Fides

[1116] FIDES, ei, die Treue, eine Göttinn der Römer, welcher, nach einigen, dereits Aeneas ihren Tempel auf dem palatinischen Berge erbauet haben soll. Agathocles Cyzleen ap. Voss. Theol gent. l. VIII. c. 13. Andere schreiben solches mit mehrerm Grunde, erst dem Numa Pompilius zu: doch sagen sie dabey nicht, wo er errichtet worden. Dion. Halic. A. R. l. II. c. ult. So soll ihr auch Attilius Calatinus dergleichen auf dem Capitolio zu allernächst an dem Tempel des Jupiters erbauet haben. Cic. de N.D. l. II. c. 23. p. 1182. & Off. l. III. Einige aber halten dieß nur für eine Erneuerung des erst benannten: Voss. Theol. gent. l. c. jedoch sehen andere sie allerdings für zwey besondere Tempel an. Nardin. l. V. c. 15. p. 309. Ihre Priester mußten bey Verrichtung ihres Dienstes die Hände bis an die Finger eingewickelt haben, um damit zu bemerken, daß Treu und Glauben fest zu halten sey. Liv. l. c. Dabey durfte kein Opfervieh geschlachtet, oder einiges Blut vergossen werden, und die Priester mußten auch noch den Kopf mit einem weißen Tuche verbunden haben, entweder weil solche Tugend rein list, oder sich insonderheit bey alten weißköpfichten Leuten findet. Acron. ad Horat. l. I. Od. 35. v. 21. Cf. Alex. ab Alex. l. II. c. 22. Daher heißt sie denn bey den Dichtern cana. Virg Aen. I. 296. & Serv. ad il. Ihr Bildniß war eine ansehnliche Frauensperson mit einem Füllhorne. Struv. Synt. A. R. c. 1. p. 144. Cf. Chartar. Imag. 49. & Voss. Theol. gent. l. VIII. c. 37. Sonst wird sie vielfältig auf Münzen durch zwo in einander geschlungene Hände vorgestellet, wiewohl solches auch oftmals die Liebe und das Vertrauen andeuten soll. Beger. thes. Br. T. II. p. 723. Croyac. numis. tab. 57. Den Nutzen anzuzeigen, welcher aus der Treu und dem Glauben entsteht, ließ man zwischen diesen Händen auch wohl ein Paar Aehren und [1116] zwey Mohnhäupter oder nur bloß zwo Aehren mit einem aufgerichteten Mercuriusstabe hervor gehen, wie auf einigen Münzen des Vespasians, Agost. Dial. II. p. 18. und des Titus vorkömmt. Angeloni hist. aug. p. 81. n. 5. Croyac. l. c. tab. 28. Die Treue der Soldaten wird auch öfters durch eine Matrone abgebildet, die zwischen zweyen oder mehrern Kriegeszeichen steht oder sitzt, und mit jeder Hand eines anfasset; Beger. l. c. p. 791, 790 & aliis; welches zuweilen ebenfalls die Eintracht der Soldaten bezeichnen muß. Manchmal hält sie zwischen diesen Kriegeszeichen, wovon sie nur eines angefaßt, auf der andern Hand einen Vogel, der entweder einen Adler oder eine Taube oder eine Krähe vorstellen soll Agostino l. c. Croyac. tab. 55. n. 23. Nicht weniger wird die öffentliche Treue auf einigen Münzen wie ein seines Frauenzimmer mit einem Paar Kornähren in der linken und einem Korbe voller Früchte in der rechten Hand vorgestellet; und eben so kömmt sie auch auf einer Gemme vor. Gorlæi. dactyliot. P. I. n. 5. & Gronov. ad ill. p. 2. Auf einer andern hat sie drey Aehren in der Hand und einen brennenden Altar vor sich stehen. Maffei gem. ant. T. III. p. 143. Sonst war sie mit einem weißen Tuche umhüllet. Hor. l. I. Od. 25. v. 21.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1116-1117.
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