Rückert [1]

[783] Rückert, Friedr., einer der größten Dichter unserer Zeit und neben Platen vor allem ein Meister der Sprache und Form, geb. 1789 zu Schweinfurt, studierte in Jena eifrig Sprachwissenschaften, bereiste Südeuropa, wurde 1826 Professor der orientalischen Sprachen u. Literatur zu Erlangen, 1810 Professor zu Berlin, lebt seit 1816 meist auf seinem Gute Neuseß im Koburgʼ sehen. Die »geharnischten Sonette«, welche R. als Freimund Raimar 1814 erscheinen ließ, sind voll Kraft u. Ingrimmes über die politische Schmach Deutschlands, andere Zeitgedichte voll Gemüth, kecken Spottes u. Humors, daneben schuf R. liebliche Märlein und Kinderlieder für sein Schwesterlein und erreichte seinen Höhepunkt als Lyriker durch seinen um 1820 gesungenen Liebesfrühling in 3 Sträußen. Alsdann suchte R. die Poesie des Orients in der deutschen Literatur einheimisch zu machen, wozu Hammer-Purgstall den entschiedenen Anfang gemacht hatte und worin der alte Göthe sowie Platen mit R. gingen. Als Uebersetzer orientalischer Dichtungen leistete er Vorzügliches und führte der Literatur neue Stoffe herbei (das arab. Schelmengedicht: Verwandlungen des Abu Seid von Serug, die indische Heldengeschichte Nal und Damajanti, das pers. Gedicht Rostem und Suhrab, das chines. Liederbuch Schi-King, die arab. Dichtungen des Amrilkois u. der Volkslieder der Hamâsa); unter den eigenen Dichtungen in Geist u. Form des Ostens bleibt das Lehrgedicht »die Weisheit des Brahman en« (1836) die bedeutendste Leistung R.s, welcher seit 1813 durch Trauerspiele (Saul und David, Herodes d. Gr., Colombo u.s.f.) bewies, daß er kein Dramatiker sei, nachdem schon früher lyrische Dichtungen (Haus- und Jahreslieder) und die wachsende Vorliebe für Lehrdichtung darauf hingewiesen hatten, daß R. überhaupt ausgesungen habe. – Gesammelte Gedichte, Erl. 1834–38, 6 Bde.; Auswahl in 2. Aufl. Frankfurt 1851, 2 Bde.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 783.
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