Josephus Calasanctius (20)

[458] 20Josephus Calasanctius, (27. Aug.), auch Josephus a Matre Dei genannt, der Stifter des Piaristen-Ordens, wurde am 11. Sept. 1556 geboren in dem zum span. Königreiche Arragonien gehörigen Städtchen Petralta de la Sal, wo sein Vater, Don Pedro von Calasanz, Statthalter war. Seine Mutter hieß Donna Maria von Gaston. Der unweit Petralta gelegene Stammsitz seines Hauses, Calasanz (Calasanza), ist ein Flecken mit einem festen Bergschloß, welches Fortun, der tapfere Feldherr des Königs Peter I. von Aragonien, am 25. Aug. 1098 den Saracenen abgenommen und dann von seinem Könige als Belohnung zum Geschenke erhalten hatte. Dieser Fortun war nun der Gründer des Geschlechtes, von welchem unser hl. Joseph abstammte. Seine Eltern, namentlich die Mutter, erzogen ihn zu aller Tugend und Gottesfurcht. Er und sein Bruder Philipp zeigten wirklich schon früh kindliche Frömmigkeit, große Liebe zum Gebete und Milde gegen die Armen. Bis in sein 15. Jahr blieb Joseph in Estadilla, einem nahe bei seinem Geburtsorte gelegenen Städtchen der Provinz Huesca, wo er einen sehr gediegenen Lehrer hatte, nämlich den Antonius77 Nebrissensis144 aus dem Orden des hl. Franciscus. Der Vater wollte ihn nun der militärischen Laufbahn zuführen; allein Joseph bat sich das friedlichere Studium der Rechte aus und bezog zu diesem Zwecke die Universität zu Lerida, wo er unverderbt blieb von bösen Beispielen so mancher dortiger Studierender, Gute an sich zog und den Spott der Schlechten mit Würde zu ertragen wußte. Ja er wußte bei Einführung einer strengeren Disciplin die darüber Aufgebrachten zur Besonnenheit und zur Unterwerfung unter die Forderungen des Lehrkörpers zu bringen. Mit dem Doctorate geschmückt, verließ er die Universität, aber mit sehr verminderter Neigung für den Beruf der Rechtspflege. Vielmehr fand er sich zum priesterlichen Dienste des Herrn, als seinem Ziele, hingetrieben. Als der Vater nach langem Zaudern auf die dringensten Bitten der Mutter dem Sohne in dieser Beziehung nachgegeben, empfing Joseph zu seiner hohen Freude am 11. April 1575145 die niedern Weihen durch den Bischof von Urgel, welcher bei Butler (XI. 594) Don Juan Dismas von Loris heißt. Dann begab er sich nach Valencia zum Studium der Theologie. Da aber dort eine junge schöne Wittwe durch ihre Neigung und das Verlangen ihn zu ehelichen dem frommen Jünglinge lästig fiel, wendete er sich nach Alcala, wo er sehr abgetödtet lebte. Da war ein neuer Kampf für Joseph rege geworden. Die Mutter war gestorben, sein Bruder Philipp in der Schlacht gefallen; da beschwor ihn der Vater, den berühmten Stamm nicht untergehen zu lassen. Aber Joseph konnte seiner edlern Bestimmung, im Reiche der unsterblichen Seelen für den Himmel [458] zu zeugen und zu pflanzen, dem Verlangen des noch so inständig flehenden Vaters gegenüber, nicht untreu werden. Sein zartes Herz litt in der heftigen Spannung, in die ihn der Kampf nach doppelter Seite versetzte, und der gute Sohn Joseph erkrankte aufs Bedenklichste. Da bat der bereits von den Aerzten Aufgegebene den weinend am Bette stehenden Vater, er möchte ihm nur seines Herzens Wunsch gestatten, und es war in den Worten das Vertrauen ausgedrückt, daß er dann genesen werde. Der Vater gewährte es endlich, und Joseph wurde wirklich wieder sichtbar besser und genas dann völlig. Von nun an hemmte der Vater die heilige Absicht des Sohnes nicht mehr; er beschenkte die Armen vor Freude über die Genesung Josephs und ging in seinen Gedanken ein. So empfing dann Joseph von dem Bischofe Ambrosius Moncada die Priesterweihe in Urgel am 17. Dec. 1583. Nun wollte er sich ganz dem beschaulichen Leben widmen. Allein der Bischof von Albarracin, Caspar von Figuera, machte ihm Vorstellungen, wie viele verlassene Seelen eines guten Hirten bedürftig wären, und gab ihm dann eine Anstellung auf diesem Felde. Als dann derselbe das größere Bisthum Lerida erhalten hatte, nahm er den Joseph dahin mit sich. Der nachfolgende Bischof von Lerida wollte ihn zu seinem Secretär machen; aber Joseph äußerte den Wunsch, seinem alten Vater die Augen zudrücken zu dürfen, was der Bischof auch gewährte. So blieb denn Joseph bis zum Tode seines Vaters und auch nachher noch einige Zeit im päterlichen Hause, namentlich liebreich für seine Schwestern sorgend, denen er sein eigenes Erbtheil zuwendete. Einige Zeit nach des Vaters Hinscheiden berief ihn der Bischof von Urgel, Don Andreas Capiglia, zu sich und übergab ihm zur Seelsorge den sogenannten Trempischen Bezirk (Tremp ist ein Flecken in Spanien bei Lerida), der nach Vogel (II. 517) an 72 Pfarreien und mehr als 300 Flecken in sich schloß. In kurzer Zeit hatte Joseph die Bewohner dieses Striches ganz umgewandelt. Auch jene Thäler der Pyrenäen, die heut zu Tage das Bisthum Solsona bilden, erhielten durch ihn neues christliches Leben. Der Bischof machte ihn jetzt auch zu seinem Generalvicar. Aber eine stille Sehnsucht trieb ihn nach Rom. Der gennante Bischof von Urgel gewährte ihm die Erlaubniß, und so schiffte sich Joseph im Frühjahr 1592 nach Italien ein. Sein erster Gang war zu den Gräbern der heil. Apostel, in deren Schutz er sich empfahl. In Rom führte er ein wirklich heiligmäßiges Leben. Seine Zeit theilte er zwischen Uebungen der Andacht, Selbstverläugnung und Nächstenliebe. Er besuchte die Armen, die Kranken, die Gefangenen, Trost und Hilfe ihnen spendend, so sehr er konnte. Am liebsten widmete er sich Unwissenden, die er mit Freude unterrichtete. Er betete während der Nacht eifrigst und besuchte gewöhnlich in nächtlichen Stunden die 7 Hauptkirchen in Rom. Vier Bruderschaften gehörte er als Mitglied an, und namentlich war er thätig in jener der christlichen Lehre. Als zu jener Zeit eine Pest in Rom ausgebrochen war, verband sich der Heilige mit dem hl. Camillus3, mit welchem er alle Sorgen theilte in Pflege der Kranken, im Beistande der Sterbenden, in Begrabung der Todten etc. Joseph trug auf seinen Schultern die Kranken in die Spitäler und die Todten zum Friedhofe. Eine von der in Rom gemachten Wahrnehmungen war es, die dem hl. Joseph gar so sehr zu Herzen ging, daß nämlich eine Menge Kinder ohne Unterricht blieben, eine Menge Waisen hilflos herumirrten. Er machte sich also viel mit dem Gedanken zu schaffen, wie er unentgeltlichen Unterricht gewähren könnte. Die Schullehrer Rom's wollten sich, als er sie mit einer solchen Bitte anging, dazu nicht verstehen. Er besprach sich nun mit dem Pfarrer Anton Brendani, in dessen Pfarrbezirk die meisten armen Kinder sich befanden. Dieser, ein sehr würdiger Priester, fand sich mit Freude bereit und gab sogleich 2 Zimmer für die Schule her. Auch Papst Clemens VIII. billigte das Beginnen des Heiligen und verhieß ihm seinen Schutz. So konnte denn der Heilige im Herbste des J. 1597 seine Schulen eröffnen. Außer unserm hl. Joseph selbst waren die Lehrer der eben genannte Pfarrer Anton Brendani und noch 2 Weltgeistliche. Die Kinder, deren sich täglich mehr einfanden, bekamen unentgeltlichen Unterricht im Lesen, Schreiben und Rechnen, sowie in den Anfangsgründen der lateinischen Grammatik und vor allem in der Religionslehre. Bücher, Schreibmaterialien, selbst auch manchmal Kleider, wurden ihnen geschenkt. Doch fand die Schule auch Anfechtung, und bald hatten die beiden Weltpriester sich ihr entzogen. Joseph und Anton aber bemühten sich nur um so eifriger und hatten [459] bald 2 andere tüchtige Priester für die verlassenen Lehrstellen gewonnen. Neben der Schule besorgte aber der Heilige noch ebenso väterlich stets das Wohl der Armen. So namentlich, als im J. 1598 die Tiber eine furchtbare Ueberschwemmung Rom's anrichtete. Mit Liebe hingen die Kinder an Joseph, welcher sich von ihnen nicht mehr trennen ließ; denn er schlug ein Canonicat, und dann auch ein Bisthum aus, als ihm der König von Spanien, Philipp III., diese Würden hatte anbieten lassen, und wollte ganz nur seinen Zöglingen zu Diensten leben. Schon Papst Clemens VIII. hatte im J. 1600 dem frommen Unternehmen seinen Schutz zugesagt; neue Gönner fand es dann in den Cardinälen Sylvius Antonianus und Cäsar Baronius, welche ihm ergiebige Spenden zufließen ließen. Ermuthigt durch den Segen und Beifall, welchen sein Werk auf sich zog, bemühte sich nun der Heilige ihm die Form eines eigentlichen Ordens zu geben. Unterdessen sah er 2 ausgezeichnete Priester ihm beitreten, den Doctor Ghellius Ghellini aus Vicenza und Caspar Dragonetti aus Lentini in Sicilien. Letzterer war ein ehrwürdiger Greis von 93 Jahren, welcher aber noch volle 10 Jahre bis zu seinem Tode, der ihn im 103. Lebensjahre traf, als Lehrer unermüdet wirkte. Besonders begünstigt wurde das fromme Werk von Papst Paul V., welcher der Schule in dem Cardinal Giustiniani einen eigenen Protector gab, so wie auch die St. Pantaleonskirche einräumte, die an die Schule stieß, in welcher Joseph um das J. 1606 mit 18 Gehilfen lehrte.146 Im J. 1612 zählte die Schule des Heiligen bereits 1200 Kinder. Nachdem unser Heilige eine kurze und nur theilweise Vereinigung mit der Congregation des sel. Johannes246 Leonardi auf den Rath des Cardinals eingegangen hatte, erhob dann Papst Paul V. im J. 1617 die Genossenschaft dieser Lehrpriester zu einer eigenen selbstständigen Congregation unter dem Namen: »Paulinische Genossenschaft der regulirten Kleriker unter dem Schutze der Mutter Gottes von den frommen Schulen (scholarum piarum)«, woher sie dann kurz den Namen der »Piaristen« erhielten. Zugleich erlaubte ihnen der Papst, die einfachen Gelübde abzulegen. Am 25. März 1617 wurde Joseph zum Obern der Congregation ernannt und mit 14 Mitgliedern von dem Cardinal Giustiniani feierlich eingekleidet. Neben den 3 Ordensgelübden hatten sie noch das vierte besondere des unentgeltlichen Unterrichts der armen Jugend. Am 22. April 1622 verlieh Papst Gregor XV. der verdienstvollen Congregation nun auch die Würde eines förmlichen geistlichen Ordens. Unser hl. Joseph aber bot als General überall das schönste Beispiel für seine Schaar. Manche harte Prüfungen, die jetzt den frommen Greis trafen, läuterten nur noch mehr seine Tugend. Derselbe hatte sich in die Nothwendigkeit ergeben müssen, bei dem vielfachen Verlangen um Schulbrüder auch Laienbrüder zu Lehrern anzunehmen; nun forderten diese mit Ungestüm die Priesterweihe. Da ihnen dieses nach den vorliegenden Umständen nicht zugestanden werden konnte, auch Güte beden Uebermüthigen keine Frucht wirkte, mußten sie endlich ausgestoßen werden. Aber noch schwerer wurde das Herz des Heiligen verwundet durch 2 ehrgeizige Priester seines Ordens, Stephan und Marius, welche demselben viele Trübsale bereiteten und durch ihre Ränke es endlich dahin brachten, daß dem Heiligen in einem Alter von 84 Jahren die Vorstandschaft über den Orden abgenommen, und Stephan anstatt seiner Ordens-General wurde. Unter diesem sank aber der früher so blühende Orden immer mehr, so daß ihm Papst Innocenz XI. am 16. März 1646 die früheren Privilegien nahm und ihn zu einer bloßen Versammlung ohne Gelübde nach Art jener des hl. Philippus Nerius herabsetzte etc., wie Papst Benedict XIV. in seinem Werke De Canonix. (l. 3. c. 30. nr. 17. 18) näher ausführt. Doch auch diese bitteren Stunden, welche ihm nach den Boll. (Oct. VII. 764. nr. 17) die hl. Theresia vorausgesagt hatte, ertrug unser Heiliger mit christlichem Heldenmuthe, und er hatte noch den Trost, daß der mit dem Aussatze befallene Stephan versöhnt starb, während der Priester Marius, welchen eben diese Krankheit heimgesucht hatte, unversöhnt aus der Welt gegangen war. Ueberhaupt hatte der hl. Joseph eine große Verehrung für die hl. Theresia und las gerne ihre Schriften. Vor Allem aber hatte er eine kindliche Verehrung gegen die seligste Jungfrau Maria, weßwegen [460] er auch den Namen »Joseph von der Mutter Gottes« annahm, wie er denn von Papst Benedict XIV. immer so genannt wird. Nun aber hatte der Heilige im Dienste Gottes lange genug gearbeitet, Tausende von Kindern väterlich unterrichtet, unzählige Seelen gerettet. Die Stunde des Heimganges zu seinem Herrn nahte. Zu Anfang des Augusts im J. 1648 hatte ihn ein heftiges Fieber befallen, das bald tödtlich wurde. Er empfing mit inniger Andacht die heil. Sacramente, bat demüthig Alle um Verzeihung für allenfallsige Beleidigungen, empfahl ihnen die Furcht Gottes, die Verehrung der seligsten Jungfrau und Treue in ihrem Berufe. Dann tröstete er die Seinigen mit der Versicherung, daß die Stürme sich wieder legen und der Orden wieder aufblühen werde. Am 22. August 1648 verschied endlich der 92jährige hl. Joseph unter Anrufung der Namen Jesus und Maria. Seine irdischen Ueberreste kamen in die Kirche der »frommen Schulen« bei St. Pantaleon. Viele Wunder, sowohl bei der Leiche als am Grabe, bewogen den Papst Benedict XIV., den frommen Diener Gottes nach reiflicher Prüfung selig zu sprechen am 7. Aug. 1748. Im Jahr 1767 versetzte ihn Papst Clemens XIII. unter die Heiligen. Sein Werk besteht noch fort. In Italien, Oesterreich, Spanien, Ungarn und Polen gibt es Häuser seines Ordens. Auch in Bayern hat es früher einige gegeben. Schon bald nach seinem Tode wurden die Geschicke seiner Stiftung wieder freundlicher, wie er es vorausgesagt hatte. Schon im J. 1656, also 10 Jahre nach jenem harten Schlage, erklärte Papst Alexander VII. die »frommen Schulen« wieder für eine reguläre Congregation mit 3 Gelübden und gab ihnen das Generalat und Noviziat zurück. Im J. 1669 stellte Papst Clemens IX. den Orden mit den feierlichen Gelübden wieder her und bestätigte dessen Privilegien. An den Päpsten Innocenz XI., Alexander VIII. und Clemens XII. fanden die Piaristen huldreiche Gönner; Letzterer verlieh ihnen auch das Recht, die freien Künste und die höheren Wissenschaften zu lehren. Nach Vogel mochte sich im J. 1855 die Zahl der Piaristen auf etwa 2000 belaufen, die in beiläufig 200 Häusern sich befinden. Die meisten zählt Oesterreich. Das Fest des hl. Joseph von Calasanz ist auf den 27. August gesetzt, an welchem Tage es sich auch im Mart. Rom. und im römischen Brevier sub ritu dupl. findet. An einzelnen Orten wird es auch an andern Tagen gefeiert, z.B. zu Valencia in Spanien am 3. Sept. zu Udine im Venetianischen am 5. Sept. etc. Abgebildet wird der Heilige im Ordenskleide, von Kindern umgeben. – Die Boll. haben ihn noch nicht in ihr Werk aufgenommen, da er damals, als der treffende Augustband heraus kam, noch nicht canonisirt war. †


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 458-461.
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