Grata, S. (4)

[475] 4S. Grata, (4. Sept.), die Tochter des hl. Lupus und der hl. Adleida, lebte nach den Bollandisten im 8. Jahrhundert. Dieser Lupus, Fürst von Bergamo (Bergomum) in Italien, wurde zu Ende des 8. Jahrhunderts von Kaiser Karl dem Großen überwunden und nahm die katholische Religion an. Die hl. Grata aber wurde als Jungfrau einem deutschen Fürsten angetraut, wenigstens ihm verlobt. Da man aber nicht weiß, ob auch die Verehelichung stattfand, so wird sie von Einigen als Jungfrau bezeichnet. Geschah die Verbindung wirklich, so muß jedenfalls der Mann früh gestorben seyn. Von da an ergab sie sich ganz nur frommen Werken und führte eine Art einsiedlerisches Leben. Ihr Vermögen aber gab sie hin, um Kirchen zu erneuern oder zu erbauen. Nach dem Tode ihrer Eltern Erbin eines ansehnlichen Besitzes, verwendete sie diesen ganz und gar zufrommen Zwecken. Sie erbaute dem hl. Alexander drei Kirchen, oder ließ sie wenigstens erneuern; sie gründete ein Pilgerhaus (xenodochium), in welches sie sich zuletzt selbst begab, um ruhiger leben zu können. Sie war die Mutter der Nothleidenden und Armen und ward ihre Dienerin, wie ihr Lebensbeschreiber Pinamons berichtet. In der Fülle guter Werke ging sie endlich in demselben Pilgerhause zum Herrn ein. Das geschah Alles, wie es scheint, unter dem bergomesischen Bischof Aginus, welcher, nach Ughellus' Zeugnisse, im J. 758 erwählt, seine Kirche 52 Jahre leitete und im J. 810 starb. Ihre Reliquien ruhten im genannten Pilgerhause, das sie gebaut hatte, bis sie im J. 1027 transferirt wurden. Sie kamen dann aus der Hospitalkirche, die sie gleichfalls gegründet hatte, in das Benedictinerkloster der älteren hl. Maria (S. Maria vetus), die man von da an die Kirche »S. Grata de Columnellis« nannte, indem man sie ihr widmete. Das Fest dieser Translation begeht man in Bergamo jährlich an dem ersten freien Tage nach dem 1. Mai mit dem Officium semid. de Comm. Virg. Zum Andenken desselben pflegte am Palmtage der Bischof nach der feierlichen Palmenweihe von der Kirche des hl. Alexander zur Kathedrale des hl. Vincentius und von da weg in Procession zur Kirche der hl. Grata zu gehen und dort den knieenden Nonnen den Oelzweig zu reichen, womit nach dem ertheilten Segen der Bittgang beschlossen wurde. Eine zweite Translation fand in Folge Baufälligkeit der St. Gratakirche statt, und es wurde im J. 1569 der Sarg mit dem Behältniß in das innere Kirchlein (ecclesiola) der ältern hl. Maria (S. Maria vetus) übertragen und dort aufbewahrt bis zum J. 1615. Als man dort diese heil. Reste gegen Verwesung nicht genug sicher glaubte, indem man eine große Feuchtigkeit um den Schrank bemerkte, wurden sie besichtigt, möglichst gereinigt und in [475] dem früheren Verschlusse hinter dem Altare des Kirchleins geborgen. Hier blieben sie bis zum J. 1627, wo dann eine vierte Uebertragung in die inzwischen neu aufgebaute St. Gratakirche vorgenommen wurde. Vgl. S. Grata1. 3. (II. 231–241.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 475-476.
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