4.

Des Morgens sprach ich, Reue fühlend:

»Ich will das Loos befragen.«

Da kömmt der Lenz, der Reuebrecher:

Was soll ich nun wohl sagen?

Ein Wort, ein wahres, will ich sprechen:

»Ich kann's nicht länger sehen

Dass, während die Genossen trinken,

Ich müssig sollte stehen.«

Ihr mögt mich als erkrankt im Hirne

Zur Zeit der Tulpen heilen,

Wollt' ich, dem Lustgelag' entsagend,

In einer Ecke weilen.

Ich will auf einen Thron von Rosen

Den Götzenfürsten heben,

Und Hyacinthen und Jasmine

Um Hals und Arm ihm weben.

Weil mir des Wunsches Rose blühte

In dem Gesicht des Freundes,

Verweise ich auf Kieselsteine

Den Schädel meines Feindes.

Zwar bin ich nur ein Schenkenbettler,

Doch wenn ich mich betrinke,

Trotz' ich dem Himmel, und die Sterne

Gehorchen meinem Winke.

Ich, der ich mich nicht eines Bissens

Gewohnt bin zu enthalten,

Ich sollte gegen Weingeniesser

Die Tadelsucht entfalten?

Auf's Wohl des König's nehm' ich, lächelnd

Wie Knospen in der Fülle,

Den Becher, und im Sehnsuchtsschmerze

Zerreiss' ich meine Hülle;[217]

Und wenn des Freund's Rubinenlippe

Mir einen Kuss gegeben,

Wird meine Jugend wiederkehren,

Und doppelt werd' ich leben.

Es will, nur heimlich Wein zu trinken

Hafisen nicht behagen:

Bei Barbiton- und Flöten-Klängen

Will ich es offen sagen.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 215-219.
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