Maternus, S. (3)

[300] 3S. Maternus, Ep. Conf. (14. al. 19. Sept., 18. Juli, 23. Oct.). Dieser hl. Maternus heißt Bischof von Cöln, Trier und Tongern, weil er den christlichen Glauben im Umfange aller dieser Diöcesen verkündet hat. Nach alter Sage, an welcher die Kirche von Cöln setzt noch unverbrüchlich festhält, hat der hl.Petrus selbst in die Rhein- und Moselgegenden aus der Zahl der siebenzig Jünger die hhl. Eucharius, Valerius und Maternus, und zwar erstern als Bischof, den zweiten als Diakon, den dritten als Subdiakon zur Verkündung des Evangeliums abgesendet. Nach derselben Tradition, die übrigens doch nicht über das zehnte Jahrhundert zurückreicht, war der hl. Maternus berufen, dem hl. Valerius nach Umfluß von fünfzehn Jahren im bischöflichen Amte zu folgen, wie dieser nach Umfluß von fünf und zwanzig Jahren dem hl. Eucharius gefolgt war. Als die genannten Sendboten des Evangeliums an den Niederrhein kamen, starb der hl. Maternus bei dem Castell Eley (Elegia) im Elsaß, wo wirklich seine Grabstätte lange gezeigt wurde. Hierüber bestürzt, eilten beide Gefährten ungesäumt nach Rom zurück, um vom hl. Apostel Petrus seine Wiederbelebung zu erflehen. Als sie zurückkamen, berührten sie den Verstorbenen mit dem Stabe, den ihnen der hl. Petrus zu diesem Zwecke mitgegeben hatte, und Ma ternus wurde wieder lebendig. Natürlich gab diese Todtenerweckung ihrer Predigt im Elsaß den erfreulichsten Erfolg. Es ist merkwürdig, daß diese nämliche Wundererzählung in den altgallischen Kirchen öfter wiederkehrt.133 Der Stab Petri deutet offenbar auf die geistliche Gewalt Roms hin, welche überall, wo sie empfängliche Herzen trifft, die Todten erweckt.134 Die Maternus-Sage ist aber unter allen übrigen dieser Art die ausgebildetste. Ihr zufolge war der hl. Maternus jener Jüngling, den unser Herr am Stadtthore zu Naim von den Todten erweckt hatte, so daß er der Sage zufolge nicht bloß zweimal, [300] sondern dreimal gestorben wäre: das erste Mal als Jüngling zu Naim, das zweite Mal als Missionär im Elsaß, das dritte Mal als Bischof von Trier, und zwar als er eben das Evangelium, das von seiner erstmaligen Wiedererweckung handelte, der versammelten Gemeinde vorgelesen hatte. Nachdem Eucharius die Kirche zu Trier gegründet hatte, wendeten sich Valerius und Maternus nach Cöln und Tongern, um auch hier den Samen des göttlichen Wortes auszustreuen. Zu Tongern, Cöln und Trier verweilte der hl. Maternus der Sage zufolge ebenso viele Jahre, als er Tage im Elsaß begraben war, nach Einigen 33, nach Andern im Ganzen 40 Jahre. In allen drei Bischofstädten konnte er durch ein Wunder öfter zu gleicher Zeit die hl. Messe lesen. Woher Friedrich (K.-G. Deutschl. I. 87) die Notiz hat, daß dieß »sonntäglich«, d.h. wohl alle Sonntage geschehen sei, wissen wir nicht. Die Legendenschreiber widersprechen sich bezüglich des Tags, indem die Einen Ostern, die Andern Pfingsten und Weihnachten angeben (Acta S. S. Belgii I. 83). Diese Sagen, welche sich in so reicher Ausstattung nicht bald wieder finden135, zeigen deutlich, was für ein großer und ausgezeichneter Mann er gewesen ist. Wenn aber Rettberg (K.-G. Deutschl. I. 75 ff.) meint, der Bericht des Trier'schen Mönches Golscher sei die einzige ältere Urkunde hierüber, so ist er im Irrthum. Die gelehrten Benedictiner aus der Congregation des hl. Maurus, welche die Gallia chr. nova verfaßten, zeigen nämlich, daß nicht bloß Golscher, sondern auch seine Ordensgenossen bei St. Mathias, Adalbert, Theoderich und Johannes aus Ebheradus, der freilich auch erst im zehnten Jahrhundert schrieb, und noch ältern Quellen geschöpft haben. Auch nach den Maurinern kann übrigens, wie nach den ältern Boll., von geschichtlicher Wahrheit obiger Tradition keine Rede seyn136. Erst dieneuern Boll. sind aus Ehrfurcht vor der Tradition der Kirchen von Cöln, Tongern und Trier geneigt, nach dem Vorgange des Baronius zwei Bischöfe Namens Maternus anzunehmen (Oct. VIII. 17. 21 a-e). Daß wirklich das Christenthum schon im 2. und 3. Jahrh. am Niederrhein verbreitet war, darf als sicher angenommen werden. Schon im J. 176 hatte Marc Aurel viele Christen in seinem Heere. Es werden also wohl bestimmte Sendboten von Rom in diese Gegenden, namentlich nach Trier und Cöln, gesendet worden seyn. Daß in diesem Falle auch ein oder mehrere Bischöfe hier gewirkt haben, läßt sich in Folge hievon gleichfalls annehmen, wenn auch ein strenger Beweis nicht möglich ist. In neuester Zeit ist ein Document bekannt geworden, welches die bischöfliche Verwaltung des hl. Maternus bereits in die Regierungszeit Diocletians und Maximians verlegt. Außerdem ist seine Anwesenheit auf einem Concil zu Rom im J. 313 und im folgenden Jahre bei einem solchen zu Arles historische Thatsache. Mit ihm war sein Diakon Makrinus. Den angeblichen Apostelschüler Maternus kennen weder die ältesten unter dem Namen des hl. Hieronymus bekannten Martyrologien, noch die nach Beda benannten Verzeichnisse. Wandelbert, Mönch im Kloster Prüm, welcher um d.J. 840 schrieb, nennt nur den Valerius als Bischof von Trier. Bei Rhabanus Maurus beiläufig im J. 845 kommt der hl. Maternus zum ersten Mal vor. Wie lange derselbe nach jenen Synoden die Kirche von Cöln noch geweidet habe, ist unbekannt. Im J. 347 befand sich bereits sein Nachfolger Euphrates auf dem Concil von Sardica. Der hl. Maternus war also damals bereits gestorben. Als Bischof von Trier ist aber der hl. Maternus für diese Zeit nicht zu erweisen137. [301] Dort war vom J. 313 bis 332 der hl. Agricius, hierauf vom 13. Aug. 332 bis 12. Sept. 349 der hl. Maximinus Bischof. Wenn daher Butler (XII. 588) im Eingange der Beschreibung, die er von dem Heiligen gibt, zwar vor den Erdichtungen der Legendenschreiber warnt, aber am Ende beifügt, Alles was von dem hl. Maternus gesagt werden könne, beschränke sich darauf, daß er als Bischof von Cöln und Trier noch vor dem J. 347 gestorben sei, so ist die letztere Angabe dahin zu berichtigen, daß der hl. Maternus von Cöln auch zu Trier seit dem 8. oder 9. Jahrh. (Friedrich, l. c. I. 93) verehrt worden ist, wenn er auch diese Kirche selbst nicht geleitet hat. Daß er auch Apostel des Elsasses genannt wird, findet nicht bloß in der oben dargestellten Sage seine Erklärung, sondern der gelehrte Grandidier ist in seiner Geschichte der Kirche von Straßburg sehr geneigt, seine Wirksamkeit hier (natürlich erst gegen das Ende des dritten Jahrhunderts) für historisch zu halten und findet daher die Zerstörung der Merkurstempel zu Eley und Novient sehr glaubhaft. Dieses vorausgesetzt, hat er natürlich dann an der Stelle dieser Tempel christliche Kirchen erbaut. (Acta S. S. Belg. I. 79.) Sein Leben und Wirken schildert der oben genannte Golscher in folgenden schönen und kräftigen Zügen: Er begann in Städten und auf dem Lande den wahren Glauben, den an Christus, standhaft zu predigen, durch unablässige Ermahnung Alle auf den Weg des Heils zu rufen, an großen Tugenden von Tag zu Tag zuzunehmen, durch Wunder und Zeichen weit und breit zu glänzen und war beflissen, se mehr die Schaar der Gläubigen durch täglichen Zuwachs sich vergrößerte, desto emsiger das anvertraute Amt in rechter Weise zu ordnen. Obwohl er nämlich großes Ansehen und viele Klugheit besaß, that er doch nichts aus eigener Vollmacht und in freier Benutzung seiner Gewalt, sondern Alles that er mit Demuth und Einfalt nach dem Gebote der heiligen Liebe eines Sinnes mit seinen Untergebenen, da er nicht seine, sondern Christi Ehre suchte. Besonders ragte unter seinen Tugenden die Milde hervor, womit er die Betrübten tröstete, die Armen von seinem Besitzthum ernährte, die Nackten kleidete, die Gefangenen loskaufte, die Fremdlinge aufnahm, den Irrenden den Weg des Heiles zeigte, den auf dem rechten Wege Laufenden aber stets das Vollkommenere anrieth und sie, wenn sie stehen blieben, durch das Wort der Ermahnung vorwärts drängte. Ueber seinen Tod haben wir bereits gesprochen. Eine andere Version erzählt darüber: Nach vierzig Jahren bischöflicher Mühewaltung hatte der Heilige eine Vision, in welcher ihm seine heiligen Vorgänger die drei Tage später erfolgende Auflösung verkündeten und die ihn erwartende Krone der Vergeltung zeigten. An diesem Tage empfing er den Leib des Herrn, worauf man den Ruf vernahm: »Maternus, Liebling Gottes, komm!« Zum letzten Mal öffnete er dann seinen Mund und sprach: »Lebet wohl meine Brüder, hienieden werde ich von setzt an nicht mehr bei euch seyn« und verschied. Außer den Kirchen, welche der Heilige im Elsaß erbaut haben soll (unter diesen namentlich die Kirche zum alten St. Peter in Straßburg selbst), werden noch folgende Orte, wo er eine oder mehrere Kirchen gründete, erwähnt: Köln, Trier, Tongern, Utrecht, Huy, Lüttich, Namur und Bonn. Der Ort seines Todes ist wahrscheinlich Cöln. Seine Reliquien werden seit unvordenklichen Zeiten in Trier verehrt. Hier wird seine Translation alljährlich am 23. Oct. begangen. Andere (Sept. VI. 4) nennen ihn auch zum 19. Sept. Kleinere Reliquien befinden sich zu Cöln, zu Rodenkirchen (angeblich die erste Begräbnißstätte des Heiligen), zu Tongern, Lüttich, Prag und seit dem J. 1570 in einem St. Lorenz genannren Kloster in Spanien. Auf Abbildungen [302] ist er kenntlich durch die Dreizahl der Insuln, von welchen er eine auf dem Haupte, die beiden andern auf einem Buche trägt, oder durch die Dreizahl der Thürme der neben ihm stehenden Kirche – beides eine Hinweisung auf die drei Bisthümer Cöln, Trier und Tongern. Als Patron des Weinbaues führt er manchmal auch die entsprechenden Attribute. (IV. 354–400).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 300-303.
Lizenz:
Faksimiles:
300 | 301 | 302 | 303
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich

Deutsche Lieder aus der Schweiz

Deutsche Lieder aus der Schweiz

»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon