Adiantum, seu Capillus Veneris Officinarum

Adiantum seu Capillus Veneris.
Adiantum seu Capillus Veneris.

[18] Adiantum, seu Capillus Veneris Officinarum.

Adiantum, Matth. Fuchs. Dod.

Adiantum, foliis Coriandri, C.B. Pit. Tournef.

Adiantum, seu Capillus Veneris, J.B.

Capillus Veneris verus, Ger.

frantzösisch, Capillaire oder Adiante.

teutsch, Frauenhaar.

Das ist ein Gewächs, welches einen Hauffen, eines halben, auch eines gantzen Schuhes hohe Stengel treibet, die dünne sind und schwärtzlicht, in zarte Zweiglein zertheilet, daran ein Hauffen kleine Blättlein sitzen, dem Corianderkraute nicht ungleich, so schier dreyeckigt sind und ausgezackt, weich, zart, und linde anzufühlen, haben einen starcken Geruch und lieblichen Geschmack. Dieses Gewächse bringet keine Blüte. Seine Frucht wächst, nach Tourneforts erachten, auf den Falten am Rande der Blätter, welche erstlich länger werden, sich hernach zurück schlagen, und einen gantzen Hauffen kleiner kugelrunder Capsuln oder Samenhülsen decken, die an gedachte Falten gleichsam angeleimet sind, und ohne ein Vergrösserungsglas und Microscopium nicht wohl entdecket werden mögen. Diese kleinen Hülsen haben gleichsam ein Getriebe, oder eine Feder: wann sich dieselbige zusammen zeucht, so geben sie sich von einander. Sie beschliessen einige Körnlein, die fast gantz rund sind. Die Wurtzel ist fasicht und schwartz. Das Frauenhaar befindet sich bisweilen in einen mosichten, braurothen Rasen verwickelt: wächst auch an schattigten und feuchten Orten, auf Steinen und an Mauern; am Rande der Brunnen und der Quellen. Das beste, das uns zu Gesichte kömmt, wächst in Languedoc bey Montpellier.

Auch wird uns eine Sorte Frauenhaar getrocknet zugebracht, aus Brasilien, Canada, und viel andern Orten in America noch mehr, das ist viel grösser, als das unser. Caspar Bauhinus in Prodr. nennet es Adiantum fruticosum Brasilianum, das brasilianische strauchichte Frauenhaar: und auf frantzösisch[18] heist es Capillaire de Canada, Frauenhaar aus Canada. Es wächst auf Art, als wie das Farnkraut. Sein Stengel ist dünne, hart und glatt, von Farbe braunroth oder purpurfarben, und ziehet sich auf schwartz: er theilet sich in viele Seitenstengel, welche kleine Blättlein tragen, die dem gemeinen Frauenhaar nicht ungleich sind, jedennoch stumpfer, länglicht, und an der einen Seite ausgezackt, an der andern aber gantz; weich, zart, und riechen starck. Dieses Frauenhaar wird allem andern vorgezogen, dieweil es stärcker riecht.

An unterschiednen Orten in America, bevoraus in Canada, ist es also gemein, daß die Kauffleute ihre Waaren mit demselben, als wie mit Heu zu verwahren pflegen, wann sie dieselbigen weit weg versenden wollen: und auf diese Weise kommt dessen viel zu uns. Doch ist es besser, wann es in papiernen Säcken, oder auch in Büchsen kommt; dann dergestalt wird sein Geruch weit besser noch erhalten. Man soll aber dasjenige erwehlen, welches frisch, grün, wohlriechend, gantz, und lind anzufühlen ist.

Alles Frauenhaar führt wenig Feuchtigkeit, viel Oel, und noch so ziemlich vieles Saltz.

Sie dienen für die Brust, eröffnen, befördern das Auswerffen, mildern die Schärffe des Geblüts, und treiben der Weiber Monatblum.

Der Titel Capillaris ist auch sonsten noch vier andern Kräutern mitgetheilet worden, weil sie dem Adianto etwas ähnlich sehen, und gleiche Kräfte haben: nämlich der Filicula, dem Ceterach oder Asplenio, der Rutæ murariæ und dem Polytricho.

Adiantum kot von dem α privativo und διαίνω, humecto, ich befeuchte, mache naß, als ob man sprechen wolte, ein Gewächse oder Kraut, daß niemahls nicht naß wird: dann wircklich wird es gar nicht naß, ob man es gleich ins Wasser tauchet.

Der Name Capillaris ist diesem Kraute deshalben gegeben worden, weil seine Stengel nicht gar viel anders, als wie Haare sehen. Der Zuname Veneris aber ist ihm darum beygeleget worden, weil es das Reissen bey den Weibern, wenn sie nieder sind gekommen, lindert und stillet.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 18-19.
Lizenz:
Faksimiles:
18 | 19
Kategorien: