II. Gegen Wessely.

[561] Die Gegner, welche gegen Wesselys erste Apologie für die Zivilisierung der Judenheit auftraten, sind noch weniger allgemein bekannt. Eine kurze Zusammenstellung ist hier noch mehr erforderlich. – In dem zweiten Sendschreiben und in den folgenden spricht Wessely von drei gegnerischen Rabbinen, die seine Apologie verketzert haben (םינוש םיבתכמ, S. 66): ןתואל [561] הביא ירבד ילע וכפשש ימע ינבר השלש; im dritten bezeichnet er diese drei als Rabbinen von Polen: םינבר השלש ןילופ ץראב ןידמ לע םיבשוי (das. S. 75). Einer von diesen dreien hat gegen ihn öffentlich gepredigt (das. S. 77), und das vierte Sendschreiben hat eben größtenteils zum Inhalt, diese polemische Predigt zu widerlegen. Wer waren Wesselys drei polnischrabbinische Gegner? Er hat in seinen Sendschreiben ihre Namen gewissenhaft verschwiegen. Zum Teil läßt sich das Unbekannte aus Wesselys Brief an die Triestiner Gemeinde ermitteln, welchen Reggio in Kerem Chemed I, S. 5-7 mitteilte. In demselben referiert Wessely, daß der Rabbiner von Prag, derselbe, welcher auch Mendelssohns Pentateuch verdammt hatte, seine Schrift angefeindet habe, sobald seine Apologie nach Prag gelangt war: אצי םשד ד"בא ברה... גארפל הז בתכמ עיגהב יכ שמוחה תקתעה דגנכ אצי ןכו... הדח ןושלב תסנכה תיבב ידגנכ ו"רנ השמ 'ר... ונבוהאמ. Hier ist also von Ezekiel Landau die Rede. Doch gehörte dieser nicht zu den drei Hauptgegnern, da diese eben als polnische bezeichnet werden. Wessely nennt doch einen derselben ausdrücklich, den Rabbinen von Lissa, daß er gegen ihn öffentlich gepredigt habe. ) םיברה .l( תמח עיגה רבכו אסילב ברהו .שאב ונבתכמ ופרשש לודג רועשל ל"נה (םינברה רתיו הפרש ןועט בתכמהש וריעבש כ"הבב לודגה תבשב שרד הזינג ןועט יתרבחש םירובחה (das.). Es ist derselbe David Tewele, dem gegenüber Pinchas Hurwitz sich gegen deutsche Bibelübersetzung ausgesprochen hat (o. S. 561). Die polemische Predigt, die Wessely stückweise in 41 Sendschreiben widerlegt, stammte demnach von David Tewele. [Vgl. Landshuth, םש ישנא תודלות, S. 85, der eine Abschrift der Predigt besaß. Sie ist jetzt mit dem handschriftlichen Nachlaß Landshuths Eigentum des Sanitätsrats Dr. Neumann in Berlin geworden.]

Der zweite Gegner war Solomo Dob Berusch, Rabbiner von Glogau. Friedländer bemerkt zur Einleitung zu einem Briefe Mendelssohns an ihn (ges. Schr. V, S. 493): »Der ... Brief war bestimmt ... um den alten Wessely gegen die Verfolgung des Ob.-Land.-Rabb. [Hirschel Levin] zu schützen, welcher besonders von den Rabbinern in Glogau und Lissa aufgereizt, willens war, dem Wessely das Drucken zu verbieten.« Aus Mendelssohns Schreiben an Friedländer geht hervor, daß die Rabbiner von Lissa und Glogau Frühjahr 1782 an Hirschel Levin zur Verketzerung Wesselys geschrieben hatten (das. S. 594). Dieser Salomo Berusch in Glogau war der Bruder des Naphtali Herz von Dubno, welcher Sal. Dubno von Mendelssohn abgezogen hat (o. S. 561) und ebenfalls ein Feind von Neuerungen und besonders von Bildungsschulen (vgl. über ihn Auerbach a.a.O. S. 67 und Walden a.a.O. I, Schin Nr. 25). Wie mir H. Dr. J. Klein, Rabbiner von Glogau mit Gefälligkeit brieflich mitteilte, starb Salomo Berusch 3. Tammus 1784. [Vgl. Grabschrift bei Landshuth a.a.O. S. 31, wo ד"כקת vermutlich verlesen ist für [ד"מקת. Glogau galt damals als eine polnische Gemeinde, daher konnte ihn Wessely »Rabbiner aus Polen« nennen.4[562] Der dritte Gegner war ohne Zweifel der Rabbiner von Posen, Joseph ben Pinchas, vom Volke Zaddik genannt (fungierte 1780-1801, Perles' Geschichte der Juden in Posen, S. 126). Joseph Zaddik war Schwiegersohn Ez. Landaus, und da dieser Wessely befehdete, so konnte es nicht fehlen, daß auch sein Schwiegersohn sich ihm angeschlossen hat. – Wie Mendelssohn schrieb (das. S. 602): »fuhren aus allen Gegenden Polens Bannstrahlen über W. zusammen, und es fehlte nicht viel, so waren auch seine deutschen Mitbrüder wider ihn in Harnisch«.

Was die chronologische Reihenfolge der Wesselyschen Sendschreiben betrifft, so ist dabei zu berichtigen, daß das zweite fälschlich das Datum בא ה"כ 'ב םוי ה"מקת trägt [in םינוש םיבתכמ, S. 69, trägt es am Ende das Datum Mittwoch, 10. Ijjar 1782.], da er im dritten (das. S. 77) selbst schreibt: ינשה שדוחל ירישעב יכ סופדה ןמ 'בה יבתכמ אצי ב"מקת תנש רייא שדוח אוה. Vom selben Monate und Jahr ist auch der Brief an die Triestiner Gemeinde datiert, worin er ihnen den Verlauf seiner Anfechtungen erzählt und sie um Verzeihung bittet, daß er sich erlaubt habe, eine fingierte Antwort auf ein von ihr angeblich erhaltenes Schreiben an sie zu richten (Kerem Chemed I, p. 7: םכיניעב ערי לא ןכלו לע הבושת אוה וליאכ הזה בתכמה ונכרעש... טסעירט יניצק המ לכב םכילא ונינפו .המרה םכדימ ונלבקש רקיה בתכמה וב ונרבדש). Das zweite Sendschreiben stammt also vom Frühjahr 1782 und ist an die Triestiner Gemeinde gerichtet. Das dritte ist erst Frühjahr 1784 vollendet, eine Zusammenstellung der anerkennenden Schreiben, die ihm aus Italien zugekommen waren, und das vierte ist datiert Frühjahr 1785.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1900], Band 11, S. 561-563.
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561 | 562 | 563
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