Feen

[186] Feen, bei den romanischen Völkern aus dem lateinischen Wort fatum entstanden, welches an die Stelle von parca, Parze getreten war. ital. fata, span. hada, prov. fada, franz. fée. Keltischer und germanischer Volksglaube, die deutschen Nornen, mögen sich mit diesen Schiksalsgöttinen vermischt haben. Schon Ausonius, 4. Jahrhundert, erwähnt neben tres Charites: tria fata, wie denn überhaupt die Dreizahl, daneben einigemal die Zahl sieben und dreizehn für sie charakteristisch[186] sind. Sie haben auch besondere Namen, besonders berühmt ist die fata Morgana, Morghe la fée. Sie erscheinen bei ländlichen Festen und belohnen fleissige Spinnerinnen. Ähnlich den deutschen Riesenjungfrauen tragen sie ungeheure Felsblöcke auf dem Haupte nnd in der Schürze, während sie mit freier Hand ihre Spindel drehen; als eine Fee, welche den Bau vollführte, zu Ende war, rief sie ihren Schwestern zu, mit dem Herantragen aufzuhören; diese, obgleich zwei Meilen weit entfernt, hörten den Ruf und liessen die Steine fallen, die sich tief in die Erde senkten; spannen aber die Feen nicht, so trugen sie vier Steine auf einmal. Sie waren gutmütig und nahmen sich besonders der Kinder an, deren Schicksal sie verkündigten. In die Häuser der Nachbarn stiegen sie durch den Rauchfang ein und aus; daherkam es, dass sich einst die unvorsichtigste unter ihnen verbrannte und ein lautes Klaggeschrei ausstiess, auf welches alle Feen der Gegend zusammenliefen. Täuschen liessen sie sich nicht; denn als ein Mann seiner Frauen Kleider anzog und des Amtes pflegte, strafte sie ihn dadurch, dass sie die auf dem Herd kochenden Äpfel in Birnen verwandelte. Grimm, Mythol. 382. Die altfranzösischen Epiker verflochten die Feen in die romantischen Abenteuer ihrer Helden, von wo sie auch als mhd. feie, feine, merfeie, wazzerfeie, aber nur[187] spärlich, in das deutsche höfische Kunstepos eingeführt worden; Gottfried von Strassburg sagt vom Blicker von Steinach (Tristan 4698):


ich waene, daz in feinen

ze wunder haben gespunnen

und haben in in ir brunnen

geliutert und gereinet,

er ist benamen gefeinet.


Aus Volksüberlieferungen und nicht, wie man früher meist annahm, aus arabischen Quellen, sind seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die französischen Contes de fées entstanden, deren erste und beste die des Carl Perrault (1633 bis 1703) ist, erschienen 1697; gleichzeitig sammelte solche Märchen die Gräfin Aulnoy, 1650–1705, sie erschienen 1698; von beiden Sammlungen giebt es zahlreiche Nachahmer. Schreiber, die Feen in Europa, Freiburg 1842, und Knightler, Mythologie der Feen und Elfen, deutsch von O.L.B. Wolff, Weimar 1828. 2 Bde.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 186-188.
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