Judas, der unverschämte und lasterhafte Gesell, hat die Mutter Gottes Maria veracht.

[301] Wie der liebste Jünger Joannes vernommen die gefällte Sentenz des Tods über Christum, auch anbei[301] gesehen, daß die Sach nit mehr könne hinterstellig gemacht werden, also ist er um Mitternacht aus der Behausung des Kaiphas hinweggangen, und sich den geraden Weg nach Bethania begeben, allwo er diese traurige Zeitung der schmerzhaften Mutter Maria hinterbracht, wie es dem mütterlichen Herzen vorkommen, ist nit zu beschreiben.

Maria mit Joanne, mit Magdalena, samt andern frommen Matronen ist den 25. März, als am Freitag in aller Früh, sogar vor der Sonne Aufgang, nach Jerusalem gangen, unterdessen war der Heer Jesus in dem Pallast des Pilati schon an eine Säule angebunden, als nun die seligste Mutter nach vollendetem Gebet aus dem Tempel herausgetreten, da ist ihr Judas Iscarioth begegnet, welchem die mildherzigste Jungfrau mit freundlichstem Angesicht einen guten Morgen gewunschen, und ihn, als einen so bekannten Apostel, befragt, ob er nit wisse, wo ihr gebenedeiter Sohn sey, und wie es demselben gehe? worauf der grobe Schelm und ungeschaffene Böswicht geantwortet, was gehet es mich an, ich sollte gewiß sein Hüter seyn, ich sollte gewiß wegen seiner Rechenschaft geben, wer ihn finden will, der suche ihn gleichwohl etc., schupft hierüber die Achsel, zeigt ihr den Rücken, gehet davon, und schmälet und murret immerzu fort. O Bestie! hättest du dazumal deine Schuld bekennet, und die seligste Mutter bittlich ersucht, daß sie dich bei ihrem liebsten Sohn Jesu wieder in Gnaden bringe, so wäre dir unfehlbar geholfen worden, und wärest du folgsam dem ewigen Verderben entgangen, aber anjetzo bist du schon ein gewidmeter[302] Brocken für die Höll, um weil du die Mutter Gottes entunehret.

Wehe denjenigen, welche die Mutter Gottes verachten und entunehren! massen sie der göttliche Sohn selbst jederzeit bestens verehret. Viel Wunder und große Wunder haben sich dazumal zugetragen, wie der Herr Jesus zu seinem Tod auf dem Berg Kalvaria hinaus geführt worden, da haben alle ihre Fahnen und Standarten sich bis auf die Erde geneigt, mit höchster Verwunderung der Hebräer, wie auch der Heiden. Item, wie der Heiland durch die Grausamkeit der Henkersknechte zur Erde samt dem schweren Kreuz gefallen, da hat er in einem harten Stein sein heiligstes Angesicht, wie in ein lindes Wachs eingedruckt. Mehr haben die jüdischen Lottersbuben den Herrn Jesum durch alle Koth- und Mistlachen geschleppt, so seynd doch seine heiligsten Füß im geringsten nit bemailigt worden, nit ungleich der Sonne, welche auch mit ihren Strahlen unbesudelter durch die Mistlachen wandert.

Neben andern aber ist eines aus den größten Wundern, daß in währenden seinem Leiden, und forderist in dieser mörderischen Ausführung er nit hat zugelassen, daß seiner gebenedeiten Mutter wäre die geringste Unbild zugefügt worden, indem doch das verbainte Judengesind auf alle Weise gedenkt, wie es dem Herrn Jesu kann ein Leid anthun. In währendem Ausführen ist eine große Anzahl der hebräischen Spitzbuben ihm nachgeloffen, und den Heiland geworfen mit Steinen, mit Koth, mit Eiern, mit faulem Obst, mit allerlei Unflath, wie sie dann hiezu von ihren[303] eignen Eltern seynd angereizt worden. Wie er durch die Gassen geführt worden, und dazumal, die Leute beim Mittagessen waren, da seynd sie von der Tafel unter die Fenster gefallen, allerlei Spottreden auf ihn hinunter geschrieen, o Bestien! auch wie ihm in einer Gasse seine gebenedeite Mutter begegnet, und aus mütterlichem Affekt ihm um den Hals gefallen, und den letzten Kuß gegeben, da haben sie ihn zwar bei den Haaren davon gezogen, aber der seligsten Mutter nit ein Leid angethan, welches ohne Zweifel wäre geschehen, und hätte weiß nit was für Unbild das schwierige Lottergesind ihr angethan, aber der Herr Jesus hat es je und allemal verhindert, nie zugelassen, daß ihr eine öffentliche Schmach wäre zugefügt worden. Wehe also, und abermal wehe denjenigen, welche sie verachten.

In der Stadt Zamossa hat sich An. 1600 etwas wunderliches begeben. Daselbst am Tag Mariä Verkündigung wollte eine vornehme Edelfrau auf ihre Herrschaft, so nit gar weit entlegen, in einer Karossen oder Kobl-Wagen verreisen; die Bedienten zu Haus haben ihr solches widerrathen, in Erwägung des heiligen Festtags, diese aber, weil sie gut ketzerisch, ließ sich von solcher stark vorgenommenen Reise nit abhalten, ja überdieß hat sie noch allerlei Lästerworte geredet wider die gebenedeite Mutter Gottes Maria, unter andern hat sie sich hören lassen, daß die Mutter Maria nit um ein Haar heiliger seye, als sie oder ein anderes Weib etc. Wie sie nun wirklich auf dem Weg begriffen, und bereits nit weit von ihrem Gut oder Hof, da seynd augenblicklich die Pferd[304] still gestanden, sie aber von dem Wagen herabgestiegen, und einen Abtritt in das nächst entlegene Wäldel gethan, allwo sie der Natur gepflogen. Siehe aber Wunder! ein ganz gäh entstandener Sturmwind wirft diese zu Boden, daß sie mit dem Lastermaul in den Wust gefallen, so unlängst von ihr kommen, und dergestalten mit einem erschrecklichen Geschrei ihren unglückseligen Geist aufgeben.

Wehe denjenigen, welche den heiligsten Namen der Mutter Gottes Mariä verachten und entunehren. Wie Gottes Sohn auf dem Berg Calvari kurz vor seinem bittern Tod das Testament aufgesetzt, unter andern seinem liebsten Jünger Joanni das beste verlassen, benanntlich seine gebenedeite Mutter, laut dieser Worte: »Mulier, ecce filius tuus, Weib, siehe deinen Sohn.« O goldener Mund Jesu, warum sprichst du, Weib? warum Weib? es ist ja diejenige, welche auf das Anbringen des Erzengels Gabriels das Fiat geschrieben, fiat mihi secundum verbum tuum? Es ist ja diejenige, welche dich zu Bethlehem geboren in dem Stall, wo zumal der Stall zu einem Saal worden? Es ist ja diejenige, welche dich durch die Flucht nach Egypten der tyrannischen Verfolgung Herodis entzogen? Es ist ja diejenige, welche dich mit so bedrängtem Herzen drei ganzer Tage gesucht, und endlich im Tempel zu Jerusalem gefunden, allwo du schon mit 12 Jahren Sacrae Scriturae Professor warest? In Summa, es ist diejenige, welche von den Engeln, von den Aposteln, von allen Leuten Maria genennet worden, und als deine Mutter erkennet worden, warum denn nennest du sie ein Weib? warum[305] nit Maria? darum nit Maria, spricht der heil. Bernardinus Senensis, darum nit Maria, weil der Herr Jesus gänzlich entschlossen, alle Pein und Schmerzen bis auf den letzten Lebens-Athem auszustehen, wenn er aber den Namen Mariä hätte ausgesprochen, so wäre alsdann solches nit geschehen, denn dieser heiligste Name Maria hätte ihm alle seine Schmerzen dergestalten versüßt, daß er fast nichts mehr empfunden hätte, denn nach dem Namen Jesus nichts trostreichers, noch süßers seyn kann, als der Name Maria.

Wie der Evangelist Marcus die Geschicht beibringt von Magdalena, da er sie eine gemeine Sünderin genennet, hat er den Namen Maria ausgelassen, sobald er aber erzählt, wie solche zur Buß und Pönitenz geschritten, da gibt er ihr schon den Namen Maria, hierdurch zu zeigen, daß solcher Name so heilig sey, daß ihn keine Sünderin solle tragen. Wessenthalben zu diesem heiligsten Namen der selige Münch Joscio in dem Convent St. Bertini einen solchen Eifer getragen, daß er täglich zu Ehren des Namens Mariä 5 Psalmen gebetet, deren Anfangsbuchstaben denselben in sich halten, benanntlich, M. Magnificat. A. ad Dominum clamavi. R. Retribue. I. In convertendo. A. Ad te levavi. Wie sehr der allerseligsten Mutter Gottes solche Andacht gefallen, ist aus dem leicht abzunehmen, indem besagtem heiligen Mann nach dem Tod 5 schöne Rosen, benanntlich 2 aus den Ohren, 2 aus den Augen, und eine aus dem Mund gewachsen, worauf die goldenen Buchstaben des süßesten Namens Mariä wunderlich zu sehen gewesen.[306] Wehe nun denjenigen, die solchen heiligen Namen verachten.

Anno 1619 seynd etliche katholische Schiffleute in die Hände der Seeräuber gerathen, von welchen sie völlig spolirt in einem kleinen Schiffl wieder zu den Ihrigen gelassen worden, diese bedrängten Leute seynd hierüber noch von dem Contrari-Wind hin- und hergetrieben worden, bis sie endlich in einer bewohnten Insel, insgemein die Königs-Insel genannt, kümmerlich angelandet, allwo sie aus treibender Noth von Haus zu Haus ein Almosen gesammlet; ungefähr aber seynd sie auch zu einem Ketzer daselbst gerathen, welchen sie demüthigst ersucht, er möchte doch aus christlicher Liebe ihnen die Nachtherberg vergönnen, was? sagte er, ihr seyd keine redlichen Leute, ich sehe euch für Schelmen und Diebe an, daß ihrs wüßt, worauf die frommen Tropfen geantwortet: Jesus Maria, solche Leut seynd wir nit. Kaum, daß er diese Wort vernommen: eben derenthalben, weilen ihr mit dem Jesus Maria aufziehet, vergönne ich euch das doch nit, ihr sollt heut in eures Jesus Maria Namen unterm freien Himmel schlafen, so auch geschehen; aber der Himmel wollte die Unbill dieser heiligsten Namen gebührend rächen. Nachdem der gotteslästerige Gesell dieselbe Nacht wohl satt und gesättiget sich ins Bett begeben, Willens einen sondern guten Schlaf zu haben, da ist er Morgens frühe in dem Stall, und zwar daselbst in einem Sautrog (schöne Todten-Bahr!) kohlschwarz im Gesicht, todt gefunden worden.

Wehe denjenigen, welche der Mutter Gottes unbefleckte Jungfrau verachten. Moses, der große Mann[307] Gottes, hat einmal 12 Kundschafter ausgeschickt, mit dem ernstlichen Befehl, daß sie das gelobte Land sollen besichtigen, und nachmals umständig berichten, wie eins und das andere seye beschaffen. Diese vollziehen den Befehl ihres Führers, gelangen auch an besagte so stattliche Landschaften, und zum gewissen Kenn- und Wahrzeichen, daß solches voller Milch und Honig und aller Fruchtbarkeit, haben sie eine Weintraube abgeschnitten, welche so groß und schwer, daß solche kaum ihrer zwei starke Männer tragen konnten. Mit dieser Rarität kommen sie zurück zu Mose und ganzem Volk Israel, und haben nit gnug erzählen können von dem auserlesenen Grund und Boden desselbigen Lands, aber anbei haben sie, um weilen darinnen so starke und feste Städte, dem Volk alle Hoffnung genommen, selbiges zu ererben, ja sie haben allenthalben ausgesagt, daß solche große und ungeheure Männer aus dem Geschlecht Enac darinnen seynd, gegen die sie wie die Heuschrecken hersahen, quasi locustae videbamur, mit solchen Heuschrecken thäten sie das Volk schrecken, daß keinem die Zähn gewässert nach solchem Land. Diese waren vermeßne Maulmacher, unverschamte Schwätzer, daß sie die große Weintraube haben abgeschnitten, das glaub ich, daß sie aber auch in Beschreibung der großen Männer haben aufgeschnitten, das glaub ich auch, dann für wahr eine ungereimte Gleichnuß, daß sie nur sollen seyn gewesen wie die Heuschrecken gegen diese Kerl.

Aber das ist gewiß, daß aller heiligen Jungfrauen, die da gewest, und noch seynd, und seyn werden, aller dero Reinigkeit ganz klein, und fast kaum sichtbar, gegen[308] der jungfräulichen Zierde der übergebenedeiten Himmelskönigin Maria. Ja, was ist da die Nacht gegen den Tag, die Lia gegen die Rachel, das Glas gegen den Diamant, das Linsenmuß Esau gegen das Manna, das Blei gegen das Gold, die egyptische Mücke gegen den machabäischen Elephanten, der Bach Cedron gegen das tiberische Meer, das Städtl Hey gegen die Stadt Ninive, das evangelische Senfkörnl gegen den Berg Libanon, der Moses im Bimsenkörbel gegen den Goliath, das seynd alle Jungfrauen gegen die Mutter Gottes. Aus dem Grab Guilielmi Pessulani ist eine schneeweisse Lilie gewachsen, dero Wurzel, in dessen hl. Mund gehaft. Dreihundert und zwanzig Jahr nach dem Tod Bendicti in Valle Umbrosa, ist aus seinem unversehrten Mund eine Lilie entsprossen. Aus und durch den Grabstein von hartem Marmor des hl. Vitalis zu Salzburg ist eine wunderschöne Lilie aufgangen. Aus dem Mund des hl. Martyrers Ruffini zu Assis ist auch eine schöne Lilie erwachsen. Desgleichen aus dem Wund Franzisci Senensis, aus dem Herzen Hugolini de Cortona unsers Ordens, aus dem Grab Mariani Cyrnei, Ambrosii Camaldulensis, Cherubini Testa, und vieler andern, seynd die wohlriechenden Lilien gewachsen, so lauter scheinbare Wahrzeichen und Wunderzeichen ihrer gehabten jungfräulichen Reinigkeit, aber doch nit, bei weitem nit, ja gar nit zu vergleichen der allerreinsten Jungfrau, Maria, als welche die allererste gewest, so ihre Jungfrauschaft durch ein Gelübd dem Allmächtigen gewidmet, und zwar dazumal schon, als sie noch in dem Leib ihrer hl. Mutter Annä verschlossen war.[309] Zumalen, nach Aussag der mehresten Lehrer, sie zur selben Zeit schon einen vollkommenen Verstand gehabt, und schon dazumalen in den Verdiensten bei Gott dem Herrn so hoch gestiegen, daß sie alle Heiligen der ganzen Welt übertroffen.

Die, gottselige Aebtissinn Ebba in Schottland, indem sie den feindlichen Einfall der Dänemarker geforchten, hat ihr selbst die Nase samt den obern Lefzen abgeschnitten, welcher auch alle Schwestern folgten, damit sie nur ihrer Jungfrauschaft nit möchten verlustig werden, das war ein heiliger Nasenwitz. Andere haben sich lieber verbrennen lassen, als von diesem Venusfeuer angesteckt werden. Andere haben sich lieber in das Wasser gestürzt, als einen Schiffbruch gelitten der Jungfrauschaft, andere haben lieber den Kopf verloren, als solche Haupttugend. Ihre jungfräuliche Ehre aber aller dieser jungfräulichen Reinigkeit ist gleichwohl nit zu vergleichen mit Maria, massen anderer Jungfrauen Gestalt und Angesicht die muthwilligen Gesellen zur Geilheit angereizt, welcher aber die übergebenedeite Jungfrau Maria bei Lebenszeit hat angeschaut, ist noch hierüber zur Reinigkeit veranlaßt und getrieben worden. Wehe also denjenigen, welche solches himmlische Kleinod der seligsten Mutter Gottes verachten.

In Spanien hat sich eine junge Tochter gefunden, de Hur Chaldaeorum etc., dero großer Leib sattsam zu verstehen gab, daß sie die Ehre in die Schanz geschlagen, welches sie aber, wie gemeiniglich pflegt zu geschehen, mit tausend Schwüren geläugnet, sondern es für einen andern Zustand und Krankheit ausgeben, wessenthalben ihre Mutter in allweg gesucht,[310] damit doch ihre liebe Tochter von solchem Uebel möchte erlediget werden, zu welchem Ende sie gedachte Tochter geführt hat nach einer vornehmen Wallfahrt unsrer lieben Frau, Grüm genannt, damit allda durch Hülfe der Mutter Gottes ihr möchte geholfen werden, zumal an besagtem Ort ein Brunn, samt einem kleinen Bach, welcher derenthalben das heilige Wasser genennt wird, um weil durch dasselbe viele und große Krankheiten abgewendet worden. Die Mutter befiehlt der Tochter, sie soll in Bach hineintreten, welches auch geschehen, sagt aber beinebens, meine Tochter, ich mein lauter, du seyest keine Jungfrau mehr, dann ich es aus vielen Dingen wahrnehme, und ich glaube, solche deine Leibsgeschwulst rühre anderwärts her etc., was? antwortet die vermessene Tochter, ich keine Jungfrau? ich bin eine so gute Jungfrau, als die Mutter Gottes Maria. Kaum hat sie diese Lästerworte hören lassen, versinkt sie in dem Wasser, so nit dritthalb Spannen tief, die Mutter will solche heraus ziehen, ertappe sie bei den Haaren, aber solche Haar blieben ihr in der Hand, und der übrige Leib ist nit mehr gesehen worden, auch solche Gestalt vom Wasser den geraden Weg zum ewigen Feuer gestiegen. Wehe denjenigen, welche die Wallfahrten der Mutter Gottes Mariä verachten und entunehren. Das Wörtlein Wallfahrt kommt her von den uralten Deutschen, so dazumal noch in dem blinden Heidenthume lebten, diese hatten ihren Gott oder Götter in den Wäldern, ja einigen ist der dicke finstere Wald selbst ein Gott gewesen, dahero sie sich öfters dahin begeben, ihr Opfer zu verrichten, welches sie Wallfahrten genannt,[311] wovon noch der Name geblieben. Das Wallfahrten, oder die Besuchung der Kirchen und heiligen Orte ist nit eine neue erdichtete Sache, sondern schon in dem Testament im Schwung gewest, indem sogar der allmächtige Gott den Kindern Israel ein Gebot gesetzt, daß sie dreimal im Jahr sollen nach Jerusalem Wallfahrten gehen. Solches hat nachmals im Anfang des christlichen Glaubens noch mehr zugenommen, und ist hierinfalls die Mutter Gottes selbst mit einem guten Exempel vorgangen, indem sie öfter nach der glorreichen Himmelfahrt Christi diejenigen Orte samt andern heiligen Frauen und Matronen besucht, welche ihr gebenedeiter Sohn Jesus mit seinen Fußpfaden geweihet, als da war: der Oelberg, der Kalvariberg, das heilige Grab und andere etc. Noch lang vor Konstantini Zeiten haben die Christen die Wallfahrt verricht, und das heilige Land, die Gräber der Apostel, wie auch forderist die Kirchen der Mutter Gottes besucht, obschon solches die Wicleffiten samt andern Ketzern in Abrede stellen. Es ist zwar nit ohne, daß zuweilen eine Wallfahrt zu keiner Wohlfahrt wird, und der Teufel auch eine Kapelle zu der großen Kirche bauet, massen bei dergleichen Kreuzgäng oft einige Fehler sich einschleichen. Fünf Meilen von Salzburg ist ein sehr berühmter Ort, so auch mit großem Zulauf des Volks verehret wird, allwo der hl. Wolfgang ein Eremitenleben geführet. Dieser hl. Bischof hat den Teufel ersucht, oder vielmehr ihm auferlegt, er soll ihm helfen eine Kirche bauen, mit dem Geding, daß der erste Wallfahrter soll ihm zugehören, welchen Pakt der böse Feind gar gern eingangen,[312] und also weder Fleiß noch Mühe gespart, bis das völlige Gebäu vollendet worden, unterdessen hat der hl. Mann den allmächtigen Gott inbrünstigst gebeten, er wolle doch einen Wolf, als den ersten Wahlfahrter, hinzuschicken, so auch geschehen, massen zu Ende des Kirchengebäu ein Wolf mit einem Pilgrammantel, mit einem Pilgramstab, auf zwei Füßen daherkommen, welchen der ergrimmte Teufel, um, weil er sich betrogen gesehen, ergriffen, und durch die Kirchenmauer, allwo das Loch noch zu sehen, hinweggeführt.

Es ist, leider! gar oft zu sehen, daß einige Wölfe Wallfahrter abgeben, Wölf, verstehe ich, die mehr Agnetes als Agnos suchen, Wölf, die auch in ihre Gesellschaften Lupas zulassen, Wölf, die manchem unschuldigen Lämmel einen üblen Biß anhängen, Wölf, die andere Abwesende auf der Reise im Maul herumtragen, und übel von ihnen reden, Wölf, so sich auf der Wallfahrt unmäßiger halten als zu Haus, und sich ohne Scheu anfüllen mit Fressen und Saufen, kein Wunder wär es, wann auch dergleichen Wahlfahrter der Satan in seine Klauen thäte fassen. Wie Jesus mit 12 Jahren Wallfahrten gangen nach Jerusalem, wohin auch Joseph und Maria vermög des Gesetzes sich begeben, da ist er verloren worden, und zwar der Ursache halber, denn Maria glaubte, er gehe mit dem Joseph, seinem Nährvater, Joseph hingegen war der Meinung, als hätte ihn Maria, die gebenedeite Mutter, bei sich, denn dazumal war der Brauch, daß die Weiber allein, und die Männer besonders gangen. Jetzt bei unsern Zeiten, wie denn fast alle Andachten wurmstichig werden, ist nichts als[313] ein lauteres Allapadritta zu sehen, massen die Weiber und Männer untereinander laufen, wie die Geis und Böck des Labans. In der Wüste seynd lauter Wachteln den Israeliten zu Theil worden, aber bei solchen Zeiten gibt es allerlei Geflügelwerk. Durch das rothe Meer hat Moses die Israeliten in Zunftweise also ausgetheilet, daß eine jede Zunft einen besonderen Weg durchpassirt, aber dermalen bei unsern Kirchfahrten ist es anderst beschaffen, die meisten laufen oft mit der Zunft Levi oder gar Leviathan, dort hat Moses die Männer geführt, seine Schwester Maria die Weiber, jetzt ist solcher heiliger Marsch wie ein Ritscher, der in Linsen und Erbes bestehet, woraus dann mehrmalen nit große Auferbaulichkeit erfolgt. Ungeachtet dieses seynd die Wallfahrten auf keine Weise zu verwerfen, denn wenn eine Speis bei der Tafel ungeschmackt ist, folgt nit, daß man alle andere hinter die Thür werfe, und dem Melampus ein Panquet zurichte. Wallfahrten seynd gangen Constantinus, Helena, Alexius, Rochus, Colomannus, Eudoxia, Melania, Paula, Hieronymus, Joan. Damascenus, und unzählbare viel andere Heilige mehr. Heilig und heilsam ist, dergleichen Orte zu besuchen, welche Gott und die Mutter Gottes samt allen Heiligen zu sonderm Gnadenthron haben auserkiesen. Vor diesem ist der Schwemmteich zu Jerusalem ein solcher Ort gewesen, allwo alle Krankheiten und presthafte Mängel seynd wunderbarlich gewendet worden. Anjetzo anstatt dessen gibt es unterschiedliche heilige Oerter in allen christlichen Landschaften, allwo die Menschen solche Gutthaten empfangen, dergleichen zu Loreta in Italien,[314] zu Serrato in Spanien, zu Carnoti in Frankreich, zum heiligen Berg in Böheim, zu Einsiedlen in der Schweiz, zu Zell in Steiermarkt zu Alten-Oetting in Bayern, zu Luggau in Kärnthen, zu Grünthal in Brabant, zu Wien in Oesterreich, zu Mühlen in Schwaben, zu Mittlberg in Franken, und auch erst ganz neu zu Kirchen-Thal im Salzburgerland etc. Wehe nun denjenigen, die solche marianische Wallfahrten verachten.

In Niederland, nit weit von Sedan entlegen, ist ein sehr andächtiges Gotteshaus und Tempel der Mutter Gottes, worin sie mit großen Wunderwerken leuchtet, auch wegen häufiger Gnaden das ganze Jahr hindurch ein großer Zulauf des eiferigen Volks gesehen wird. Unter andern denkwürdigen Dingen wird auch daselbst gefunden, wie daß einmal ein frecher Ketzer, da er die Menge der Kirchfährter zu diesem heiligen Ort wahrgenommen, sehr schimfliche Reden ausgestoßen, neben andern sich hören lassen, er habe einen blinden Hund, und dem armen meritirten Koller möchte er gern das Gesicht vergönnen, dahero gleich andern Leuten diesen vierfüssigen Haushüter dahin schicken. Der Himmel lässet solche Läster-Mäuler nie ungestraft, wie auch in diesem Fall nit anderst ergangen, denn gleich dieser vermessene Gesell selbst stock blind worden, welches ihm sattsam Anlaß gegeben, daß er selbst mußte den heiligen Ort besuchen, allwo er, nach großer und öffentlicher Bereuung, das vorige Gesicht durch die Hilfe Mariä, welche er zuvor so gewissenlos geschimpft, wieder bekommen hat.

Wehe denjenigen, welche die Bildniß der Mutter[315] Gottes verachten und entunehren. Es ist keine neuerdichte Sach um die heiligen Bilder, wie da vorgeben die Ketzer, zumalen Christus der Herr selbst dem König Abagaro sein Bildniß überschickt; denn als der gebenedeite Heiland einmal auf freiem Felde vor einer volkreichen Menge geprediget, da war ein Maler, mit Namen Ananias, auf einer Höhe, der auf alle Weise sich beflissen, das Angesicht des Herrn abzumalen, konnte es aber auf keine Weise zuwege bringen wegen der steten Strahlen, so aus demselben häufig hervorblickten. Endlich schaffte der Herr dem Thomas, er soll denselben jungen Menschen, so sich sein Angesicht bemühe abzuzeichnen, anhero rufen, welches auch geschehen, und hat solcher zugleich den Brief von seinem König überantwortet, woraus Christus das große Verlangen des Königs vernommen, von ihm aber, dem Ananias, ein weisses Fazenet begehrt, mit welchem er sein Angesicht abgetrucknet, und zugleich sein völliges ganz natürliches Controfee dergestalten darein gedrucket, daß es auch der beste Maler nit kunstbarer hätte können entwerfen, solches heilige Bild hat der König mit großen Freuden empfangen, und weil ihm dasselbe gleich die erwünschte Gesundheit gebracht, hat er solches als seinen besten Schatz aufgehebt und verehret.

Nach dem seligsten Hinscheiden der Mutter Gottes Mariä haben die heiligen Apostel dasjenige Haus zu Nazareth, in welchem sie durch Ueberschattung des heiligen Geistes Gottes Sohn empfangen, zu einer Kirche geweiht, und Lucas, der ein Maler und Bildhauer zugleich war, aus einem Cederholz die Bildniß[316] der seligsten Jungfrau mit dem Jesuskind gemacht, selbes zu ferner Verehrung in besagte Kirche gestellt, so dermalen noch zu Loreto in Italien zu sehen. Dergleichen herrliche Gnadenbilder in der ganzen Christenheit geben sattsam zu verstehen, wie wohlgefällig es dem Himmel seye, wenn wir solche verehren; denn hat man zu Apostel-Zeiten sogar verehrt den Schatten des hl. Petri, warum soll diese Ehre geweigert werden der Maria. Die Rachel hat vor diesem dem Laban seine goldenen Götzenbilder entfremdet und mit sich genommen, wie er solches in Erfahrenheit gebracht, so ist er ganz schleunig ihr nachgeeilt; als Rachel dieses wahrgenommen, hat sie die Bilder geschwind unter das Stroh versteckt, sich nachmals darauf gesetzt, den Kopf mit einem Tüchel verbunden, und sich krank und übelauf gestellt, die Weiber haben dazumalen schon können betrügen. Aber höre Rachel, das ist ein schlechter Respekt gegen die Bilder, mit dem Leib darauf sitzen, wo die Bergknappen das Schurzfell tragen; es schadt nit, gedachte Rachel, auf ein solches Haus gehört ein solches Dach, es seynd nur Götzenbilder, wenn es andere wären, etwan heilige Bilder wären, da wollt ich sie anderst verehren; denn der Jacob hat sie in dergleichen Sachen bestens unterricht. Wehe nun denjenigen, welche die Bilder unser lieben Frau verachten und entunehren.

An. 1525 hat ein ketzerischer Goldschmied ein silbernes Mariäbild unter die Händ bekommen, des Willens, etwas anders daraus zu machen, wie er nun mit dem eisernen Hammer stark darauf geschlagen, und zugleich in diese freche Lästerwort ausgebrochen:[317]

Also, also, und nit anderst, also also muß man mit den Götzenbildern der Papisten umgehen! kaum, daß er solches ausgeredt, ist er denselben Augenblick stockblind worden, und ein elender Bettler verblieben sein Lebtag.

Zu Dertosa, einer Stadt in Spanien, hat einer in dem Ballhaus gespielt, weil er aber sehr unglückselig war, und meistens verfehlt, also hat er, aus unbändigem Zorn, den Ballen auf ein gemeines geschnitzeltes Mariäbild geworfen, und dem Kindlein Jesu das rechte Aermel gebrochen, was geschieht? nit lang hernach ist ihm seine Frau niederkommen, hat ein Knäbel geboren, aber ohne rechten Arm, woraus er erst seinen Fehler erkennt, und ist nachgehends besagtes Bild sehr verehrt worden.

Zu Panormi in dem Frauen-Kloster de Kanzellaria genannt, ist ein sehr schönes Gnadenbild der Mutter Gottes, welches die Perl-Frau heißt, und rühret solcher Namen daher, An. 1540 hat ein vermessener Gesell eine sehr schöne und kostbare Perle von diesem Bild entfremdet, aber von selbigem Augenblick an die Hand nit mehr können aufmachen, solang und soviel, bis er solche Frechheit bereuet, und die Perl wieder zurück geben.

Wehe denjenigen, welche die Vorbitt der Mutter Gottes Maria verachten. Das Wörtl Mutter ist ganz nahend verwandt dem Wörtl Muth. Ich elender sündiger Mensch, der ich bloß den Namen trag eines Christen, der ich in der heiligen Taufe hab abgesagt dem bösen Feind und allem seinem Anhang, und doch so viel hundertmal dieß mein Versprechen[318] nit gehalten, ich armseliger Tropf, der ich mehrmalen das Masorat meiner Seele mit dem Esau um ein schlechtes Linsen-Koch vertändelt: O ich boshaftes Adamskind, der ich so oft den Barrabbam meinem Heiland Jesu habe vorgezogen; ich traue mir nit mehr meinem Gott unter die Augen zu treten, ich hab gesündiget mit dem stolzen Absalon, mit dem gotteslästerigen Achab. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem verbuhlten Amon. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem versoffenen Holofernes. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem diebischen Achan. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem neidigen Amman. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem schleckerischen Jonathan. Wehe mir! ich hab gesündiget mit dem zornigen Saul. Wehe mir! Jetzt lasse ich nunmehr allen Muth fallen, weil ich das theuere Blut Jesu Christi so unnütz verschwendet, so vergehet mir aller Muth, weil ich mir den göttlichen Zorn über meinen Rücken so häufig geladen, so kann ich nit mehr eines guten Muths seyn. Still, still, o Sünder mit diesen Worten still, still, du sollst wissen, daß Muth von Mutter herkomme, hab guten Muth, nimm deine Zuflucht bei der Mutter, die Augen gegen Himmel, die Hände in die Höhe, zu Maria sag, bete, schreie, Mutter Gottes, bitt für mich armen Sünder jetzt und in der Stund meines Absterbens, du wirst erfahren, wie nützlich dir die Vorbitt dieser Mutter werde fallen.

Der evangelische Maler Lucas entwirft die Kindelbeterinn Maria mit diesen Worten: Da die Tage erfüllet wurden, daß sie gebären sollte, und sie gebar ihren erstgebornen Sohn, und wickelte ihn in Windlein,[319] und legt ihn in eine Krippe etc. Warum das Lucas beibringt, sie gebar ihren Erstgebornen? Hat dann Maria nachmals mehr Söhne auf die Welt gebracht? das nit, das gar nit! So hätte dann der Evangelist sollen schreiben, und sie gebar ihren Eingebornen, und nit Erstgebornen. Lucas der heilige Mann hat nit ohne sondere göttliche Erleuchtung solche Worte von der Feder gelassen, dann er sah vor, daß Maria nach Christum, ihrem Erstgebornen, noch viele andere Kinder werde haben, alle eifrigen Christen werden sie eine Mutter nennen, sogar die Sünder werden ihre Zuflucht bei dieser Mutter nehmen.

An. 1525 hat der Vicekönig zu Neapel neben andern Heiligthümern den Religiosen St. Franziki de Paula daselbst aus sonderen hohen Gnaden verehrt ein krystallenes Geschirr, worin aufbehalten ist die reinste Milch der übergebenedeiten Mutter Gottes Mariä, diese sieht aus wie eine gestockte weiße Kreide, aber alle Jahr, ein ewiges Wunderwerk! alle Jahr, den 15. August, als am Tage ihrer glorreichen Himmelfahrt pflegt solche Milch in Jedermanns Angesicht auf ein Neues zu zergehen und zerfließen, aus welchem dann sattsam abzunehmen, daß sie noch je und allemal eine Mutter wolle seyn, ihre Gnadenmilch denjenigen wolle spendiren, die sie als eine Mutter anrufen. Wohlan denn sündiger Mensch, verzage nit, diese Mutter macht dir wieder einen guten Muth.

Ich will mich ein wenig von der abgeschmackten Erde in die Höhe begeben, und dieß ist eine ehrliche Reise. Erstlich wird die Luft in drei Regiones oder[320] Landschaften ausgetheilt: in die untere, in die mittlere und in die oberste. In der unteren leben wir, und wohnen wir, und in solche Region der Luft ist so weit hinauf, als weit die Sonnenstrahlen von der Erde reflektiret, und aufwärts zurückgetrieben werden. In der mittern Region oder Abtheilung wird Regen, Schnee, Donner, Hagel und der Blitz, auch dergleichen Witterung gekocht. In der obersten Region oder Luftgaden ist es ganz windstill und immerdar heiter. Ober diesem Element der Luft ist das Element des Feuers, allda hat es seinen natürlichen Sitz, dahero sehen wir das alles auf Erden angezündete Feuer über sich trachten nach seinem Centro. Nach dem Feuer ist oberhalb der Mond; von der Erde bis zu dem Mond seynd fünf und fünfzig tausend hundert und drei und achtzig deutsche Meilen, ein feiner Weg! Ich gehe noch weiter von dem Mond hinauf, und zählet der gelehrte Klavius, als vornehmer Mathematikus, so auch an dem neuen Kalender hat schmieden helfen, von dem Mond an bis zu den Planeten acht und dreißig tausendmal tausend, acht mal hundert, sieben tausend, dreihundert und siebenzehn deutsche Meilen. Allda treffe ich zum allerersten den Planeten Venus an, ober seiner ist der Merkurius, ob diesem die Sonne, ober solcher der Mars, ober dem der Jupiter, ober diesem der Saturnus. Auf den Himmel der Planeten folgt erst das Firmament, abermal einer überaus großen Höhe und Weite, und daselbst treffe ich den Zodiakum an oder Thierkreis, allwo in dem Firmament besagtes Gestirn oder Thier nit anderst eingeheft seynd, als wie die Näst in einem glatt abgehobelten[321] Brett, oder wie die gelben Nägel in dem Himmel eines Kobelwagens oder einer Kutsche. Dort ist ein Widder, ein Stier, ein Krebs, ein Löw, ein Scorpion, ein Steinbock, ein Fisch etc.

Keine bessere Abbildung, keinen gleichern Entwurf der übergebenedeiten Mutter Gottes Maria finde ich nit, als diesen Zodiakum oder Thierkreis, zumal diese barmherzigste Mutter auch die Sünder, so nit anderst als viehisch leben, von sich nit verwirft, ja selbige noch mit ihrem Schutzmantel schirmet. Ein hartnäckiger Widder, ein geiler Stier, ein versoffener Krebs, ein zorniger Löw, ein giftiger Scorpion, ein stolzer und hochmüthiger Steinbock etc. In Summa, alle im viehischen Wandel vertieften Sünder dürfen ihren Muth nit fallen lassen, sondern wieder einen neuen Muth fassen bei dieser Mutter.

Also hat die heilige Gertrudis einmal gesehen die seligste Himmelskönigin Maria mit einem sehr kostbaren Mantel, worunter sich allerlei wilde Thiere, wie da waren Wölf, Tiger, Löwen, Drachen und andere Bestien ganz sicher salvirten, welche auch die Mutter der Barmherzigkeit mit den Händen gar freundlich gestrichen und liebkosete, aus dem allein Gertrudis hat müssen abnehmen, daß auch der größte Sünder den Muth nit soll fallen lassen, wann er seine Zuflucht nimmt bei dieser Mutter.

Viel schöne und heilige Reliquien der gebenedetten Mutter Gottes werden hin und her in der Christenheit angetroffen, benanntlich zu Valenz in Spanien ist ihr Unterkleid; zu Prata im Florentiner Land ist ihr Gürtel; zu Assis bei St. Franziskum[322] ist ihr Schleier; zu Bononien bei St. Stephan ist ihr Rock; zu Rom in Laterano ihre Haare; zu Trier ihr Kamm; zu Bertini ihre Handschuh; zu Rom bei St. Maria Major etwas von ihrem Bett etc. Aber ihr Mantel ist durch die ganze Welt ausgebreitet, und ist kein Mensch, der sich nit darunter kann reteriren, und dem Zorne Gottes entgehen.

Bei der Hochzeit zu Kana Galiläa haben sich sehr viele denkwürdige Sachen zugetragen:

Erstlich schreibt der hl. Thomas von Aquin, Kajetanus, Dominikus a Soto, Joannes Major etc., daß der Bräutigam auf diesem hochzeitlichen Ehrentag sey gewest der heilige Joannes Evangelist, welcher durch das erste Wunderwerk, so dazumal die Allmacht Christi gewirkt, dahin bewegt worden, daß er mit Einwilligung seiner Braut das Gelübde der ewigen Keuschheit abgelegt, und Christo dem Herrn nachgefolgt, welches gleichergestalten gethan die Braut Anatolia, so sich von der Gesellschaft Mariä nit mehr abgesondert.

Zum andern ist wohl zu erwägen, daß durch sondere Schickung Gottes der Wein sobald gemangelt, derentwegen der Bräutigam und die Braut sich nit ein wenig geschämt. Es wollte aber unser Herr den ersten Tag zeigen, daß der Ehestand nit sey, und nie sey ohne Kreuz und Trübsal. Darum spricht der Poet: Ein altes Haus ohne Mäus'; ein wenig gekämmter Kopf ohne Läus'; ein Jahrmarkt ohne Dieb; ein junger Mensch ohne Lieb; ein Krämer, der nit etwas lügt; ein Jud, der keinen Christen betrügt; ein Wasser, das ohne Schaden fleußt; ein Wolf, der[323] nie kein Schaaf zerreißt; ein Ehestand, der allzeit wohl bestellt, seynd seltsame Dinge in dieser Welt.

Drittens ist zu erkennen, daß unsere liebe Frau sich zu ihrem liebsten Sohn gewandt, und gesagt hat: Vinum non habent, sie haben keinen Wein mehr, warum hat sie nit gesprochen, wir haben keinen Wein, sie war ja auch unter die Gäste gezählt, und folgsam auch ihr der Wein abgangen? Es ist zwar nit ohne, aber sie zeigte sich, die gütigste Jungfrau, sorgfältiger für andere Leute, als für ihre eigene Person, zugleich aber wollte sie eine Lehre geben allen Weibern, daß es nit rühmlich scheine, wann Weiber und Weinbeeren gar zu gute Freunde seyn.

Letztlich ist absonderlich hierinfalls zu erwägen, daß kein einiger aus allen anwesenden Gästen Maria hiezu ersucht, ob wollt sie eine Intercession einlegen bei Jesu ihrem Sohn, weder Wirth noch Hausherr, weder Braut noch Bräutigam, weder Brautführer noch andere gegenwärtigen Befreundte haben ein Wort verloren. Ein anders wäre es gewest, so jemand der Mutter Gottes Maria ganz still in ein Ohr hätte geredt, sie solle und wolle doch ein wenig prokuriren und zuwege bringen, aber keiner hat sie gebeten, keine hat sie ersucht, sondern ganz freiwillig, sobald sie den Mange! des Weins und diese Noth wahrgenommen, hat sie ihre vielvermögende Fürbitte eingelegt und also den Leuten geholfen.

O Mutter! Mutter! wer soll dann seinen Muth, Muth fallen lassen, indem du sogar Hülfe reichest denjenigen, welche dich nit bitten, noch begrüßen, was wirst du erst thun denjenigen, welche dich[324] bei Tag und Nacht über tausendmal grüßen? wie gethan die St. Katharina Senensis. Was erst denjenigen, welche dein Bildnuß allezeit am Hals tragen? wie gethan der hl. Karolus Boromäus. Was erst denjenigen, welche alle Samstag dir zu Ehren fasten? wie der St. Alanus. Was erst denjenigen, welche alle Samstag mit bloßen Füßen Kirchfahrten gehen? wie gethan der St. Gereakus. Was erst denjenigen, welche dir zu Füßen fallen? unter denen ich auch mich zähle, und deine Fürbitte bei dem allmächtigen Gott mit gebogenen Knieen, mit aufgehebten Händen, mit vielen Seufzern ganz flehentlich ersuchen. O Muth! o Muth! dich verliere nit, so lang ich diese Mutter, Mutter sehe.

Im dritten Buch der Könige liest man etwas wunderbarliches, dort hat der große Mann Gottes Elias einen Altar aufgerichtet, und dmait er die Götzenpfaffen Balaams zu Schanden machte, ließ er vier Krüg Wasser auf das Schlachtopfer schütten, worauf alsobald das Feuer vom Himmel gestiegen, und dieß angenehme Opfer verzehret; das Wasser dieser vier Krüge ist herabgeronnen, und hat einen großen, tiefen, weiten Graben um den Altar herum angefüllt. Wie kann es aber möglich seyn von vier kleinen Krügen? Lyranus antwortet aus dem Rabbiner Salomon, daß der Elisäus dazumal habe ungefähr etwas von seinem Krug gegossen auf die Hände Elias, wovon geschehen, daß alsobald alle seine Finger, verstehe des Elias, angefangen häufiges Wasser zu geben, nit anderst, als wären sie in zehn offene Pippen verkehrt worden,[325] und hat solches so lang gewähret, bis der große Graben ist angefüllt worden.

Wunderbarlich waren die Hände Elias, aber noch wunderbarlicher seynd die Hände Mariä. Aus den Händen Elias ist nur einmal das Wasser geflossen; aus den Händen Maria fließen die Gnaden noch immerdar, und derer werden theilhaftig sowohl die Ungerechten als Gerechten. Die Gerechten: dem ist also, sagt der hl. Damascenus, dann mir hat sie abgehaute Hand wieder erstattet. Die Ungerechten: dem ist also, sagt jener Edelmann in Brabant, dann ich bin wirklich des Todes verblichen, hätte aber sollen wegen drei Sünden von dem gerechten Gott verdammt werden, so bin ich aber durch Hülfe der Mutter Gottes wieder zum Leben erweckt worden, auf daß ich besagte Sündenlast durch eine heilsame Buß habe können von mir legen. Die Gerechten: dem ist also, sagt der hl. Bernardinus, dann sie mir bei dem Allmächtigen ausgebracht, daß ich die Gnade zu predigen, und Wunderwerke zu wirken bekommen habe. Die Ungerechten: dem ist also, sagt jener Mörder bei Cäsareo, um weil ich Mariä zu Ehren alle Samstag gefast, unangesehen ich einen so lasterhaften Wandel geführet, bin ich gleichwohl durch dero Hülfe noch vor dem Tode bekehrt, und folglich ein Kind der Seligkeit worden. Die Gerechten: dem ist also, sagt der hl. Bernardus, dann neben vielen und großen andern Gnaden kann ich auch diese nit verschweigen, indem ich nach Gewohnheit einige dero Bildnuß öfters mit Andacht gegrüßt, Salve Regina, da hat sie mir eines hinwieder bewillkommt, Salve Bernarde![326] Die Ungerechten: dem ist also, sagt jener Student zu Grätz in Steiermark, dann ich mich aus Mangel des Geldes, welches ich durch liederlichen Wandel verschwendet, dem bösen Feind mit eignem Blut unterschrieben, aber An. 1600 den 16. Juni, meine Sünde bereuet und durch Hülfe Mariä, zu welcher meine Zuflucht gestanden, den Zettel wunderbarlich wiederum erhalten, welcher dann öffentlich daselbst in der Hofkirche St. Aegidii in Beiseyn vieler tausend Personen verbrannt worden. Die Gerechten: dem ist also, sagt die hl. Herzogin Hedwigis, dann nach meinem Tod hat man durch keine Gewalt mir das Bildnuß Mariä aus der rechten Hand können erzwingen, ja die drei Finger, womit ich es gehalten, seynd nimmermehr verfaule, um weil ich besagtes Mariabild bei Lebzeiten allezeit getragen. Die Ungerechten: dem ist also, sagt jener türkische Bassa Corentus zu Konstantinopel, dann ich durch Rath und Anleitung eines meinigen christlichen Sklaven in einer tödtlichen Krankheit einige Schankung samt der Lossprechung besagten Gefangenen, nach Loreto verlobt, alsobald und zwar augenblicklich bin gesund worden. Die Gerechten: dem ist also, sagt der selige Simon Stock, dann mir die übergebenedeite Mutter Maria das heilige Scapulier als ein so kostbares Kleinod der ganzen Christenheit gespendiret. Die Ungerechten: dem ist also, sagt Theophilus, dann ich, wie allbekannt, meine Seele dem Satan schriftlich verpfändet, nachmals aber wunderbarlicher Weise durch Hülfe Mariä von allem diesen Elend wieder errettet worden.

O Maria! o Maria! o Mutter! o Mutter![327] jetzt laß ich den Muth nit fallen, die Hände Mariä seynd weit gnadenvoller, als die Hände Elias. Die Esther ist dem hebräischen Volke gnädig gewest, weit mehr und mehr uns Maria. Die Judith hat der bedrängten Stadt Bethulia geholfen, weit mehr und mehr uns Maria. Die Rebecca ist dem Eliezer günstig gewest, weit mehr und mehr uns Maria. Die Rachab ist den Männern des Josue barmherzig gewest, weit mehr und mehr uns Maria. Die Sareptanin ist dem Elias beigesprungen, weit mehr und mehr uns Maria. Der verlorne Sohn, wie er in große Noth gerathen, und ihm das Wasser ins Maul gerunnen, dem zuvor das Wasser gar nit angenehm, wie ihm die Sau den Zapfen gezogen, und er sogar letztlich ein Burger zu Schweinfurt worden, der zuvor aus guldenen Bechern manchen Gesundtrunk gethan, mußte nachmals mit dem schlechten Porzellain vorlieb nehmen, dieser verschwenderische Schlengel und junges Bürschl hat endlich gleichwohl noch so viel Hirn gehabt, daß er sich resolvirt, zu seinem lieben Vater zu kehren, bei demselbigen wieder in Gnaden zu kommen, wie es ihm dann auch nach Wunsch gerathen, Ibo ad Patrem, sagte er. Ich elender Sünder, der ich so vielfältig den allmächtigen Gott höchst beleidiget, ob ich schon täglich einen Vater nenne: Vater Unser! so getraue ich mir doch nit vor seinem göttlichen Angesichte zu erscheinen, mache es also anderst, als der verlorne Sohn, er zum Vater, ich aber zu der Mutter, Ido ad Matrem, diese wird mich nit verlassen, nit verschmähen, nit verwerfen, sondern mich durch dero vermögliche Fürbitte bei Gott wieder zu[328] Gnaden bringen. Wohl, mein Muth, mein ganzer Muth, gründet und steifet sich auf diese Mutter, diese gute Mutter. Wehe aber denjenigen, welche mit Juda Iscarioth diese Mutter und dero Fürbitte verachten. In dem Leben des hl. Salesii wird unter andern registriret, daß ein vermessener Gesell mit Namen Joannes Burgnardus, niemals etwas gehalten auf die Fürbitte der allerseligsten Jungfrau, ja in der Verwüstung unsrer Frauenkirche zu Borion hat er sogar das Bildnuß der Mutter Gottes von dem Altare herunter gestoßen, dasselbe mit einem Strick hin und her gezogen, sagend: Nun Schwarze, man sagt allenthalben so viel von deiner Macht, jetzt zeig einmal, was du kannst? kaum daß er solche Wort geredt, da ist das Bildnuß aufrecht gestanden, er aber der Meinung, als stehe jemand hinter seiner, hat den Kopf umgewendet, welcher auch also verblieben, daß das Angesicht nit mehr vom Rücken zurück gerückt, sondern mußte bald hernach elend den verdammten Geist aufgeben.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 5, S. 301-329.
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