66.

Wer trägt zu Königen die Kunde

Von mir, dem Bettler, hin und spricht:

»Im Gau der Wirthe gilt ein Becher

Das, was zweitausend Dscheme nicht.«

Ein Wüstling ward ich, ward verrufen

Und dennoch hoff' ich immerdar

Zu gutem Rufe zu gelangen,

Begünstigt mich der Frommen Schaar.

Der du mit Alchymie dich brüstest,

Wirf auf mein Herz nur Einen Blick!

Zwar hab ich keine Capitale,

Doch Netze werf' ich aus mit Glück.

Durch deines Rosenkranzes Körner,

O Scheïch, verlocke nimmer mich:

Denn ist ein Vogel schlau und listig,

Fängt er in keinem Netze sich.

O geht, Ihr tugendhaften Männer!

Fort ist mein tugendhafter Sinn;

Ich habe lautern Wein genossen,

Und Ehr' und Name sind dahin!

Mich wundert des Geliebten Treue

Der nicht um Nachricht zu mir schickt,

Mir durch das Rohr nicht Grüsse sendet,

Noch durch ein Schreiben mich beglückt.

Ich sehne mich nach deinem Dienste;

Kauf gnädig mich, verkauf' mich nicht:

So einen segenreichen Sclaven

Bekämest du ganz sicher nicht.

Wohin soll ich mich klagend wenden,

Wem mache ich den Umstand klar,

Dass deine Lippe zwar mein Leben,

Doch leider ohne Dauer war?[191]

Ist dieser Zechfreund ein gekochter

Und ist ein roher dieser Wein,

Wird tausendmal ein Roher besser

Als Tausende Gekochter sein.

Entsende kühn der Wimpern Pfeile,

Vergiess auch selbst Hafisen's Blut:

Hat doch an einem solchen Mörder

Kein Mensch zu rächen sich den Muth!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 189-193.
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