Geraldus, S. (2)

[391] 2S. Geraldus, Abb. (5. April, al. 13. Oct.) Dieser hl. Geraldus, auch Gerardus, Gerhardus, Giraldus und Giraudus genannt, war der erste Abt des Klosters Sauve Majeure (Silva, auch Salvia major) bei Bordeaux. Geboren um das J. 1030 zu Corbie, erhielt er in der berühmten Abtei dieser Stadt seine erste Erziehung. Hier bildete sich in ihm jene außerordentliche Seelenstärke, die um Gottes willen auf irdische Güter und Freuden vollkommenen Verzicht leistet und stets nach größerer und innigerer Vereinigung mit dem göttlichen Willen verlangt. In seiner Jugend litt der Heilige an sehr heftigem Kopfweh, das ihm vorzüglich deßhalb lästig fiel, weil es ihn nicht blos in den Studien, sondern auch im Gebete und in der Abtödtung hinderte. Die Aerzte, die er darüber zu Rathe gezogen hatte, wußten und fanden keine Hilfe. Er beschloß also in anhaltendem Gebete bei Gott Befreiung von diesem Uebel zu suchen. Er verpflegte zu Ehren der heil. Dreifaltigkeit drei arme Männer, wusch ihnen die Füße und diente ihnen bei der Mahlzeit, machte dann eine Wallfahrt nach Rom, wo er durch den Papst Leo IX. die Priesterweihe empfing, und wurde endlich durch die Fürbitte des hl. Adelardus (s. S. Adelardus1), dessen Leben er beschrieb, bei Gelegenheit seiner Uebertragung vollständig geheilt. Nun übte er sich nach dem Drange seines Herzens in jeder Art den Demüthigungen; Tag und Nacht oblag er dem Gedete, und führte ein mehr himmlisches als irdisches Leben. Gott begnadigte seinen Diener auch mit Visionen. Einst sah er in der Klosterkirche Christum in Mitte der heil. Engel das Opfer der Weltversöhnung darbringen, nach dessen Beendigung aber vom Kreuze herabsteigen, sich ihm nähern und mit den Worten: »Sei stark, mein Sohn!« die Wangen streicheln. Eine Wallfahrt ins heil. Land gab seinem Streben neue Nahrung. Nach der Zurückkunft ward er zum Abt des Klosters St. Vincenz in Laon bestimmt, konnte aber daselbst mit seiner strengern Disciplin nicht durchdringen. Corbie selbst sagte ihm nicht mehr zu. Von ihm sind einige Zeilen auf uns gekommen, die uns bestätigen, daß er daselbst die innere Ruhe, die er suchte, nicht habe finden können. Er war nämlich vom Abte zum Sacristan und später zum Cellerarius (wie man damals den Klosterschaffner, welcher die Verwaltung der Güter zu besorgen hatte, nannte) bestellt worden. Er ging also, mit Erlaubniß des Abtes, in die Einöde, ohne selbst zu wissen, wohin. Hier nahm sich Herzog Wilhelm VII. (nicht Guido) von Aquitanien um ihn an, indem er ihn zum ersten Vorstand des Klosters Sauve-Majeure, welches er gegründet, ernannte. Da wurde er seit dem J. 1077 oder 1079 ein eifriger Bußprediger und Beichtiger für die ganze Gegend. Von seiner großen Frömmigkeit und Milde zeugt die Bestimmung, die er für die abgestorbenen Mitglieder seines Klosters getroffen hat. Er wollte nämlich, daß alle Brüder 30 Tage lang das Todten-Officium und die Messe für sie lesen, und zwar an den ersten sieben Tagen feierlich, mit ebenso vielen stillen Messen als Priester sich im Kloster befinden, und daß überdem ein ganzes Jahr hindurch Wein und Brod für den Verstorbenen aufgesetzt und den Armen ausgetheilt werden solle. Diese Anordnung ist anfänglich zuerst auf andere Klöster und später sogar auf gewöhnliche Pfarrkirchen übergegangen. Der »Aufsatz« wurde auf die Bahre (das Grab oder die Tumba) gestellt, später aber nicht mehr den Armen, sondern dem Meßner zugetheilt. Der hl. Geraldus wurde von Gott auch mit der Gabe der Wunder schon bei Lebzeiten, noch mehr aber nach dem Tode begnadigt. Er starb, nachdem er nicht weit von seinem Kloster ein anderes für Frauen errichtet hatte, am 5. April 1095 (nicht 1050, wie bei Bucelin steht). Von Papst Cölestin III. wurde er im J. 1197 kanonisirt (nach Lechner geschah dieses durch Papst Cölestin V. im J. 1291). Doch findet sich sein Name nicht im Mart. Rom. Bei Butler (I. 74) heißt er Gerhard. Am 13. Oct. fällt das Fest seiner Uebertragung. (I. 409–433.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 391.
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