53.

O bringe Wein, befreiend mich

Von seiner Folgen Qual!

Es heilet ja die Krankheit nur

Ein voller Weinpocal.

Kein Licht erhellt mit solchem Glanz

Den traulichen Verein

Wie eines Schönen Angesicht

Und wie der Traubenwein.

Sei nicht so stolz auf deines Blick's

Geheime Zauberkraft:

Hat doch Erfahrung mich gelehrt,

Dass Stolz nie Nutzen schafft.

Du Mann von Bildung, warnest du

Noch lang vor Liebe mich?

In solchen Worten – mit Verlaub –

Zeigt keine Bildung sich.

Die Seele des Beherzten lebt

Durch Liebe nur allein:

Zieh' hin, wenn du sie nie gefühlt!

Entschuldigt magst du sein.

Ich gab für einen einz'gen Blick

Dass eig'ne Heil schon hin;

Weh über Heil und Frömmigkeit

Und über Tugendsinn!

Schon nahte des Genusses Glück

Und Trennungsleid verschwand,

Und eine neue Blüthenzeit

Brach an im Herzensland.

Hafis, du kannst nicht Jedermann

Vertrau'n den Schmerz um Ihn:

Doch dem, der Trennungsleid empfand,

Vertrau' ihn immerhin.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 159-161.
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