I. Gegen Mendelssohn.

[556] Es ist nur im allgemeinen bekannt, daß einige Rabbinen, »namentlich der Oberrabbiner von Hamburg und der zu Fürth« den Bann gegen Mendelssohns Versuch, den Pentateuch in reines Deutsch zu übersetzen, geschleudert haben. In keiner der zahlreichen Mendelssohnschen Biographien sind diese Rabbinen namhaft gemacht, und eben weil sie nicht individuell kenntlich gemacht sind, sondern als verschwommenes Abstraktum genommen worden, ist das Urteil über sie sehr ungerecht. Die unparteiische Historiographie, wie sehr sie auch Mendelssohns deutsche Version als einen Segen für die Hebung der Judenheit anerkennen muß, darf die Gegner dieser Richtung nicht ohne weiters persönlicher Motive wegen verletzter Eitelkeit zeihen, sondern muß auch hier das audiatur et altera pars beobachten. Man braucht bloß die Rabbinen zu nennen, welche damals den Mut hatten, gegen den Strom zu schwimmen, um sofort die Überzeugung zu gewinnen, daß nicht gemeine Triebfedern sie dabei geleitet haben, sondern daß sie bona fide in allzugroßer Ängstlichkeit, die Religion durch die deutsche Übersetzung gefährdet zu sehen, gehandelt haben. Es waren drei oder vier Rabbinen, sämtlich Ehrenmänner, charaktervolle Persönlichkeiten, tiefsittliche Naturen, deren sich das Judentum nicht zu schämen braucht, mit einem Worte es waren Ezekiel Landau von Prag, berühmt durch sein rabbinisches Hauptwerk Noda bi-Jehuda, ferner Zewi Hirsch ben Abraham (Charif) Janow, Rabbiner von Fürth, und Raphael Kohen, Rabbiner der Drei-Gemeinden Altona, Hamburg und Wandsbeck, Rießers Großvater mütterlicherseits. Der vierte war Pinchas ha-Levi Hurwitz, Verf. des האלפה. Zuerst muß die Tatsache festgestellt werden, daß diese eben Opposition gegen die genannte Übersetzung gemacht haben, dann soll eine kurze Biographie derselben dartun, daß sie nur in Unkenntnis, nicht aber aus gemeinen Motiven das Unternehmen unterdrücken wollten. Auch die Zeit des Interdikts und einige Zwischenfälle sind noch nicht mit voller Genauigkeit bekannt. Die Chronologie ist nicht beachtet worden, weil ein Adressat, an welchen Mendelssohnsche Briefe gerichtet sind, nicht bekannt war. Der Herausgeber der Mendelssohnschen Schriften, Prof. [556] G. B. Mendelssohn, welcher die Briefe zusammengetragen und nach verschiedenen Gesichtspunkten geordnet hat, hat zum sechsten Bande die Briefe Mendelssohns an einen Anonymen in hebräischer und deutscher Sprache (ד"מר תורגא), erschienen in Wien 1794, in deutscher Übersetzung hinzugefügt, ohne den Adressaten zu bezeichnen. Dadurch erscheint mancher Vorgang verdunkelt. Der Adressat war ם'ל'א, die Abbreviatur von אגולגמ יול רודגיבא1, der sich in Prag aufgehalten. Dieser ם'ל'א war ein kleiner Stellenjäger à la Herz Homberg. Mendelssohn hat sich in jenem wie in diesem getäuscht. Durch den Aufenthaltsort dieses Avigdor aus Glogau ist auch der Rabbiner kenntlich, von dem in den Briefen öfter die Rede ist. So heißt es im 5. Br. (S. 9 b): »Ich höre von Fürth aus, daß es ד"בלו םכתלהקד ד"בא ןואגהל gefallen, ילש םוגרת םע הרות ישמוח השמח zu verbieten, oder gar in םרח zu tun, ohne daß man mir anzeigt: המלו המ ינפמ ... י"נ ד"בא ןואגה ?הככאו יתמו pflegt doch sonsten so übereilt nicht zu handeln.« Unter »dem Rabbiner Ihres Ortes« ist kein anderer als Ezekiel Landau zu verstehen, von dem auch in den anderen Briefen, als dem Verf. des הדוהי עדונ, öfter die Rede ist. Es steht also fest, daß der Rabbiner von Prag die Opposition gegen Mendelssohn eröffnet hat, was dem Herausgeber der Mendelssohnschen Schriften unbekannt war. Was Mendelssohn an v. Hennings in Kopenhagen, d.d. 29. Juni 1779, schrieb: »Der Rabbi zu Altona läßt vorderhand seine Donnerkeile ruhen ... Vielleicht um sie bei einer günstigeren Gelegenheit, wenn er erst das ganze Werk vor sich haben wird, mit mehrerem Gepolter wieder aufzunehmen« (bei Kayserling, M. Mendelssohn usw. S. 521), das bezieht sich auf Raphael Kohen, welcher damals bereits Rabbiner der Drei-Gemeinden war. Wir kennen also zwei Hauptgegner der Mendelssohnschen Pentateuchübersetzung, welche die Biographen Mendelssohns mit Stillschweigen übergingen. Es ist daher nicht befremdend, daß sie die chronologische Reihenfolge der das Interdikt betreffenden Briefe vernachlässigt haben. Wir müssen uns ein wenig damit beschäftigen.

Vorher seien die Biographika Raphael Kohens erwähnt. Sie sind größtenteils zusammengestellt in der Schrift שיא יללעמ, Schluß des Sammelwerkes קידצ רכז (1805), von Lazar Riesser in einem preziösen Stile geschrieben. Nach derselben ist Raphael Kohen 24. Marcheschwan 5438 = 4. Nov. 1722 geb. (p. 4) und 26. Marcheschwan 5564 = 11. Nov. 1803, im Alter von 81 Jahren (p. 26) gest. Im Jahre 1742 wurde er vortragender Talmudlehrer in Minsk, noch kaum 20 Jahre alt; 1744-1747 Rabbiner in Rakow (bei Minsk); 1747-1757 in Wilkomierz (nördlich von Wilna); 1757 bis 1763 Rabbiner des Minsker Kreises (das. p. 5 b, 7 b); 1763-1771 Rabbiner von Pinsk (das. 8 b). Im letztgenannten Jahre reiste R. Kohen nach Berlin, um sein Dezisionswerk לאיתוקי תרות zu drucken. Tischri = Oktober 1772 trat er das Posener Rabbinat an (das. p. 11 b). Tammus 1776 wurde er zum Rabbiner der Drei-Gemeinden berufen (das. p. 12). An seiner Stelle wurde sein junger Schwiegersohn Hirsch Janow, gewöhnlich R. Hirsch Charif genannt, zum Rabbiner von Posen erwählt, der etwa von Juli 1776 bis um Febr. 1777 in Posen fungierte und dann nach Fürth berufen wurde (s. Perles, Geschichte der Juden in Posen, S. 126).

[557] In dieser Zeit, kurz nach Raphael Kohens Übersiedlung nach Altona-Hamburg kam Salomon Maimon als Bettler nach Posen, nahe vor den jüdischen Feiertagen (Lebensgeschichte I, S. 278 ff.). Lassen wir Maimon erzählen: »Da ich mich erinnerte, daß vor einigen Jahren ein Oberrabbiner aus meiner Gegend (Litauen) zum Oberrabbiner von Posen aufgenommen worden, und dieser einen Bekannten und guten Freund von mir als Schreiber mitgenommen hatte, so fragte ich nach diesem Freunde. Zu meinem größten Leidwesen erfuhr ich, daß er nicht mehr in Posen anzutreffen wäre, indem er mit dem Oberrabbiner, der nachher befördert und zum Oberrabbiner von Hamburg aufgenommen wurde, nach diesem Orte gereist sei; daß er aber seinen Sohn.. in Posen bei dem jetzigen Oberrabbiner, der ein Schwiegersohn des vorigen sei, zurückgelassen habe.« Es ist hier kein Zweifel, daß hier von Hirsch Charif die Rede ist. Maimon erzählt weiter (S. 280): »Der Oberrabbiner, der ein vortrefflicher Mann, ein scharfsinniger Talmudist und von einem sehr sanften Charakter war, wurde von meinem Elend gerührt. .... Er gab mir so viel Geld, als er bei sich hatte, invitierte mich, so lange als ich mich hier aufhalten würde, alle Sabbat bei ihm zu essen und befahl seinem Knaben (Jünger), daß er für mich ein anständiges Logis verschaffen solle. Der Oberrabbiner ließ mir auch neue Wäsche machen. In zweien Tagen war alles fertig. Mit reiner Wäsche und einem neuen Kleide ausstaffiert, ging ich zum Oberrabbiner. ... Für ihn war dieses ein entzückender Anblick. Er lehnte meinen Dank ab ... Nun möchte der Leser vielleicht glauben, daß dieser Oberrabbiner ein reicher Mann gewesen sey, bei dem die Kosten, die er auf mich wandte, wirklich eine Kleinigkeit gewesen wären, aber ich kann versichern, daß es sich damit ganz anders verhielt. Der Oberrabbiner hatte nur ein mäßiges Gehalt. ... Er mußte dergleichen Handlungen ohne Wissen seiner Frau ausüben und vorgeben, daß ihm andere Leute Geld dazu gegeben. Übrigens führte er für sich ein sehr mäßiges Leben, fastete täglich ... und aß die ganze Woche über kein Fleisch. Demohngeachtet mußte er doch, um seine Neigung zum Wohlthun zu befriedigen, Schulden machen. Die strenge Lebensart, das viele Studiren und Nachtwachen schwächten seine Kräfte so sehr, daß er, nach dem er zum Oberrabbiner in Förde (Fürth) aufgenommen worden, ungefähr in dem sechsunddreißigsten Jahre seines Alters, starb. Nie kann ich ohne die tiefste Rührung an diesen göttlichen Mann denken« (S. 283 f.). So schrieb der Skeptiker Maimon über Hirsch Janow, nachdem er mit dem Judentum völlig gebrochen hatte. Hirsch Janow starb 13. Nov. 1785 (Hähnle, Geschichte der Juden im Ansbachischen, S. 170; Abraham Trebitsch םיתעה תורוק I, p. 27: תנשב ’ס לעב... ביל הירא...םילודגה תורואמ ’ב עיקרב ולטנ [ו"מקת] םסרופמה אדריפ ק"קד בר שריה ה"ומ ןואגה ה"הו...הירא תגאש קיטאמהטאמ תמכחב יקב םכח םג היהו ףירח שרה ’ר ומשב); er war also um 1750 geboren und bei der Wahl zum Rabbiner von Posen 1776 erst 26 Jahre alt. Dieser »göttliche Mann«, wie ihn Maimon nennt, hat mit seinem Kollegium in Fürth das Interdikt gegen die Mendelssohnsche Übersetzung ausgesprochen. Nach dieser unparteiischen Charakteristik wird man wohl nicht mehr die vage Phrase wiederholen, daß dieser Rabbiner von Fürth aus selbstischen Motiven gegen Mendelssohn opponiert hat. Aber ebensowenig darf man seinem Schwiegervater Raphael Kohen egoistische Zwecke imputieren. Sein ganzes Leben war eine Kette opfervoller [558] Tätigkeit. Bei der Niederlegung seines Rabbinats 1799 zum Leidwesen der Gemeinden, erteilte ihm der König von Dänemark ein Zeugnis voller Anerkennung für seine Wirksamkeit (שיא יללעמ, p. 18). Sein Schwiegersohn L. Riesser schrieb über ihn an seinen Sohn Gabriel Riesser: »Deine Erläuterungen über den jetzigen Standpunkt der Rechtswissenschaft habe ich wiederholt ... gelesen. Ich dachte mich in jene frohe Zeit zurück, wo ich deinen seligen Großvater, den auch die Regierung für einen der tüchtigsten Richter im Lande anerkannte, das Recht mit einem heiligen Eifer ausüben sah, der mir jetzt noch Ehrfurcht einflößt; er pflegte das Recht die Stütze des Thrones Gottes zu nennen« (Isler, Riessers Leben, ges. Schr. I, S. 37 f.). – »Wenn ich Geld nötig habe,« sagte dein Großvater, »bete ich bei Gott ein ונלוק עמש, nie bei Menschen« (das. S. 53.) Freilich ein fanatischer Gegner von Neuerungen war Raphael Kohen allerdings, wie aus dem Faktum des Bannes gegen Samuel Markus hervorgeht (bei Kayserling S. 295); aber man darf dabei nicht an unedle Motive denken.

Nicht recht klar erscheint Ezekiel Landaus Verhalten gegen Mendelssohn, wie aus den Briefen hervorgeht, wenn man sie gegeneinander hält. Der Prospekt mit der Probe vom Mendelssohnschen Pentateuch הפורתל םילע ist bekanntlich Sommer 1778 ausgegeben worden; der Druck sollte Ende desselben Jahres beginnen. Der erste Brief Mendelssohns an Avigdor ם'ל'א (in ד"מר תורגא Nr. 3, ges. Schr. VI, S. 447) in betreff des Pentateuchs ist datiert 10. Siwan = 25. Juni [lies: Mai] 1779, als Antwort auf Avigdors Schreiben, daß man in Prag verwundert sei, daß dem Prospekt keine Approbation von angesehenen Rabbinen vorgedruckt sei. Aus dem ganzen Briefe geht hervor, daß Ezekiel Landau diese Ausstellung gemacht haben muß und zwar schon im Ijar. In derselben Zeit zog sich »ein kleines Ungewitter« über den Pentateuch an einem andern Punkte zusammen, wie aus Mendelssohns Brief an Hennings, d.d. 29. Juni 1779, hervorgeht, (bei Kayserling Anhang S. 521), und zwar aus Altona. Es heißt das.: »Der Rabbi zu Altona läßt vor der Hand seine Donnerkeile ruhen.« Man sieht diesem Briefe bei aller scheinbaren Ruhe eine gewisse Aufregung an2. In der ersten Hälfte des Juli war noch kein Eklat erfolgt. (Mendelssohns Brief an Hennings, d.d. 13. Juli, das. S. 524): »Ich danke Ihnen ... für Ihr ... Anerbieten, mich für bürgerliche Verfolgungen zu schützen. Noch ist es so weit nicht ... wie wohl den ruhig scheinenden Gewitterwolken nicht sonderlich zu trauen.« Wie aus demselben Brief hervorgeht, verfuhr Mendelssohn mit kluger Taktik; er verlangte, daß der König von Dänemark auf den Pentateuch subskribiere. »Könnte es ... dahin gebracht werden, daß im Namen seiner Maj. des Königs oder einiger Großen des Reiches auf das Werk gezeichnet würde, so wäre dieses ein Wink für den Rabbiner zu Altona, in der Folge regelmäßiger zu verfahren.« [559] Freilich, wenn der König als Subskribent darauf zeichnete, so durfte Raphael Kohen das Werk nicht mit dem Bann belegen.

Ehe noch der Wille des dänischen Königs kund geworden war, hatte R. Kohen den Bann ausgesprochen. Ein Artikel im Hamburger Korrespondenten (Nr. 114, d.d. 17. Juli 1779, den ich der Gefälligkeit des Herrn Dr. Jolowicz verdanke) lautet: »Altona. Der hiesige Ober-Landes-Rabbiner hat alle diejenigen Juden in den Bann getan, welche die Übersetzung der Bücher Moses, die H. Moses Mendelssohn in Berlin zum Verfasser hat, lesen werden«. Es scheint, daß R. Kohen in Kopenhagen bei Hofe Schritte getan hatte, sein Verfahren zu rechtfertigen, die Berliner Aufklärung als Grund angebend. Darauf läßt die Antwort schließen, welche der Minister Guldberg an v. Hennings, d.d. 19. Juli 1779, richtete (bei Kayserling das. S. 293): »Sa Majesté le Roi et Msgr. Son Frère veulent bien souscrire pour la traduction de M. Mendelssohn si Vous êtes bien sûr, qu'il n'y a rien contre la majesté et la vérité de la S. Ecriture. S. Altesse Royale m'a ordonné tout exprès de Vous en assurer, pour éviter les inconséquences, en cas que les Juifs d'Altona viennent après démontrer que notre Philosophe tient à la réligion de Berlin. Je vous prie aussi en ami, d'y avoir égard, sachant, combien S. Alt. R. trouverait mauvais d'avoir favorisé l'impression d'un ouvrage scandaleux.« – Mendelssohn muß bereits Kunde von dem Bann in Altona gehabt haben, als er am 29. Juli an v. Hennings eine Antwort auf des Ministers Brief erließ, (das. S. 525, Nr. 32) und sich über ouvrage scandaleux und réligion de Berlin aussprach; aber klug genug ging er über diese Tatsache stillschweigend hinweg und erlangte auch die Subskription des Königs und des Erbprinzen. An der Spitze der Subskribentenliste in der ersten Ausgabe des Pentateuchs befindet sich: Seine königl. Majestät Christian VII, König von Dänemark, und Seine königl. Hoheit der Erbprinz von Dänemark (vgl. auch bei Kayserling das. S. 525, Nr. 33). Es scheint, daß Mendelssohns Manöver gelungen ist. R. Kohen muß seine Verketzerung des Pentateuchs eingestellt haben; denn es verlautet in den Briefen nichts mehr davon. Aus Kopenhagen und Hamburg sind viele Abonnenten verzeichnet, aber kein einziger aus Altona.

Erst ein Jahr später erfolgt die Ächtung aus Prag, wie aus den oben angeführten Briefen an ם"לא hervorgeht (o. S. 557). Der Brief (Nr. 5) ist zwar ohne Datum, aber da ihn der Adressat Avigdor zwischen einen d.d. 12. Nissan 1780 und einen anderen d.d. 12. Siwan 1781 eingereiht hat, so scheint das Verbot in Prag im Sommer oder Herbst 1780 erlassen worden zu sein. Ein Bannspruch muß nicht erfolgt sein. Zwar was Avigdor zur Rechtfertigung Landaus (ד"מר תורגא, p. 10b) bemerkt: םטא (אדנל לאקזחי) קהבומה ןואגה תמאב םתומוערת דוקדק לע הכהו...םישחלמ לוקל עומשמ ונזא ללכ וספתל ןיאש יד אלש ורמאב...הפורתל םילעה לע םתונולתו תא אלמ י"נ אדנל לאומש ‘והמ...ברה ונב םג...ומע ןידהש אלא (אסעד השמ לש) ונימיל דמעו ולשמ ךפונ ףיסוהו זא וירבד, darf man nicht als Faktum ansehen.

Wenn man ihm glauben wollte, so hätte Ez. Landau anfangs gar Mendelssohns Pentateuch in Schutz genommen. Wie gesagt, diesem Mantelträger, wie er sich in den Briefen und Bemerkungen zeigt, darf man nicht [560] ohne weiteres nachsprechen. Später noch hat Landau ausgesprengt, Mendelssohn habe in betreff seiner Übersetzung Reue empfunden (Schreiben an Chanoch, Zitat oben S. 559 Anmerk.). Wessely schrieb dagegen, Landau sei gegen ihn ebenso feindlich aufgetreten, wie früher gegen Mendelssohn. Aber einen förmlichen Bann scheint er doch nicht gewagt zu haben. Er wird nur unter der Hand das Lesen in Mendelssohns Pentateuch verboten haben, ohne mit einem offiziellen Bannspruch dagegen aufgetreten zu sein3. Ein förmlicher Bann ist also nur in Fürth darüber verhängt worden.

Außer den drei genannten Rabbinen war noch Pinchas Hurwitz in Frankfurt a.M. gegen die Mendelssohnsche Übersetzung. Vgl. שדחה םילודגה םש von Ahron Walden (Warschau 1864 I, p. 65a): ילצא שי םגו ילבעט דוד ‘רה ןואגהל (ץיוורוה יולה סחנפ ‘הומ) בתכש בתכמ שטייד םע ך"נת דומלל אלש םיברב שרד רבכש אסילמ. Da P. Hurwitz zum Kreise der Neuchaßidäer gehört hat (vgl. weiter Note 2), so ist diese Antipathie nicht befremdend [vgl. jetzt Horovitz, Frankf. Rabb. IV, S. 24, 82 und besonders S. 51-59].

Im Sommer 1781 ließ der Mitarbeiter Salomon Dubno, der Verf. des Kommentars und anderer Beigaben zum Pentateuch, Mendelssohn im Stich, wie aus Mendelssohns Brief an Avigdor hervorgeht (Nr. 6): »י"נ אנבוד המלש 'והמ םע bin ich wirklich in Zwist geraten, דעו עדוי םיהלא לאו, daß ich nicht schuld bin«, d.d. 12. Siwan 1781. Dr. B. H. Auerbach teilt einen Brief von Dubno an Heidenheim mit, woraus hervorgeht, daß sein Lehrer, Naphtali Herz, ihn von Mendelssohn abgezogen hat (Geschichte der Israelitischen Gemeinde Halberstadt S. 67, Note 179). Dubno schrieb: »Ich habe meinem Jugendlehrer, Naphtali Herz von Dubno, zur Zeit, als dieser durch Berlin kam und mir mit den Worten Vorwürfe machte: היזחא םע ךרבחתהב ךישעמ תא ‘ה ץרפ, daß ich im Bunde mit denen arbeite, die, wie ihm die Rabbiner von Prag und Hamburg geschrieben, darauf ausgingen, unsere Thora aus der Wurzel zu reißen, das Versprechen gegeben, mit dieser Gesellschaft zu brechen und mich von Berlin zu entfernen ... Einige zur Ausführung des Werkes herangezogene Helfer ... standen so sehr in Verdacht, das Joch der Thora abgeworfen zu haben, daß es wahrlich geboten war, sich von ihnen zu entfernen.«


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1900], Band 11, S. 556-561.
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