom Throne gefördert wurden, stammt eine Reihe von Sprüchen, welche dem Könige eine hohe Bedeutung beilegen:


»Ein Zauberspruch ist auf des Königs Lippen,

In Rechtsspruch ist sein Mund unfehlbar.

Gerecht Gewicht und Wage ist des Königs,

Sein Werk (die Bestimmung) der Steine im Beutel.

Ein Gräuel des Königs ist Frevel üben;

Denn durch Gerechtigkeit wird der Thron gefestigt.

Wohlwollen des Königs für aufrichtige Sprache,

Wer Wahrhaftes spricht, den liebt er.

Des Königs Zorn ist Todesbote,

Ein weiser Mann kann ihn beschwichtigen.

In des Königs freundlichem Blicke liegt Leben,

Sein Wohlwollen gleicht Spätregengewölke60.

Huld und Treue beschützen den König,

Und er stutzt seinen Thron durch Gnade,«

»Es schleudert hin die Frevler ein weiser König

Und vergilt ihnen ihre Schuld«61.


[240] Auf Salomo folgten andere Könige, meist böse, welche von Launen beherrscht waren und ihrem Zorne keine Schranken setzten. Auch ihr Verbalten hat die Spruchsammlung erhalten.


»Wie des jungen Löwen Brüllen, so des Königs Schreck,

Wer ihn reizt, fehlt gegen sein eigen Leben62.

Ein brüllender Löwe und ein gieriger Bär

Ist ein frevelhafter Herrscher über ein armes Volk«63.


Eine Reihe von Sprüchen ist auf das Verhalten der Frauen geprägt. Die Frau hatte im israelitischen Alterthum keineswegs eine untergeordnete Stellung, sie war vielmehr dem Gatten ebenbürtig, sie war seine Gehülfin und die Erhalterin des Hauses, wenn sie ihren Beruf erkannte. Sie beherrschte auch den Gatten, verleidete ihm das Leben und führte hin und wie der den Untergang des Hauses herbei, wenn sie von Eigensinn, Laune, Rechthaberei beherrscht war oder sich ihren Gelüsten zügellos überließ. Die Spruchdichtung läßt überall erkennen, daß jeder Gatte nur eine einzige Frau besaß, und diese wird, je nach ihrem Charakter, gelobt oder verspottet.


»Ein wackres Weib ist des Mannes Krone,

Und wie Fäulniß in seinem Gebein eine Verworfene.

Die Weiseste unter den Frauen erbaut ihr Haus,

Und die Thörin zerstört es mit eigenen Händen.

Eine wackere Frau stützt die Ehre,

Wie Fleißige stützen den Reichthum.

Haus und Gut ist das Erbe von Vätern,

Von Gott verliehen ist eine verständige Frau.

Wer ein gutes Weib gefunden,

Hat ein Gut gefunden

Und Wohlwollen erworben vor Gott.

Ein Nasenstäbchen von Gold in eines Schweines Nase,

So eine schöne Frau, der Klugheit baar.

Besser zu wohnen auf des Daches Zinne,

Als mit einem zänkischen Weibe in einem weiten Hause

Besser zu wohnen im Lande der Wüste,

Als mit einem Weibe des Zankes in Unmuth.

Eine verscheuchende Traufe am Tage des Regenschauers(?)

Ist eine Frau des Zankes und des lärmenden Tobens:

Sie zu beschränken, hieße Wind beschränken

Und auf Oel würde seine Rechte treffen64


[241] Am schärfsten betonten die Spruchdichter das religiöse und sittliche Leben, sie stellten es als das höchste Ideal dar und faßten die Gedanken zugleich so gedrungen und einfach, daß sie auch für Denkträge verständlich wurden. Der Geist der Propheten sprach aus ihnen, und was diese, vom Augenblick ergriffen, in längeren Reden nur so hingeworfen haben, haben die Spruchdichter in kernigen Gnomen allgemein verständlich gemacht. Die Vorstellungen von Gott und seinem Wesen sind die lautersten und erhabensten, die je von einem menschlichen Geist gedacht wurden:


An allen Orten sind Gottes Augen,

Spähen Böse und Gute.

Grabestiefe und Hölle sind Gott gegenwärtig,

Um wie viel mehr der Menschen Herzen.

Jedem Menschen scheint sein Weg lauter zu sein,

Aber Gott bestimmt die Geister.

Des Menschen Herz plant seinen Weg,

Gott aber richtet ihm den Schritt.

Durch Liebe und Treue kann die Sünde gesühnt werden,

Und durch Gottesfurcht kann man das Böse meiden.

Gerechtigkeit und Recht üben,

»Ist Gott lieber als Opfer.

Ein Gräuel ist Gott das Opfer der Frevler,

Das Gebet der Redlichen hat sein Wohlwollen.

Ein Gräuel ist Gott der Weg des Frevlers,

Den, der Gerechtigkeit erstrebt, liebt er.

Trügerische Wage ist Gott ein Gräuel,

Volles Gewicht hat sein Wohlwollen.

Doppelgewicht und Doppelmaß,

Beides ist Gott verhaßt.

Wer vermag zu sprechen,

Ich habe mein Herz geläutert,

Bin rein von meinen Sünden?«65.


Am zahlreichsten sind in der Sammlung Sentenzen über das sittliche Leben enthalten, goldene Sprüche, desgleichen kein Volk des Alterthums aufzuweisen hat. Der Grundgedanke aller dieser Sprüche ist:


»Wer in Harmlosigkeit wandelt, geht sicher«66.


Aus diesen folgen von selbst die Verhaltungsregeln für's Leben und für die Mäßigung der selbstischen Regungen und Leidenschaften.


[242] »Besser ein Langmüthiger als ein Held,

Und wer seinen Ungestüm beherrscht,

Besser als ein Städtebezwinger.

Eine Zier des Menschen ist es, langmüthig zu sein,

Und sein Ruhm, über den Fehl hinwegzugehen.

Eine durchbrochene Stadt ohne Mauer ist ein Mann,

Der seinen Ungestüm nicht hemmt.

Besser ein wenig in Gerechtigkeit,

Als Fülle von Ertrag ohne Recht.

Besser ein Stück trocknes Brot und Frieden dabei,

Als ein Haus voll von Opfern des Streites«67.


Das thätige Leben, Emsigkeit und Fleiß, ward ganz besonders empfohlen und die Trägheit aufs schärfste gegeißelt.


»Wer seinen Acker bestellt, wird des Brodes satt,

Wer Windbeuteleien nachläuft, ist sinnlos,

Ein schnell errafftes Vermögen vermindert sich,

Wer sammelt auf die Hand, mehrt es.

Auch einer, der in seiner Arbeit erschlafft,

Ist der Genosse des Zerstörers.

Hat der Träge seine Hand in den Schoß verborgen,

So ist er müde, sie zum Mund zu bewegen.

Vor Kälte pflügt der Träge nicht,

Wird in der Erntezeit betteln – vergebens.


An dem Felde eines trägen Mannes ging ich vorüber und an dem Weinberg eines Unverständigen und siehe da, er war ganz in Unkraut aufgeschlossen, die Oberfläche war mit Kreuzdorn bedeckt, und der Steinzaun war eingefallen. Als ich das sah, nahm ich es mir zu Herzen: ein wenig Schlaf, ein wenig Träumerei, ein wenig Händefalten, um zu liegen, da trifft wie ein Trabant deine Armuth ein und dein Mangel wie ein Schildträger68«.

Eine Reihe zusammenhängender Kernsprüche, deren Ursprung aus Chiskija's Zeit bezeugt ist, charakterisieren Vorgänge im Innern und setzten Gewissenskämpfe voraus. Dieser edle König suchte seinen Vorsatz, die Bösen aus seiner Nähe zu bannen und sich mit Guten zu umgeben, zu verwirklichen. Aber allein ist auch ein König nicht im Stande, eine solche Säuberung durchzuführen, sein Auge reicht nicht weit genug und kann nicht immer die Aufrichtigkeit von der Heuchelei, die Wirklichkeit von dem Schein unterscheiden. Chiskija bedurfte daher der Vertrauten,[243] welche ihm bei der Ausscheidung und Auswahl behülflich sein konnten. Waren diese edel, gottesfürchtig und seines Vertrauens würdig, so mußten sie um so mehr Gewissensregung empfinden, auf den bloßen Schein hin diesen und jenen dem König zu empfehlen. Sollten sie sich aber von ihrer Gewissenhaftigkeit hindern lassen, dem König unwürdige Diener in seiner Umgebung als solche zu bezeichnen und sie zu entlarven? Schweigen und Sprechen, Enthaltung und Eifer, beides war oft bedenklich für die Gewissenhaften. Und auf der anderen Seite: Sollten sich diejenigen, welche vom aufrichtigen Eifer erglüht waren, dem König bei der Säuberung behülflich zu sein, zu den Stufen des Thrones drängen, um ihre Erfahrungen und Rathschläge über den Charakter von Personen anzubringen, ohne dazu berufen zu sein? Und wenn berufen, sollen sie stets sein Ohr belagern? Für solche Gewissenskämpfe scheint einer der Weisen aus der Umgebung des Königs in Spruchform seine Rathschläge ertheilt zu haben, um die schmale Grenzlinie zwischen zu viel und zu wenig Eifer zu bezeichnen; dem König sollte man allerdings Gelegenheit geben, die Schlechtigkeit zu ahnden, aber nicht auf Hörensagen hin Anklagen gegen Personen anbringen und besonders nicht zudringlich sein.


»Gottes Ehre ist es, etwas zu verhüllen,

Des Königs Ehre ist es aber, zu untersuchen.

Wie der Himmel an Höhe, die Erde an Tiefe,

So ist des Königs Herz unergründlich

Entfernt man Schlacken aus Silber,

So gelingt dem Schmelzer ein Geräth;

Entfernt man einen Frevler aus des Königs Gegenwart,

So wird sein Thron durch Gerechtigkeit gefestigt.

Brüste dich aber nicht vor dem König,

Und vor Großen bleib nicht stehen.

Denn besser ist's, man sagt dir: »Komm' herauf«!

»Als daß man Dich erniedrigt vor einem Vornehmen.

Was deine Augen selbst gesehen haben, sage aus.

Ziehe nicht eilig zur Anklage aus,

Sonst könnte ...

Und was würdest du am Ende beginnen,

Wenn dein Nächster dich beschämt?

Deine eigene Klage mache gegen deinen Nächsten geltend,

Eines andern Geheimniß decke nicht auf.

Sonst könnte dich der Hörer beschuldigen,

Und deine Bösrede kann nicht rückgängig werden

Goldene Aepfel in silbernen Kunstgefäßen.

So ist ein Wort in passender Weise gesprochen

Ein golden Nasenstäbchen und ein edles Geschmeide,

So ist ein Warner für ein gelehrig Ohr.

Wie Schneekälte am Tage der Ernte,

[244] So ein treuer Sendbote für seinen Sender,

Er labet seines Herrn Gemüth.

Wolken und Wind ohne Regen,

So ein Mann, der sich trügerischer Gabe rühmt.

Durch Langmuth wird ein Häuptling überzeugt,

Dagegen zerbricht ein Knochen die weiche Zunge.

Hast du Honig gefunden, so iß' nur zur Genüge,

Damit du seiner nicht übersatt werdest und ihn ausspeiest.

Setze deinen Fuß selten in deines Nächsten Haus,

Damit er deiner nicht übersatt werde und dich hasse.

Keule, Schwert und gespitzter Pfeil,

Wer falsches Zeugniß gegen seinen Nächsten spricht.

Ein wackliger Zahn, ein wankender Fuß,

So die Zuversicht auf einen Ungetreuen am Tage der Noth.

Essig auf eine Ritzwunde,

So wer Lieder singt für ein unglückliches Herz.

Hungert dein Feind, so gieb ihm Brod,

»Dürstet er, so reiche ihm Wasser;

Denn Kohlen schürest du auf sein Haupt,

Und Gott wird es dir vergelten«69.


War diese Dichtungsart einmal ausgeprägt, so war es leicht, sie fortzubilden. Für die tieferen Beobachter des Lebens der Einzelnen und der Völker im Geiste der großen Propheten, wenn sie nur dichterische Begabung besaßen, gestaltete sich von selbst jede Erfahrung zu einem allgemeinredenden Kernspruche. So lange dieser prophetische Geist im Kreise der Auserwählten thätig war, wurde diese Spruchdichtung fortgesetzt, selbst noch über die Zeit des nationalen Unterganges hinaus. Die Propheten bedienten sich ebenfalls der gnomischen Redeweise und der Räthselsprüche. Dagegen wurde die Fabel- und Parabeldichtung nicht ausgebaut, obwohl ein Ansatz dazu gemacht worden war und leicht hätte fortgesetzt werden können. Da die Poesie im israelitischen Volke niemals Selbstzweck lediglich zur Befriedigung des Formensinnes war, sondern einem höheren Zweck diente und daher durchweg einen lehrhaften und erziehenden Charakter hatte, so war die Fabeldichtung, welche doch denselben Dienst leisten sollte, überflüssig geworden.

Wozu brauchten die Dichter dem Volke und den Großen auf Umwegen, durch Thiergespräche und Einkleidungen das, was ihnen frommt, mitzutheilen, wenn diese es auf geradem Wege durch den Mund der Propheten erfuhren? Diese waren doch die unermüdlichen Wächter, standen auf ihrer Warte, berufen, Heil und Unheil ohne Mummerei und Fiction zu verkünden. Selbst in gefahrvollen Tagen, [245] wenn die Mächtigen das freie Wort unterdrückten, scheuten es die Gottesmänner nicht, der Wahrheit die Ehre zu geben und mit Gefahr ihres Lebens ihre warnende Stimme zu erheben. In der Heimath der prophetischen Beredtsamkeit konnte die Fabeldichtung nicht gedeihen. Wenn es nöthig und ersprießlich schien, verblümt zu sprechen, so wurde eine andere Form dafür gewählt. Nicht Thieren legten diese Weisen und Dichter warnende Winke in den Mund, sondern der Geschichte, dem Alterthum. Die Wahrheiten, welche das Geschlecht von heute beherzigen sollte, wurden aus dem Munde der verehrten Vorfahren oder der Weisen aus alter Zeit verkündet. Indessen bis zu Chiskija's Zeit war dieser Litteraturzweig, die dichterische Veranschaulichung der Vergangenheit im Lichte der Gegenwart zur Beherzigung für das jüngere Geschlecht, noch wenig angebaut. Die Wahrheit brauchte noch nicht ein erborgtes Gewand umzuhängen; sie durfte sich in ihrer Natürlichkeit und Einfachheit zeigen. Die Poesie fand daher nur in diesen drei Formen ihren Ausdruck: in der prophetischen Beredtsamkeit, in dem psalmistischen Erguß und in der Spruchdichtung. Die höchste Blüthe desselben fällt, wie schon erwähnt, in die chiskijanische oder jesajanische Zeit.

Bis an sein Lebensende konnte Chiskija ruhig und ungestört regieren. Sancherib's Niederlage war so gewaltig, daß er einen neuen Feldzug gegen Juda nicht unternehmen konnte. Es scheint, daß er in Babylonien harte Kämpfe zu bestehen hatte, als er es zur Vergrößerung seiner Macht wieder erobern wollte70. In Juda waren selbstverständlich die Augen stets auf Assyrien mit Spannung gerichtet, weil immer noch ein Einfall von dort aus befürchtet wurde. Mit Freuden vernahm man daher die Nachricht, daß Sancherib, der so hochmüthige und lästerliche Worte gegen Israel's Gott und sein Volk ausgestoßen hatte, von seinen eigenen zwei Söhnen Adrammelech und Nergal-Scharezer im Tempel eines der assyrischen Götter ermordet worden war71. Chiskija erlebte wahrscheinlich noch den, die strafende Hand Gottes bekundenden Tod des assyrischen Großkönigs, vor dem er gezittert und sich gedemüthigt hatte. Die in Ninive ausgebrochene Zwietracht gab der Hoffnung Raum, daß von dort aus keine Eroberungspläne mehr ausgehen würden. Von Chiskija's Lebensende (696) ist gar nichts bekannt. Er war der letzte König, dessen Leiche in der Königsgruft beigesetzt wurde. Das Volk, welches ihm mit Liebe [246] zugethan war, veranstaltete für ihn eine glänzende Bestattung72. Er hinterließ, wie es scheint, nur einen einzigen Sohn Manasse, welchen seine Gemahlin Chephzi-bah wenige Jahre nach dem Ende des assyrischen Krieges geboren hatte73.


Fußnoten

1 Herodot nennt diesen König Σαναχέριβος βασιλεὺς Ἀραβίων τε καὶ Ἀσσυρίων, II, 141. Von dem Unglück Kedars sprach Jesaia 21, 16 fg. und von Moab, wozu auch Ammon gehörte, 16, 13 fg. Ob dieser Kriegszug in Verbindung steht mit dem Sancheribs gegen die Griechen, von dem Berosus und Abydenus erzählen (in Eusebius Chronik), wobei er diese an der Küste von Cilicien geschlagen, die Stadt Tarson (Tarsus) erbaut, auch den Tempel der Athenienser (Anchialenser? Athene, Anait?) erbaut und seine Großthaten in Schrift verewigen ließ, läßt sich nach den dürftigen Quellen nicht entscheiden. Was die Assyriologen über Sancherib zusammenstellen, ist voller Zweifel. [S. jedoch Meyer a.a.O. I, S. 464 ff.]


2 Jesaia 10, 8.


3 Vergl. weiter unten.


4 Chronik II, 32, 5, wo aber gelesen werden muß a: תולדגמ הילע לעיו und b: דוד ריע (תאו) אלמה תא [Vgl. auch Oettli z. St.]


5 Das. V. 30. הטמל bedeutet nach unten hin, unterirdisch, הברעמ heißt westlich.


6 Das. V. 3-4.

7 Jesaia 22, 1. 13.


8 Das. V. 15-16. S. Note 4.


9 Jes. 22, 1-14. ןויזח איג oder 'ח יג, das sich allegorisch nicht erklären läßt, da Zion eine Höhe und nicht ein Thal war, kann nur einen Stadttheil Jerusalems bedeuten. Die Verkündigung des Strafgerichtes 2b; 5b–7 kann nur prophetisches Präteritum sein, zu ergänzen יתיאר, wie öfter. Daß dieses Kapitel zur Zeit der Kriegsrüstung gegen Sancherib und noch vor der Belagerung gesprochen wurde, geht aus demselben deutlich genug hervor und auch daraus, daß zur Zeit der Belagerung Schebna bereits durch Eljakim ersetzt war. Da von Jerusalem aus damals nicht gekämpft, sondern lediglich unterhandelt wurde, so können nicht Krieger gefallen sein, sondern die Verse sind als prophetische Drohung anzusehen. V. 2 לכ ךיאצמנ ist zweifelhaft, denn es würde voraussetzen, daß Jerusalem eingenommen werden sollte, was Jesaia öfter verneint hat; LXX haben ἰσχύοντες, d.h.: ךירבג. – V. 5, ריק und עוש sind Völkerschaften, wie םליע. – V. 10 kann םתרפס םילשורי יתב nicht bedeuten »Häuser« weil es keinen Zweck hat, Häuser zu zählen, wohl aber Familien zum Behufe des Krieges; םיתב hat auch diese Bedeutung »Familie«, Genesis 42, 19. 33. Josua 7, 14, wahrscheinlich auch Exodus 1, 21.

10 S. Note 4.


11 Das. 10, 28 fg.


12 Das. 33, 7-8; 36, 1.


13 Das. 10, 32.


14 Jesaia 10, 5 fg.


15 Das. 11, 15 fg.


16 Das. 12, 1-6.


17 Folgt aus Könige 18, 14. 17; 19, 8.


18 Folgt aus Micha 1, 13.


19 Jes. 10, 21-22.


20 S. oben S. 89.


21 Micha Kap. 4-5 kann nur während der Noth Jerusalems unter Sancherib gesprochen worden sein, wie viele Ausleger annehmen. Es spricht dafür 4, 11 התעו םיבר םיוג ךילע ופסאנ; was durchaus kategorisch zu nehmen ist, ferner ונילע םש רוצמ und תא יחלה לע וכי טבשב לארשי טפש (V. 14); statt טפש haben LXX φυλαὶ d.h.: יטבש, was allerdings unrichtig ist, aber der Plur. ist hier erforderlich. Micha 5, 1 ist תויהל dittographirt vom zweiten Halbvers. Statt אצי [jetze] muß man lesen אצי [jatza], Perfect. Wegen der messianischen Deutung ist es als Imperf. vokalisirt worden. Unter לשמ [meshel] ist David zu verstehen und V. 2 רתיו ויחא ist schwierig. V. 3-4 הערו דמעו oder richtig םערו [weraam] und das Prädikat לדגי, so wie das Pronomen הז beziehen sich auf Chiskija (4, 9). Statt םדא יכיסנ, 5, 4, das keinen Sinn hat, muß man wohl lesen המדא ... Parallele zu םיעל – V. 5 stammt יערו von dem Radix עער. Im Wort היחתפב, welches Einige richtig gleich תוחיתפ »Schwerter« erklären, bezieht sich das Suffix auf דורמנ ץרא: mit Aschurs eigenen Schwertern werden die Hirten Aschur besiegen, denn in Juda wird es kein Schwert geben, was in V. 4 םולש תז היהו und 4, 3 verkündet ist.


22 Könige II, 18, 14 fg. in Parall. Jesaia gekürzt. חאוי ףסא ןב V. 18 ist wohl gleich ףסא ינבמ, ein Assaphide, als Kanzler.


23 Das ist der Sinn von Kön. II. 18, 35; besser ausgedrückt Jesaia 36, 20: ידימ ןורמש תא וליצה יכו


24 Das. הכרב יתא ושע (V. 31) kann nicht bedeuten: »machet mit mir Frieden«; das Wort הכרב hat niemals diese Bedeutung, sondern neben »Segen« auch die »Huldigungsgeschenke« Genesis 33, 11. [Einleuchtender ist Klostermann's Deutung des Wortes הכרב = Abschied.]


25 Es braucht kein Wort darüber verloren zu werden, daß Jesaia Kap. 1 in die Zeit der Belagerung Sanche rib's fällt und zwar nach V. 12-15 während einer Fastenversammlung. Diese fand nach Rabschake's Aufforderung statt, vgl. Könige II, 19, 1.


26 Der Hauptzweck der Sendung des Königs an Jesaia liegt in den Worten Könige 19, 4 דעב הלפת תאשנו 'וגו. So hat es auch Josephus richtig aufgefaßt, Alterth. X, 1, 3.


27 Das. V. 6 und die Parallelstelle Jesaia 37, 6.


28 Diese Antwort Chiskija's ergiebt sich aus V. 10 das.


29 Nach Herodots Angabe II, 141, stand Sancherib's Heer vor Pelusium.


30 Könige das. B. 9 fg. Hier richtig: חלשיו בשיו םיכאלמ, dagegen in Jesaia 37, 9 unpassend עמשיו חלשיו.


31 Die Anrede an den König Sancherib in der zweiten Person das. V. 21-28 ist nur verständlich, wenn sie in einem Schreiben an denselben gerichtet worden. Man muß sie demnach als Antwort ansehen, welche Chiskija auf Sancherib's Schreiben durch Boten (Könige das. 19, 14) ertheilt hat; Jesaia hat sie dictirt.


32 Das. 29 fg. ist Jesaia's Anrede und zwar an den König gerichtet. Vor תואה ךל הזו scheint ein Vers zu fehlen, denn das folgende soll kein Zeichen sein, sondern das, was erst durch ein Zeichen bewahrheitet werden sollte. Es ist damit ausgedrückt, daß die Leiden höchstens zwei Jahre dauern würden. [Anders Klostermann zur Stelle.]


33 Ps. 61, vgl. Note 7.


34 Jes. 38, 7 fg.; vgl. Note 7.


35 Ps. 21, s. dieselbe Note.


36 Könige das. 19, 35 fg. und Parallelstelle.


37 Herodot das.


38 Ps. 46. Ewald bezieht mit Recht diesen Psalm auf die Befreiung von der Invasion durch Sancherib, und Hupfeld hält ebenfalls diesen Hintergrund für wahrscheinlich. [So auch jüngst Keßler in Strack-Zöcklers kurzgef. Com., z. St.] In V. 10 sind einige Einzelheiten des Unterganges des assyrischen Heeres angedeutet, welche weder die biblische Erzählung überliefert, noch die ägyptischen Priester gekannt haben, die Herodot von der Flucht des Heeres Sancherib's erzählt haben. In V. 4 nimmt Hupfeld mit Recht den ausgefallenen Refrain ונמע תואבצ 'ה an, worauf auch das הלס hinweist. Dann besteht dieser schön gegliederte Ps. aus 3 Strophen. V. 7 kann תוכלממ וטמ nicht richtig sein, denn der Parallelismus zu םיוג ומה würde fehlen; diese Glieder in der zweiten Strophe entsprechen den Worten in der ersten Strophe ורמחי ומהי. Man muß daher auch hier lesen תוכלממ ורמח oder ein anderes synonymes Verbum zu ומה.


39 Psalm 76 beziehen fast alle Ausleger auf Sancherib's Zeit. Der Alexandr. Text hat sogar schon als Ueberschrift ᾠδὴ πρὸς τὸν Ἀσσύριον. In der Auslegung ist noch Manches zu verbessern, was hier auseinanderzusetzen zu weitläufig wäre. Der kundige Hebraist wird die passenden Emendationen aus der Uebersetzung erkennen.


40 Folgt daraus, daß Chiskija's Urenkel Josia die Götzenaltäre in Bethel [II. Könige 23, 15] und anderen Städten Samaria's zerstört hat. Diese Gebiete müssen also zu dem davidischen Reiche gehört haben. Da nirgends angegeben ist, daß erst Josia sie wieder annectirt hätte, so müssen sie schon vorher im Besitz von Juda gewesen sein. Josia's zweite Frau war aus המור oder המורא, und diese Stadt, östlich von Sichem, gehörte zum Zehnstämmereich, Richter 9, 41, identisch mit המרת das. 31. Wenn die Nachricht in Chronik II, 34, 9 sicher ist, so haben sich Manassiten, Ephraimiten und andere Israeliten von den Ueberbleibseln der Zehnstämme ebenso an den Gaben für die Restauration des Tempels unter Josia betheiligt, wie Jehudäer und Benjaminiten. Sie müssen also auch zu Juda geschlagen worden sein, und zwar nachdem die Macht Assyrien's gebrochen war.


41 Könige II, 18, 8.


42 S. Note 7.


43 Jesaia 16, 1. 3-5. So dunkel auch diese Prophezeiung, so räthselhaft namentlich der Zusammenhang und so ungewiß auch der Hintergrund ist, so ist sie doch in so weit durchsichtig, daß V. 5 sich nur auf Chiskija beziehen kann, wie es die Ausleger geahnt haben. V. 1 רכ וחלש, was keinen Sinn giebt, muß in רכשא וחלש emendirt werden. Das Wort bedeutet = יש [schai] Huldigungsgeschenk. Der Imperativ setzt voraus, daß die Moabiter in ihrer Noth einander auffordern, Huldigungsgeschenke nach Zion zu senden, damit diese Stadt die Flüchtlinge gut aufnehmen und beschützen möge. Die Aufforderung ergeht an die Häuptlinge. Man muß demnach statt ץרא לשמ [moschel...] lesen ץרא ילשמ [moschlei...], dann ist dieser Passus vollständig verständlich. Nur muß man, was bereits einige Exegeten vorgeschlagen haben, V. 2 ausscheiden und V. 1 mit 3 und den folgenden verbinden [Vgl. jedoch Luzzatto zur Stelle].


44 S. Note 7.


45 Nach Berosus und Adydenus in Eusebius' Chronik. [Vgl. Schrader, K. A. T.2 338 ff. 343. 350 und desselben Artikel Merodach-Baladan bei Riehm- Bäthgen II u. die daselbst angeführte Litteratur.]


46 Jesaia 39, 1 fg. und die Parallelstelle Könige [II, 20, 12 ff.]


47 Die nach-chiskijanische Litteratur setzt das Vorhandensein von םירג in Juda und zwar von Idumäern, Aegyptern, Ammonitern und Moabitern voraus.


48 Sprüche 28, 1. S. Note 8.


49 Samuel I, 2, 1 fg. S. Note 7.


50 Ps. 75. S. Note 7 [Vgl. auch Keßler zur Stelle].


51 Ps. 92, V. 5. 8. 11-12 sprechen unzweideutig von bereits eingetroffenen Ereignissen, von dem Sturz der Uebelthäter einerseits und der Erhebung der Frommen andererseits. Folglich sind die Verba in V. 10 ebenfalls als Aoriste zu verstehen, und nur von der glücklichen Lage der Frommen oder Anawim unter Chiskija, erklärlich. [Mit den meisten Neueren hält der Verf. in seinem Comm. den Psalm für nachexilisch.]


52 Ps. 104. Vergl. B. I, S. 82. Dieser Psalm kann nur aus Chiskija's Zeit stammen. Den Nachweis gedenke ich an einem andern Orte zu führen.


53 [Ps 45.] Vgl. darüber Note 8.


54 S. Note 8 über die Sprüche.


55 Vgl. Sprüche 15, 12.


56 Das. 13, 7.


57 Das. 17, 8.


58 Das. 13, 12.


59 Das. 11, 26.


60 Sprüche 16, 10-15. V. 11 gehört entschieden ebenfalls zu diesen »Königssentenzen«; nur muß man statt 'הל lesen ךלמל; nur so paßt das Wort והשעמ im zweiten Halbv. – V. 12-13 haben LXX für den Pl. םיכלמ den Singul.


61 Das. 20, 28. V. 8. wiederholt V. 26


62 Das. 20, 2; vergl. 19, 12.


63 Das. 28, 15.


64 Das. 12, 4; 14, 1. 11, 16. Statt ןח muß man wohl lesen ליח und, statt םיצירע haben schon LXX ἀνδρεῖοι = םיצורח [charutzim]; 19, 14. 18, 22, der Zusatz הבוט hinter השא ist nothwendig LXX. 11, 22, םעט kann hier nur bedeuten wie םינקז םעט, Klugheit, Verstand, einsichtsvoller Sinn. 21, 9 (auch 25, 24); 21, 19. 27, 15-16; in diesem V. ist הותשנ schwerlich ein Verbum, vergl. Lagarde zur griech. Uebersetzung der Prov. S. 86; es ist wohl eine Subst.-Form wie דאושת. Das Wort רירגס ist wohl auch nicht heil. הינפצ bedeutet: wer die lärmendzänkische Frau einsperren wollte, könnte ebenso gut Wind einsperren. ארקי, Ewald richtig = הרקי [jikre], aber ונימי ist Subjekt und ןמש [schemen] Objekt.


65 Das. 15, 3. 11; 16, 2 (21, 2); 16, 9; 16, 6; 21, 3; [15, 8. 9.] 11, 1 20, 10; 20, 9.


66 Das. 10 9.


67 Das. 16, 32; 19, 11; 25, 28; 16, 8 (15, 16); 17, 1 (15, 17).


68 12, 11 (28, 19); 13, 11 (20, 21); 18, 9; 19, 24 (26, 15); 20, 4; 24, 30-34, der Schluß auch 6, 10-11 fg.; an der ersten Stelle offenbar ursprünglicher, weil ausführlicher. Der Spruch ist also älter als der Prolog zu Mischle. Auch hier muß gelesen werden ךלהתמכ, wie dort ךלהמכ steht. Beide Wörter bedeuten – nach ךלהתמ לגרב – »einen Trabanten« gleich ץר [ratz].


69 [Spr. c. 25, 2 ff.] S. darüber Note 8.


70 Berosus bei Eusebius.


71 Jesaia 37, 38. Vgl. Monatsschr. Ig. 1872, S. 537 fg.


72 Chronik II, 32, 33.


73 Folgt daraus, daß Manasse bei seinem Regierungsantritt erst 12 Jahre alt war. Aus Jesaia 39, 7 scheint hervorzugehen, daß Chiskija zur Zeit der Bedrängniß noch keinen Sohn hatte. V. 38, 19 spricht nicht dagegen.



Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1902, Band 2.1, S. 248.
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