Christliche Archäologie

[110] Christliche Archäologie (s. Alterthum) ist die Darstellung der christlichen Einrichtungen in der Vorzeit, insofern dieselben den Einrichtungen der heidnischen und jüdischen Zeitgenossen gegenüber ein eigenthümliches (von der christlichen Religion aufgedrücktes) Gepräge haben; dies ist aus begreiflichen Gründen am meisten bei den Einrichtungen des christlichen Cultus der Fall und was sich auf diesen bezieht, daher die christl. A. auch vorzugsweise sich mit diesen Gegenständen befaßt. Die christliche Vorzeit beginnt mit dem Christenthume und reicht bis zu dem eigentlichen Mittelalter, dem Ende des 6. Jahrh., wo die antiken Völker erloschen und die germanischen die Hauptträger des kirchlichen Lebens geworden sind. Archäologische Notizen theilen bereits die Kirchenväter mit, als Wissenschaft aber erscheint die Archäologie erst nach der Reformation, weil die Behauptung, die alte Kirche sei durch die Reformatoren wieder hergestellt worden, zur genauern Untersuchung der christlichen Vorzeit antreiben mußte. Die Magdeburger Centuriatoren (s. Centuriatoren) gaben jeder Centurie einen archäologischen Abschnitt bei, und Baronius stellte in seinen Annalen (s. Baronius) den protestantischen Kirchenhistorikern die gleiche Disposition entgegen; aus den Annalen stellte Cornelius Schulting alle Archäologischen Angaben und Erörterungen in einen »Thesaurus sacrarum antiquitatum« zusammen, das erste für sich bestehende archäologische Werk (1603). Ein originelles Werk lieferte 1708 der Engländer Joseph Bingham, das vielfach übersetzt und überarbeitet wurde; ihm folgten wieder auf kathol. Seite Mamachi, Selvaggio, Manhart, am ausgezeichnetsten Pellicia (Neapel 1777); in neuester Zeit Dr. Binterim in seinen »Denkwürdigkeiten der christkatholischen Kirche«, Mainz 1821–1841. Von protestantischer Seite sind die bedeutendsten Leistungen: Augusti, Denkwürdigkeiten aus der christl. Archäologie, Leipzig 1817–1831; Rheinwald, kirchl. Archäologie, Berlin 1830; Wilh. Böhmer, die christlichkirchliche Alterthumswissenschaft, Breslau 1836.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 110.
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