9.

Kehre wieder heim, o Schenke,

Da ich gern im Dienst dir stehe,

Mich nach deiner Knechtschaft sehne

Und um Glück für dich nur flehe!

Dort wo dein beglückter Becher

Überläuft aus vollem Rande,

Lehre du heraus mich treten

Aus des Staunens finster'm Lande!

Zwar in's Meer der Sünden ward ich

Eingetaucht aus hundert Gründen;

Doch die Liebe lernt' ich kennen

Und Erbarmung werd' ich finden.

Schilt nicht, Rechtsfreund, weil durch Zechen

Mir ein übler Ruf geblieben,

Stand's im Buche meines Looses

Doch als Aufschrift so geschrieben!

Trinke Wein! Es kömmt die Liebe

Ohne Wahl und ohne Streben:

Als ein angebornes Erbtheil

Ward mir dies Geschenk gegeben.

Ich, der durch die Zeit des Lebens

Nie verliess der Heimath Gauen,

Sehne nun mich nach der Fremde,

Bloss aus Liebe dich zu schauen.

Zwar im Bild von dir geschieden,

Dir, des Glückes Zufluchtsorte,

Weil' ich doch im Geist und Herzen

Immerdar an deiner Pforte.

Meer und Berg liegt mir im Wege,

Und es schwächt mich meine Wunde:

Chiser, der du Segen bringest,

Steh' mir bei, dass ich gesunde![229]

Wagt's dein Mund vom Moschushaare

Jenes holden Bild's zu sprechen,

Ostwind, so bedenk' es werde

Meine Eifersucht sich rächen!

Auf dem Bogen deiner Braue

Brachte ich des Blickes Pfeile

Bis zu des Verstandes Ohre,

Lauernd auf die Gunst der Weile.

Seinen Geist vor deinem Auge

Sehnt Hafis sich aufzugeben!

Und dies wähn' ich zu erreichen,

Friste ich nur erst mein Leben.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 227-231.
Lizenz:
Kategorien: