Osiander

[419] Osiander (eigentlich Hosemann), Andreas, einer der tüchtigsten aber auch heftigsten Eiferer der Reformationszeit, geb. 1498 zu Gunzenhausen bei Nürnberg, kam 1522 als der früheste lutherische Prediger nach Nürnberg, das [419] namentlich durch ihn zu einem Mittelpunkte der Reformation in Südostdeutschland wurde, führte seit 1531 mit seinen Collegen einen langjährigen Kanzelkrieg, in welchem er statt der allgemeinen die besondere Absolution durch einen Geistlichen als nothwendige Bedingung der Sündenvergebung verfocht u. fand sich zuletzt durch die Eigenmächtigkeit des Stadtrathes veranlaßt, seinen Posten freiwillig aufzugeben. O. wurde in Königsberg 1548 Pastor, 1549 Professor der Theologie an der neu errichteten Universität, 1551 Vicepräsident des Bisthums von Samland und starb 1552, nachdem er bis in seine letzten Tage seine Ansichten über das Ebenbild Gottes, in letzter Zeit besonders heftig gegen den Pastor Mörlin seine Meinung über die Rechtfertigungslehre von der Kanzel herabgedonnert hatte. (O. hielt ganz vernünftig die innere wirkliche Gerechtigkeit des Menschen für nothwendig zur Seligkeit.) O. entwickelte seinen Osiandrianismus in vielen derben Streitschriften, aber schon 1566 brachen über seine Anhänger, die Osiandristen, Verfolgungen herein. – O., Lukas der Aeltere, der Sohn des Vorigen, geb. 1534, gest. 1604 in Stuttgart, und Lukas der Jüngere, der Enkel des erstgenannten, geb. 1562 zu Stuttgart, gest. 1638 zu Tübingen, erwarben als Theologen und Polemiker gleichfalls einen Namen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 419-420.
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