30.

Ein paar witzbegabte Freunde,

Ein paar Men voll alten Wein's,

Ungestörte Musse, Bücher,

Und der Winkel eines Hain's;

Nicht um beider Welten Güter

Tauscht' ich einen solchen Ort,

Wenn auch schaarenweis die Menschen

Mich verhöhnten immerfort.

Wer den Winkel des Genügens

Hingab um den Schatz der Welt,

Der verkauft' Egyptens Joseph

Um ein gar geringes Geld.

Komm, denn es verengen nimmer

Dieser Werkstatt Räume sich,

Lebt ein Frömmler d'rin, dir ähnlich,

Lebt ein Sünder d'rin, wie ich.

Naht der Tod, soll seinen Kummer

Man dem Weine anvertrau'n,

Ist ja doch in solchen Zeiten

Gar auf Niemand mehr zu bau'n.

Setze dich in eine Ecke

Ruhig hin, und blick' um dich:

Denn kein Sterblicher erinnert

Solcher selt'nen Bosheit sich:

Seh' ich doch mein Bild beständig

In gar nied'rer Menschen Hand:

Hat auf solche Art der Himmel

Meine Dienste anerkannt?

Doch Geduld nur sei dein Streben,

Herz, da Gott nicht wollen kann,

Dass ein solcher Ring den Finger

Schmücke eines Ahriman.[83]

Des Geschickes rauhe Winde

Hindern jedes Aug' zu schau'n

Wo die Rosen und Jasmine

Hingekommen dieser Au'n.

Doch, o Wunder, dass der Giftwind

Der vorbei am Garten blies,

Dennoch Rosen ihre Farbe,

Ihren Duft Narcissen liess.

O Hafis, die Zeit erkrankte,

Bei so unglücksvoller That:

Doch wo ist des Arztes Meinung,

Oder des Brahmanen Rath?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 81-85.
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