Judas Iscarioth hat bei der Tafel des Herrn, wo die andern Apostel als so liebe und werthe Gäst gessen, einen groben und ungeschickten Bengelium abgeben.

[73] Abigail, eine aus den wackersten Weibern im alten Testament, als sie den begangenen Fehler ihres Manns des Nabals verbessert, und die von ihm gemachten Scharten wiederum ausgeschliffen, den David wieder mit ihrer guten Manier besänftiget, den vorher[73] ihr Mann, als ein grober Knopf ziemlich in Harnisch gebracht, die Abigail hat im Angesicht und Gegenwart des Davids ihren Mann einen Narren genennet: »secundum nomen stultus est.« Wann sie ihn zugleich hätt einen groben Bengel geheißen, so hätt sie ihm gar nicht Unrecht gethan; David war so höflich gegen ihn, und der Gesell war so flegelantisch gegen den David. Die ganze heilige Schrift beschreibet keinen so groben Limmel, als diesen Nabal etc. Aber ich finde, daß Judas Iscarioth um etliche Pfund gröber gewest, absonderlich wie unser lieber Herr bei der Tafel gesessen, wo er bald hernach das höchste Altargeheimnuß hat eingesetzt; dazumalen waren die anderen Apostel so modest und höflich, daß sie aus den Schüsseln gessen, so vor ihnen gestanden; unser lieber Herr aber hatte eine besondere Schüssel und Speis vor seiner, in welche Ehrbarkeit halber keiner aus den anwesenden Aposteln hat griffen, außer der Judas. Dieser ehrvergessene und gewissenlose Gesell war anbei so grob und unverschämt, daß er das Brod in die Schüssel des Herrn eingedunkt: »Qui mittit manum in paropside.« Deßgleichen ist er so grob und ungeschliffen gewest, daß er auch nach dem Essen das gewöhnliche Gebet nicht verricht, sondern nur das Maul gewischt und davon gangen. Der Evangelist schreibt, daß die Juden im Garten mit Schwertern und Stangen haben den Herrn angetast cum gladiis et fustibus; es ist aber ein Bengel auch dabei gewest, ja der Bengel ist vor den Stangen daher gangen, benanntlich der Iscarioth. Judas hat viel grobe Brüder bei der Tafel.[74]

Hans Peter, mit dem Zunamen Borg, sonst ein Kaufmann, der mit Holzwaar handelt, vulgo Schlegel, hat diese sträfliche Unmanier und häßliche Gewohnheit an sich, daß er allemal pflegt zum Essen zu gehen, ohne vorhergehendes Tischgebet, welches fürwahr einem Christen sehr übel anständig, zumalen Türken und Heiden, bevor sie zur Tafel sitzen, ihr gewisses Gebet verrichten. Diesen Gesellen kenn ich, du auch, und er auch, lies nur den Zunamen Borg zurück, so heißt es Grob. Es ist gewiß die erste Grobheit, so man bei der Tafel begehet, wann das Gebet ausgelassen wird.

Jacquerius Kap. 8. erzählt von der Zusammenkunft der Hexen, wie dann in seiner Gegenwart sehr viel haben ausgesagt, wann sie der böse Feind tractirt, und ihnen eine Freitafel hält, bei der er gemeiniglich verblendete Speisen aufsetzt, und mehrmalen von einer Rabengefletten und Schinderplatz seine Trachten hernimmt, so müssen sie doch allemal vor und nach der Tafel ihr Gebet verrichten, welches zwar nicht bestehet in einem Lob Gottes, sondern vielmehr in Preisung und Verehrung ihres Liebsten des leidigen Satans. Wann nun solches der verdammte Lucifer von seinen Gästen erfordert, die er doch überaus schlimm traktirt, wie viel mehr gebühret es sich, daß wir unsere Händ aufheben zu Gott, und ihn eifrigst bitten um die tägliche Nahrung, ihn bitten, daß er uns dasjenige, was auf die Tafel getragen wird, wolle dergestalten segnen und benedeien, damit es uns zur Gesundheit und Leibsnahrung gedeihen möge.

Der heilige Chrysostomus, dieser große Lehrer,[75] nachdem er viel heilsames gehandlet hat von dem Tischgebet,. Hom. 2. de ann., setzt endlich diese Wort hinzu: »Ubi Precatio et gratiarum actio, eo Sancti Spiritus advenit gratia, et abiguntur daemones etc.« Wo man vor und nach dem Essen pflegt fleißig zu beten, dort findet sich die Gnad des heil. Geistes ein, und werden die bösen Feind vertrieben. Gewiß ist es, daß mehrmal die bösen Feind oft ganz unsichtbar, mehrmal aber in Gestalt der kleinen Mucken und Fliegen auf die Speisen und Schüsseln sitzen, und in allweg suchen, dem Menschen zu schaden, wie dann dergleichen Geschichten in der Menge beizubringen wären, da etliche in einer Speis, andere in einem Trunk den lebhaften bösen Feind haben in sich genommen.

Der heiligmäßige Mann Thomas Kempensis erzählet selbst, daß zu Kampen ein Weib mit einem großen Krug sey auf den Markt gangen, und daselbst für sich und die ihrigen eine Milch einkauft; wie sie nun unterwegs nach Haus ein Durst ankommen, so hat sie sich niedergesetzt, des Willens, einen guten Trunk zu thun; als sie aber zuvor das heilige Kreuzzeichen darüber gemacht, da ist augenblicklich dem Krug mit großem Krachen der Boden ausgebrochen, dergestalten, daß alle Milch auf die Erde gefallen, woraus man augenscheinlich konnte muthmaßen und wahrnehmen, daß sie gar gewiß, dafern das Kreuzzeichen wäre ausgelassen worden, hätte den bösen Feind hinein getrunken. Gesetzt aber, daß nicht allemal der verdammte Böswicht, zumalen es öfter die göttliche Gütigkeit verbietet, durch die Speis und Trank in den Menschen[76] einfährt, so pflegt er doch meistens die Speisen also zu verungesunden, daß sie gar oft den Menschen zu Leib und Seel schädlich fallen. Thom. 3. part. Serm. ad. nov. Serm. Allem solchen Uebel vorzukehren, ist nichts rathsamers, als das heilige Gebet vor dem Tisch, abiguntur daemones, kraft dessen solche Feind vertrieben, und all dero Macht vernichtet wird.

In Malleo Malefic. P. 2. C. 3. ist zu lesen, daß eines sehr reichen und wohlhabenden Mannes sein Weib eine Hex gewest, welche öfters bei nächtlicher Weil auf der Teufelspost zu ihrem Tummelplatz und Zusammenkunft gefahren; nachdem solches der Mann merklich wahrgenommen, und ihr ernsthaft gedrohet, daß er sie wolle bei gehörigem Gericht andeuten, wofern sie ihn nicht wolle mit sich führen; dem sie es auch, jedoch mit Erlaubniß ihres schwarzen Gespons, willfährig zugesagt, auch gleich den andern Tag das schöne Fuhrwerk angestellt; als nun der Mann an gedachten Ort angelangt, und gleich zu der stattlichen Tafel als ein fremder Gast gesetzt worden, da hat ihm zwar die Menge der Trachten nicht übel gefallen, allein es dunkten ihm die Speisen meistentheils gar abgeschmackt zu seyn, begehrte demnach öfter ein Salz, und ob es zwar dießfalls ziemlich langsam hergangen, so ist doch endlich eines aufgesetzt worden, worin er alsobald mit dem Messer gegriffen, und zugleich gesagt, Gott sey Lob, weil nur einmal ein Salz vorhanden; kaum daß er diese kurzen Wort ausgeredt, da ist alsobald alles verschwunden, und er nackend und bloß auf einem ausgedorrten Hügel gesessen; als er nachmals einige Hirten daselbst gefragt, an[77] was für einem Ort er sey? bekam er die Antwort, daß unweit davon die Stadt Benevent in dem Königreich Neapel entlegen, und folgsam hundert welsche Meilen von seinem Vaterland etc.; diese schlimme Her hat nachgehends den verdienten Lohn empfangen.

Wann dann der böse und höllische Feind sogar die drei kurzen Wörtel: »Gott sey Lob!« nicht hat können gedulden, sondern sich derenthalben in die Flucht begeben, wie viel weniger hat er Statt und Platz bei der Tafel, wo man eines und anderes schöne Tischgebet verricht, wo Vater und Mutter, wo Söhn und Töchter, wo Diener und Ehehalten mit aufgehebten Händen um den Tisch stehen, und um den göttlichen Segen mit lauter und heller Stimm bitten, da muß freilich des bösen Feindes Gewalt alle zu Wasser werden, da spendirt der Himmel von oben herab eben denjenigen Segen, den er geben hat über den Tisch des Abrahams, wie er die drei Fremdlinge gastiret. Eben denjenigen Segen, den er geben hat über das Koch, mit dem der Habakuk den Daniel in der Löwengrube gespeist hat; eben denjenigen Segen, den er mitgetheilet hat dem Elisäo, wie er seine Freund auf dem Acker mit Schlachtung zweier Mastochsen traktirt hat; eben denjenigen Segen, den er geschickt hat über die fünf Gerstenbrod und zween Fische, womit der Herr Jesus fünf tausend Männer gesättiget, da heißt es eigentlich: Geseng Gott, Deus benedicat conducat.

Majolus erzählet eine gar artliche Geschicht: einer mit Namen Joannes Nollens, seines Stands ein vermöglicher Bauer, aber dem steten Schlemmen[78] und Luderleben also ergeben, daß bereits seine Hauswirthschaft einen merklichen Schaden gelitten, nachdem solcher auf eine Zeit etliche Tag mit den nassen Burschen im Wirthshause zugebracht, und ziemlich berauscht nach Haus kommen, da wollt er, unangesehen es schon spät in der Nacht, noch kurzum zu essen haben, welches dann ihm das ungeduldige Weib, mehrers Uebel zu vermeiden, nicht abgeschlagen; als nun das Essen auf dem Tisch gestanden, da wollt er in allweg, es soll Weib und Kinder zu ihm sitzen, welches sie aber ihm gänzlich geweigert mit Beisetzung etlicher Schmälwort, daß er mit seinem unmäßigen Leben alles das Seinige anwehre und verzehre; wollt ihr nicht, sagt er weiter, mit mir zu Nacht essen, so kommen dann so viel Teufel, als euer allhier in der Stube seyn, und nehmen mit mir das Nachtmahl ein; kaum war das ausgeredt, so seynd alsobalb sieben höllische Larven und abscheuliche böse Feind bei dem Tich gestarden, welche mit feurigen Augen den berauschten Weinschlauch angeschaut, über welches er dann fast halb todt und ganz redlos worden; nachdem er sich wieder in etwas erholt, so fragt er ganz beherzhaft, was sie hier zu thun haben? er bekommt die Antwort, daß sie von ihm zu dem Nachtmahl geladen seyen; wohlan sagt er weiter, wann ihr doch Lust habt zu essen, so wascht aufs wenigst ihr groben Flegel die Händ, als die voller Wust und Unflath seynd; diese kommen dem alsobald nach, und setzten sich folgsam zum Tisch, und wollten allbereits in die Schüssel greifen; holla, schreit der Bauer, ihr ungeschliffenen Tölpel, wißt ihr dann nicht, daß man zuvor soll das Vater unser beten,[79] welches unser Herr Jesus Christus hat eingestellt.; unterdessen hat das Weib, so dem ganzen Spektakul gegenwärtig, inniglich zu Gott gerufen, daß er ihr Haus doch möcht von diesen Gästen frei machen; der Bauer begehrte mehrmal und öfter, sie sollen, wann sie ja wollen Vorlieb nehmen, das Vater unser beten, welches der Herr Jesus vorgeschrieben, oder sie sollen sich zum Haus hinaus keien, worüber dann diese verdammten Geister, um weilen der Name Jesus und das Tischgebet ihnen so oft zu Ohren kommen, gänzlich verschwunden, außer einem, der sich hinter den Ofen retirirt, den aber der Bauer ohne einige Furcht ganz trotzig angeredet, wie daß er ihn nicht geladen habe, daß er soll hinter den Ofen hocken, sondern er soll sich zum Tisch setzen, aber vorher, wie es in seinem Haus gebräuchlich, auch das Tischgebet verrichten; weil er aber hierüber keine Antwort konnt erhalten, also stund der Bauer auf, ergreift die Kunkel seines Weibs, und schlägt auf den Teufel zu, über welches er dann auch verschwunden, aber einen unleidentlichen Gestank hinterlassen, daß Mann und Weib eine Zeit lang derentwegen eine große Krankheit mußten ausstehen.

Aus allem diesem ist unschwer abzunehmen, wie abhold der böse Feind dem Gebet sey, welches die sterblichen und menschlichen Adamskinder vor dem Essen pflegen zu verrichten. Neben diesem schreibt ferners obangezogener heil. Chrysostomus: Convivium quod a praecatione cepta in praecationem desinit, nunquam deficit, sed quovis fonte uberius nobis omnia afferet bona, wann man[80] das Essen mit dem Gebet anfangt, und mit dem Gebet endet, so wird man sehen, daß uns Gott seinen Gegen augenscheinlich werde mittheilen; man wird spüren, daß das Treid auf dem Kasten, der Wein im Keller, das Schmalz in der Tesse, das Salz im Küffel, das Brod in der Schublade, und benanntlich alle anderen Lebensmittel werden länger dauern und bleiben. So muß dann derjenige wohl ein grober Knopf seyn, der unsern lieben Herrn nicht vor dem Essen bittet, der uns so freigebig mit Speis uns Trank versieht.

Hans Morgensau mit dem Zunamen, ein Leinweber zu Büffelshausen, hat einen ziemlichen Vorrath von allerhand Leinwand, aber lauter grobe, dieser hat eine spöttliche Manier an sich, daß er beim Tisch allzeit der erste in der Schüssel, und nicht kann ersättiget werden. Diesen Schlenken kennen wir alle, und ihr alle, und sie alle, er heißt Hans Gras Sus, und dieß die andere Grobheit, Grassities, die man bei der Tafel begehen kann. Wunder über Wunder hat Gott der Allmächtige gewirket mit dem Volk Israel, wie er dasselbe von der harten Dienstbarkeit des egyptischen Königs Pharaonis gezogen; Wunder über Wunder! wie dann beim Tag allezeit als eine schattenreiche Wolke ober ihnen thäte schweben, damit sie nicht zu viel von der übermäßigen Sonnenhitz möchten leiden, bei der Nacht aber wie eine feurige Wolke voran gangen, und nicht anderst, als ein Diener, als ein Lakei mit einer Torschen oder Fackel voran geleuchtet.

Wunder über Wunder! indem durch sondere göttliche[81] Hülf ganze vierzig Jahr dem gesamten Volk nicht ein Faden an den Kleidern zerrissen; sie brauchten vierzig ganze Jahr keinen Schneider, vierzig ganze Jahr keinen Schuster, vierzig ganze Jahr keinen Weber, vierzig ganze Jahr keinen Kürschner, vierzig ganze Jahr keine Näherin, vierzig ganze Jahr keine Wäscherin, denn alles blieb schön, sauber, ganz, also daß der Haderlumper bei ihnen keine Waaren zu kaufen hätte, ja sogar die Kleider sind mit den Kindern gewachsen.

Wunder über Wunder! wie Moses mit seiner so viel wirkenden Ruthe aus dem harten Felsen einen so frischen Geseng Gott heraus gelockt, consequente eos Petra, und ist solcher Felsen stets mit ihnen gemarschiret, daß, wo sie seynd an einen Ort kommen, sie allezeit mit einem frischen Trunk versehen gewest.

Wunder über Wunder! wie ihnen Gott auf ihr muthwilliges Begehren eine solche Menge der Wachkeln geschickt, daß unangesehen deren drei Million, das ist dreißigmal hundert tausend Menschen gewest, und so ein jeder alle Tag vier und vierzig Wachteln hätte verzehrt, gleichwohl einen ganzen Monat hätte kleckt.

Wunder über Wunder! wie sie nachgehends verschuldtermaßen der gerechte Gott mit so vielen Schlangen geplagt, und sie von dero Bissen dergestalten erhitzt worden, daß sie vor Durst mußten sterben; sobald aber Moses von Metall oder Erz eine Schlang gießen lassen, und selbige erhöht, so dazumal schon war eine Figur und Vorbildung des gekreuzigten Jesus, so seynd alle Menschen durch das bloße Anschauen besagter Schlange wieder gesund worden.[82]

Unter anderem Wunder dazumal in der Wüste war nicht das geringste das so häufige und wohlgeschmacke Manna oder Himmelbrod, mit dem sie Gott von oben herab gespeist, und sie solches alle Tag, den Samstag ausgenommen, in der Frühe mußten sammeln, und gar wunderlich ist dieß, daß etliche gefräßige Gesellen so viel gesammlet, daß sie glaubten, es sey mehr als ein Strich oder Landmetzen, etliche aber so wenig, daß sie vermeinten, es sey kaum ein halbes Pfund; wann es aber zum Messen kommen, so haben sie nicht ohne Verwunderung gefunden, daß einer so viel habe, als der andere, ein jeder das Maß, benanntlich Gomor, bei diesem Maß mußten sie bleiben; Gott hat ihnen gern vergönnt das Essen, hat es ihnen von Herzen gesegnet, aber das Manna mußte genossen werden mit einer Manier, mit einem Maß, nicht mit einer Unmäßigkeit.

Essen gehet hin, aber nicht also schlicken wie der Wallfisch, so den Jonas auf einen Brocken zu sich genommen; trinken gehet hin, aber man muß nicht werden, wie dazumal der Himmel gewest, als Gott denselben dem Abraham gezeigt: »Numera Stellas etc.; siehe hinauf gen Himmel, und zähle die Stern, wo du kannst,« Gen. c. 15., dazumal war der Himmel sternvoll. Essen gehet hin, aber nicht wie jene dürren Rinder in dem Traum Pharaonis, so sieben fette Ochsen auf einmal verzehrt haben. Trinken gehet hin, nicht aber wie jene Bedienten bei der Hochzeit zu Cana in Galliläa, welche die Krüg also angefüllt, usque ad Summum, daß nicht ein Tropfen mehr hinein gangen. Essen gehet hin, aber nicht wie[83] die Israeliter, welche ihre Wanderbündel in Egypten also angefüllt und angeschoppt, daß sie solche kaum konnten zubinden. Trinken gehet hin, aber nicht wie jene Soldat des Kriegsfürsten Gedeonis, so sich gar auf die Wampen niedergelegt, und aus dem Fluß getrunken. Essen gehet hin, aber nicht wie jene Schiffmacher zu Salzburg, so von frühe an bis auf die Nacht allezeit schoppen, und darum die Schopper genennet werden. Trinken gehet hin, aber nicht wie ein Mühlrad, so den ganzen Tag will naß haben. Essen gehet hin, aber nicht wie jenes wilde Thier, von dem Jonstonus schreibet, welches sich zwischen zweien engen Bäumen durchzwängt, und also den Unflath von sich treibt, damit es wieder einen leeren Bauch zum Fressen gewinne. Essen und Trinken gehet hin, aber alles mit Manier, mit Maß, mit Maß, mit Manier.

Wie unser lieber Herr die Apostel ausgesandt hat, das hl. Evangelium zu predigen, du hat er ihnen unterschiedliche Regeln und Weis' vorgeschrieben, wie sie sich sollen halten; unter andern gab er auch diese Lehr: wann ihr in ein Haus hinein gehet, und thut wahrnehmen, daß ihr angenehm und willkommen seyd, so esset, was man euch aufsetzt: »manducate, quae opponuntur vobis etc.« Er hat ihnen nicht vorgeschrieben, daß sie lauter Kraut, Erbes oder Linsen sollen essen, sondern was man euch aufsetzt, wie es meinen Jüngern, Aposteln und Nachfolgern wohl anstehet, wanns auch gute Schnappbissen sollen seyn; esset wie es meinen lieben Dienern wohl anstehet, ich vergönne euchs, aber mit Manier, mit einem Maß,[84] was die Nothdurft erfordert, was euch gesund und gedeihlich ist.

Eine Grobheit ist es, wann einer so viel Speis in Bauch nimmt, als das trojanische Pferd Speis Bauch gehabt; eine Grobheit ist es, wann einem das Maul so schmutzig, wie das Wammes eines Flecksieders; eine Grobheit ist es, wann einer Magen halber kann ein Magister genennt werden; eine Grobheit ist es, wann einem das Maul beschaffen, wie eine Marketenderkuchel; eine Grobheit ist es, wann einer beede Backen zuricht, daß sie zween Schmeerlaib gleich sehen; eine Grobheit ist gewest, wie jener einen ganzen kälbernen Schlegel auf seinen Teller heraus genommen; und wie ihm nachmals solcher durch seine ungeschickte Weis' unter den Tisch gefallen, so hat einer aus den Gästen aufgeschrien, man soll Acht haben, damit die Hund nicht darüber kommen, worauf dieser Vengelius alsobald geantwortet, es. sey derentwegen seine Gefahr, dann er trete schon mit dem Fuß darauf. Eine Grobheit ist gewest, als man eine Butter auf die Tafel getragen, und der Meister gar manierlich etwas davon geschnitten, welchem der Gesell gleich nachgefolget, und auf der andern Seite, weil er ihm entgegen gesessen, auch eine Portion hinweggenommen; der Meister aber ermahnte ihn, er soll auf der Seite abschneiden, wo er abgeschnitten; es ist nicht vonnöthen, sagte der Gesell, wir wollen ohnedas schon zusammen kommen etc., er wollt halt die Butter gar verzehren. Eine Grobheit ist es, wann man in die Schüsseln und Speisen fällt, wie die lasterhaften Hebräer Christum den Herrn haben im Garten[85] angefallen, wo ohne alle Ehr und Manier einer da der andere dort mit Gewalt angegriffen.

Michael, mit dem Zunamen der Dauerhafte, seiner Profession nach ein Gaukler, hat die Art an sich, daß er mehrentheils seine Kunst beim Essen und Trinken probirt, forderist aber zieht er allerlei Sachen aus dem Maul heraus, bald speit der wilde Dieb eine Scheer, bald etliche Ellen Bändel, bald etliche hundert Spennadeln und Glufen, bald einen Brocken Pech, pfui etc. Ich weiß, wer dieser ist, Dauerhaft will so viel sagen, als grob. Durch die Scheer verstehe ich ehrabschneiderische Wörter; durch die Bändel allerlei Verknüpfung; durch die Spennadeln oder Glufen allerlei Stichwörter; durch das Pech allerlei Zotten und wüste Reden. Dergleichen Sachen aus dem Maul geben ist die dritte Grobheit bei der Tafel.

Bei der Tafel und einer ehrlichen Mahlzeit das Fleisch transchiren, gehet noch hin, aber zugleich auch die Leut, wie es nur gar oft geschieht, das ist Gott höchst mißfällig. Samson hat unweit der Stadt Tamatha nächst an einem Weingarten einen Löwen angetroffen, welchen er ganz beherzhaft, obschon aller Wehr und Waffen entblößt, alsobald angefallen, und ihm gleich einem jungen Kitzel oder Gaisböckel den Hals umgerieben; wie er nachmals denselben Weg wieder zurück genommen, da fand er einen Bienenschwarm in dem Mund des Löwen, und zugleich ziemlich viel Honig, wovon er etwas gekost, einen Theil seinen Eltern mitgebracht, seiner Liebsten wird er nicht vergessen haben, denn die Weiber schlecken ohnedas gern was süßes. Als hernach Samson bei einer Mahlzeit,[86] die ihm sein Vater zurichten lassen, sich eingefunden, wobei auch dreißig Philistäer gesessen, so hat er diesen ein Räthsel aufgegeben, mit dem Geding, daß, wenn sie ihm solches innerhalb etlichen Tagen werden auflösen, so wolle er ihnen dreißig Kleider spendiren, wo nicht, so hoffe er solche von ihnen zu bekommen. Gut, man ist zufrieden: das Räthsel war dieses: »De comedente exivit cibus etc., von dem Essenden ist eine Speis ausgangen, und eine Süßigkeit ist ausgangen von dem Starken.« Sie konnten das gar nicht fassen, nicht merken, nicht verstehen, daß von einem Essenden könne eine Speis ausgehen. Samson aber verstund hierdurch dasjenige, wie er nemlich in den Mund des todten Löwens ein Honig gefunden.

Das ist gar nichts Neues, das erfährt man alle Tag, wenig Mahlzeiten seynd anzutreffen, wo nicht von den Essenden und Trinkenden eine Speis aus dem Mund gehet, de comedentibus exit cibus. Aber was für eine Speis? Bratwürst? nein; Bafessen? nein; Kraut? nein; ein Brätel? nein; Speckknödel? nein; Küchel oder Krapfen? nein; Fisch oder Fleisch? nein; Nudel oder Sterz? das gar nicht. Was dann? Es wirds hart einer errathen: de comedentibus exit cibus etc. Ich sage es endlich, und sage die Wahrheit: exit cibus. Wo man ißt und trinkt, da gehen gemeiniglich Fleck aus dem Mund; Fleck, ja Fleck. O wie manchem thut man bei der Tafel die Ehr abschneiden, und hängt ihm einen Schandflecken an. Keine Kuttelfleck, sondern Schandfleck kommen aus solchen Mäulern.

Bei dem Evangelisten Marko am 7. Kapitel[87] seynd diese Wort zu lesen: Als er abermal aus den Gränzen Tyri ging, kam er durch Sidon an das galliläische Meer, mitten in die Gränzen der zehn Städt; und sie führten einen zu ihm, der taub und stumm war, und baten ihn, daß er die Hand auf ihn legte, und er nahm ihn von dem Volk besonders, und legt ihm seine Finger in seine Ohren, und er speiet aus, und berührte seine Zunge, und er sah hinauf gegen Himmel, seufzte, und sprach zu ihm: Ephphata, das ist: thue dich auf; und alsobald wurden seine Ohren aufgethan, und das Band seiner Zunge wurde los.

Das war ein großes Mirakul, ein herrliches Wunderwerk, eine stattliche That von unserm lieben Herrn. Und ob er ihnen schon verboten, sie sollten dieses niemand sagen, aber je mehr er es ihnen verboten, je mehr haben sie es ausgebreit, und allenthalben kundbar gemacht. Der Teufel will meistens ein Aff seyn des Allerhöchsten, und ihm alles nachthun, absonderlich erstgedachtes Mirakul. Wenig Tafeln und Mahlzeiten werden anzutreffen seyn, wo nicht der böse Feind öfter das Wort Ephphata wiederholet, das ist so viel, als thue dich auf. Wenig Tische seynd zu finden, wo er nicht auch die Banden der Zungen losmacht, aber gott-los, ehr-los, gewissen-los. Wenig Gastereien wird man zählen, wo man nicht allein das Fleisch, sondern auch die Leut thut transchiren; Gambletes, ein König der Lydier, hat sein Weib umgebracht, und dieselbe in einer Nacht völlig gessen und aufgezehrt. Obschon dermalem solche Zeiten seyn, wo ein Mensch den andern nicht pflegt für eine Speis zu genießen; aber bei Traktamenten und[88] Mahlzeiten wird es selten ablaufen, daß nicht einer dem andern unter die Zähn kommet. Es ist ein Kraut, das heißt man Ochsenzungen, das ist gut und heilsam; es ist ein anders Kraut, das man heißt Hirschzungen, das ist gut und heilt die Wunden; aber Menschenzungen machen Wunden, und absonderlich beim Essen. In einer jeden Waag findet sich in der Mitte eine Zung, diese aber wird niemalen dorthin wenden, wo das wenigere und leichtere Gewicht ist. Menschenzungen seynd viel änderst genaturt und beschaffen, gemeiniglich werden sie einen angreifen, bei dem etwan ein Abgang und kleiner Mangel ist, diese müssen schon bei der Tafel leiden und herhalten; und glaubt man schon, das Essen sey nicht geschmack, wo man nicht abgeschmackt von andern reden thut.

Nicht weniger ist es auch eine Grobheit, wann man bei der Tafel mit groben und ärgerlichen Worten und Zotten hervorbricht. Wild war die Mahlzeit des verlornen Sohns, und ich hätte von ihm gewiß kein Bescheidessen verlangt, wie er mit den Schweinen ist in die Kost gangen. Aber eine Tafel oder ein Gastmahl ist nicht weniger sauisch, wo man so unflätige und aller Ehrbarkeit zuwidergesetzte Reden auf die Bahn bringt. In dem Haus Simeonis Leprosi war eine Mahlzeit, wobei auch unser lieber Herr erschienen; zu dieser Mahlzeit hat Maria Magdalena eine so kostbare und wohlriechende Salbe gebracht, daß hievon das ganze Haus einen wunderschönen Geruch bekommen. Aber bei manchem Essen bringt man so beschmierte Sachen vor, daß das ganze Zimmer[89] davon stinkt, und nicht selten der zarten Jugend einen Anlaß gibt zu allem Uebel und bösen Anmuthungen.

Es seynd auch alle Stich- und Schmachreden bei einer ehrlichen Tafel auf das möglichste zu meiden, aus dem mehrentheils viel Zank und Zwietracht zu entstehen pfleget. Marci am 4. Kapitel stehet geschrieben, daß ein guter Hauswirth sey auf seine Felder hinaus gangen, zu säen, und indem er säet, fiel ein Theil auf den Weg, da kamen die Vögel des Himmels und fraßen denselben. Wann die Vögel des Himmels so großen Schaden thun, was werden wohl die Galgenvögel und Erzvögel thun? Ein anderer Theil fiel auf einen steinigten und felsigten Grund, da es wenig Erde hatte, und darum ist es bald verdorret, kaum daß es aufgangen. Der dritte Theil des guten Saamens fiel unter die Dörner, diese erstickten denselben. Die Stichwörter, so etliche beim Essen und Trinken im Brauch haben, seynd natürlich wie die stechenden Dörner, so auch viel Unheil verursachen, und manchen, der ehrsam ist, nicht ein wenig beleidigen. An den stechenden Dörnern haben viele keine Rosen getragen. Man sagt sonst, der Stich blutet nicht; aber man weiß doch, daß mehrmalen dergleichen Stichwörter die Schwerter entblößt haben, und viel Blut vergossen.

Ich weiß mich selbsten zu entsinnen, daß bei einer Tafel, allwo mehr ehrliche Gäst waren, einer seinem Nächsten eines zugebracht, und ihn zugleich bei der Hand genommen; weil aber dieselbe ihn etwas hart und grob gedunket, also sagte er: Bruder, du hast so grobe Händ wie ein Drescher; worauf der[90] andere geschwind zur Antwort gab: ja freilich, bin ich jetzt ein Drescher, denn ich halte den Flegel nun wirklich bei der Hand; und weil er den Gesellen zugleich bei der Hand gehalten, also vermerkte derselbe wohl, daß solches Bauernprädikat ihn angangen, dahero bald in solche Wortwechslung und Zwietracht gerathen, daß beide nicht ohne blutige Köpf nach Haus gangen. Solchen aber, die ihre Zunge zu einem Schwert machen, und einen und den andern damit verwunden, soll man sagen, was da gesagt unser Herr und Heiland dem Petro, wie er den Malchum zwischen die Ohren gehaut: »Converte gladium tuum in locum suum. Steck das Schwert an seinen Ort!«

Christoph Wacker, Veit Limmel und Barthlme Ziegel sitzen an einer Tafel beim Essen, aber es ist einer so grob und benglisch wie der andere. Christoph Wacker, ist wohl nicht wie ein Acker, dann dieser ist gleichwohl dankbar, wann ihm der Bauersmann ein Körnel Treid spendirt, so bezahlt er solches mehr als dreißigfältig wieder. Veit Limmel ist wohl nicht wie der Himmel, dann solcher rechtschaffen dankbar ist, so er etwan einige Dämpf und Feuchtigkeiten von der Erde bekommt, so erwiedert er es mit einem fruchtbaren Regen. Barthlmä Ziegel ist wohl nicht wie ein Spiegel, dann dieser gar manierlich dankbar, so man ihm etwas präsentirt, so gibt er's wieder zurück. Diese drei ungebärdigen Schliffel werden wohl öfter zur Tafel gehen, und sich nach Genügen ersättigen, aber sie stehen allemal auf ohne einige Danksagung oder Gebet, nicht ungleich den Schweinen, denen[91] jemand die Eicheln von dem Baum schüttelt, sie aber immerfort fressen und naschen, und doch nicht einmal in die Höhe schauen, woher ihnen dieses so werthe Confekt komme. O wie schändlich und ungeformt stehet es, wann man gleich nach dem Tisch nur das Maul wischt, und nicht einmal dankbar ist um die liebe Gottesgab. Bei gar vielen Edelleuten hab ich wahrgenommen, daß zu End der Tafel nichts anders im Brauch, als diese Wort: »Hebts auf, die Karten her etc.« Der saubere Pamphilius gelangt weit ehender zur Audienz, als das gebührende Deo Gratias.

Der tarsensische Prediger Paulus schreibt in der neunten Epistel zu den Hebräern, wie daß alles gesamte Volk Israel stets einen guldenen Bundskasten oder Arche mit sich geführt, worinnen die Tafeln der zehen Gebot, die Wunderruthe Aaronis, und das Manna oder Himmelbrod in einem guldenen Geschirr aufbehalten worden. Das Manna aber derenthalben, um weilen selbiges sie vierzig Jahr in der Wüste genossen, damit sie allzeit sollen der göttlichen Majestät danken, so ihnen dieses Himmelbrod so freigebig gespendiret hat; zumalen seinen göttlichen Augen höchstens mißfällt, wann man um das tägliche Brod und Nahrung nicht schuldigen Dank sagt. Hat uns doch dießfalls der Heiland selbst mit seinem Exempel eine Lehr geben, als welcher nach dem Essen und letzten Abendmahl mit Singen und Beten seinem himmlischen Vater gedankt, dahingegen der grobe und unverschämte Iscarioth nur das Maul gewischt, und ohne Gebet von der Tafel gangen. Hymno dico etc.[92]

Nachdem Jakob die wunderbarliche Leiter gen Himmel gesehen, und zugleich unterschiedliche göttliche Geheimnisse, da hat er sich derenthalben gegen den Höchsten demüthigst bedankt; und weil er sah, daß er noch einen weiten Weg nach Haus habe, also hat er sich in den Schutz des allerhöchsten Gottes bestermassen befohlen, und anbei sich also verlauten lassen: so Gott wird mit mir seyn, und mich behüten auf dem Weg, darauf ich wandle, und mir geben Brod zu essen, und Kleider anzuziehen, alsdann, o mein Gott, will ich dir von allem, was du mir geben wirst, den Zehenten opfern.

Jakob wollte nicht undankbar seyn Gott dem Herrn um das Brod und tägliche Nahrung. Ist doch eine Henne dankbar, und schaut nach einem Tropfen Wasser, den sie trinkt, gegen Himmel hinauf. Ist doch eine Lerche dankbar, und wird allemal vor und nach dem Essen sich empor schwingen, und mit ihrem annehmlichen Feldflettel Gott den Herrn benedeien und loben; und soll dann der Mensch, welcher alle Tag so häufige Gutthaten von oben herab erhält, den der vorsichtigste Gott täglich mit Speis und Trank versieht, so undankbar können seyn, und das Deo Gratias und höchstschuldige Vergelts Gott vergessen?

Jener heiligmäßige Kapuziner Bernhardinus Astensis hat es sattsam erwiesen, wie man nach dem Tisch beten solle; als er einsmal auf der Reis' bei einem Wirth die Einkehr genommen, und um ein Nachtmal gebeten, da hat ihn der Wirth sehr wohl und gut traktirt, aber nachmals die Zech ziemlich hoch gespannt, und kurzum die Bezahlung verlangt. Bernardinus[93] schützt immerzu seine Armuth vor, wie daß weder er noch sein Gespan einiges Geld habe. Weil aber der Wirth sich mit der Ausrede nicht begnügen lassen wollte, also sagte der fromme Mann: der Wirth solle und wolle nicht so seltsam seyn, indem er allbereits sey bezahlt worden, schreibt alsdann auf ein kleines Zettelein das kurze Gebetlein, so bei allen Geistlichen nach der Tafel pflegt gesprochen zu werden: »Retribuere dignate Domine omnibus nobis bona facientibus propter Nomen Sanctum tuum, vitam aeternam, Amen, o Herr! gib allen denen, so uns etwas Guts thun, wegen deines heil. Namens das ewige Leben, Amen.« Befiehlt hierauf, dieses Zettelein auf die Waagschale zu legen, auf die andere aber so viel Geld, als er für die Mahlzeit fordert; der Wirth folgt endlich diesem nach, vermerkt aber, daß das kleine Papierlein das Geld weit überwiege, legt demnach auf weiteres Schaffen des gottseligen Manns mehr Geld, siehet aber, daß solches kurze Tischgebetlein allemal im Gewicht schwerer sey; er erkennt anbei die Allmacht Gottes und Kraft des Gebets, fällt dem Diener Gottes zu Füßen, und verspricht zugleich, daß er hin füran keinem Gast mehr wolle die Zech machen, noch weniger etwas von ihm verlangen, welcher nach dem Tisch abangeregtes Gebetlein verrichten werde.

Daniel in der Löwengrube hat durch den Propheten Habakuk ein Koch bekommen. Ich kann mir's leicht einbilden, daß es kein Eierkoch sey gewesen, kein Milchkoch sey gewesen, kein Weinkoch sey gewesen, kein Mandelkoch sey gewesen, kein Koch von einem[94] weißen Weizenmehl; wohl aber ein gemeines Koch, etwan ein harter sperer Haberbrei, wie die gemeinen Bauersleut in Schwaben pflegen zu essen, oder etwan gar wie ein Pumpernickel aus Westphalen; gewiß ist es, daß es eine gemeine Speis für die Schnitter war, und gleichwohl wie dem Daniel von Gott diese Speis, unangesehen er ein edler Jüngling und vom königlichen Geblüt herstammend gewest; gleichwohl um dieses schlechte Bauerntraktament hat Daniel die Augen gen Himmel gewendet, und dem allmächtigen Gott Dank gesagt: »Recordatus est enim mei Deus.«

Wann wir oft alle Schleckerbissen der Welt postweis in den Magen werfen, und ganze Schüßlen von calecutischem Confekt ausleeren, denn die deutschen Speisen gehören nur für eine Bauernhochzeit. Jetzt müssen die Kapuziner mit Pistätzen und Piscoten gefüttert werden. Die Sardellen müssen im spanischen Wein gebeizt werden, die Materien zu Torten müssen aus den canarischen Inseln genommen werden, wo der Zuckerkandel anstatt der Eiszapfen von Dächern hängt. Wann wir die Luft, die Erd und das Wasser wegen ihrer Inwohner zur Freßkontribution gezwungen haben, und den Magen nicht anderst angefüllt, als wie ein Materialistengewölb, so stehen etliche gleichwohl von der Tafel auf ohne Danksagung, ja anstatt derselben ranzen sich etliche wie die Weber, wenn sie die Leinwand ausmessen. Bei etlichen gibt der Magen gar ein Bauern-Echo, den man durch zwei Zimmer hört, und ist kaum einer, bei dem der Vergelts Gott auf der Zunge Platz hat.

O was großer Unterschied ist nun zwischen den[95] jetzigen und vergangenen Zeiten; vor diesem, schreibt der heil. Chrysostomus, haben die Eremiten und Mönche in der Einöde, nachdem sie ihr Essen vollbracht, ein langes Gebet und Danksagen verricht, indem doch ihr ganzes Traktament in nichts anders bestanden, als in einem trocknen schwarzen Brod und Krügel Wasser; dermalen schoppen sich etliche an, daß auch fast eisene Reif vonnöthen wären, die Wampe zu halten, und gleichwohl ist nichts dürrer und ungeschmalzner, als das Deo Gratias. Mich wundert nicht, wann Gott seine so freigebige Hand thäte zurück ziehen, und solchen undankbaren Leuten das Brod schmälern.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ, oder eigentlicher Entwurf und Lebensbeschreibung des Iscariotischen Böswicht. 7 Bände, in: Abraham a St. Claraߣs Sämmtliche Werke, Band 7, Passau: Friedrich Winkler, 1834–1836, S. 73-96.
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