Rosa

[961] Rosa.

Rosa, frantzösisch, Rose, teutsch, Rose, ist eine iederman bekannte Blume. Es giebet ihrer zwey Hauptgattungen: zahme und wilde. Der Rosenstrauch wird im lateinischen Rosa genennet, und auf frantzösisch heist er Rosier. Es ist ein Strauch, der hart und holtzige Zweige treibet, die insgemeine mit starcken, spitzigen Dornen besetzet sind. Die Blätter sind länglicht, am Rande zackigt, rauh, wann man sie angreifft, derer sitzen sechs und sieben an einem Stiele. Die Blume bestehet aus vielen schönen und grossen, wolriechenden Blättern, die in einem Kelche sitzen, daraus hernach eine ovalrunde Frucht, oder, die wie eine Olive formiret ist, entstehet. Ihre Schale ist etwas fleischig, und sie beschliesset eckigte, rauche und weißlichte Kerne. Die Wurtzeln sind sehr lang, hart und holtzig. Dieser Strauch, der zahme, wie der wilde, wächst in den Hecken: blühet gemeiniglich zu Anfang des Sommers.

Die zahme Rose wird wieder in viel Sorten abgetheilt, und die zur Artzney bräuchlichen sind die leibfarbenen Rosen, die Muscatrosen, die gemeinen weissen und die rothen Rosen.

Die leibfarbenen Rosen, frantzösisch, Roses pâles oder incarnates, lateinisch, Rosæ pallidæ sive Rosa incarnatæ, sind schön und groß, von angenehmer rother oder Fleischfarbe, und lieblichen Geruch, der sich weit auszubreiten pfleget.

Man soll dieselbigen erwehlen, welche die wenigsten Blätter haben, oder schier gar hol und einfach sind; dann, weil sich dererselbigen flüchtige Theilgen nicht zu sehr vertheilet haben, deswegen haben sie auch wehr Geruch und Kraft. Sie führen viel kräftiges Oel, und Sal volatile oder essentiale.

Sie purgiren, zertreiben den Schleim im Hirn, und machen ihn dünne: sie reinigen das Geblüt. Insonderheit aber führen sie die gallhaften und schleimigen Feuchtigkeiten ab.

Die Muscatrosen, frantzösisch, Roses muscates, lateinisch, Rosæ moscatæ & Damascenæ, damascenische Rosen, sind kleine einfache, weisse Rosen, die gemeiniglich nicht eher als im Herbste aufzubrechen pflegen. Sie haben trefflich lieblichen und angenehmen Moschusgeruch. Die besten und die am meisten purgiren sind diejenigen, welche in warmen Landen wachsen, als wie in Languedoc, und in Provence. Sie führen viel kräftiges Oel und flüchtiges Saltz.

Drey oder vier dergleichen Muscatrosen, aus warmen Landen, in infuso, oder als eine Conserve gebrauchet, purgiren lustig, daß das Blut unterweilen nachgehet. Die Pariser purgiren wol so heftig nicht, iedoch[961] purgiren sie noch stärcker, als wie die leibfarbenen.

Die gemeinen weissen Rosen, frantzösisch Roses blaches communes, oder cultivées, lateinisch, Rosæ sativæ, oder Rosæ alba vulgares majores, sind groß und schön, wolriechend, laxiren und führen ein wenig ab, werden aber nur zum brennen gebrauchet, sie führen viel phlegma, kräftiges Oel, und wenig Sal essentiale.

Die rothen Rosen, frantzösich, Roses rouges, oder Roses de Provins, lateinisch, Rosæ rubræ, seu Rosæ Provinciales, Provintzrosen, haben eine schöne, dunckelrothe Farbe, und sehen als wie Sammet, riechen aber schlecht. Davon werden nur die Knospen gesammlet, wann sie sich schier aufthun wollen, damit sie die Farbe und Kraft desto besser erhalten, die sonsten von der Luft geschwächet dürffte werden, wann man sie gantz aufgehen liesse.

Man muß diejenigen erwehlen, die eine hohe Farbe haben: die um Provins herum zu wachsen pflegen, sind die schönsten, und werden am meisten geachtet.

Die rothen Rosen werden zum Rosenzucker gebrauchet; sie werden auch in grosser Menge an der Sonne gedörret; dann, sie kommen zu mancherley Artzneyen. Dieses dörren oder trocken muß behende geschehen: dann, wann man sie gar zu lange an der Luft läst liegen, so verliehren sie zuviel von ihrer Farbe, Geruch und Kraft. Wann zu der Zeit, da man sie hat gesammlet, die Sonne nicht genugsam scheinen solte, oder die erwärmete die Luft nicht sattsam, daß sie recht treuge werden könten, so kan man sie gar wol in einer Stube aufbreiten. Es wird ihnen die Tinctur ausgezogen, sie aber oftermahls zum bähen gebrauchet. Die bey den Würtzkramern zu verkauffen sind, kommen von Provins.

Man soll sie nehmen, wann sie fein frisch sind, hoch an der Farbe, braunroth und wie Sammt aussehen, recht trocken sind und noch ziemlich riechen. Man muß sie mit allem Fleisse in Schachteln, derb auf einander eingedrückt, an einem trocknen Ort verwahrlich aufbehalten, damit sie die Farbe, den Geruch und die Kraft nicht verliehren. Sie führen viel Oel u. Sal essentiale.

Sie halten an, reinigen, sind gut zu Stärckung des Magens, das Brechen, den Durchlauff und das Bluten zu verstellen, wann sie innerlich gebrauchet werden. Sie werden auch äusserlich gebraucht, wann man sich hat gequetscht, oder Arm und Bein verrencket, wann man ist braun und blau geschlagen worden, und zu Stärckung der Glieder und Nerven. Sie werden als eine Bähung gebrauchet, mit Tropfwein gesotten, oder auch unter die cerata und emplastra, auch unter die Salben gemischet.

Von den rothen Rosen werden die Nägel oder das weisse unten abgeschnitten, bevor man Zucker davon macht. Diese Nägel sind der weisse, in etwas harte Theil, der einiger massen den Nägeln zu vergleichen. Sie sitzen zu unterst an den Blättern, und berühren den Kelch, riechen nicht gar starck, und ihr Geschmack ist süsse und anziehend. Sie taugen zu nichts, als zu anhaltenden Träncken. Von den trocknen rothen Rosen werden sie gleichergestalt herunter geschnitten, wann sie zu solchen Dingen kommen sollen, welche eingenommen werden müssen.

Bey Sammlung der Rosen ist wol in Acht zu nehmen, daß solches alle Morgen früh geschehen müsse, bevor die Sonne drauf geschienen, dieweil alsdann [962] ihre Hauptstücken in der kühlen Nacht wie concentriret und zusammen gedrücket worden sind: dahingegen die Sonne einen Theil von denenselbigen zerstreuet, wann sie drauf scheinet.

Die kleinen gelben Cörper, die mitten in der Rose sich befindet, werden Anthera, das gelbe in Rosen, genannt; die bevestigen das Zahnfleisch, und werden unter die Zahnpulver genommen.

Die wilde Rose heist Cynorrhodon und Cynosbaton, davon an ihrem Orte.

Zuweilen, iedoch selten, wächst eine Rose mitten aus der andern heraus. Im Jahr 1703. zeigete uns der Herr Marchand, in der königlichen Academie der Wissenschaften eine noch gantz frische. Ließ uns hernach im Jahr 1707. noch ein dergleichen Monstrum sehen. In den Memoires der Academie desselben Jahres ist deren Erwähnung geschehen, und auch die Figur dabey gezeichnet worden. Die Gewächse haben gleichfalls monstra unter sich, und noch viel öfter, als wie etwan die Thiere.

Rosa kommt von ῥόδον, rosa, Rose, und ὄζω, suave oleo, ich rieche gut, dieweil die Rose einen guten Geruch hat.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 961-963.
Lizenz:
Faksimiles:
961 | 962 | 963
Kategorien: