Primat

[456] Primat (lat. primatus) heißt Vorrang. Ein solcher Primat wird von Kant (1724-1804) und Fichte (1762-1814) der praktischen Vernunft vor der spekulativen beigelegt, weil die praktische Vernunft frei, die spekulative aber an das Kausalitätsgesetz gebunden ist, die letzte Absicht bei der Einrichtung unserer Vernunft also auf das Moralische gestellt ist, und weil jene durch ihre Gesetzgebung dasjenige als Gegenstand des Glaubens verbürgt, was diese nicht zu beweisen vermag. Von diesem Gesichtspunkte aus bestimmt sich bei Kant die Philosophie auch als Lehre vom Ideal des höchsten Guts (Kant, Krit. d. r. V. S. 804 ff.; Kr. d. prakt. V. S. 194; 215 ff.). Schopenhauer (1788 bis 1860) schreibt dem unvernünftigen und ziellosen Willen den Primat über den Intellekt zu. S. Wille, Voluntarismus.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 456.
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