21.

Wird der Fussstaub meines Liebling's

Seine Hand mir nicht entzieh'n,

Male ich die Schrift des Staubes

Auf das Brett des Blickes hin.

Käme, fordernd meine Seele,

Ein Befehl von Ihm mir zu,

Übergäbe, gleich der Kerze,

Ihm die Seele ich im Nu.

Scheint dem Freund mein Herz ein falsches,

Das nicht Probe hält beim Kauf,

Zähle ich aus meinem Auge

Silber das cursirt ihm auf.

Schüttle nicht den Saum des Kleides,

Nah' ich, Sohn des Staubes, dir:

Denn kein Wind kann, nach dem Tode,

Meinen Staub verweh'n von hier.

Untersinkend, hofft' ich immer

Mich umschlinge deine Hand:

Doch die Welle meiner Thräne

Bringt vermuthlich mich an's Land.

Deine schwarze Doppellocke

Die Verliebter Leidenschaft

Kraft und Festigkeit gegeben,

Nahm mir Festigkeit und Kraft.

Sei mir treu am heut'gen Tage,

Und gedenke jener Nacht

Die voll Gram's ich im Gebete

Werde haben zugebracht.

Bringe mir von jenem Weine

Nur ein Düftchen, holde Luft!

Von des Rausches Folgen heilet

Mich dann sicher jener Duft.[261]

Mit dem Lobe deiner Locke

Stets beschäftigt ist mein Wort,

Und tatar'sche Moschusdüfte

Haucht es d'rum auch immerfort.

Weil Sein Mund, Hafis, mir theuer

Wie die eig'ne Seele ist,

Gibt mir der Moment das Leben

Wo mein Mund die Seele küsst.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 259-263.
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