Ludovicus, B. (8)

[935] 8B. Ludovicus Puer, M. (30. April), ein christlicher Knabe aus Bruck in der Schweiz gebürtig, welcher zu Ravensburg bei einem christlichen Bürger wohnte, um den Wissenschaften obzuliegen. In der nächsten Nachbarschaft des Bürgers wohnten Juden, und der Knabe Ludwig war mit denselben bekannt geworden und erwies sich gegen dieselben immer freundlich und gefällig. In diesem Judenhause kamen nun in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten viele Israeliten, nicht nur aus Ravensburg, sondern auch aus den benachbarten Städten Constanz, Ueberlingen, Lindau und andern zusammen, um ein Hochzeitsfest zu feiern. Unser Ludwig wollte demselben nicht ferne bleiben und bot sich der Köchin zur Dienstleistung, wie etwa zum Bratspießwenden an. Als ihn die Juden erblickten und vernahmen, daß er ein Christenknabe und nicht aus der Stadt sei, waren zwei Brüder Aaron und Anselm und ihr Schwager Moyses von Blutdurst entzündet und beschlossen, den Knaben zu morden. Sie ergriffen denselben und peinigten ihn so lang, bis er seinen Geist aufgab; aus angeborenem Haß gegen das Christengeschlecht schnitten sie ihm das männliche Glied ab und mißbrauchten es schändlich. Nach vielem Muthwillen, den sie getrieben, kleideten sie den Leichnam wieder an und steckten ihn in einen Sack, den sie am folgenden Tage (1. Mai) vor das Thor zu Ravensburg trugen. Dort trafen sie einen christlichen Fuhrmann, Namens Nicolaus Knoll, den sie sich dingten, den Sack in den Haslacher Wald zu führen, um ihn dort einem auf ihn Wartenden abzugeben. Wie der Fuhrmann dort ankam, traf er eine Masse Juden an, die den Sack vom Karren herunter nahmen und öffneten. Nicolaus erschrack, als er den ermordeten Knaben herausziehen sah, und machte den Juden [935] Vorwürfe, daß sie ihm solchen Dienst übertragen hätten. Da sie aber drohten, sie würden ihn, wenn er das Mindeste aussagte, als Theilnehmer ihrer That angeben, und ihm 10 fl. Lohn gaben, so half er ihnen noch den Leichnam zu einer hohen Tanne hintragen. Daselbst warfen sie ein Seil über einen hohen Ast und zogen den Knaben daran hinauf, als ob er sich selbst entleibt hätte. Sie gaben ihm auch ein Messer in die Hand, als ob er sich selbst ermannt hätte. Auf dieses hin begaben sich die Juden jeder in seine Heimath, hoffend, ihre Gräuelthat werde verborgen bleiben. Allein der gerechte Gott ließ den schändlichen Mord des unschuldigen Jünglings nicht verborgen. Einige Knaben waren, um Vogelnester zu suchen, von Ravensburg in den Haslacher Wald gegangen. Dort sahen sie ihren Mitschüler Ludwig am Baume hängen und erkannten ihn sogleich, worauf sie die Sache in der ganzen Stadt bekannt machten. Die Bürger Ravensburgs, welche den unsträflichen Wandel unsers Ludwig kannten, konnten durchaus nicht glauben, daß er sich selbst erhenkt hätte, und da man außerdem an dem Baume eine hellleuchtende Fackel erblickte, welche wie ein Stern ihr Licht nächtlicher Weile nach Ravensburg verbreitete, wurde der Leichnam auf Befehl geistlicher und weltlicher Obrigkeit von dem Baume abgenommen und einstweilen unter der Tanne begraben. Bald fiel der Verdacht auf die Juden von Ravensburg, weil man beobachtet hatte, daß der Knabe öfter bei denselben aus- und eingegangen. Nicolaus Knoll war aus Aengsten, daß seine Hilfeleistung entdeckt werden möchte, von Ravensburg nach Ueberlingen gezogen, dort aber wurde er, da das Gerede über ihn und die Juden sich allenthalben ausließ, gerichtlich eingezogen. Er gestand Alles ein, was er von der schauderhaften That wußte, und nannte die Namen der dabei betheiligten Juden. Er selbst wurde zu Ueberlingen zum Rade verurtheilt. Aaron, Anselm, Moyses und andere bei dem Morde betheiligte Juden von Ravensburg, Constanz, Ueberlingen, Lindau und andern Orten, welche damals als Hochzeitsgäste anwesend waren, wurden eingezogen und zum Feuertode verdammt im J. 1430. – Da über dem Grabe des Knaben immerfort der glänzende Stern leuchtete, wurde über dasselbe eine steinerne Capelle erbaut, zu welcher über hundert Jahre lang Viele aus der Nachbarschaft und auch von der Ferne pilgerten. Da aber bei dem einreißenden Lutherthum sich Niemand mehr um die Erhaltung der Capelle annahm und sie in Trümmer zu zerfallen drohte, wurden die Gebeine des sel. Ludwig in die Capelle des hl. Vitus auf einem Berge bei Ravensburg übertragen. Sein Tod fällt in das J. 1429. Papeproch gibt noch andere christliche Knaben an, die von Juden gemartert wurden, wie den Knaben Michael zu Titting bei Greding am 14. März 1540; ferner sechs bis acht, deren Reliquien zu Regensburg im J. 1486 entdeckt worden; einen, der zu Savona in Sardinien im J. 1562, und einen Andern, der zu Ancona im Kirchenstaate im J. 1566 von den Juden ermordet worden. (III. 978).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 935-936.
Lizenz:
Faksimiles:
935 | 936
Kategorien: