Judas hat keine gute Meinung, obschon das äußerliche Werk nicht übel geschienen.

[187] Wie unser gebenedeiter Heiland zu Bethania in dem Haus Simonis Pharisäi zum Nachtmahl eingeladen worden, und auch Magdalena, dero Haus an des erstgedachten Simonis, als ihres Vetters Herz ganz angebauet war, dazumal sich eingefunden, dem Herrn Jesu mit häufigen Thränen die Füß gewaschen, und mit ihren Haaren abgetrocknet, auch nachgehends mit sehr kostbaren Salben das Haupt Jesu balsamirt, da hat über solches der Iscarioth gemurret, und auch die anderen anwesenden Apostel gemurret, und also beide dem äußerlichen Schein nach unrühmlich gehandelt. Aber dero Meinung war sehr weit voneinander entfernet, dann Judas hat es wie ein Schelm und Dieb gemeint, indem er gesagt, und sich verlauten lassen, es wäre weit besser gewesen, wann man die Salbe hätte um das Geld verkauft, und nachmals selbiges Geld unter die Armen ausgetheilt. Dem Schelmen war aber weit anderst um das Herz, er hat solches gar nicht aus Lieb zu den Armen geredt, sondern ihm ist nur wegen des diebischen Interesse gewesen,[187] dann er hätte dießfalls bei solchem Geld den gewöhnlichen Zehend genommen. Die anderen Apostel aber, ob sie einige unbesonnene Wort haben ausgestoßen, so meinen sie es gar nicht übel; dann sie wußten bereits die Demuth und große Tugend ihres Herrn, als der gar nichts achtet, dergleichen kostbare und theure Komplemente, vermeinten also, es wäre fast rathsamer gewesen, daß man anstatt dieser Salben wäre den armen Leuten beigesprungen. Also legt es neben andern aus der heil. Cyrillus lib. 8 in Joan. Kap. 7. O! wie viel gibt es Judas-Brüder, denen die gute Meinung manglen thut. Petrus der heil. Pabst hat sich zu Anfang der Kirche eine Weil zu Joppen, unweit der Stadt Jerusalem aufgehalten und seine Herberg genommen bei einem Lederer oder Gerber, der auch Simon genannt war. Ich will gar nicht zweiflen, dieser gute und ehrliche Mann habe auch mit Kordabon gehandelt, dann Gott und allen seinen Heiligen nichts werther und lieber ist, als Kordabon! Das Wort aber ist lateinisch, und heißt auf deutsch, ein gutes Herz, eine redliche Meinung, welches allein der Allerhöchste sucht bei denen Menschen, wenig achtend das äußerliche Werk.

Das Fasten ist bei Gott dem Herrn ein sehr angenehmes Werk, dann Elias durch das Fasten so viel verdient, daß er in einem feurigen Wagen ist in das irdische Paradies verzuckt worden. Judith durch das Fasten so viel verdient, daß sie dem Holofernem sieghaft überwunden, und folgsam die bedrängte Stadt Bethuliam in die gewünschte Sicherheit gesetzt hat. Ninive durch das Fasten so viel verdient, daß in Ansehung[188] dessen der erzürnte Gott besänftiget worden, und die angedrohte Straf barmherzigst zurück gehalten. Franziskus der Seraphische Patriarch hat auf dem Berg Alvernia durch das Fasten, welches er zu Ehren des heiligen Erz-Engels Michaels verricht, so viel verdient, daß ihm ein gekreuzigter Seraphim die fünf Wundenmahl des Heilands Jesu Christi eingedrucket, wovon Franziskus ein lebendiges Kontrafait worden unsers gebenedeiten Heilands, und können wir besser anjetzo sagen, was vor diesem voller Wunder der hochmüthige König Nabuchodonosor sich hören lassen, als er in den feuerflammenden Ofen zu Babylon hinein geschaut, daß er nemlich nicht nur die drei Knaben so durch seinen Befehl hinein geworfen worden, mit Augen gesehen, sondern er that dabei wahrnehmen, daß auch der Vierte unter ihnen seye, und zwar als sehe dieser dem Sohn Gottes ganz gleich: Video quartum similem etc. Viel fugsamer können wir sagen, wann wir die Bildnuß des hl. Franzisci unter das Gesicht bringen, daß wir einen sehen, der dem Sohn Gottes Jesu Christo an äußerlicher Gestalt ganz gleich und ähnlich seye. Die große Gnad der heiligsten Wundenmahlen hat der heilige Franziskus zuwegen gebracht durch das Fasten. Es ist Gott dem Allmächtigen nicht allein werth und angenehm, wann man sich im strengen Fasten übet, sondern wann man sich auch mit schlechten und geringen Speisen befriediget. Dahero hat er dem Daniel in der Löwen-Grube nicht geschickt eine aufgesetzte Pastete, nicht geschickt einen gebratenen Kälber-Schlegel, nicht geschickt einen feisten indianischen Hahn, nicht geschickt[189] einen gespickten Hasen, nicht geschickt eine gute Schüssel voll Reb-Hühner, nicht geschickt einen wohlgeschmackten Auer-Hahn, nicht eine stattliche, süße Dorten, das gar nicht, nicht geschickt eine große Schüssel voll Austern, etc. sondern ein schlechtes Koch, welches der Habakuk vor die gemeinen Schnitter auf dem Feld hat zugericht, ein schlechtes Koch, worinnen wenig Salz und Schmalz zu finden war, dieses hat Gott dem Daniel geschickt; woraus dann sattsam erhellet, daß Gott dem Herrn angenehm seye, wann man mit geringen Speisen die Natur unterhaltet.

O! was Glori und Gnaden wird sich bei Gott dem Herrn nicht sammlen der Herr Sigmund Slahzieg ein reicher zu Wien, dessen fast ganzes Leben ein immerwährendes Fasten war, ich kenne ihn schon viel Jahr, daß er nie genug geessen: wann er sechs oder sieben rockene Nudeln hatte, womit man dieser Orten die Kapauner schoppt, so hält ers für eine gute Mahlzeit; Gewässerten Taffet hab ich wohl nie unter seinen Kleidern gesehen, wohl aber gewässerten Wein bei seiner Tafel; dann er also mäßig lebte, daß ihm auch ein Zeisel konnte Bescheid thun, Linsen seynd die Ordinari-Tracht auf seinem Tisch, welche so schlecht zugericht, daß auch dem Esau der Appetit verging. Der heilige Alto hat in der ganzen Gegend, wo er seine Wohnung gehabt, die Alstern verbannesirt, aber dieser Herr kann gar kein einiges Geflügelwerk leiden bei seiner Tafel. Von dem heiligen Elphego kantuariensischen Erz-Bischof wird geschrieben, daß er sich also durch die vielfältige und strenge Fasten habe ausgemergelt, daß man ihm hat können, wann er das[190] höchste Gut in dem Meß-Amt aufwandlet, völlig durch die Arm sehen, wann die Sonn geschienen. Dieser Herr Slahzieg, um, weil er fast nie genug isset und trinket, hat einen so magern und ausgedorrten Leib, daß man ihn durch ein Brenn-Glas gar leicht konnte an zünden. In Summa, sein Quadra ist eine stete Quadragesima. O! was große und häufige Glori wird er dann wegen so beharrlichen Fastens von dem allmächtigen Gott zu gewarten haben? Nicht ein Haar groß hat er eine Belohnung zu hoffen. Er fastet zwar, ja; er isset so viel als nichts, ja; er kasteiet sich stark, ja; aber das Herz ist inwendig weit anderst beschaffen. Er ist nicht kordebonisch; Er fastet nur aus lauter Geiz, damit er das liebe Geld ersparen kann, darum heißt er Sigmund Slahzieg, welches letzte Wort zurück gelesen Geiz-Hals lautet, er ist ein lauterer Judas-Bruder, der unter dem Schein der Mäßigkeit den unersättlichen Geiz verhüllet.

Den Geistlichen, welche in freiwilliger evangelischer Armuth leben, einige Allmosen und Hilfe reichen, ist ein sehr großes und verdientes Werk in den göttlichen Augen. Gleichwie es der allmächtige Gott der frommen und gutherzigen Wittib zu Sarepta stattlich vergolten, als sie dem ersten Karmeliter Elias eine geringe Jausen zugerichtet, also bezahlt Gott hundertfältig allhier auf Erden, und dort in jener Welt unendlich allen denjenigen, welche den armen Religiosen, als rechten ihm gewidmeten Dienern etwas Gutes thun.

In dem lemovicenischen Gebiet hat gar eine fromme Frau den mindern Brüdern St. Franzisci viel Gutes gethan, und als sie auf eine Zeit ihnen allerlei Nahrungsnothdürfte auf dem Markt eingekauft,[191] und derenthalben etwas zu spät nach Haus kommen, da ist der eifersüchtige Mann also hart mit ihr verfahren, daß er sie durch das ganze Haus dergestalten bei den Haaren gezogen, daß er ihr alle aus dem Kopf gerauft, und die arme Haut einen völligen elisäischen Glatzkopf bekommen, welches der Tröpfin nicht einen geringen Schmerz verursacht, forderist in Erwägung, daß sie die völlige Zierde ihres Haupts (auch fromme Weiber wollen halt auch schön seyn) so schmählich verloren. Daher die mindern Ordensgenossen St. Franzisci, worunter dazumal der berühmte Antonius Patavianus war, demüthigst ersucht, sie wollen doch, in Ansehung so vieler ihrem Kloster geleisteten Gutthaten Gott den Herrn für sie bitten, damit solcher ihr entblößtes Haupt wiederum möchte bedecken. Siehe Wunder! Gott wollte nicht unbelohnt lassen die Gutthaten, so diese Frau den Geistlichen gethan, sondern hat alsobald durch ein großes Wunderwerk gemacht, daß ihr alle Haare wiederum auf dem Kopf gestanden, und nicht das geringste Härl in Verlust gangen.

Von dem Sem, als einem Sohn des Patriarchen Noe, wird von den Dollmetschern göttlicher Schrift registrirt, was Gestalten derselbe noch auf der Welt etliche hundert Jahr im größten Glückstand habe gelebt, und als der Patriarch Abraham derenthalben ihn befragt, wie er doch solches um Gott verdient habe, gab er zur Antwort, wie daß er in der Arche seines Vaters Noe alle Tage den Thieren die Speise ausgetheilt, damit sie nicht vor Hunger verderben, in Ansehung dessen habe Gott also ihn stattlich auf der Welt beglückt.[192]

Wann dann der allerhöchste Gott nicht unvergolten läßt das Futter, so man den vernunftlosen Thieren darreicht, wie wird er erst belohnen die Gutthaten, so seinetwegen den Religiosen erwiesen werden? Es ist ein Herr, der heißt Ferdinand Trof, gar ein überaus guter Mann, der schickt, wo nicht alle Tage, wenigst alle Wochen ein reichliches Allmosen in ein gewisses Kloster, die Geistlichen heißen ihn ihren Bonefacium, der ist ihr anderer Fundator und Stifter, ihr bester Kurator und Prokurator, was der Joseph den Egyptern gewesen, das ist er diesen Geistlichen. Den Habakuk hat ein Engel bei dem Schopf genommen, und gleichsam mit Haaren dazu gezogen, daß er dem hungrigen Daniel das Koch gebracht, aber dieser Herr ist ein freiwilliger Gutthäter dieser Religiosen. Der Rab hat dem Elias bei dem Bach Karith nur allezeit ein Stücklein Fleisch und ein Brod gebracht, aber dieser Herr schickte ganze Ochsen und Kälber in das Kloster; das gibt besser aus. O! was große Verdienste sammelt sich dieser bei dem allerhöchsten Gott! der auch versprochen, daß er einen Trunk Wasser nicht wolle unbelohnt lassen. Dieser Herr Ferdinand Trof wird ungezweifelt bei dem heil. Martino, der auch den Armen zu Nutzen seinen Mantel zerschnitten, in der ewigen Glorie sitzen. Das wohl nicht, wegen so häufiger Allmosen kommt er nicht eine Spanne höher in Himmel, und darum, weil er nicht gut kordebonisch, weil ers nicht gut gemeint. Er heißt Ferdinand Trof, dieser Zuname zurück heißt fort. Er wollt gern fortkommen, zu einem höhern Amte steigen, besser und weiter promovirt werden, und[193] weil er weiß, daß einer oder der andere Geistliche viel bei Hof vermag, also bedient er sie bestermassen, spart keine eigenen Unkosten. Wann es nicht wäre, gedenkt er, ich wollt den Pfaffen nicht um einen Kreuzer Werth anhängen. Der ist ein sauberer Judasbruder, der unterm Schein des Allmosens und Freigebigkeit seine Ambition und Ehrsucht verbürgt. Gott dem Herrn ist fast keine Tugend angenehmer, als die Demuth, in welcher er sich, nachdem er die Menschheit hat angenommen, je und allezeit geübt, absonderlich aber war seine einige Ergötzlichkeit, wann er bei gemeinen und geringen Standespersonen sich konnte einfinden, wie er dann gleich nach seiner Geburt nicht große Fürsten, nicht adeliche Häuser, nicht Hoch- und Wohlgeborne zu sich berufen lassen, sondern gemeine Hirten auf den Feldern und Bethlehem, deren nach Aussage Rinandi vier gewesen, benanntlich Michael, Acheel, Cyriakus und Stephanus, welche dazumal, weil unversehens der Schnee zergangen, und die Erde augenblicklich die schönsten Blumen hervor gebracht, auch die Bäume mit den häufigen Blättern bekleidet worden, besagte Blumen und Blätter den Lämmlein um den Hals gebunden, und selbe fußfallend dem neugebornen Messias geopfert.

Christo dem Herrn ist in solcher Demuth nachgefolgt der wunderschöne Prinz Absalon, ein Sohn des großen Monarchen in Israel, massen solcher oftmals sich unter die Hauptpforten der königlichen Burg gestellt, und nicht allein alle ankommenden Landsaßen, auch die Bauern und Tagwerker freundlich bewillkommt, sondern dieselben sogar auch geküßt. Es[194] kommt ein Bauer mit einem verwirrten gewispelten Bart zu der Burg: Guten Morgen, sagt der junge Herzog, mein lieber Bauer, ich merk dirs aus dem Gesicht an, daß es dir nicht allerseits gut geht; gelt du hast eine Klag über deinen Pfleger? Gnädigster Herr, habt es just errathen; ach! das seynd schlimme Gesellen, die sagen allezeit: Die Bauern und Mehlsäcke haben eine Natur, wann schon ein Mehlsack scheint, als sey er leer, so man aber mit Prügeln daran und darauf schlägt, so staubt er gleichwohl etc. O mein Bauer! ich wollte von Herzen wünschen, es würde dir hierinfalls geholfen, und gibt ihm hierauf einen Kuß. Es kommt ein anderer israelitischer Bauer, den grüßt der Absalon gar freundlich, fragt anbei, ob er nicht eine Klage einreiche? Ja, antwortet der Bauer, ich klag über die Soldaten, das Quartier ist halt ein deiblisch Thier, jetzt erfahre ich es. Ich hab einen Soldaten im Haus, der mich neben dem, daß ich ihn in Allem befriedige, noch mit harten Streichen traktirt. Ein Solat und ein Soldat seynd fast einander gleich im Namen und im Werk, ein Solat schmiert das Maul, und ein Soldat schmiert den Buckel. Ei! ei! sagt der Herzog Absalon, das soll man auf keine Weise gestatten, Gott gebs, daß du armer Tropf eine Ausrichtung bekommst, und gibt ihm auch einen Kuß. Es kommt ein Handwerker nach Hof, den empfängt der Prinz Absalon ganz freundlich: Willkomm, mein lieber Meister, was Neues? Nichts Neues, gütigster Herr, antwortet er, sondern etwas Altes. Ich hab eine alte Schuld von diesem und diesem Edelmann zu prätendiren, und ich kann gar[195] nicht zur Bezahlung kommen, ich bin meines Handwerks ein Schmied, beschlage ihm sein Pferd schon etliche Jahr, wie ich vorgestern das Geld begehrt für das Beschlagen, so schlägt er mich die Stiege hinunter, das ist ja ein unbilliges Verfahren? Freilich, mein Meister, geschieht euch hierinfalls eine große Unbild, Gott gebs, daß man euch von Hof und Gericht aus an die Hand gehe, und gibt ihm auch einen Kuß. Es kommt mehrmal einer mit einem schriftlichen Memorial, den grüßt der Absalon ganz freundlich: Was ist euer Anbringen, mein lieber Mensch? Gnädigster Herr, antwortet dieser, es geht mir gar nicht wohl, es geschieht mir wie dem Esel, der mit dem Wolf ist vor Gericht gestanden; weil der Wolf etlichen Lämmlein Pelz abgezogen, und mit dem Fleisch seine Freßwampen gefüllt, ist er los und frei gesprochen worden, der Esel aber, um, weil er einem Bauern ein Stroh aus dem Schuh gezogen, ist zum Tod geführt worden. Man thut halt die großen Dieb pardoniren, und die kleinen stranguliren. Ich hab nur das und das gethan, da haben sie mich ärger gerupft, als der Geier eine Henne. Ich habe ein herzliches Mitleiden mit euch, sagte der junge Herzog, wünsche auch, daß euch möchte der erlittene Schaden ersetzt werden, und gibt ihm hierauf auch einen Kuß. Und das hat der holdseligste Prinz allen und jedem gethan, wodurch er bei männiglich wegen solcher Demuth also beliebt worden, daß ein Jeder in ganz Israel sein Leben hätte für ihn gelassen. Eine solche Demuth wird auch ohne Zweifel in den Augen Gottes einen großen Werth gefunden[196] haben? Nicht ein Haar groß, nicht das geringste Wohlgefallen hat Gott dem Herrn eine solche Demuth verursacht, aus Ursach der bösen Meinung; dann Absalon hat sich derenthalben also gedemüthiget, damit er das Volk auf seine Seite bringe, und der ehrgeizige Gesell desto leichter zu der Kron gelange, wie er dann solchergestalten einen allgemeinen Aufstand in dem ganzen Königreich erweckt hat. P. Desiderius ist etliche Jahre im Kloster, verricht alle Observanz und Ordenssatzungen, ist neben seiner großen Scienz und Wissenschaft so demüthig, daß er mit dem allergeringsten Geistlichen gern umgeht, es ist ihm wohl nichts oder gar wenig auszustellen. Ich glaube auch, der Mann sammle sich einen großen Schatz im Himmel. Es geschieht aber zuweilen, daß die Meinung weit anderst im Herzen, als das äußerliche Werk an sich selbst zeigt. Wann P. Desiderius sich derenthalben so wohl hält, sich darum so demüthiget, damit er einmal durch einhellige Stimm zu der Prälatur möge steigen und erhoben werden, wann er, P. Desiderius, desidero desiderat Praelaturam, und das Ascende Superius bei dem Evangelisten Lukas am 14. Kap. erwartet, sodann ist all seine Demuth nicht einen Heller werth, diese böse Meinung stürzt das ganze Werk.

Das Predigen ist gleichsam ein göttliches Werk, und verdienen apostolische Männer, so mit sonderm Eifer dem Volk das Wort Gottes vorgetragen, eine große Vergeltung und Kron im Himmel. Der rechte Schächer Dismas hat so unverhofft ein Ladschreiben bekommen von dem Heiland Jesu, welcher ihm noch[197] selben Tag das Paradies versprochen, was muß der Mensch doch haben Guts gethan? das ist sattsam bekannt, daß er sein Lebenlang ein Erzschelm und lasterhafter Böswicht gewesen, dort auf dem Kreuz, auf welches er als auf einem wohlverdienten Galgen gehenkt worden, hat er die Füß nicht können brauchen zum Wallfahrtengehen, dort hat er die Hände nicht frei gehabt, womit er etwa den Kranken im Spital hätte können dienen, dort hat er weder Geld noch andere Mittel gehabt, die er unter die Armen hätte können austheilen, dort hat er nicht Zeit oder Gelegenheit gehabt, den Leib mit harten Cilicien zu kasteien. Was hat er dann für ein gutes Werk geübt, wessenthalben ihn der Heiland unter die Auserwählten gestellt hat? Der hl. Chrysostomus spricht: Wie daß oftbenannter Dismas kurz vor seinem Tod habe einen Prediger abgeben, das Kreuz, worauf er gehangen, anstatt der Kanzel gebraucht, seinen Mitkammeraden möglichst zugeredet, daß er soll von seinem Gottlästern abstehen, und gedenken, daß er alle diese Strafen rechtmäßig verdient habe, entgegen der Herr Jesus von Nazareth ganz unschuldig dieses leide etc. Diese kurze Predigt hat dem Erlöser so wohl gefallen, daß er in Ansehen derselben dem Dismas das Himmelreich verheißen. Aliorum utilitatem cogitabat, et Magister pendebat in cruce, et sanis persuasionibus aliam invitabat ad vitam. Wann das Predigen nicht ein so herrliches Werk wäre, so hätte Paulus, als er in dritten Himmel verzuckt worden, nicht mehr zurückgekehrt; weil er hier vermerkt, daß sein Predigen der Welt noch länger[198] vonnöthen, als hat er Himmel lassen Himmel seyn, und wiederum ganz schleunig auf den Erdboden herunter gestiegen, damit er ferners das hl. Evangelium und Lehre Christi möchte ausbreiten.

Der hl. Joannes erzählt, wie daß Petrus bald nach der glorreichen Urständ Christi, nach seiner alten Gewohnheit sey fischen gangen, und mit ihm andere Jünger auch, aber nach aller angewandter Arbeit nicht ein Grätl gefangen, worüber der Herr Jesus ihnen erschienen, und befohlen, sie sollen das Netz einmal in seinem Namen auswerfen, welches sie auch urbietig vollzogen, und eine solche Menge der Fisch gefangen, daß sie gar das Netz nicht konnten erziehen, darauf ihnen der Heiland gesagt: bringet von den Fischen her, die ihr gefangen habt: Afferte, etc. Nicht allein die Apostel, sondern alle Prediger seynd von Gott bestellte Seelenfischer, denen am jüngsten Tag bei der Versammlung des gesamten menschlichen Geschlechtes der göttliche Richter sagen wird zu ihrer höchsten Glorie: Afferte, bringet von den Fischen her, die ihr gefangen habt, da wird Petrus erscheinen mit dem ganzen Judenland, welches er durch das Predigen zum wahren Glauben gezogen hat. Da wird sich Andreas stellen mit dem ganzen Land Achaja, welches er zum wahren Licht gebracht hat. Da wird Joannes mit ganz Asien aufziehen, welches durch seine Lehre das Gesetz Christi angenommen. Da wird Thomas mit den häufigen Indianern aufziehen, welche er mit Worten und Werken bekehrt hat etc. Da wird Antonius Paduanus erscheinen mit einer unglaublichen Menge Volks, die er alle mit seiner apostolischen Lehr[199] zur Seligkeit gebracht hat, als der so eifrig geprediget, daß ihm auch die Fische im Meere haben zugehört. Da wird Bernardus Senensis prangen mit unzählbaren Seelen, die er alle durch sein langwieriges Predigen auf den rechten Weg geführet hat, da wird es ihm zu größter Glorie gereichen, daß er zuweilen in seinen Predigten auch etwas Lustiges eingesprengt, dadurch die Adamskinder besser zu fangen, wie dann von ihm geschrieben wird: Cum jucundus sua ipsa natura esset, quam multa studio etiam gravissimis sententiis suis jucunditatis et facetiarum plena saepius intermiscebat, ut fastidiosos alias audientium animos talibus, quasi dulcibus pabulis recrearet, recreatosque proinde ita etiam attentiores efficeret etc.

Da wird ein Vicentius Ferrarius sich lassen sehen mit fünf und zwanzig tausend Juden allein, die er durch sein apostolisches Predigen in Spanien bekehrt; mit acht tausend Mahumedanern, die er zum allein seligmachenden Glauben gezogen, mit vier tausend offenen Sündern und bekannten Lastersleuten, die er alle durch sein Predigen zur Buß und Besserung gebracht, mit unzählbaren andern mehrern, die er mit dem Wort Gottes gespeist. Da wird ein Xaverius aufziehen mit einer halben Welt und zeigen, daß er auch dien Mohren habe können weiß machen und waschen. Da wird ein hl. Joannes von St. Fakundo aus unserm Orden, ein seliger Sanctus a Cora aus unserer Religion mit einer großen Anzahl der Menschen erscheinen, die sie alle durch ihre Predigten von dem ewigen Untergang erhalten, ja bisweilen so wunderwirkend[200] gewest, daß sie in Mitte des Platzregens geprediget, und doch niemand, obschon unter dem freien Himmel, von einem Tropfen benetzt worden etc.

Dort wird man sehen, daß nicht allein Moyses aus einem harten Felsen eine Brunnquell erwecket hat, sondern so viel Prediger mit ihrer eifrigsten Zunge ganze Thränen-Bäch geleckt aus den vorhero hartnäckigen Sündern: dort wird an Tag kommen, daß nicht allein Ezechiel ein ganzes Feld voll Todten-Beiner mit wenig Worten zum Leben erwecket, sondern auch die Prediger mit ihrer apostolischen Stimm ganze Länder vom ewigen Tod zum immerwährenden Leben gezogen. Dort wird sich Sonnen-klar weisen, daß nicht allein der Herr Jesus zu Kana das Wasser in Wein verwandelt, sondern auch die Prediger mit ihrer beweglichen Wohlredenheit manche gottlose Adamskinder in die frömmsten Diener Gottes verkehret. Eine Kerze, damit sie andern ein Licht spendire, auf daß sie nicht in eine Grube fallen, verzehrt sich selbst, und verschwinden ihre eigenen Kräfte; Eine Feil, damit sie von dem Eisen den schädlichen Rost abwetze, schwächt sich selbst, und schadet ihrer eigenen Wesenheit; Ein Wasser, damit es andere reinige, und von ihnen allen Wust und Unflath bringe, besudlet sich selbst, und schlägt seine eigene Lauterkeit in die Schanz; Eine Brücke, damit sie andere über den gefährlichen Fluß verhelfe, verschiefert sich selbst, und gehet nach und nach zu Grund. Also die Prediger, damit sie mit dem evangelischen Weibel den verlornen Groschen finden, damit sie mit dem guten Hirten das irdene Schäfel wieder zurück bringen, damit sie mit dem Joanne[201] dem Vorläufer zur Buß und Pönitenz ermahnen, verzehren sich selbst, schwächen ihre eigenen Kräfte, mindern ihre eigene Gesundheit durch Studiren und Komponiren, durch Schreiben und Schreien, durch Wachen und Schlaf-brechen; Wessenthalben sie als sorgfältige Seelen-Hirten, als unverdrossene Arbeiter in dem Weingarten der katholischen Kirchen, als emsige Mithelfer Gottes von dem Allerhöchsten absonderlich werden belohnt werden.

Es ist ein Prediger, der bereits viel Jahr mit höchstem Ruhm eine vornehme Kanzel versieht, seine Stimm ist nicht viel ungleich dem Posaunen-Schall des Kriegs-Fürsten Josue, mit dem einigen Unterschied, daß dieser die Stadt Jericho eingenommen, jener aber alle Herzen. Unter der Predigt des heil. Pauli hat einer geschlafen, und folgsam von oben herab sich todt gefallen, den nachmals der heil. Apostel wiederum zum Leben erwecket. Aber unter dieses Manns seinen Predigten wird hart einer schlafen, nicht daß ers soll besser machen als Paulus, aber seine Wohlredenheit hat eine so magnetische Wirkung, daß sie alle Gemüther an sich ziehet. Wie der heil. Ravennatische Bischof Raynoldus bei dem Fluß Padum eine Predigt gehalten, und die Frösch mit ihrem verdrießlichen Quäkitzen ihm nicht ein wenig überlästig waren, da hat er ihnen alsobald befohlen, sie sollten das Maul halten, welches auch unverzüglich geschehen. Ich muß bekennen, so lang ich noch diesem Prediger, wie es dann bereits etliche Jahr seynd, zuhöre, habe ich niemalen wahrgenommen, daß einer ein Wort unter der Predigt geredet, so aufmerksam ist das Volk, dann er ja eine[202] Manier hat, daß er auch trotz dem Orpheo möcht die Stein hupfend machen. Die Treid-Säck, womit des Patriarchen Jakobs Söhn in Egypten-Land gereist, und von Joseph seynd angefüllt worden, die haben sehr viel gefaßt, aber die Gedächtnuß dieses Predigers fasset weit mehr: aber wie ich höre, so ist er sehr emsig und unverdrossen im Studiren. Unser Herr Jesus hat vom Petro und andern seinen Kammeraden verlangt, sie sollen nur eine Stund wachen, dieser Mann aber schläft oft eine halbe Nacht nicht, er strappezirt die Bücher ärger, als der Prophet Baalam seine Eselin. Es thut ihm oft vor lauter Studiren der Kopf fast so wehe, wie dem Abimelech, da ihm ein keckes Weib ein Trumm von einem Mühlstein auf den Sächdel geworfen: Des Loth sein Weib ist in eine Salz-Säule verkehret worden, um weil sie die sündige Stadt angeschaut, ich muß es sagen und bekennen, daß das stattliche Koncept, so dieser Mann mit großem Fleiß zusammen fügt, sattsam an Tag geben, daß ihm an Salz und hohem Verstand nichts mangle. O! was große Belohnung wird er zu seiner Zeit von dem Allerhöchsten zu gewarten haben; Zweifelsohne wird er in der ewigen Glorie auf der Doktors-Bank im Himmel sitzen, er wird nicht eine geringere Kron haben, als der heil. Remigius, der in Frankreich geprediget, als der heil. Bonifacius, der in Deutschland geprediget, als der heil. Augustinus, der in England geprediget, als der heil. Adalbertus, der in Polen und Moskau geprediget, etc. Wann er allen Fleiß und Arbeit hat angewandt pur und allein wegen Gottes Ehr, und des Nächsten Heil, so bleibt[203] ihm derenthalben die ewige Belohnung nicht aus. Wann er aber gesucht hat auf Lateinisch, was der Bettler auf Deutsch im Wammes findt, wenn er darum so emsig gestudirt, damit er bei Männiglichen ein großes Lob erhasche, und man aller Orten von ihm rede, und mit Fingern auf ihn deute, wann er mehr auf das preußisch Leder gangen, als auf gut Kordebon, so gieb ich ihm so viel um seine Belohnung, als Petrus mit dem Fischen durch die ganze Nacht gefangen: Nihil. So ist dann die böse Meinung ein solcher Schaur, der alles gute Gewächs zu Grund richtet, die böse Meinung ist ein solcher Donner-Keil, der alle fruchtbaren Bäume zerquetschet, und in Asche leget, die böse Meinung ist ein solcher Wurm, der auch die grünen Kürbis-Blätter Jonä unverhofft abnagt.

Streiten wider die Unglaubigen und abgesagten Erb-Feind der katholischen Kirche, Hasser und Widersacher der Ehr und Lehr Christi, ist ein sonderes wohlgefälliges Werk. Ich glaube auch, daß der Herr und Heiland dem Petro hätte keinen Verweis geben, auch ihm den entblößten Säbel ins Leder zu stecken nicht befohlen, als er ihn so heldenmüthig wollte schützen, indem er den Malchum zwischen die Ohren gehaut, ich glaube der Herr hätte solche Eifer und Guraschi vielmehr gelobt, und hervorgestrichen, wann Petrus kein Geistlicher wäre gewesen, dem weit besser anständig das Brevier als das Rapier. Höchst löblich ist es, wann man Christi Namen und Glorie auch mit dem Degen in der Hand wider die Feind der Kirche tapfer und heldenmüthig verfechtet. Karolus Magnus der weltberühmte Kaiser hat dreißig ganze Jahre[204] einen scharfen Krieg geführt wider die Sachsen so dazumal im blinden Irthum lebten, und die Götzen angebetet, er hat auch bei Herresburg mirakuloser Weis den Sieg wider dieselben erhalten, als er den abgöttischen Tempel Hermensaul genannt, zu Boden geschleifet, und anstatt dessen dem wahren Gott einen Tempel aufgericht.

So ist auch nicht weniger bekannt jener tapfere Soldat in Spanien, der aus Eifer der christlichen Religion wider die Mohren gestritten. Dieser war sonst ein Deutscher, und von der Stadt Bonn unweit Kölln gebürtig, mit Namen Heinrich, welcher aus heiliger Meinung als ein gemeiner Soldat in Belagerung der Stadt Olisspon wider die unglaubigen Mohren unter der spanischen Armee gedient, auch in währender Belagerung daselbst das Leben verloren, nicht aber das ewige, sondern Gott wollte scheinbarlich zeigen, wie werth und wohlgefällig ihm sey gewesen das Fechten dieses Soldaten, massen bei seinem Grab die Stummen und Tauben ihre gewünschte Gesundheit erhalten; sogar ist aus seinem Grab wunderbarlicher Weis ein Palmbaum aufgewachsen, dessen Zweigel und Blätter ein Mittel für alle Krankheiten worden. Niernberg. Theopol. p. 2. l. 1. c. 2. Es streicht auch mit sonderm Lob hervor der heil. Paulus alle tapferen Helden des alten Testaments, wie da waren Gedeon, Parak, Samson, Jephte, David etc. um weilen selbe so ritterlich gestritten wider die Philister, Ammoniter, Chanäer, Madianiter etc. und andere Feind der göttlichen Gesetz.

Solcher Gestalten werden auch viel, die in diesem[205] langwierigen Krieg wider den christlichen Erb-Feind herzhaft gestritten, und ihr einiges Leben, so des Menschen meister Schatz auf Erden, ganz unerschrocken in die Schanz geschlagen, viel aus diesem in Ansehung so ritterlicher Thaten, werden ungezweifelt bei Gott eine große Glorie besitzen, ja viel, das ist wohl zu vermuthen, aber auch viel nicht. Es ist einer gewest mit Namen Martialis Neman, ein Offizier von unglaublicher Guraschi. Was David gethan bei der Festung Sion, das hat dieser zeigt bei Ofen, was Joab gethan bei der Belagerung Jebusa, das hat dieser gethan bei der Belagerung Erlau, was Jonathas gethan wider die Philister, das hat dieser gethan wider die Tartarn, was Josue gethan bei der Stadt Hasor, das hat dieser gethan bei Selanchement, man sahe nichts als Wunder und Wunden an ihm, er hat allezeit gefochten wie ein Löw, er hat gestritten wie ein Held, er hat gekämpft wie ein ritterlicher Soldat, derentwegen jetzt wird er Lohn und Kron im Himmel haben, jetzt wird er dessenthalben seyn in der Gesellschaft der hl. Machabäer, die auch beherzte Helden seyn gewesen, jetzt wird er nicht weit in der Glorie schweben von dem heiligen Soldaten Sebastian etc. Nichts dergleichen, mein Leser! Seine ganze Belohnung trägt nicht ein Quintel schwer. Er ist nicht in das Feld gezogen wider die Türken, als wolle er den Glauben Christi verfechten, und seine Feind vertilgen und ausrotten, sondern damit er sich einen Namen mache bei der Welt, dahero heißt er Martialis Neman, welches Wort zurück gelesen: Namen lautet, er hat darum so ritterlich gefochten, damit man aller Orten von[206] ihm rede, damit er einen Fuß setze zu höhern Dignitäten und Würden, und also eine Belohnung bei der Welt verdiene, nicht aber bei Gott. Das macht alles die üble Meinung.

Wallfahrten gehen, ist Gott dem Herrn und allen seinen Heiligen ein sehr wohlgefälliges Werk, und ist nicht eine neue papistische Invention, wie unsere Glaubenswidersacher ausgeben, sondern ein löblicher Brauch, so schon vor der glorreichen Auffahrt Christi her seinen Ursprung genommen. Es ist zwar allenthalben gut beten; Dann sogar das Gebet des geduldigen Jobs auf dem Misthaufen eines guten Geruchs gewesen. Gleichwohl aber hat der allerhöchste Gott ihm und seinen Heiligen einige Ort sonderlich erkiesen, allwo er forderist den bedürftigen Adams-Kindern seine Gnaden zu spendiren entschlossen. Das haben neben unzählbaren andern wohl gewußt der heil. Godrikus, der heil. Babo, der heil. Guthlakus, der heil. Gereus, der heil. Effrendus, der heil. Geraldus, der heil. Albertus, der heil. Peregrinus, der heil. Richardus, König in England, der heil. Kanutus, König in Dänemark, der heil. Wilibaldus, nachmals Bischof zu Eichstädt, der heil. Rochus, der heil. Nicolaus etc. Deßgleichen aus dem weiblichen Geschlecht die heil. Kaiserin Helena, die heil. Eudoxia, die heil. Melania, die heil. Paula, die heil. Brigitta, die heil. Hildegundis, die heil. Wiborada, die heil. pisanische Jungfrau Bona etc. Deren etliche nach Jerusalem, etliche nach Rom, etliche anderwärts hin an heilige Oerter Wallfahrten gangen, auch mit bloßen Füßen, auch in Cilicien und härenen Kleidern, und hat es Gott mehrmals[207] mit Wunderwerken bestätiget, wie wohlgefällig ihm das Kirchfahrtengehen. Gefallen hat es den göttlichen Augen, wie der große Welt-Monarch Karolus, der mächtigste Kaiser, mit einem Pilgrams Mäntelein und schlechten Stab nach Rom Wallfahrten gangen. Gefallen hat es dem Allerhöchsten, wie Herzog Albrecht aus Sachsen Anno 1476 (dazumal regierte der Doktor Lautter, und nicht todte Luther) mit noch zwei Fürsten und anderen Edel-Leuten nach Jerusalem Wallfahrten gangen. Gefallen hat es dem ganzen Himmel, wie Herzog Willhelm aus Bayern mehrmal in schlechtem und gemeinem Aufzug samt seiner frommen Frau Gemahlin Wallfahrten zu Fuß gangen, von ihrer Residenz-Stadt München aus bis nach Alten-Oetting. Gefallen hat es dem allmächtigen Gott, wie mehrmal Leopoldus, annoch glücklich regierender römischer Kaiser, die andächtige Wallfahrt verrichtet hat zu Maria-Zell in Steiermark, allwo noch das häufige Silber, Gold und Edel-Gestein sowohl den österreichischen Eifer, als dero Boden-lose Freigebigkeit an Tag geben. Wann das Wallfahrten nicht ein heiliges und heilsames Werk wäre, so hätte jener Bauer nicht augenblicklich den Fuß verloren, welcher annoch zu Freising in Bayern in der großen Dom-Kirche daselbst gezeigt wird, um weil er mit der Prozession nicht wollte Wallfahrten gehen nach Freising, sondern sich schimpflich verlauten lassen, er wollte ihm nicht einen Fuß zu Freising wünschen, worüber augenblicklich der Fuß vom Leib sich zertheilt, und von einem Hund dahin getragen worden.

Wann das Wallfahrten nicht ein rechtes und an[208] sich selbst ein löbliches Werk wäre, so hätten jene zwei Kapuziner solche große Gnad nicht gehabt, von denen da schreibt Lyräus in Trisag. Mari. l. 7. Als auf eine Zeit zwei fromme Religiosen, aus gedachtem Orden mit Erlaubnuß ihrer Obern, nach Maria Loreto in Italien Wallfahrten gangen, weil sie aber von der Nacht überfallen worden, und sie sich bereits in einem großen Wald und dicken Gehölz befunden, also haben sie sich entschlossen, ihre Herberg und Liegerstatt unter einem Baume zu nehmen. Da aber ein unverhofftes Ungewitter entstanden, und ein häufiger Platzregen gefallen, mußten sie Noth halber ein Dach suchen, worunter sie dem Ungestüme des Himmels möchten entgehen, wie sie dann in Mitte des Waldes bald eine sehr schöne und herrliche Behausung angetroffen, allwo sie nicht allein von der Hausfrau freundlich empfangen, sondern anbei gar wohl, und mit größter Lieb traktirt worden. Da nun in aller Frühe die guten Religiosen ferners ihre Reise wollten fortsetzen, und sich der großen empfangenen Gutthaten halber bedanken, da gab ihnen die Frau einen Brief, welcher in ein anderes Papier eingewickelt war, daß sie denselben wollten zu Loreto an gehöriges Ort überliefern. Wie nun die zwei Geistlichen etliche Schritte von dem Haus gewesen, da wollten sie sehen, wohin und an wem dann der Brief soll überantwortet werden, finden aber keine Ueberschrift, desgleichen auch ohne Insiegel, glaubten also, die gute Frau habe solches wegen Eilfertigkeit ihrer Reise vergessen, kehrten demnach schleunig wieder um, der Frau, als einer so großen Gutthäterin, dieses anzudeuten.[209] Es konnten aber zwei Kapuziner das Haus, welches sie nur etliche Schritte nach sich gelassen, auf keine einzige Weise mehr finden, und da sie die benachbarten Orte solches Hauses halber befragt, wußte niemand aus allen umliegenden Dorfschaften, daß einmal ein Haus wäre in dem Wald gestanden. Indem sie endlich den Brief eröffnet und gelesen, so war dieser Inhalt:


Ehrwürdiger Pater, ich hab mit sonderem Wohlgefallen deine Liebe und Andacht erkennt zu meinem lauretanischen Haus, und weil dir ist abgangen dasjenige, was zur Erhaltung des menschlichen Lebens nöthig ist, also habe ich dich nicht wollen verlassen, und werde auch niemals dir meine Hilfe weigern, wo es die Zeit und Noth erfordert.

Maria Jungfrau.


Aus welchem die vor Freuden fast zerflossenen Religiosen sattsam konnten abnehmen, daß ihnen die Mutter Gottes selbst solche Gutthaten erwiesen, in Ansehung ihrer vorgehabten Wallfahrt. Der Pater hat solches erst in seinem Todtbettl geoffenbart, den Brief dem P. Provinzial venetianischer Provinz eingehändiget, dieser aber denselben der Fürstin von Kamerino, als größten Gutthäterin ihres Ordens, verehret, Kraft dessen bereits viel Wunderwerke sich zugetragen.

So ist dann das Wallfahrten nicht allein rühmlich, sondern auch höchst nützlich und verdienstlich, beförderst wann man alle Ungelegenheiten, die auf der Reise nie abgehen, mit Geduld überträgt, alles gern[210] wegen Gott und seiner Heiligen leidet, und die Zeit mit eifrigem Gebet und wohl auch zuweilen mit geistlichem Gespräch anwendet, wie es gethan die hl. Brigitta, Königin von Schweden, welche mit großer Kasteiung ihres Leibes, samt ihrer Tochter Katharina, nach Jerusalem, nach Rom, ja nach Kompostel, eine harte, große, lange Wallfahrt verricht, und ihre Verdienste bei dem allmächtigen Gott hiedurch absonderlich vermehrt und vergrößert.

Theresia, ein lediges Mensch, stehet alle Jahr aus ihrem Dienst aus, damit sie nur mit der Procession könne gehen nach N., so eine sehr berühmte Wallfahrt, sechs Tage bringt man gar wohl zu auf dieser Reise, hohe Berge und tiefe Thäler, die hat man stets vor Augen, und müssen die Füße auf musikalische Art immerzu auf- und absteigen, wobei fast auch die mehrsten Suspiria sich einfinden. Die Theresia geht gleichwohl muthig zu Fuß, und steigt ganz munter die hohen Berge und Felsen hinauf, jedoch nicht ohne häufigen Schweiß, so ihr das jungfräuliche Angesicht wie ein edler Firniß beglanzet, Zweifelsohne sammeln die unsichtbaren Engel das mindeste Tröpflein dieses Schweißes zusammen, und werden es am jüngsten Tag in einer ganz guldenen Schaale öffentlich zeigen. Wann zuweilen ein Regenwetter einfällt, und von Bergen abgeschossenen Wasser den gangbaren Gehsteig überschwemmen, da gibt die Theresia eine Barfüßerin ab, verletzt aber mehrmals die unschuldigen Füß an den unhöflichen Steinschropfen, daß ihr das Blut die weißen Füß vermärmlet und schier scheinet, als hätte sie müssen durch einen egyptischen[211] Bach waten, dazumal, wie alle Gewässer unter dem Pharao in Blut verwandelt worden. Wer sollte es nicht glauben, daß der geringste Tropfen Blut, den sie auf währender dieser Reise vergießt, in den Augen Gottes nicht sollte kostbar seyn, als der allerbeste Rubin? Weil die menge des Volkes nicht kann mit Betten versehen werden, also begnügt sich die Theresl mit einem schlechten Stroh, so etwa schon einmal den Rossen und Kühen im Stall für ein Unterbett gedient hat. Die Rachel hat unter dem Stroh die guldenen Götzenbilder des Labans verborgen gehabt, da findet man zuweilen was anders etc. Alles dieses leidet die Theresl mit freudigem Muth, es wird aber schon einmal an Tag kommen, ob sie nicht mehr Verdienst hiedurch bekommen, als ein strenger Ordensmann, der Regel halber mit dem Strohsack muß Vorlieb nehmen. Begannt ist jene Geschichte, daß ein Engel alle Schritte gezählt, die ein Eremit von seiner Klause zu einem Brünnlein gethan, und solche Geduld dem Herrn aufgeopfert. Wird es also niemand widerreden, daß nicht diese Jungfrau solcher harten Wallfahrt halber und langen Wegs bei Gott dem Herrn eine große Summe der Verdienste, bei der Mutter Gottes eine Menge der Gnaden werde gesammelt haben. So viel als nichts, gar nichts hat sie von einem Recompens zu gewarten vom Himmel, wann ihre Verdienste in Haberkörnlein verwandelt würden, so hätte ein junger Spatz nicht einmal eine Kollation davon, die Ursache ist, weil sie nicht kordebonisch, sie hat die Wallfahrt nicht aus guter Meinung verricht, das Ziel und Ende ihrer Kirchenfahrt[212] war, damit sie mit der lieben Gesellschaft ihr Herz möchte in etwas kühlen. Zu Haus hat die Frau bald mehr Augen, als eine Klostersuppe. Ich möchte hundert Jahre bei ihr seyn, ich könnte nicht einmal mit einem jungen Gesellen reden, aber bei solcher Kirchenfahrt wird man bekannt, und haben schon mehrere Menschen auf der Kirchenfahrt das Glück gehabt, daß sie eine Heirath bekommen, kost es mich doch nicht viel, des Lebzelters Baberl wird alle Jahre Zehrung frei gehalten von diesem und diesem etc. Eine solche verwechselte Intention und Meinung schändet das ganze Werk, macht fruchtlos die völlige Wallfahrt, und da andere Kirchfahrter von Gott einen Lohn, da hat sie einen Hohn zu gewarten. Petrus hat den Herrn und Heiland öffentlich genennet einen Sohn des lebendigen Gottes und ist wegen solcher Bekenntnuß von Christo sehr berühmt worden, die Teufel haben desgleichen aus einer besessenen Person geschrieen, und den Herrn für Gottes Sohn ausgerufen, und dannoch derenthalben nicht gelobt worden, sondern der Herr hat ihnen noch ernsthaft befohlen, sie sollen das Maul halten. Warum aber dieses? Petrus und die Teufel haben gut geredt, haben gleich geredt, aber nicht gleich gemeint; dann Petrus hat es vom ganzen Herzen gemeint, die bösen Geister aber das Widerspiel. Und Gott erweckt nur, was gut und recht kordebonisch.

Cäsarius verzeichnet eine wunderbarliche Geschicht. Der böse Feind nimmt auf eine Zeit an sich die Gestalt eines sehr wackern Jünglings, und meldet sich an bei einem vorhin gewesten Kriegsoffizier, so dazumal ein kleines Gut auf dem Land besessen, bei demselben[213] in Dienst zu treten. Des Jünglings gute Gestalt und wohlgeschaffene Gebärden haben gleich ein Wohlgefallen verursacht, daß er vor allen andern ist an- und aufgenommen worden, und sich nachgehends so treu und emsig verhalten, daß mehrmals der Herr sich verlauten lassen, als habe er bishero dergleichen gute und anständige Dienstboten nicht gehabt. Nach etlichen Jahren hat es sich zugetragen, daß der Herr von seinen abgesagten Feinden dergestalt verfolgt worden, daß er auch mußte sich mit der Flucht salviren. Weil aber ein großer Wasserstrom ihm die fernere Flucht eingestellt, zugleich aber der nachstellende Feind ihm auf dem Rücken nahete, also wußte er nicht, wie er dieser äußersten Lebensgefahr könnte entrinnen. Der Diener aber hatte sich alsobald urbietig erzeigt, den Herrn ohne Schaden durch das Wasser zu salviren, so auch geschehen, und der nachkommende Feind sich nicht ohne höchste Verwunderung bestanden, daß er natürlich der Tiefe des Wassers nicht sey entronnen, sondern der lebendige Teufel müsse ihm hinüber geholfen haben, welches auch also war, jedoch ohne sein Wissen und Willen. Eine geraume Zeit hernach erkrankt auch tödtlich dieses Herrn Gemahlin dergestalt, daß ihres Aufkommens die wenigste Hoffnung nicht gewesen, bis endlich mehrbesagter Diener eingerathen, daß diesen gefährlichen Zustand zu wenden kein gewisseres und bewährteres Mittel sey, als eine frische Milch von einer Löwin, und die getraue er sich in einer halben Stund zuwege zu bringen, welches Versprechen auch der Ausgang bestätiget. Es mußte aber Wunder halber der Herr fragen, wo er doch in so[214] kurzer Zeit die Milch abgeholt? Dem der Diener geantwortet, daß er selbige aus dem etliche hundert deutsche Meilen entlegenen Arabien habe bekommen, allwo er eine Löwin bei ihren Jungen in einer finstern Hölle gemolken, und folgsam schleunig den Zurückweg wieder genommen.

Aus dem konnte der Herr unschwer vermuthen und abnehmen, daß solches nicht könnte natürlich seyn. Wer er dann sey? Ich, sagte der Diener, bin ein Teufel und einer aus denjenigen, so mit dem Luzifer aus dem hohen Himmelsthron verstoßen worden. Wann dem also, versetzt hinwieder der Patron, wie kommt es dann, daß du mir mit solcher Treu eine so langwierige Zeit gedient hast? Darum war die Antwort, weil ich meinen Aufenthalt gern bei den Menschen habe. Worauf der Herr ihm den Dienst aufgesagt, jedoch mit freiwilligem Anerbieten, er soll was begehren wegen seines bisher so lang und treu geleisteten Dienstes, welches er auch dankbarlich angenommen, und für alle seine bisher erzeigten Gutthaten nichts anders verlangt, als etliche Gulden, um welche man ein Glöcklein könne kaufen für die nächst entlegene Kirche auf dem Feld, damit die armen benachbarten Leute wissen, wann allemal der heilige Gottesdienst anfange. Der Teufel ist halben Theils heilig gewesen. Der Kerl, ob er schon unter die höllischen Larven gehörig, verdient eine Lobpredigt. Ein Glöcklein zu stiften, wodurch die Leut zum Gottesdienst und Predigt berufen werden, ist kein geringer Eifer. Dieser Teufel kann von Rechtswegen kein böser Feind benamset werden, um weil er ein so gutes Werk[215] übet. Der Teufel wird hoffentlich in der Hölle keinen Platz haben, massen er fromm, tugendsam und höchstens beflissen der Ehre Gottes. Diesem Teufel muß man anstatt der Hörner einen Schein auf den Kopf stellen. Nur das nicht, nichts weniger als dieses, der Teufel ist ein Schelm, niemals recht kordebonisch noch redlich. Dem äußerlichen Schein nach kann man fugsam dieses Werk nicht schimpfen oder verwerfen, aber seine Meinung ist weit anderst. Diese arme Kirche und Gotteshaus hatte wegen Mangel des Gelds keine Glocke, darum die Leute, weil sie nicht gewußt, wann der Gottesdienst anfange, meistentheils eine halbe Stund eheder kommen, und unterdessen ihr Gebet verricht, bis die heilige Meß ihren Anfang genommen; dem Teufel hat das lange Gebet des frommen Bauern-Volks nicht wenig Verdruß gemacht, gedachte demnach eine Glocke zu stiften, der gänzlichen Versicherung, es werde nachmals kein Bauer die Kirche drucken, bis man das andermal oder gar zusammen läutet.

Die drei weisen Könige aus Orient, nemlich aus Arabia, als benanntlich Melchior sechszig Jahr alt, Balthazar vierzig und Kaspar zwanzig, seynd durch Begleitung eines strahlenden Sterns in die vierzehen hundert welche Meil bis Bethlehem gereist, daselbst den neugebornen Messiam und Heiland angebetet, und ihn mit unterschiedlichen schönen Opfern beschenket; Diese Werk ist dem Himmel höchst gefällig gewesen. Herodes, der König zu Jerusalem, hat besagter Weise höflich ersucht, sie wollen ihm hoch die Freundschaft thun, und in ihrer Zuruck-Reis die Nachricht geben,[216] ob Messias geboren sey, damit er auch der Gebühr und höchsten Schuldigkeit gemäß denselben könne anbeten und verehren. Das war ja auch so heilig als immer gewesen der heiligen drei orientalischen Könige? Ja wohl nicht. Die drei haben es vom Herzen gut gemeint; Herodes hat zwar in Reden mit ihnen übereins gestimmt, im Herzen aber hat er es schelmisch gemeint, massen er Willens gewesen, den neugebornen Messias aus dem Wege zu räumen. So ist dann die böse Meinung eine Feuerflamme, welche auf einmal alles verzehrt und in die Asche legt, so ist sie dann ein kleines Steinl, welches die ganze große Bildnuß des Nabuchodonosor zu Boden wirft, und zu Scherben macht, so ist dann ein Scheer- oder Maulwurf, welcher ein ganzes Blumenbettl untergrabt und verwüstet, so ist sie dann ein Dieb, welcher zum höchsten Schaden und Nachtheil alles plündert und hinweg stiehlt.

Den Leib muß man nicht zärteln, weder glimpflich traktiren, bei Leib nicht. Dem Leib muß man nicht schön thun, noch schmeicheln, bei Leib nicht. Dem Leib muß man nicht in allem seinem Begehren willfährig seyn, bei Leib nicht. Die Juristen und Rechtsgelehrten pflegen ihr Buch, worin alle ihre Satzungen und Regeln verfaßt seyn, Corpus Juris zu nennen. Wir Menschen können gar füglich unsern überlästigen Leib Corpus injuriae heißen, dann ja niemand ist, dem der Leib nicht eine Unbild zufügt, darum das Wörtl Leib im Buchstabenwechsel Ibel lautet, auch das lateinische Wort Corpus, annagrammatice, Porcus ist. Darum nichts Neues, daß man mit dem Leib eine Sau aufhebt; in Erwägung dessen haben die[217] heiligen und eifrigen Diener Gottes den Leib mit allen erdenklichen Bußwerken sehr übel gehalten, und hart traktirt, und seynd sie gleichsam mit demselben verfahren, wie die Hebräer mit dem Heiland Jesu, da sie sämtlich aufgeschrien: Reus est etc. Er hats verdient, crucifigatur, fort mit ihm auf das Kreuz. Nicht anderst seynd umgangen die frommen Diener Gottes mit ihrem Leib, crucifigatur, da hat es geheißen, fort mit ihm aufs Kreuz, Geiseln und Peitschen her, Cilicium und eiserne Ketten um ihn, Fasten und Abbruch herzu, Hunger und Durst herbei, Mortifikation und Kasteiung über ihn, Reus est, er hats nicht anderst verschuldt.

In dem Salzburger Land neben andern merklichen Dingen ist forderist zu rühmen das stattliche Kasteibad, welches da wegen seiner wunderbarlichen Wirkungen sehr viel schwere Krankheiten und gefährliche Leibspresten abwendet; daher dasselbige nicht viel ungleich dem Schwemmteich zu Jerusalem, massen auch allhier multitudo lanquentium, eine Menge der kranken Leute anzutreffen ist. Die Kasteiung des Leibs ist so gesund als das Kasteibad, dann fast kein bewährters und heilsamers Mittel wider allerlei Seelenzustände als das Kasteien. Jener einfältige Phantast und Schalksjodel hat endlich so ungereimt nicht geredt, als ihm einer durch gewöhnliches Foppen gedrohet, er wolle ihn umbringen, er aber solchen bei der Herrschaft angeklagt, diese entgegen dem Lappen die Antwort geben, daß sie den Kerl, wofern er ihn solle niedermachen, ohnfehlbar nachmals wolle henken lassen. Herr! sagt dieser zum Fürsten, dieß verlange[218] ich nicht, sondern meine Bitte wäre, du solltest ihn einen Tag zuvor, ehe er mich umbringt, lassen henken.

Der Leib ist ein dummer und muthwilliger Gessel, droher immerzu und zwar im Ernst der Seele den Tod, daher es ganz rathsam ist, daß man solchem übermüthigen Böswicht ehender den Rest gebe, bevor er solches Uebel stift und vollbringt, und dieses geschieht durch die heilsame und höchst nöthige Kasteiung und Mortifikation, womit die Heiligen Gottes als mit dem besten Panzer bewaffnet allezeit den Sieg erhalten wider die Laster und schädlichen Anmuthungen des Leibs. Etliche Lehrer seynd der Aussag, daß Gott der Allmächtige den ersten Menschen Adam, wie er ihn vom Leim gestaltet, im Kreuz erschaffen habe, das ist, er habe ihn mit ausgestreckten Händen oder Armen auf der Erde formirt, und nachmals erst den Lebensgeist eingeblasen; sey dem wie ihm wolle, gewiß ist es doch, daß nie ein guter Geist oder frommes Leben in den Menschen komme, es sey dann, daß derselbe den Leib durch stete Kasteiung auf oder in das Kreuz lege. Wann man die Erde nicht immerzu mit Pflugeisen, Hauen und Krampen zwiefelt und plagt, und der Himmel nicht bisweilen mit einem starken Regen ihr den Kopf wäscht, so thut sie nicht viel Gutes. Daher die hl. Emilie aus dem Orden St. Dominici ihr Leib nicht ihr Gnaden gewest, sondern ihr Gestreng; indem sie ein ganzes Jahr hindurch neben andern gebotenen Kirchenfasttagen alle Frietag und Samstag in Wasser und Brod zugebracht, auch stets ein hartes Cilicium an dem bloßen Leib getragen.

Wann man das Eisen auf dem Ambos nicht[219] wacker knillt, und ihm mit dem Hammer nicht öfters eins auf den Buckel gibt, so wird nichts Rechtschaffenes daraus; daher die hl. Jutta, Wittib aus Thüringen, mehrmal vierzehn Tage nach einander ohne Speise und Trank gelebt, auch anbei mit Cilicien und öftern Geiselstreichen den Leib unbarmherzig zerfleischt, und ihm noch die bloße Erde für ein Bett kümmerlich vergönnt, welches Gott dem Herrn also wohlgefällig gewest, daß sie lang nach ihrem Tod, als sie angerufen worden, die Augen eröffnet.

Wann man das Buch nicht in die Presse sperrt, und es also zusammen zwängt, daß es möchte, dafern es könnte, Mordio schreien; wann man solches nicht mit dem scharfen Rundhobl also barbiert, daß ihm möchten die Augen übergehen, so wird ein plumpes Wesen daraus; darum die hl. Mathildis, so von etlichen Mechtildis geschrieben wird, und einen sehr heiligen Wandel in dem Obern Herzogthum Bayern geführt, weder Fleisch noch Wein genommen oder genossen, und noch darüber den Leib mit einer eisernen Kette also eingefesselt, und harte Geiseln mehrmals empfangen, das fast nie eine Stiefmutter im Brauch gehabt.

Wann man die Leinwath nicht mit einer scharfen Lauge zwagt, und ihr mit dem Waschblei nicht öfters einen guten Puf auf den Schädel gibt, auch sie dergestalten hin- und herschlingt, daß ihr möchte die Haut schauren, so wird sie die weiße Reinigkeit so bald nicht anziehen; daher die hl. Bona von Pisis aus Hetruria ihren, obschon unschuldigen, Leib dergestalten durch Kasteiung übel traktirt, daß er wahrhaftig[220] einen Leibeigenen mußte abgeben, so trägt sie beinebens am bloßen Leib einen eisernen Gürtel zur größerern Abtödtung ihres Fleisches, als man solchen Gürtel, wie sie selbst verlangt, nach dem Tode wollte zu einem Kruzifix schmieden, und sie aus dem Feuer auf den Ambos gezogen, auch bereits die Hämmer in die Höhe geschwungen, da ist solcher augenblicklich in ein wohlgestaltetes Kruzifix verwandelt worden.

Wann man die Brennessel nicht scharf mit den Händen antastet, und ihre Blätter nicht grob und hart reiben thut, so erfährt man bald ihre tückische Natur und hinterhaltenen hitzigen Zorn. Derenthalben die hl. Joanna, eine königliche Prinzessin aus Portugal, noch zu Hof unter der seidenen und guldenen Kleiderpracht ein scharfes härenes Hemd getragen, auf dem harten Boden ihre Liegerstatt genommen, und halbe Nächte auf bloßen Knieen im Gebet zugebracht.

Wann man dem Weinstock nicht immerzu die grünen Federn stutzt, ihm auch öfters das scharfe Rebenwasser zu kosten gibt, daß ihm die hellen Zähren herunter rinnen; wann man denselben nicht anbindet wie einen Uebelthäter und arrestirten Böswicht, so wird er nie gut thun. Deßwegen die selige Geradeska auch, von Pisis gebürtig, mit ihrem Leib also streng verfahren, daß sie ihm nicht einen Bissen Brod vergönnt, bis er täglich sechs hundertmal die Kniee in der Kirche gebogen, nachmals war sein ganzes Traktament, neben dem stetigen Cilicium, ein wenig Brod in Wasser gedunkt.

Nicht anderst haben ihren Leib kasteiet Magdalena[221] de Pazziß, Theresia a Jesu, Katharina Senensis, Klara von Assis, Klara de Monte Falco, meines Ordens, Luthgardis, Agatha de Cruce, Elisabeth Suena und unzählbar andere mehr, wodurch sie dann Christo Jesu dem himmlischen Bräutigam das höchste Wohlgefallen verursacht, und derenthalben eine sondere Krone und überschwengliche Glorie im Himmel erlangt.

So wird dann nicht weniger einen besondern Lohn und ewige Vergeltung zu gewarten haben eine gewisse Dame, ein hochadeliches Frauenzimmer N., welche gleichmäßig ihren Leib ziemlich hart kasteiet; dann erstlich trägt sie ein so enges mit starkem Fischbein eingezäuntes Leibstück, daß es ihr die zarte Haut zusammen zwängt, und oft überlästiger ist als ein rauhes Cilicium, nachmals pflegt sie fast nicht mehr zu essen als ein junger Spatz, der vor drei Tagen noch in der Eierschaale logirt hat, sie enthält sich gänzlich des Weines, unangesehen der Keller mit dem edelsten Rebensaft häufig versehen, sie mortifizirt die zarten Füße mehr als die Israeliter, wie sie vierzig ganzer Jahre durch die Wüste und ungangbare Wildnuß seynd gemarschirt. Sie leidet Frost und Kälte, und spielt fast öfters auf der Zittern als David auf der Laute; sie ist dem Wachen also ergeben und zugethan, daß sie vor Mitternacht niemal sich zur Ruhe begibt. Für alle diese Kasteiung wird ihr Zweifelsohne der gerechte Gott bezahlen, wie er bezahlt hat Emilie die Heilige, Jutta die Heilige, Mathildis die Heilige, Bona die Heilige, Joanna die Heilige, Geradeska die Heilige, ja, ja, wann alles dieses ihr Leiden und Mortifizirung wäre geschehen aus guter[222] rechter Meinung und heiliger Intention wegen Gott, so hätte sie einen ziemlichen Schatz der Verdienste bei einander; unterdessen aber, weil sie schlecht kordebonisch, hat sie so viel Lohn, und Kron und Thron zu hoffen, als man Speck findet in einer wohl aufgeräumten Judenkuchel, ich will sagen, nichts, und aber nichts, und wiederum nichts. Solche können sagen: Propter te (o diabole!) mortificamur tota die.

Daß sie ihren Leib hart gehalten, und denselben kompendioser Weise zusammen gezwungen, ist darum geschehen, damit sie ganz rahn hersehe, und nicht etwa einem böhmischen Hopfensack verwandt sey, sondern die Dicke eines Zuckerhuts nicht übertreffe. Daß sie so gemäß in dem Essen gewesen, ist darum geschehen, damit sie nicht in eine unangenehme Feiste gerathe, und nachmals einer nobilitirten Schmalzdose gleich und ähnlich sey; daß sie sich des Weines enthalten, ist darum geschehen, damit hierdurch die allzugroße Röthe in den Wangen vermieden, zugleich auch dem hervordringenden Webergranatl der Paß versperrt würde; daß die Füße in einem so strengen Orden getreten, und die Zehen über einander gewickelt wie einen Truttenfuß, ist darum geschehen, damit die kleinen Schuhel einen ledernen Zeugen sollen abgeben, daß ihre Füße so zart und klein, wie die Fußstapfen einer Bachstelze; daß sie mehrmals große Kälte und Frost ausgestanden, ist darum geschehen, damit ihren schneeweißen orientalischen perlfarbigen Hals alle können sehen und loben, darum ist sie nackend um den Hals gangen: daß sie die halbe Nacht mit Wachen zugebracht,[223] ist darum geschehen, damit sie dem papiernen Duell des Pamphili könne beiwohnen, in Summa: Gelitten hat sie gleich andern heiligen Jungfrauen und Frauen, deren Namen im Buch der Lebendigen verzeichnet, weil sie aber nicht aus guter Meinung gelitten wie dieselbigen also bleibt ihr des Teufels Dank.

Die Fremden beherbergen ist unter den guten Werken eines aus den vornehmsten, welches wohl gewußt hat der hl. Patriarch Abraham, der nicht allein alle ankommenden Gäste auf das Freundlichste empfangen und traktirt, sondern er ist selbst auf die Straße hinausgangen, hin und her seine Augen gewendet, ob nicht einige reisende Fremdlinge vorbei gehen, die er in seine Herberge könnte an- und aufnehmen. Auf eine Zeit sah er daher kommen drei Engel, die er aber für Fremdlinge gehalten und nicht erkannt, diesen ist er alsobald und ganz schleunig entgegen geloffen, selbe demüthig bewillkommt, und ihnen sein Haus und ganzes Vermögen in Kuchel und Keller freundlichst anerboten, und da sie anfangs die Einkehr weigerten, hat er dieselben bei den Händen und Kleidern gleichsam mit einer höflichen Gewalt mit sich gezogen. O mein Gott! wie wenig solche Abraham findet man der Zeit auf der Welt; man lauft einem nicht allein nicht entgegen, sondern er muß noch eine halbe Stunde an der versperrten Thüre fast wie ein Baumhäckl pecken und klopfen, bis endlich ein zottiger Fleckhaspel aus dem Fenster schreit, es sey Herr und Frau nicht zu Haus, da doch solche unterdessen mit schmutzigem Maul bei der Tafel sitzen. Abraham hat seine lieben Gäste stattlich traktirt, so hat sich auch derentwegen[224] die Sara, seine Gemahlin, sehr wacker in der Kuchel herum getummelt, so man sonst bei der hunderten nicht erfährt; dann sie gemeiniglich Gesichter schneiden, wie ich selbst wahrgenommen, daß auch die Bauern vor solcher Finsternuß möchten die Brunnen zudecken. Solcher Hospitalität und Freigebigkeit gegen die Gäste halber ist der fromme und gottesfürchtige Patriarch sattsam belohnt worden, massen ihm in Ansehung dessen wider alles Verhoffen in seinem erwachsenen Alter ein männlicher Erbe versprochen worden, dessen Saamen und Stammen den ganzen Erdkreis sollte anfüllen.

Loth ist nicht geringer gewesen in der Liebe gegen die Fremden; als er deren zwei auf eine Zeit erblickt, hat er sie nicht allein, wie er gewöhnlich pflegte zu thun, höflich komplimentirt, sondern anbei auch demüthigst ersucht, sie wollen doch die Einkehr bei ihm nehmen, und seine Armuth nicht verschmähen; als sie aber beide sich dessen bedankten, und sich verlauten lassen, daß sie schon wollen die Nacht hindurch unter dem freien Himmel Vorlieb nehmen, wollt solches der gute Loth auf keine Weise zulassen, sondern wie er vermerkte, daß sein höfliches Einladen nichts vermöge, da hat er sie beide beim Flügel genommen, und kurzum in seine Behausung geführt, compulit illos etc. Es wäre zu wünschen, daß mehrere wie Loth gesittet oder gesinnt wären, aber das Widerspiel zeigt sich öfters. Ich habe vor vielen Jahren, weil das Taglicht mich bereits verlassen, müssen um eine Herberg bitten bei einem Geschloß, welches ich unterdessen will Ubelhofen taufen; dann unmöglich scheinte,[225] daß ich meine Reise ferners könnte wegen einbrechender Nacht fortsetzen. In Abwesenheit der Herrschaft war die Audienz bei dem Dorfbarbier (vulgo Pfleger) gar schlecht, massen solcher sich entschuldigte, daß ihm die Herrschaft in seiner Raitung keine Unkosten gestatte einiger Gäste, so lasse es auch sein Vermögen nicht zu, dergleichen Leute aus seinem eigenen Beutel zu traktiren. Es war dazumal die österliche Zeit; aber auf solchen Bescheid ist mir mein Alleluja eingefallen. Die Frau Pflegerin scheinte eines bessern Humors, in Erwägung des so späten Abends, und hat mit ihrer Haus-Esoquenz so viel ausgerichtet, daß ich und mein Gespann unter das Dach seyn eigelassen worden, allein weil es dem gestrengen Herrn Pfleger nicht allerdings wohlgefällig gewesen, also ist das Nachtmahl ziemlich in dem abnehmenden Mond kocht wor den; jedoch die Frau Patentia hatte gute Zähne, womit sie das alte Kuhfleisch wohl hat können zermahlen; allein das Zimmer, worein uns der lose Pfleger mit allem Fleiß logirt hat, war fast unerträglich, massen es die ganze Nacht hindurch ein Turnierplatz aller Teufelsgespenster gewesen. Keiner aus uns konnte ein Auge zuthun, es scheinte, es thäte der tyrannische Nero alle romanischen Pferde in dem Zimmer herum tummeln; uns ist gewesen, als sitzen wir im einem diokletianischen Bad, ich glaubte kräftig, dieses Ort müßte des Obristen Luzifers Musterplatz seyn. Wir waren zwar mit Kreuz versehen, wie ein Betkramer, in Ansehung dieses so heiligen Zeichen wir auch den mindesten Schaden empfangen, allein der höllische Randevois hat uns dermassen abgemattet, daß wir[226] den bleichen Wachskerzen nicht ungleich gesehen, und welches das Uebel noch vergrößert, ist gewesen des Pflegers mehrmals vernommene Gelächter, als der sich hören lassen, es thut den Pfaffen wohl und habe vermeint, dergleichen geweihtes Gesindel soll sich vor den teuflischen Raubvögeln nicht entsetzen. Ich habe mich früh Morgens gar bei anbrechendem Tag per Synopsin bedankt, anbei aber gedenkt, wann ich der Patriarch Abraham wäre, so wollte ich ihn auch wiederum beherbergen.

Das sunamitische Weibl ist dießfalls weit höflicher und barmherziger gewest, indem sie dem Mann Gottes Elisäus nicht allein die Herberge angeboten, sondern ihm gar Hände angelegt, und nicht weiter lassen gehen, wessenthalben sie auch absonderlich von dem Allerhöchsten ist belohnt worden. Was Nutzen hat nicht jenes adeliche Haus noch, um weil es mit aller Liebe den hl. Franziskus beherberget? In dem Florentiner Gebiet ist noch auf den heutigen Tag ein Geschloß zu sehen, welches den Namen hat Montaut, und eine Wohnung ist einer hochadelichen Familie. So oft jemand aus besagtem Geschlechte stirbt, da erscheint allemal eine geraume Zeit vorher ober dem Geschloß eine sichtbare Flamme in der Luft, mit diesem Unterschied: wann besagte Flamme groß ist, so bedeutet es gewachsene und alte Leute, da sie aber klein hersieht, da bedeutet es kleine Kinder, kann also solchergestalt ein jedes aus diesem adelichen Haus sich wohl zum Tode bereiten, welches eine absonderliche Gnade vom Himmel, und hat solche durch seine große Fürbitte zuwege gebracht der hl. Franziskus von Assis,[227] um weil er etliche Mal im oftbenannten Geschloß die Herberg gehabt, und mit aller möglichsten Liebe gehalten worden. Mein hl. Vater Augustinus hat durch die Gutthaten, die er allen Fremden durch das Herbergen erwiesen, die großmächtige Gnad erhalten, daß Gottes Sohn und der Weltheiland selbst in Gestalt eines armen Pilgrams bei ihm die Einkehr genommen, und von ihm lassen die Füße waschen.

Der heilige Franziskus de Paula, der heilge Ivo, der heilige Gregorius Magnus, der heilige Leo, die heilige Elisabeth aus Ungarn, und unzählbare mehr haben von Gott eine absonderliche Vergeltung bekommen, weil sie die Fremden beherberget, und was Zachäus Christo dem Herrn gethan, wie er ihn in sein Haus aufgenommen, was Martha dem Heiland erwiesen, wie sie ihn in ihrer Behausung traktirt, was die zwei Jünger dem Seligmacher erzeigt, wie sie denselben in die Herberg hinein gezogen, das thut ein jeder, welcher die Fremdlinge, und forderist arme Geistliche, beherberget, und mit Lieb aufnimmt.

Der heil. Bischof Fortunatus hat auf eine Zeit den bösen Geist aus einer besessenen Person vertrieben, welches die höllische Larve in allweg verdrossen, auch allerseits gesucht, wie er diese angethane Unbild möchte rächen; zu solchem Ende vermascharirt sich der verdammte Geist in die Gestalt eines armen Pilgrams und Fremdlings, und ziehet mit weinenden Augen und großem Wehe-Klagen in der Stadt herum, vorgebend, was die Stadt für einen unbarmherzigen Bischof habe, als der ihm, armen Tropfen, nicht einmal eine Herberg vergonne, es rühre aber alles her von seinem[228] unersättlichen Geiz, als der bei den Pfaffen so gemein, wie bei den Juden ein dickes Krös, sie predigen wohl, sagt er, und rufen andere zur Gottes furcht, aber wie die Glocken im Thurm, so andere in Kirchen läuten, und kommen selbst nicht darein, das seynd Impostores und nicht Pastores etc. Was gilts, ein Welt-Mensch wird sich ehender meiner erbarmen, und mir verlassenen Menschen unter seinem Dach ein Winkel vergonnen, als dieser Beist die Schaaf. Solches Wehe-Klagen und Lamentiren hat ein Bürger, so gleich dazumal samt Weib und Kindern beim Feuer gesessen, vernommen, und ihn alsobald freimüthig in die Herberg an- und aufgenommen. Indem sie eine Weil mit einander geredt, da ergreift dieser vermascharirte Fremdling den kleinen Sohn des Bürgers, und schmitzt ihn mit solcher Gewalt in das Feuer, daß er alsobald den Geist aufgeben, worüber er auch verschwunden. O mein gerechter Gott! warum hast du solches Unglück über diesen so barmherzigen Bürger verhäng? Es ist ja ein sonders gutes, und dem Himmel wohlgefälliges Werk, wie sattsam zuvor bezeuget worden, wann man die Fremdling beherberget? Ja freilich, was dann? Allein dießfalls war es bei erstgemeldtem Bürger kein gutes Werk, aus Ursach, weil er keine gute Meinung gehabt, dann er ist die Zeit seines Lebens ein abgesagter Feind der Geistlichkeit gewesen, dessen Glifter noch mehr vorhanden: weil er gehört hat den fremden Menschen (ob er schon nicht gewust, daß er der böse Feind sey) daß er also schmähe und übel rede von den Geistlichen, also hat er ihn gar gern in die Herberg aufgenommen,[229] nicht aber aus guter Meinung, sondern damit er etwas Neues vernehme von den Pfaffen (also pflegen etliche Vernunft-lose Phantasten zu reden); weil dann dem Menschen die gute Intention gemangelt, also ist auch das Werk den Augen Gottes mißfällig gewesen.

Also thut der allwissende Gott nicht in Obacht nehmen, was der Mensch thut, sondern wie ers thut, er schaut auf den Kern, und nicht auf die Schäln oder Hilfen, der Kern ist die Meinung, die Schäln aber das Werk. Er schaut auf die Korn-Aehr, und nicht auf den Halm, die Aehr ist die Meinung, der Halm aber das Werk; Er schaut an den Schatz und nicht die Truhe, der Schatz ist die Meinung, die Truhe aber das Werk; Er Schaut an den Degen, und nicht die Scheid, der Degen ist die Meinung, die Scheid aber das Werk. Was hilfts, wann die Scheid gut, und der Degen rostig? Was nutzt es, wann die Truhe stattlich, und falsche Guldiner darin? Was tragts, wann der Halm hoch und grad, und die Aehr leer? Was bringts, wann die Schaalen gut, und der Kern wurmstichig? Was Verdienst, wann das Werk löblich, und die Meinung und Intention bös?

Gott der Herr hat das höchste Wohlgefallen an der Liebe und Einigkeit der Eheleute, und wann solche wohl mit einander übereins stimmen, so wird der Teufel ehender vertrieben, als durch die wohlgestimmte Harpfe des Davids. Wie der tapfere Kriegs-Fürst Josüa ritterlich gekämpft wider die Feind Gottes, auch bereits in Mitte des Siegs begriffen, ihm aber der anbrechende Abend verhinderlich scheinte, die Viktori[230] fortzusetzen, also hat er sich aus purem Vertrauen auf den wahren Gott unterstanden; der Sonne, diesem schnellen Tags-Licht, einen Arrest anzubieten, ja er hat ernstlich befohlen, sie solle stille stehen, und ihren gewöhnlichen weitern Lauf inne halten; desgleichen ist er auch verfahren mit dem Mond, er solle sich ebenfalls nicht ein Hand breit mehr bewegen; daß Josuä der Sonne einen Stillstand auferlegt, gehet hin, und wäre ihr Licht, den Tag zu verlängern, schon genug; aber aus was Ursach schafft er auch dem Mondschein, daß selbiger solle still halten? Abulensis gibt hierauf die Antwort, es wäre in dem Himmel eine große Unordnung gewesen, wann eines wäre gestanden, und das andere nicht, sey demnach rathsamer, wann eines gehe, daß auch das andere gehe, und wann eines stehe, daß auch das andere stehe etc. Was Sonn und Mond im Himmel, das seynd auch Weib und Mann im Haus, wie dann dem egyptischen Joseph nicht übel getraumet, als er im Schlaf gesehen, daß Sonn und Mond ihn verehren und anbeten, wodurch Vater und Mutter verstanden worden; wann nun er die Sohn ist als das größere Licht, und sie der Mond als das mindere Licht, so stehet es überaus wohl, wann sie beide einhellig seyn, und wohl zusammen stimmen, was eins will, das wolle auch das andere, wodurch die Gott gefällige Lieb und werthe Einigkeit im Ehestand erhalten wird.

Anno 1317 wurde zu Mainz im Kreuzgang der Dom-Kirche begraben Heinrich, mit dem Zunamen Frauenlob, dessen Leichnam von seinem Haus bis zu besagtem Ort lauter Weiber getragen, und ihn sehr[231] wehemüthig beklagt, die Ursach war, weil er in seinem Leben dem weiblichen Geschlecht zu Ehren und Ruhm viel schöne Lieder gedicht; unter andern Ceremonien ward so viel Wein auf sein Grab gegossen, daß solcher durch den Kreuzgang geflossen.

Diesem seynd die Weiber hoch verpflicht gewesen, aber noch mehr und weit mehr dem heil. Paulo, dieser apostolischen Welt-Posaune, massen er viel dem weiblichen Geschlecht zu Ehren und Nutz geschrieben: unter andern bringet und gibt er allen Ehe Männern folgende Lehr: Viri diligite Uxores vestras, sicut Christus Ecclesiam etc. Ihr Männer liebet eure Weiber, wie Christus seine Kirche.

Solcher Lehr ist fleißig nachkommen Herr Laurentius Schlaf, vorhin ein gewester Student und Präzeptor, welcher eine sehr reiche, jedoch alte Handels-Frau zur Ehe genommen, mit der er in größter Lieb und Einigkeit gelebt, unangesehen, sie den Alt gesungen, und mit dem zitternden Kopf den Takt geben, unangesehen, sie den Dezember in Haaren und Jahren gehabt, unangesehen, sie ein gefaltetes Gesicht gehabt, wie ein gestärktes Bauren-Krös, unangesehen, sie immerzu gehust, wie ein beladener Kramer-Esel, so hat er ihr gleichwohl allezeit das Placebo Domine gesungen: Wie sie pfiffen so hat er getanzet, wie sie gerissen, so hat er gemahlen, wie sie buchstabirt, so hat er gelesen, zum Ja, hat er den Kopf geneigt, zum Nein, hat er den Kopf geschüttelt, wann sie gelacht, so thät er schmutzen, wann sie geweint, so thät er sich betrüben, wollte sie trinken, so schenkte er ein, wollte sie paperlen, so legt er vor. O mein Herz![232] sagte er mehrmal, meine Veronika, es ist mir mein Lebetag Niemand so lieb gewest, als du, Gott und der Himmel ist mein Zeug, daß ich lieber wollt das Königreich Neapel verlieren, als dich, lieber wollte ich mich selbsten in die Zung beißen, als dich mit dem wenigsten ungereimten Wort beleidigen, man glaubt mirs nicht, aber es ist doch wahr, wann du von Zucker wärest, so hätte ich dir schon längst vor Lieb den Kopf abbissen. Aber da mußt du doch bekennen, daß wir beide bishero, Gott sey höchster Dank, in größter Lieb und Einigkeit die Zeit zugebracht.

O! was Verdienste hat nicht dieser junge Laurentius Schlaf gesammelt, daß er gleichwohl mit einer alten und betagten Frau die große Geduld gehabt, und den lieben Frieden, so meistens in einem ungleichen Ehestand zu Trümmern gehet, unverletzt gelassen? Abraham ein heiliger Ehemann, Noe ein heiliger Ehemann, Moyses ein heiliger Ehemann, Jakob ein heiliger Ehemann, Joseph ein heiliger Ehemann, Leopoldus, Henrikus etc. heil. Ehemänner, ungezweifelt auch dieser Herr Laurentius Schlaf? bei Leib nicht. Sein Zuname Schlaf heißt zurück gelesen Falsch. Die Lieb so er ihr gezeigt, war nur eine vermascherte Lieb, ein anders ist Ave Rabbi in Worten, ein anders Ave Raben-Vieh in der Meinung. Er hat wohl gesagt, willkommen mein Schatz, aber hat sich gedenkt, daß sie der Bader kratz, er hat sie ja freilich wohl mit keinem Wort beleidiget, aber nicht aus Antrieb der ehelichen Liebe, sondern aus Begierd der Verlassenschaft, die er von ihr gehofft, und folgsam hat er hiedurch weder Gott noch dem Himmel[233] gefallen, weil er nicht recht kordebonisch, das machte die böse Meinung.

Entgegen aber eine gute Meinung gibt allen Werken das Leben, den Werth und den Preis. Zu Jerusalem haben die Hebräer reichliches Allmosen in den Opfer-Stock des Tempels gelegt, silberne und goldene Münz hinein geworfen, die Pharisäer forderist haben ganze Händ voll Geld aus dem Sack gezogen, und damit den Stock angefüllt, so kam aber auch ein armes Weibel daher, so Alters halber keinen Zahn mehr im Maul gehabt, deßgleichen fast so viel Geld im Beutel, die arme Haut hatte ein abgeschabenes Küttlein an, daß einem ist eingefallen, der Jeremias wäre damit aus der Grube gezogen worden, massen die heil. Schrift sagt, daß er mittler alter Fetzen sey erlediget worden. Ihr geringer Aufzug gab sattsam an Tag, daß sie in ziemlicher Armuth und Bedürftigkeit, auch fast keine Zähn mehr im Maul vonnöthen habe, zumalen sie nichts hatte zu nagen und zu beißen etc. Dannoch hat sie zwei kupferne Haller auch in Stock hinein geworfen, und also ihr Opfer verricht. Der gebenedeite Herr und Heiland Jesus hat allen diesen Ceremonien im Tempel zugeschaut, und endlich diesen Ausspruch gethan, daß dieses arme Weibl mehr habe Stock gelegt, und weit reichlicher geopfert, als alle andern, dann sie hats gut gemeint, und solchen guten Willen und aufrichtige Meinung nimmt Gott anstatt des größten Werks an.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 6, S. 187-234.
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