64.

Zwecklos und in Leidenschaften

Ist die Lebenszeit entfloh'n;

Junge! reiche mir den Becher,

Und das Alter sei dein Lohn!

Es erglänzt ein Blitz auf Sina,

Strahlenklar erschien er mir,

Und mit einem Feuerbrande

Komme ich vielleicht zu dir.

Wie enthält doch so viel Zucker

Diese Stadt in ihrem Schoos,

Wo des Pfades Königsfalken,

Schon genügt der Mücke Loos.

Als ich gestern kam geschritten

Stolz in Seiner Diener Reih'n,

Sprach Er: »O verlass'ner Armer,

Sage doch, wer magst du sein?«

Um des Lieblings Saum zu fassen,

Flüchtig wie's das Rauchfass thut,

Legt' ich, dass es lieblich dufte,

Auch mein Herz mit auf die Gluth.

Fröhlich sei – träuft wie dem Hirsche

Blut ihm aus dem Nabel auch –

Jeder der berühmt auf Erden,

Ward durch süssen Moschushauch.

Weiter zog die Karawane,

Und du schläfst im Hinterhalt?

Wehe dir, für den vergebens

Oft die Glocke schon geschallt!

Singe mit gespanntem Flügel

Auf des Thuba Himmelsbaum:

Vogel deinesgleichen schliesse

Man in keines Käfigs Raum!

Rennt Hafis, nach dir verlangend,

Lange noch so hin und her?

Gott erleichtre ihm die Strasse

Hin zu dir, du mein Begehr!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 185-187.
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