Orobanche

[818] Orobanche.

Orobanche, frantzösisch, Orobanche, teutsch, Sommerwurtzel, Ervenwürger, ist ein Kraut, dessen es zwey Hauptgattungen giebet.

Die eine heisset

Orobanche, Matth. Amat herba Tauri, vel Vaccæ, Ang. Cord. in Diosc.

Leontobotanos, Lon. Lob.

Cynomorion à canini genitalis similitudine, Plinio.

Leonina herba, Hermolao.

Orobanche flore majore, J.B. Raji Hist.

Orobanche major Caryophyllum olens, C.B. Pit. Tournef.

Legumen leoninum, Ruell.

Rapum Genistæ, Dod. Gal. Ger.

Die treibet einen Stengel, etwan auf anderthalben Schuh hoch, der ist gerade, rund oder cylinderformig, bleich oder gelblicht roth, rauch, hol wie ein Röhrlein, gar brüchig und träget keine rechten Blätter, sondern giebt nur als wie den Anfang darvon; die haben die Gestalt als wie ein schmales, schwammiges Zünglein und vergehen in kurtzer Zeit. Die Blüten wachsen nach der Länge zu oberst an dem Stengel etwas weit von einander; sind rauch, bleich purperfarbig oder gelb, oder grünlicht und riechen wol. Nach Tourneforts Erachten ist eine jede unter denenselben ein Röhrlein, das am Boden gantz geschlossen, am andern Ende aber offen, ausgeschweiffet und als eine Larve wunderlich zerschnitten ist. Das obere labium an dieser Blume sieht wie ein Helm, und das untere ist insgemeine in drey Theil zertheilet. Wann diese Blume vergangen ist, so erscheinet eine länglichte Frucht, die theilt sich in zwey Hülsen von einander, und diese sind mit gar sehr zart- und weißlichten Samen angefüllt. Die Wurtzeln sind knollicht, des Daumens dicke, fast gäntzlich rund oder kegelformig, schuppich und aussen schwartz, inwendig weißlicht oder gelblicht, dünn und voll bittern, schleimigen Saft, werden so harte wie Horn, wann sie dörr worden sind. Dieses Kraut wächst gemeiniglich nahe bey einem andern, im Felde, unter den Hülsenfrüchten, unter dem Lein und Hanff, unter dem Bockshornkraute und Getraide, nahe bey dem Ginst. C. Bauhinus saget, die Blüte von der Orobanche, die an dem Ginst wächst, sey grünlicht, die aber auf den spanischen Ginst oder Pfriemenkraute wächst, sey gelbe und viel grösser. Die Orobanche wird wie der Spargel, gegessen.

Die zweyte Gattung heist

Orobanche ramosa, C.B. Ger. Pit. Tournef.

Orobanche altera brevior & ramosa, Cæs.

Orobanche minor purpureis floribus, sive ramosa, J.B. Raji Hist.

Die treibet einen oder mehr ästige Stengel, etwan des halben Fusses hoch, die sind viel dünner und härter, als wie die an der gemeinen, röthlicht und rauch, geben gleichergestalt nur einige Anzeichen von Blättern. Die Blüten stehen wie die Aehren oben auf den Spitzen ihrer Zweige, sind wie die an der vorigen formiret, jedoch ein gut Theil kleiner und purperfarbig. Nach ihnen folgen die Früchte, mit trefflich zarten Samen angefüllt. Die Wurtzeln[818] ist wie eine knollige Zwiebel, so groß wie eine Haselnuß, und mit viel Zäserlein besetzt. Das gantze Gewächse ist ein wenig bitter: gemeiniglich wächset es unter dem Hanffe und unter dem Getreide.

Eine wie die andere führet viel Oel und flüchtig Saltz.

Die erste Art soll gut und dienlich seyn zu der Colic die von Blähungen entstanden, wann sie getrocknet und zerstossen eines Scrupels bis auf ein halbes Quintlein schwer gebrauchet wird.

Orobanche kommt von ὄροβον ἄγχη, id est 'Ervum angit & perimit, es würget und verderbet die Erven: dieweil, der Sage nach, dieses Gewächse die Erven und die Wicken zu Grunde richtet, wann es nahe bey denenselben wächst.

Cynomorion kommt von κυνὸς, canis, Hund, und μόριον, pars genitalis, Geburtsglied, als ob es heissen solte, eines Hundes Geburtsglied, dieweil die Wurtzel dieses Gewächses wie Hundehoden siehet.

Herba tauri vel vaccæ wird es genennet, weil man geglaubet hat, es mache dieses Kraut dergleichen Thiere brünstig, wann sie es fressen.

Leontobotanos kommt von λέων, leo, Löwe, und βοτάνη, herba, Kraut, und dieses von βόω, pasco, ich fresse, als ob es heissen solte Löwenkraut, weil dieses Kraut die Hülsenfrüchte, bey denen es stehet, zu Grunde richtet, gleichwie der Löwe die andern Thiere würget. Um eben dieser Ursach willen wird es auch Leonina herba und Legumen leoninum genennet.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 818-819.
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