7.

Schrieb mir jener Zibethflaum'ge

Nur ein Briefchen freundlich hold,

Hätte mir das Blatt des Lebens

Nicht der Himmel zugerollt.

Hätte doch – obgleich die Trennung

Des Vereines Früchte beut –

Nie der Ackersmann der Welten

Solchen Samen ausgestreut!

Deinem Schreibrohr – nimmer nütze

Sich sein Zuckerzünglein ab! –

Hast du Neigung nie bewiesen,

Weil es sonst mir Antwort gab.

Schuf nicht nach dem Bild der Liebe

Dich des Körpers Architekt,

Lägen liebende Atome

Nicht im Menschenthon versteckt.

Frömmler, du versprichst nur immer,

Doch ich habe ganz gewiss

In der Freundin eine Huri,

Und im Haus ein Paradies.

Der Erbarmung seines Schöpfers

Ist derjenige gewiss,

Dessen Freundin eine Huri,

Dessen Haus ein Paradies.

Gib nicht für Ĭrēm's Gefilde

Und den Hochmuth des Schēdăd

Volle Flaschen, süsse Lippen,

Und die Lippe einer Saat.

Meine Thorheit und dein Wissen

Scheint dem Himmel gleich an Werth:

Was ist dort wohl schön, was hässlich

Wo der Sehkraft man entbehrt?[23]

Nicht nur ich schuf zur Pagode

Meines Herzens Ca'ba um;

Nein, auf jedem Schritt begegnet

Kirche man und Heiligthum.

Auf der harten Bank der Liebe

Ruht man wohl nicht sehr bequem:

Aber fehlt ein gold'nes Kissen,

Sei ein Ziegel uns genehm.

Macht die nied're Welt noch lange,

Kluges Herz, dich so betrübt?

Zu beklagen ist der Schöne

Wenn den Hässlichen er liebt.

Das Beflecktsein einer Kutte

Ist der Untergang der Welt:

Wo verweilt der weise Wand'rer

Der sein Inn'res rein erhält?

Sprich warum die Hand Hafisens

Deine Locke fahren liess?

Wenn's das Schicksal so beschlossen,

Konnt' er And'res thun als dies?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 3, S. 21-25.
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