Maria Margaretha Gertrud (274)

[214] 274Maria Margaretha Gertrud (26. Mai), zugenannt von Besenval, die Tochter reicher schweizerischer Edelleute, Ursus v. Sury, der im Rathe der Republik Solothurn eine der ersten Stellen begleitete, und Helena, geb. v. Grimen, wurde geistig wie körperlich mit der größten Sorgfalt erzogen. Im Jahre 1629 vermählte sie sich gegen den Willen des Vaters, aber mit geheimer Zustimmung ihrer Mutter, mit einem Herrn von Besenval. Dieser Schritt brachte viele und lang dauernde Zerwürfnisse in die Familie. Gattin und Tochter jagte der erzürnte Vater aus dem Hause, und es schien, daß eine Wiederaussöhnung unmöglich sei. Doch erfolgte dieselbe zunächst mit seiner Frau noch sieben Jahre vor seinem Tode. Später verzieh er auch der Tochter. Diese nahm sich, wie ihr späteres Leben zeigte, den betrübenden Vorgang sehr zu Herzen. Die letzten Worte ihrer Mutter, der Armen sich anzunehmen, gaben ihr, wie sie glaubte, Gelegenheit zur Gutmachung des Aergernisses auch vor dem Volke. Sie übte so viele Mildthätigkeit, daß sie den schönen Namen »Mutter der Armen« erhielt. Nebstdem beschäftigten sie die Sorge für das Hauswesen und die Erziehung ihrer Kinder (vier Söhne, wovon zwei in der Jugend starben, und zwei Töchter). Dabei bat sie Gott un ablässig um Verzeihung für die Sünden ihrer [214] Jugend. Im J. 1722 verlor sie ihren Gatten und den ältern Sohn, welcher Landvogt von Bechburg war, durch den Tod. Sie stand nun fast allein. Der andere Sohn nämlich diente am französischen Hofe als Hauptmann der Schweizergarde, die beiden Töchter waren schon verheirathet. Jener kam zwar zurück, aber nur um die Leiden der Mutter zu vermehren: er fiel nämlich am 17. April 1723 im Duell. Merkwürdiger Weise war es ein Herr v. Sury, welcher ihn getödtet, und das Schloß zu Waldeck, wo Maria gegen den Willen des Vaters den Ehebund geschlossen hatte, welches seine Leiche aufgenommen hatte. Dadurch kamen in Folge dieser Ereignisle neue Trübungen des freundschaftlichen Verhältnisses in die Familie. So mußte endlich Frau Maria von Besenval erkennen, was Gott mit ihr vorhabe. Es war Nichts mehr übrig, wovon Er sie noch loslösen mußte, als ihre der Welt zugewendete Neigung. Auch über diese siegte die Gnade, und die fromme Wittwe ergab sich von jetzt an gänzlich in die göttlichen Führungen. Sie erwirkte dem Mörder ihres Sohnes Begnadigung, so daß er wieder in sein Vaterland zurückkehren durfte. Er wollte sie besuchen, um ihr seinen Dank zu sagen, als er an der Hausschwelle am 28. Oct. 1729 todt zur Erde sank – ein neuer Beweis für Maria Besenval wie Gottes Vorsehung wunderbar in ihren Lebensgang eingriff. Seit dieser Zeit pflegte sie das höhere Tugendleben mit noch größerm Fleiße als bisher; sie trug beständig einen Bußgürtel, wendete häufige Disciplin an, besuchte Arme und Kranke in den entlegensten Winkeln, brachte ihnen Speise und Arzneien und erwies ihnen eigenhändig die niedrigsten Liebesdienste. In einer strengen Tagesordnung, von welcher sie nur Werke der Nächstenliebe lossprechen sollten, hatte sie sich selbst eine Lebensregel gemacht, von welcher sie nicht abwich. Gebet, Betrachtung und geistliche Lesung nahmen den größern Theil des Tages, Handarbeiten und Krankenbesuche, sowie die nothwendige Erholung den andern geringern Theil in Anspruch. Täglich am Abend betete sie gemeinschaftlich mit ihren Hausgenossen den hl. Rosenkranz, öfter that sie es mit ausgespannten Armen. Sie stiftete die Pfarrei St. Joseph in Gänsbrunnen. Endlich berief der Herr am 26. Mai d.J. 1753 »diese heilige Seele, lobenswerthe Dulderin und allgemein geschätzte Mutter der Armen« in jenes bessere Leben, wo jeder nach seinen Werken empfängt. Nach ihrem Hinscheiden verbreitete sich ein lieblicher Wohlgeruch um ihre Leiche, den man als den Geruch ihrer Heiligkeit betrachtete. Ihre Haare und andere kleinere Gegenstände, die ihr zugehört hatten, betrachtete und bewahrte man als köstliche Reliquien. Ihr Leib wurde in der St. Ursusstiftskirche in der Nähe des Muttergottesaltares beigesetzt, wo er auch bei dem Aufbau der neuen Kirche unverrückt belassen wurde. (Burg.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 214-215.
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