Rosalia (2)

[146] 2Rosalia (7. Febr.), in der Welt Johanna Maria Rendu geheißen, war zu Comfort, Commune Lancrans, im Dep. del'Ain am 8. Sept. 1787 geboren. Sie hatte noch zwei jüngere Schwestern. Die gute Erziehung, welche den Kindern durch die Sorgfalt ihrer frommen Mutter zu Theil wurde, brachte besonders in Johanna die schönsten Früchte. Ihr Gemüth wurde frühzeitig für alles Gute empfänglich und bewahrte die Eindrücke, welche die mütterlichen Belehrungen in ihm hervorgebracht hatten. Die Liebe zum Gebet, zum Kirchenbesuch, die Andacht zum hl. Schutzengel, die Ehrfurcht gegen die Eltern wuchs in ihr mit jedem Tage. Während der schrecklichen Tage des Convents empfing sie in einem unterirdischen Gemache ihres Hauses, das zur Kapelle diente, von dem proscribirten Pfarrer Colliex von Lancrans die erste hl. Communion. Später kam das fromme Mädchen zu den Ursulinerinen von Gex, wo sie ihre Ausbildung vollendete. Hier suchte und fand sie Gelegenheit, manchmal die Kranken des Spitals zu besuchen und zu trösten. Bei Ausübung dieser Liebeswerke gab ihr Gott den Gedanken ins Herz, barmherzige Schwester zu werden. Ihr Noviziat, welches sie am 25. Mai d. J. 1802 antrat, war sehr schwierig. Ihr Gottvertrauen und ihre Seelenstärke überwanden alle Hindernisse, welche ihr schwacher Körper und ihre zarten Nerven ihr entgegenstellten. Bei Ablegung der heiligen Gelübde erhielt sie den Namen Rosalia. Ihrem der Nächstenliebe gewidmeten Berufe widmete sie in unüberwindlicher Geduld und heldenmüthiger Entsagung die folgenden 50 Jahre ihres Lebens, theils als Schwester, theils als Oberin. Das Volk von Paris ohne Unterschied der Stände und des Lebensalters pries sie mit den ausgezeichnetsten Ehrentiteln. Sie vereinigte in ihrem Hause alle Liebesdienste: Kranke jeder Art, alte Personen, obdachlose, halb- und ganz erwachsene, der Obsorge bedürftige Mädchen, kleine Kinder, deren Mütter nicht im Stande waren, dieselben zu ernähren, fanden in ihr und ihren Mitschwestern die liebevollste, sorgfältigste Pflege. Dazu kamen zahllose Correspondenzen, Rathsertheilungen und außerordentliche Hilfeleistungen. Sie war die Seele der ersten i. J. 1826 zu Paris entstehenden Vereine für Armen-und Krankenpflege unter der Anrufung und dem Schutze des heil. Vincenz von Paul und unternahm es, die ersten Almosen an Brod und Fleisch für die verschämten Hausarmen zu sammeln und auszutheilen. Wo immer eine Noth zu lindern, eine Krankheit zu heilen, irgend eine Hilfe zu leisten war, auch in den Häusern der Reichen und Vornehmen, war die Schwester Rosalia zur Stelle. Während der Cholerazeit d. J. 1832 that sie Wunder der Liebe und wiederholte dieselben im J. 1849. Damit nicht zufrieden, wurde sie den Waisen eine Mutter, den Wittwen eine Trösterin,[146] den überlebenden hilflosen Alten eine Zuflucht. Diese Heldin der Liebe wußte selbst in den Straßen-Emeuten und Revolutionen mit dem besten Erfolge vieles Elend zu mildern, und noch mehr zu verhindern. Auch dieß vollbrachte sie zweimal, keine Gefahr fürchtend, so daß ihr i. J. 1852 das Kreuz der Ehrenlegion zuerkannt wurde. Alles dieß that sie aus reiner Liebe zu Gott, in tiefster Demuth. Wenn die Armen sie ihre Woh Uhälerin nannten, wollte sie es nicht leiden, sondern entgegnete: »Nennet mich eure Magd, eure Freundin, eure Schwester wenn ihr wollet; denn das ist Alles was ich bin.« Zu Gebeten und Betrachtungen hatte sie wenig Zeit; aber so oft sie einen freien Augenblick hatte, konnte man sie auf den Knieen überraschen. Sie bedurfte dieser oftmaligen Sammlung des Geistes und des beständigen Andenkens an Gott, um ihr von Natur heftiges und äußerst reizbares Temperament in Zucht und Ordnung zu erhalten. In ihrer ersten Jugend brachte sie jeder Widerspruch in die größte Aufregung; selbst der Gehorsam, sogar die Aufmerksamkeit beim Lernen war ihr zuwider. Aber sie hörte nicht auf zu kämpfen und zu beten, bis diese Neigung zur Heftigkeit und zur Aufregung lediglich zur Dienerin ihrer Liebeswerke geworden war. Sie war so sehr Meisterin über sich selbst geworden, daß sie mitten unter Anfeindungen die größte Ruhe bewahren, mit aller Sanftmuth sprechen, mit aller Geduld das Unrecht ertragen konnte. Es gelang ihr mit einem Worte, ihre ganze Natur umzuwandeln und ins Gegentheil zu verkehren. Ihr Wahlspruch: »Wir müssen das Herz eines Engels Gott gegenüber, das Herz einer Mutter dem Nächsten gegenüber, das Herz eines Richters uns selbst gegenüber haben« läßt ihr ganzes Sehnen und Streben erkennen, und bringt Einheit in die große Mannigfaltigkeit ihres Lebens. In der letzten Zeit ihres Lebens erblindete sie; eine Operation, welcher sie sich i. J. 1855 unterzog, brachte nur auf kurze Zeit einige Hoffnung. Am 7. Febr. des folgenden Jahres starb sie ohne Todeskampf wie eine Heilige und wurde auch wie eine solche unter allgemeiner Trauer stber ihren Hintritt auf dem Gottesacker Mont-Parnasse bestattet.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 146-147.
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