Nervengeist

[391] Nervengeist (lat. spiritus animalis), Lebensgeist, heißt bei älteren Philosophen das zwischen Leib und Seele vermittelnde Medium. Schon die Stoiker reden davon im Anschluß an die Quintessenz des Aristoteles (vgl. Äther), die Neuplatoniker, ferner die aristotelischen Scholastiker, Galenus (131 bis 200) und Thomas von Aquino (1225-1274) verwarfen diese [391] Theorie, die aber durch Bacon (1561-1626) und Descartes (1596-1650) wieder in Aufnahme kam. Letzterer beschreibt die Lebensgeister als feine, sehr bewegliche Blutteilchen, die von der Herzwärme verdünnt, in Menge dem Gehirn zuströmen und von dort aus in die Nerven und Muskeln gelangen und den Körper auf alle mögliche Art in Bewegung setzen (Pass. I, 10). Nicht nur den Lebensprozeß leitete Descartes von ihnen ab, sondern auch die Empfindung, das Gedächtnis, die Einbildungskraft, die sinnliche Begierden und Leidenschaften, endlich auch die willkürlichen Bewegungen. Auch Malebranche (1638 bis 1715), Hobbes (1588-1679) und Platner ( 1818) verteidigten diese Annahme, und die Schellingsche Schule hat sie erneuert. Man kann endlich den »Ätherleib« (s. d.) des jüngeren Fichte als Reminiszenz daran betrachten.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 391-392.
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