Einbeizen

[515] Einbeizen, Imprägniren der Samenkörner; Samendüngung. Ein uraltes Verfahren, schon von Virgil wohlgekannt; hat zunächst den Zweck, die Keimung und das Wachsen der aufgegangenen Pflänzchen zu befördern u. den Brand, insbesondere im Weizen, zu verhüten; und wie oft und viel auch über dieses E. der Samen in dieser Absicht, selbst von tüchtigen Landwirthen, abgesprochen wurde, so läßt sich doch nicht abläugnen, daß häufig der Erfolg ein sehr günstiger ist; und wenn ein Mittel, das sich Jahre lang bewährt hat, dazwischen hinein auch einmal fehl schlägt, so beweist dieß nur, daß mitunter Umstände eintreten können, wodurch dessen Wirkung gelähmt oder manchmal auch ganz aufgehoben wird. Unter den vielen bis jetzt bekannten E.-Mitteln ist das in England und Schottland gewöhnlich das einfachste und immer noch das sicherste und besteht in dem Eintauchen der Saatfrucht in abgestandenen faulenden Menschenurin u. dem nachherigen Uebersieben derselben mit Kalkpulver, worauf der Haufen mehrmals durcheinander geschafft und alsbald ausgesäet werden muß, denn ein längeres Liegenlassen kann für die eingebeizte Saatfrucht sehr gefährlich werden. – In solcher Weise eingebeizte Weizensaatfrucht gibt sehr häufig ein Getreidefeld, das nicht vom Brand befallen ist, während der anstoßende Weizenacker, dessen Saatfrucht nicht eingebeizt worden, brandige Aehren genug hat. – Es ist auch unbestreitbar, daß die eingebeizten Samen rascher keimen und wenigstens anfangs kräftiger und gesunder erscheinen, als nicht gebeizte, wie solches auch der Fall ist, wenn von der Säemaschine mit dem Samen zugleich Dünger, z.B. Knochenmehl oder Guano, untergebracht wird, und es läßt sich deßhalb der Ausdruck »Samendüngung« für diese u. ähnliche Samenpräparationen ganz wohl rechtfertigen. Wie weit es mit derselben noch wird gebracht werden können, läßt sich gar nicht voraussehen; bis jetzt allerdings wird es noch mit Recht für Charlatanerie erklärt, wenn Einer mit der Behauptung auftritt, im Besitze eines Geheimmittels zur Düngung des Samenkornes zu sein, wodurch die Anwendung der gewöhnlichen Düngung des Feldes mit Stallmist oder sonst einem Hilfsdünger ganz erspart werden könne.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 515.
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