Jahresbezeichnung

[446] Jahresbezeichnung nach Epochen und Ären im Mittelalter. Die ursprüngliche römische Jahresbezeichnung nach den beiden Konsuln ragt noch in die erste Zeit des deutschen Mittelalters hinein. Denn als das Konsulat im Jahre 541 mit dem Konsul Flavius Basilius junior aufhörte, bezeichnete man, von den Jahren seines Konsulats weiter zählend, eine Reihe von Jahren mit post consulatum Basilii. Von den oströmischen Kaisern, die sich seit 567 ebenfalls das Konsulat beigelegt hatten, ging der Gebrauch auf die deutschen Könige über, besonders auf die Karolinger; doch ist das hier bloss überflüssiger Schmuck, da die Konsulatsjahre stets mit den Kaiserjahren übereinstimmen.

Von den frühesten Chronisten des Mittelalters wurde auch nach Jahren der Stadt, ab Urbe condita, datiert, was spätere Schriftsteller von klassischer Bildung nachahmten.

Vorzüglich beliebt war im Mittelalter, namentlich in Urkunden, die Datierung nach den Regierungsjahren der Kaiser, Könige, Päpste, Erzbischöfe, Bischöfe etc. Die Regierungsjahre werden ursprünglich vom Tage der Krönung, später auch vom Tage der Wahl an gerechnet.[446]

Sonst rechnet das Mittelalter nach der christlichen Zeitrechnung, ab incarnatione Domini. Der Urheber dieser Zeitrechnung war der Abt Dionysius exiguus, gestorben zu Rom um 556, der sie in seiner mit dem Jahre 532 beginnenden Ostertafel zuerst zur Anwendung brachte. Bedas Ostertafeln, die Fortsetzung der dionysischen, erhöhten die Verbreitung der neuen Rechnung im Abendlande sehr, so dass sie im 8. Jahrhundert in kirchlichen Urkunden Frankreichs schon zahlreich vertreten war, während die Karolinger sich ihrer erst seit 840 in Urkunden bedienten. In päpstlichen Urkunden kommt die christliche Zeitrechnung erst unter Johannes XIII., 965 bis 972, vor. Die bei den Datierungen angewandten Formeln heissen: anno ab incarnatione Domini, anno ab nativitate Domini, anno Christi gratie, anno salutis, anno verbi incarnati, anno orbis redempti, oder in deutschen Urkunden: nach Christi Geburt, nach der Geburt Christi unseres Heilandes und Seligmachers, nach Gottes Geburt. Grotefend, Handb. d. Chronologie, § 10.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 446-447.
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