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Die Atlantis des Plato

[274] Wir haben an der Sage vom goldenen Zeitalter gesehen, daß das utopische Element in der sozialistischen Gedankenwelt schon frühzeitig das Bedürfnis geweckt hat, die gesellschaftlichen Ideale der Zeit im dichterischen Bilde zu verkörpern.1 Kein Wunder, daß auch die soziale Philosophie – ähnlich wie ja schon die Komödie – über den durch die volkstümliche Sage gegebenen Rahmen überhaupt hinausging und das Ideal auf einen ganz neuen Boden stellte, auf dem die Phantasie des einzelnen völlig frei walten konnte. Und zwar ist es wiederum Plato, der hier vorangeht.

Plato auf diesem Wege zu begegnen, kann uns nicht wundernehmen. Er selbst ist ja ein Künstler, ein Dichter unter den Denkern. Als solcher übrigens keine vereinzelte Erscheinung in einer Epoche des spekulativen Denkens, in der überhaupt Spekulation und Dichtung noch fortwährend ineinander lief. So groß sein Verstand auch war, er blieb doch sehr oft hinter seiner rastlos kombinierenden Einbildungskraft zurück. Die systematische Untersuchung und theoretische Konstruktion[274] konnte dem Drange nach möglichst lebensvoller Ausgestaltung einer überreichen Gedankenwelt nicht genügen; Platos Geist bedurfte noch einer anderen Form; und das war eben die Dichtung. Wo die Dialektik versagt, greift er zur poetisch symbolischen Sprache des Mythus, zum Gleichnis, um eine völlige Veranschaulichung der vorgetragenen Wahrheiten zu erreichen. Aber auch dann, wenn er sich auf dem Wege der Abstraktion zu voller Klarheit durchgerungen, konnte der Drang, das begrifflich Deutliche nun auch noch im künstlerischen Bilde anzuschauen, übermächtig in ihm werden. Die Glut reformatorischer Begeisterung, die seinen Geist weit über die verderbte Wirklichkeit hinaushob, erweckte naturgemäß immer wieder die Sehnsucht, »aus vergeblichem Wunsch und hoffnungsvollen Träumen wenigstens bis zu jenem poetischen Schein einer Wirklichkeit sich zu erheben, welcher die Dichtung von der abstrakten Vorstellung des Denkers unterscheidet«.2 Selbst da, wo er nicht die Form der Erzählung wählt, bei der Darstellung seines »Staates«, spricht Plato von einem »dichterischen Phantasiegebilde«;3 die Schriften des Gesetzgebers seines zweitbesten Staates, für die er ja in den eigenen das Vorbild gibt, sind »nicht ohne einen Anhauch göttlicher Begeisterung« geschaffen.4 Das Idealbild eines Staates, das sie vor Augen stellen, wird mit der Dichtung eines Dramas verglichen.5 Dazu kommt die Kraft der Propaganda, die der Sozialismus von jeher in der Poesie gefunden hat. Wie der moderne, so hat auch schon der antike Sozialismus das Lied, die dramatische wie die erzählende Dichtung, in seinen Dienst gestellt. Die größte Rolle spielt in der platonischen Erziehung die Liederpoesie, die die gewünschte Gesinnung den Gemütern schon von Kindheit auf einprägt,6 und die Legende oder der Mythus, der die Lehre plastisch veranschaulicht und ihre Wirkung durch die Autorität der Tradition verstärkt,7 wozu dann noch – wenigstens im zweitbesten Staat – das Drama kommt, das das ganze menschliche[275] Leben durchaus im Sinne dieses Sozialismus darzustellen hat.8 Es gilt eben, wie Plato selbst einmal sagt, »alle Töne anzuschlagen«, um die Herzen und Geister zu gewinnen.9

So hatte Plato kaum das gewaltige Gebäude des »besten Staates« aufgeführt, als auch schon das Bedürfnis in ihm erwachte, das Ideal noch in einer anderen Gestalt vor Augen zu führen: er will es in dichterischer Verkörperung gleichsam lebendig vor sich sehen.10 Im Timäos, dem ersten Stück der philosophischen Trilogie, welche eine Ergänzung und Weiterführung der im Staate entwickelten Ideen und zugleich dichterische Darstellung bringen sollte, hat er sich selbst darüber geäußert. Es sei ihm gegangen wie jemandem, der irgendwo schöne Tiere vom Maler dargestellt oder lebend, aber im Zustande der Ruhe gesehen, und der sie nun auch in der Bewegung und in den ihrer Art angemessenen Kämpfen zu beobachten wünscht. So habe auch er das Bedürfnis nach einer Erzählung empfunden, welche veranschaulicht, wie die im Gespräche vom Staat im Zustand der Ruhe geschilderte Musterstadt – in das wirkliche Leben hineingestellt – die Vorzüge ihrer Institutionen bewähren würde,11 wie sie im Wettstreit und im Kriege mit anderen Staaten ihre geistige und materielle Überlegenheit zur Geltung bringen würde.12 Kurz eine Darstellung, in der sich die Lebenskraft des Ideals erproben und so – wie wir hinzufügen dürfen – die im Staate ausgesprochene Überzeugung bestätigen soll, daß dieses Ideal doch keineswegs bloß ein schöner Traum gewesen, an dessen Verwirklichung nicht zu denken sei.13

Natürlich muß es – ganz wie Bellamys »Rückblick« – eine »wahre«[276] Geschichte sein, wenn auch eine gar »wundersame«.14 Es ist Platos eigener Oheim, der bekannte Staatsmann und Publizist Kritias, dem sie in den Mund gelegt wird;15 und der versichert uns, daß er diese »wahre Geschichte« durch Vermittlung seines gleichnamigen Großvaters von keinem Geringeren als dem großen Solon überkommen habe, dem Verwandten jenes älteren Kritias. Solon aber habe sie auf seiner ägyptischen Reise von einem greisen Priester in Sais erfahren, dessen Bewohner sich als Verwandte der Athener betrachteten und unter dem Namen Neith dieselbe Göttin verehrten wie Athen in seiner Athena.16 Hier in Ägypten, einem Lande, das von den zahlreichen Erdkatastrophen verschont geblieben sei, die anderswo die Völker immer wieder fast vernichtet und in die rohesten Anfänge der Kultur zurückgeworfen hätten, wären eben in den Tempeln uralte Überlieferungen erhalten, aus einer Zeit, von der bei den Griechen jede Kunde verklungen. Und aus diesen uralten Tempelüberlieferungen sei der Bericht entnommen, den der priesterliche Greis dem athenischen Gesetzgeber erstattete.

Was den Inhalt der Erzählung betrifft, so werden wir in eine Zeit zurückversetzt – angeblich 9000 Jahre vor dem Erzähler –,17 in der die Götter, nachdem sie die Welt unter sich verteilt und bevölkert hatten, die junge Menschheit noch selbst in ihrem Sinne erzogen und leiteten. Dem durch Liebe zur Weisheit und Kunst enge verbundenen Geschwisterpaar Athene und Hephästos war als gemeinschaftliches Los das Land zugefallen, das für die Entwicklung einer verständigen und tapferen Bevölkerung besonders geeignet erschien: Attika. Da die großen Flutkatastrophen und sonstige Zerstörungen der Elemente ihr Werk noch nicht begonnen hatten, so war es damals noch ein »unversehrtes« Land. Die Berge waren noch nicht, wie jetzt, von der fetten Humusschicht entblößt, sondern überall mit herrlichem Wald bedeckt. Daher war auch die Bewässerung des Landes noch eine überaus reichliche und der Boden ein außerordentlich ergiebiger. Hier war die Grundbedingung eines gesunden Gemeinwesens: die Möglichkeit, neben der wirtschaftenden Bevölkerung eine zahlreiche, ausschließlich der Wehrhaftigkeit und[277] den höheren Interessen lebende Klasse18 zu erhalten, in vollstem Maße gegeben, während anderseits das herrliche Klima, die »schöne Mischung« der Jahreszeiten, wie dazu geschaffen war, die edelsten Blüten des Geistes zur Reife zu bringen.19

So erwuchs hier ein Geschlecht von Menschen, schön und herrlich, das nirgends in der Welt seinesgleichen gehabt hat: ausgezeichnet durch Sittenreinheit und durch hohe schöpferische Kraft auf dem Gebiete staatlichen Lebens, auf das durch die Götter selbst sein Sinn vornehmlich gelenkt ward.20 Der gottverliehenen Weisheit seiner ersten Gesetzgeber verdankte es staatliche und gesellschaftliche Ordnungen von einer Vollkommenheit, die an den »besten Staat« erinnert.21

Auch hier in Urathen erhob sich über die Masse der Ackerbau und Gewerbe treibenden Bevölkerung eine Gesellschaftsklasse, die genau so organisiert war wie die Hüterklasse im besten Staat. Dieser Kriegerstand, wie er nach dem Berufe der Mehrzahl seiner Mitglieder genannt wird, wohnte geschlossen zusammen auf dem – die spätere Akropolis von Athen in sich bergenden – Hochplateau, das damals, als die wilde Erdbeben – und Flutnacht seinen Felsenkern noch nicht in eine Gruppe einzelner Hügel zerrissen hatte, als ein nahezu ebener Landrücken von der späteren Pnyx bis zum Lykabettos reichte.22 Eine Ringmauer umgab den weiten Raum, in dem – rings um das Zentralheiligtum des Landes, den Tempel der Athene und des Hephästos – die Häuser sämtlicher Krieger lagen. Bauten und Einrichtung der Wohnungen waren würdig, von stolzem Prunk ebenso ferne wie von verletzender Dürftigkeit. Nur Gold und Silber sah man nirgends, da hier sein Gebrauch durchaus verpönt war. Derselbe Raum umschloß auch noch Gärten und die gemeinsamen Übungs- und Speisehäuser. Denn das Leben der Burgbewohner war durchaus ein gemeinsames. Selbst das weibliche Geschlecht nahm teil an der gemeinschaftlichen Erziehung, ja sogar am kriegerischen Beruf des Mannes. Zeuge dessen noch heutigen Tages das Standbild der in voller Rüstung dargestellten Burggöttin: eine Gestalt, die das Götterbild[278] zum erstenmal eben in jener Zeit empfing, welche die Gleichheit von Mann und Weib selbst auf dem Gebiete der Wehrverfassung durchfführte.23 Natürlich kannten die Mitglieder dieser eng verbundenen Genossenschaft auch das Institut des Privateigentums nicht. In vollkommener Gütergemeinschaft lebten sie zufrieden mit dem, was ihnen das arbeitende Volk zum Unterhalt angewiesen.

Das ist übrigens alles, was über den ersten Stand mitgeteilt wird. Noch kürzer faßt sich der Bericht über die anderen Gesellschaftsklassen. Man hört nur, daß die Niederlassungen der Handwerker und Gewerbetreibenden an den Abhängen der Landesburg lagen, sowie die Wohnungen derjenigen Landwirte, die ihre Äcker in der Nähe hatten, und daß das Prinzip der Arbeitsteilung auch hier strenge durchgeführt war.24 Der Bauer war hier nur Bauer und nichts anderes.25 Übrigens waren auch die Mitglieder dieses Standes durch körperliche Wohlgestalt und »Liebe zum Schönen« ausgezeichnet,26 ganz so, wie es im besten Staate der Fall gewesen sein muß, da – wie der Erzähler ausdrücklich hervorhebt – die Bürger Urathens denen des besten Staates in jeder Hinsicht glichen.27 Urathen erfreute sich daher auch jener inneren Harmonie der verschiedenen Gesellschaftsklassen,28 welche für die Kraftbetätigung des Staates nach außen von so hohem Werte ist.

[279] Diese staatliche Machtäußerung zu schildern, zu zeigen, welch eine Fülle von idealen und materiellen Kräften ein solcher Staat im Ringen um die Existenz zu entwickeln vermag, ist die eigentliche Aufgabe der Erzählung. Sie stellt dem idealen Athen einen Staat gegenüber, der auf den ersten Blick im Besitze einer vernichtenden Übermacht erscheint. Von der gewaltigen – jenseits der Säulen des Herakles gelegenen – Insel Atlantis aus, die an Umfang Libyen und Asien übertraf, aber jetzt gänzlich ins Meer versunken ist, herrschte die feindliche Macht weithin über die Inseln des Atlantischen Ozeans und diesseits der Säulen des Herakles in Libyen bis an die Grenzen Ägyptens, in Europa bis Tyrrhenien, während Athen nur über die verbündeten Streitkräfte des kleinen Hellas verfügte und zuletzt, als im Laufe des Kampfes auch diese versagten, völlig auf sich selbst gestellt war.

Aber schon dieser monströse – die nach platonischer Anschauung für einen gesunden Staat zulässige Größe29 unendlich überragende – Umfang des Reiches Atlantis läßt uns ahnen, daß es im Grunde ein Koloß auf tönernen Füßen ist, der hier in Aktion tritt. Überhaupt ist die Atlantis recht eigentlich als Gegenstück zu dem »gesunden Staat« gedacht.30 Der Boden des Landes brachte in üppiger Fülle nicht nur hervor, was des Lebens Notdurft erheischt, sondern auch kostbare Metalle, alle Arten von Spezereien, von köstlichen Früchten und Weinen, von Wild und was sich der verwöhnteste Gaumen an Reizmitteln nur wünschen mag.31 Und dazu kam noch all das, was aus den untertänigen Ländern an Gütern hereinströmte! Hier war auf die Dauer keine Stätte für jene genügsame Einfachheit und sinnvolle Selbstbeschränkung, welche die Völker gesund erhält.32 Und wie der Verbrauch in hohem Maße Luxuskonsum war, so nahm auch das Schaffen der Menschen naturgemäß immer mehr den Charakter der Luxusproduktion an.33 Statt[280] der schlichten Würde, die an den Bauten Altathens so wohltuend berührte, überall gleißender Prunk, der sich im verschwenderischen Verbrauch des kostbarsten Materiales nicht genug tun konnte, und eine barbarische Vorliebe für das Extravagante und Kolossale. So war das Zentralheiligtum des Landes, der gewaltige Poseidontempel, außen ganz mit Silber überdeckt, die Zinnen mit purem Golde! Im Inneren war die Decke von Elfenbein, mit Verzierungen von Gold und Messing, Wände, Säulen, Fußboden mit Messing überzogen. Dazu überall goldene Standbilder, darunter die Kolossalstatue des Gottes auf dem mit sechs Flügelrossen bespannten Wagen, mit dem Haupt bis an den Giebel reichend, um ihn auf Delphinen hundert Nereiden usw. In ähnlichem Glänze erstrahlte die Königsburg, in deren Verschönerung ein Herrscher den anderen zu überbieten suchte, indem jeder zu dem »ohnehin wohl Ausgeschmückten« immer noch weiteren Schmuck hinzufügte; – recht im Gegensatz zu den Bewohnern der alten Burg von Athen, die ihre Häuser »stets in demselben Zustand ihnen Gleichgesinnten hinterließen«. Erscheint doch das Herrschergeschlecht der Atlantiden zugleich im Besitze fabelhaften Reichtums, während dort die Repräsentanten des »wahren« Reichtums herrschten, nicht des Goldes, sondern der idealen Güter des Lebens.34 Dazu kamen wahre Wunderwerke einer hochentwickelten Technik, großartige Kanal- und Brückenbauten, gewaltige Befestigungsanlagen, Schiffswerften und Häfen, kurz all das, was Plato einmal im Verhältnis zu jenen Gütern als »Tand«35 bezeichnet hat. Während endlich nach derselben Auffassung der gesunde Staat naturgemäß Agrarstaat ist und Gewerbe und Handel, besonders den Seehandel, möglichst zu beschränken sucht, waren hier die Häfen mit Schiffen aus aller Herren Länder überfüllt, wimmelte es von fremden Händlern und Seeleuten, deren Lärm und Getümmel selbst die Nacht zum Tage machte. Alles war auf Handel und Industrie angelegt, auf eine möglichst glänzende Entfaltung der materiellen Kultur und behaglichen Genuß des Lebens. War doch das Land bei der Teilung der Erde dem Poseidon zugefallen, dem Urheber der Schiffahrt und Rossezucht, während über Athen die Götter walten, in denen sich die Ideale der Weisheit und der bildenden Kunst verkörpern.

Man sieht: so recht das Milieu, in dem sich mit innerer Notwendigkeit[281] das entwickeln mußte, was Plato den »Staat im Fieberzustand« nennt.36 Zwar hatte sich das Volk der Atlantiden in sittlicher und sozialer Hinsicht ursprünglich gesunder Zustände erfreut. Mehr als aller materieller Besitz und Genuß hatte ihnen die Tugend gegolten und der soziale Friede, der Geist der Gerechtigkeit und die alle Volksgenossen umschlingende Bruderliebe,37 ohne welche, wie sie glaubten, selbst jene materiellen Güter nicht gedeihen können. Allein auch sie vermochten eben auf die Dauer Verhältnisse wie die geschilderten nicht zu ertragen. Der Reichtum gewann zuletzt auch hier die Obmacht über die Gemüter. Der Wertmaßstab verschiebt sich zu seinen Gunsten. Er wird das höchstbegehrte Gut, Reichtumsvermehrung das allbeherrschende Prinzip. Und mit der Pleonexie geht bald Hand in Hand die Begier nach Macht als der ergiebigsten Quelle von Gold und Genuß. Der Friede entflieht vor dem Geist der Gewaltsamkeit und Ungerechtigkeit, vor dem sich jetzt alles beugt. Eine Umkehr kann nur noch das göttliche Strafgericht bringen, auf welches die letzten Worte unseres Berichtes die Aussicht eröffnen.

Die Erzählung bricht nämlich an dieser Stelle plötzlich ab. Sie ist ein Torso geblieben, und der Kampf der Atlantiden mit den Athenern, in dem sich der innere Gärungsstoff und der Geist der Selbstsucht nach außen entlädt, kommt nicht mehr zur Darstellung. Wie in dem krankhaften, fiebernden Organismus des plutokratischen Staates unter dem kräftigen Gegendruck einer moralisch weit überlegenen Macht der »längst entzündete Unheilsbrand«38 zu hellen Flammen emporschlägt, wie auf der anderen Seite, im gesunden Sozialstaat, alle Glieder in einem Sinn und Geist zusammenwirken, alle Funktionen des staatlichen Organismus sich tadellos vollziehen und der Kampf um die Existenz siegreich bestanden wird – von alledem hören wir nichts.

Man wird wohl nicht irregehen, wenn man annimmt, daß derselbe Umschlag der Stimmung, der bei Plato den Glauben an die Durchführbarkeit seines Staatsideals zerstörte,39 auch die Vollendung der kühnen Dichtung verhindert hat, die ja recht eigentlich diesem Glauben ihre Entstehung verdankte. Schon im Getriebe des Tyrannenhofes mag die Stimmung zur Weiterführung des großangelegten Werkes verloren gegangen sein, und unter dem Druck der Resignation vollends, die in der Folgezeit dem sozialtheoretischen Denken Platos so vielfach eine andere[282] Richtung gab, war an die Wiederaufnahme der Dichtung nicht mehr zu denken. Nachdem der Vernunftstaat für die Menschheit, so wie sie nun einmal ist, ein unerreichbares Ideal geworden, hatte es für seinen Urheber keinen Zweck mehr, ihn, wenn auch nur im dichterischen Bilde, in den Kampf des Lebens hineinzustellen.


Quelle:
Robert von Pöhlmann: Geschichte der sozialen Frage und des Sozialismus in der antiken Welt, München 31925, Bd. 2, S. 274-283.
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