B. Benehmen des Wirtes.

[118] Hat sich ein Gast angemeldet oder hat jemand einen solchen eingeladen, so beachte er folgendes:

1. Er lasse Zimmer und sonstiges Erforderliche in den gehörigen Stand setzen, damit der Gast es angenehm und behaglich finde.

2. Kommt der Gast mit dem Bahnzug, so erwarte ihn der Hausherr oder eines seiner Angehörigen am Bahnhof, besorge sein Gepäck und wickle überhaupt alles Nötige für ihn ab.

3. Nach der ersten Begrüßung im Hause führe der Wirt ihn in sein Zimmer, wohin auch das[118] Gepäck zu verbringen ist, und bemerke ihm, daß er sich's bequem machen und sich wie daheim betrachten könne. Dann überlasse er den Ankömmling eine Zeitlang sich selbst, um ihm Gelegenheit zu geben, die Spuren einer längeren Reise zu vertilgen. Damit er dies thun kann, sei für Wasser, Handtuch und Seife gesorgt. Kamm und Bürste bringt der Gast, der Lebensart hat, selbst mit.

4. Der Wirt lasse den Gast niemals lange auf eine Erfrischung warten.

5. Er begegne ihm stets liebenswürdig und widme ihm soviel Zeit, wie er kann, bleibe aber genau bei seiner eingeführten Hausordnung. Es kann dem Gaste nicht angenehm sein, wenn er sich sagen muß, daß er die ganze Hausordnung seines Wirtes aus dem Geleise gebracht habe.

6. Der Wirt soll ja nicht meinen, daß er den Gast keinen Augenblick allein lassen dürfe; mancher würde das sogar als eine Belästigung empfinden. Man lasse ihn treiben, was ihm zusagt, und bemühe sich nur, auf all seine Wünsche mit herzlicher Bereitwilligkeit einzugehen, ohne aus dem gegenseitigen Umgang einen Zwang zu machen.

7. Der Wirt lasse den Gast nie fühlen, daß er geniert, daß der Gang des Geschäftes und der Haushaltung durch ihn gestört wird, daß etwa ein Mitglied der Familie seinetwegen auswärts schlafen müsse usw.; es ist im Gegenteil die Pflicht des Wirtes, den Wünschen seines Gastes immer zuvorzukommen, um ihn die Abwesenheit von der eigentlichen Häuslichkeit so wenig als möglich empfinden zu lassen.[119]

Quelle:
Vogt, Franz: Anstandsbüchlein für das Volk. Donauwörth [1894] [Nachdruck Donauwörth 21987], S. 118-120.
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