Einladungen.

[53] Gunther hat seine Abschlußprüfung mit Auszeichnung bestanden. Der Vater ist selbstverständlich sehr stolz darauf und meint: »Kinder, das ist aber wirklich ein Grund zum Feiern. Man lade mir Gäste ins Haus.«

Gunther sagte: »Fein, – und wann soll die Sache steigen? Mir paßt es morgen am besten.«

»Junge, wo denkst du hin?« warf die Mutter ein, »du kannst doch nicht so auf den Plutz einladen, das mindeste ist drei Tage vorher, für Mittagsmahle und Abendessen nicht unter acht Tagen, für große Festlichkeiten mindestens vierzehn Tage zuvor.«

»Mutter weiß Bescheid!« sagte der Vater. »Danach müssen wir uns schon ein wenig richten. Also sagen wir, für diese kleine Festlichkeiten reichen drei Tage aus. An die guten Bekannten kannst du telephonieren, an die etwas Fernstehenden schreibt Gunther einen herzlich gehaltenen Kartenbrief, aber keine Postkarten. Alles klar?«

»Jawohl, Vater!«

»Halt mal, noch eins, Gunther!« rief der Vater dem Sohne nach. »Vergiß nicht, unten in die linke Ecke U. A. w. g. zu schreiben.«[53]

»Was soll denn das bedeuten?« fragte Gunther.

»Das heißt: Um Antwort wird gebeten!« –

Zwei gute Bekannte sagten postwendend ab, da sie an dem Tage schon etwas anderes vorhatten.

Die Mutter war sehr erfreut über die pünktliche Absage. Nun hatte sie Gelegenheit, noch eine andere Familie zu bitten.

Wenn man einer Einladung nicht nachkommen kann, hat man die Pflicht, unverzüglich abzusagen und dabei seinem Bedauern Ausdruck zu geben.

Andernfalls sagt man zu und spricht dabei seinen Dank für die freundliche Einladung aus.

Eine Einladung unbeachtet liegen lassen, bedeutet eine Beleidigung für den Einladenden, die du nicht wieder gutmachen könntest.

Geh aber auch nie zu einer Familienfeier, zu der du nicht geladen bist; sei nicht aufdringlich!

Quelle:
Schütte, Carl: Willst du erfahren was sich ziemt? Caputh-Potsdam [o. J.], S. 53-54.
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