Erbliche Krankheiten

[585] Erbliche Krankheiten, Vererbung der Krankheiten, die Thatsache, daß gewisse Krankheiten und Fehler in gewissen Familien auffallend häufig sich zeigen u. in den Nachkommen sich wiederholen. Die se Erscheinung ist zwar in ihrem inneren Grunde unerklärlich, indeß ganz dasselbe, was die Vererbung der äußern Gestalt und Farbe, der speciellen Eigenthümlichkeiten der Eltern in Bau u. Textur der inneren Organe u. der dadurch bedingten Krankheitsanlage. Es werden somit nicht die Krankheiten vererbt, sondern nur die organische Anlage dazu, und es hängt noch von anderen Umständen und Verhältnissen ab, ob die Krankheit zum Ausbruch kommt. Die Krankheiten, deren Anlage sich auf diese Weise forterbt, sind namentlich Tuberkeln, Scropheln, Blutungen, Hämorrhoiden, Steinbildung, Gicht, Hypochondrie, Geisteskrankheiten, Cretinismus, Krebs, Epilepsie, Schlagfluß, und eben so häufig wie die innern organischen Abweichungen wiederholen sich auch äußere Abnormitäten der speciellsten Art und örtlich sehr beschränkt, wie überzählige Finger, Hasenscharte, Hautfärbungen etc. Die Behandlung solcher Familienkrankheiten hat es besonders mit deren Verhütung zu thun, u. will nicht bloß Vermeidung aller Gelegenheitsursachen zum Entstehen der Krankheit, sondern von Kindheit an eine solche Einrichtung aller Umstände, daß die Anlage dadurch verbessert und bekämpft wird.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 585.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: