Mangue

[692] Mangue.

Mangue sive Mangle, G. Pison. ist einer von den allergemeinsten Bäumen, die in Westindien, an solchen Orten, die an dem Strande der See gelegen sind, zu wachsen pflegen. Es giebet ihrer drey Arten.

Der erste heist Cereiba oder Mangue blano, der weisse Manguebaum: der gleichet einer kleinen Weide, alleine seine Blätter sind um ein gutes dicker und stehen allezeit einander gegen über Die Blüten bestehen aus vier kleinen bleichen oder[692] gelblichten Blätterlein, mit schwartzen Fäden in der Mitten, riechen als wie Honig. Wann die Sonne scheinet, so sind die Blätter dieses Baumes, obenher, mit einem überaus weissen Saltze bestreuet, welches von denen aus der See aufsteigenden Dünsten zu entstehen pfleget, und von der Sonnen getreuget wird. Ist aber der Himmel trübe und voller Wolcken, so zergehet dieses Saltz und läst sich wie ein Thau ansehen. Von zwey oder drey Blättern kan einer mit den Fingern soviel Saltz, wann es trocken ist, herunter reiben, als er zu einer Brühe nöthig hat.

Der andere heist Cereibuna, und ist ein kleiner Baum, dessen Laub breit und dicke ist und gar schön grüne siehet. Seine Blüte ist weiß, die Frucht so groß wie eine Haselnuß und trefflich bitter.

Den dritten nennen die Indianer Guaparumba und die Portugiesen Mangue verdadeiro. Das ist ein Baum, der gar viel grösser ist, als wie die vorigen, und sich weit mehr ausbreitet. Sein Wuchs ist etwas gantz besonders und zu bewundern: dann, wann seine Zweige in die Höhe geschossen und sich gnug ausgebreitet, so beugen sie sich bis auf den Boden herunter und schlagen frische Wurtzeln; daraus werden wieder junge Bäume und so starck, als wie der alte. Sein Holtz ist dicht und schwer, wird von den Zimmerleuten zum bauen gebrauchet. Die Blätter gleichen dem Birnbaumlaube, sind aber viel länger und viel dicker. Die Blüten sind klein und stehen in länglichten Kelchen. Nachdem sie verfallen sind, so folgen Schoten drauf, die äusserlich den Caßienröhren ähnlich sehen, nur daß sie um ein gut Theil kürtzer sind, eine dunckele Farbe haben, und mit weissem Marck erfüllet sind, welches wie das Marck in Beinen sieht und bitter schmecket. Einige Indianer essen es, wann sie sonst nichts anders haben. Seine Wurtzel ist weich und feuchte.

Diese Wurtzel dient wider die Bisse vergifteter Thiere, wann sie gespalten, geröstet und auf den Schaden geleget wird. Die Fischer brauchen sie gleichfals zu den Stichen, welche sie von den Fischen bekommen.

Der Herr Froger vermeldet in seiner Reisebeschreibung, daß auf der Insel Cayenne in Neufranckreich die Morasten mit Mangues bedecket wären, und an deren Stämmen hienge es voll Austern. Diese Bäume sind dermassen dicke, und ihre Wurtzeln, welche meistens auf der Erde haussen liegen, erheben und verwickeln sich dergestalt in einander, daß man hier und dort wol achtzehen oder zwantzig Schritte darauf gehen kan, ohne die Erde zu berühren.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 692-693.
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