Chaos

[693] CHAOS, us, Gr. Χάος, εος, contr. ους, ( Tab. I.) war nach einigen der Anfang aller Dinge, und also auch selbst der [693] Götter; wie denn von selbigem Erebus und Nox, und von diesem wiederum andere gezeuget worden. Hesiod. Theog. v. 116. Andere hingegen wollen, daß solches Chaos erst selbst von der Dunkelheit gebohren worden, sodann aber wiederum mit der Dunkelheit die Nacht, den Tag, den Erebus und Aether gezeuget habe. Hygin. Præf. p. 1. Was aber dieses Chaos eigentlich gewesen, beschreibt der Poet mit folgenden:


Ante mare & tellus, &, quod tegit omnia, cœlum,

Vnus erat toto Naturæ vultus in orbe,

Quem dixere Chaos, rudis indigestaque moles,

Nec quidquam, nisi pondus iners, congestaque eodem,

Non bene junctarum discordia semina rerum.


Ovid. Metam. I. v. 1. Andere hingegen verstehen dadurch der Ebräer thohu vabohu, unermeßliches Leere, und leiten solchen Namen von χαίνω, hio, her, weil von einem leeren Gefäße hiare gesaget werde. Cleric. ad Hes. l. c. Noch andere verstehen darunter den Himmel, die Luft, die Weite der Luft, und deren Unermeßlichkeit überall, den ganzen großen Raum, Guietus ad eumd. l. c. daß also theils die Materie aller erschaffenen Dinge, theils aber nur der Raum darunter zu verstehen ist. Indessen wird es doch allerdings mit unter die Götter gerechnet. Voss. Theol. gent. lib. VIII. c. 3. Es haben auch die Phönicier sich aus der Ebräer Thohu und Bohu, wiederum ein Paar andere Götter, nämlich den Thoth und Bau, gedichtet, Sanchoniathon ap. Euseb. laud. Vossio l. c. daß also das Chaos schon bey ihnen der Ursprung der Götter mit gewesen, welches sie mit dem Geiste überhaupt zum Ursprunge aller Dinge gemacht haben. Id. ap. Huet. Demonstr. Evang. Propos. IV. c. 3. §. 2.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 693-694.
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