Infusorien

[413] Infusorien, Infusionsthierchen, Aufgußthierchen, die mit bewaffnetem Auge sichtbaren, kleinsten Thierchen, die sich in Aufgüssen von Thier- od. Pflanzenstoffen erzeugen, entdeckt durch Leeuwenhoek um 1660; um ihre Beobachtung machten sich besonders verdient der Däne Otto Müller gegen Ende des vorigen Jahrh., in neuester Zeit Ehrenberg. Die I. finden sich in Gewässern aller Art, besonders in stehenden, in Torfmooren, in sich zersetzenden thierischen Flüssigkeiten, wie Eiter, Jauche, im Zahnbeleg etc. Ihre Kleinheit ist außerordentlich, die kleinsten bis zu 1/2000''', die größten jedoch bis zu 1/101/2'''. Der Körper besteht aus gleichförmiger schleimiger Substanz, von verschiedener Gestalt, meist kugelig oder eiförmig, ohne Glieder, aber mit verschiedenartigen Fäden od. Häärchen besetzt, mit denen sie fortsteuern und die bei einigen eine Art Räderorgan bilden; sie sind in beständiger Bewegung. Die Ernährung geschieht bei den kleinsten nur vermittelst Einsaugung; die vollkommenern, mit einem Darm versehenen, nehmen auch Nahrung durch den Mund zu sich, die aus noch kleinern I. besteht. Ihre Lebensdauer ist kurz, höchstens einige Wochen; die Fortpflanzung geschieht durch Eier od. Selbsttheilung, mit erstaunlich schneller Vermehrung, bei manchen bis zu vielen Billionen in einem Tage. Viele haben einen aus Kieselerde bestehenden Panzer, der nach ihrem Absterben zurückbleibt; bereits an vielen Orten wurden ganze Lager von großer Ausdehnung gefunden, die aus solchen Panzern theils vorweltlicher theils noch lebender I.-Arten bestehen, das größte in der Lüneburger Haide; Berlin selber steht zum großen Theil auf einem Torfboden [413] mit lebenden I. Die Arten der I. sind äußerst zahlreich; Ehrenberg theilt sie in 3 Ordnungen: Räderthiere mit vollkommenem Darm, darmführende I. ohne Räderorgane u. darmlose I.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 413-414.
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