Judas wegen seiner größten Laster sitzet zum allertiefesten in der Höll.

[175] Kornelius a Lapide führt nicht umsonst den Zunamen von Stein, zumalen er wegen seiner so herrlichen Bücher und Schriften ein besonderer Eckstein gewest der römisch – katholischen Kirche, ja anbei ein Edelgestein der herrlichen und berühmten Sozietät Jesu etc. Dieser hocherleuchtete Skribent schreibt unter andern in Auslegung des heil. Evangelii, so von Matthäo verfasset worden, daß zweifelsohne der verrätherische und gottesmörderische Judas Iscarioth zum allertiefesten in der Höll sitze, nächst dem abtrünnigen Erzteufel Luzifer. Anno 1605 hat der böse Feind zu Levenberg in Schlesien ein Mägdlein mit zwölf Jahren besessen, und mit derselben ganz tyrannisch verfahren; bald hat er sie auf den Kopf gestellt, daß sie wie ein lebloser Stock gestanden; bald stürzt er sie auf die Erde, daß die Händ und Füß so starr empor gestreckt, daß sie von keinem auch dem allerstärksten Menschen konnte bewegt werden; bald trieb er ihr die Augen aus dem Kopf, daß selbe wie zwei große Hühnereier hervorgestanden; gar oft hat er sie in die Höhe hin und her geworfen wie einen Ballen; bisweilen ergrimmte sich dergestalten, daß sie mit den Zähnen große Stück Steine aus der Mauer gerissen; zu Zeiten streckte die erkohlschwarze Zunge eine Spanne lang zu dem Mund hervor, und hupfte auf derselben bald in der Gestalt eines kleinen Mäusleins, bald eines Frosches. Dieser verdammte höllische Geist hat sich unter anderm verlauten lassen, daß Jüdas, Pilatus[176] und Herodes seine besten Freund seyen, und zu forderist sitzen in der Verdammnuß. Gewiß ist es, daß dieser elende Mensch verdammt ist, und stehet in dem die Frag: ob es möglich sey, in etwas zu entwerfen die grausame Pein, sowohl des Judä als anderer Verdammten? Ich getraue mir solches nicht zu thun, bin nicht so künstlich, ich lasse aber anstatt meiner die sieben freien Künste reden, weil ich weiß, daß die sieben Todsünden meistens die Leut in die Verdammnuß stürzen.

Grammatika, was sagst du von der Hölle? ich, sagte die erste freie Kunst, ich trage vor alle schönen Regeln, kraft deren meine Diszipul die Latinität ergreifen, und keine Böck machen; aber in der Höll würde ich gar wenig geachtet, weil die Hölle voller Böck, nach der Aussag des Heilands Jesu selbst, der da bei dem Evangelisten Matthäo gesagt hat: »Daß des Menschen Sohn am jüngsten Tag werde kommen, zu richten die Lebendigen und die Todten, und folgsam die Schaaf, als seine Auserwählten, stellen zu der rechten Hand, die Böck aber, als Verlorne, zu der linken.« So ist dann die Höll voll mit stinkenden Böcken, wie kann es anders seyn, sagt Grammatika, daß nicht grobe schändliche Böcke heraus kommen, wenn man nicht lernt dekliniren, »Declina a malo et fac bonum.«

O was für ein abscheulicher Gestank ist unter diesen Böcken! In göttlicher Schrift und forderist im Evangelio findet man, daß die Weibernasen sehr heiklich seyn. Nachdem Lazarus, ein Bruder Magdalenä[177] und Marthä, mit Tod abgangen, und der Schuld der Natur bezahlt; denselben aber der Herr und Heiland wiederum wollte zum Leben erwecken, da hat sich alsobald die Martha mit dem Pfui verlauten lassen, »jam foetet etc., pfui, er stinkt schon,« denn es bereits schon vier Tag, daß er im Grab liegt. Pfui, ein armer Bauer, der anstatt der Marschellen ein wenig Knoblauch zu sich stenommen, und in der Kirche seine Andacht verricht, wenn er etliche inbrünstige Seufzer gegen Himmel schickt, kann leicht seyn, daß zuweilen der Knoblauch ihnen bis halben Weg das Geleit gibt. Aber was sagt die Dama, die in dem nächsten Stuhl in dem Eifer halb verruckt ist? pfui, pfui, sagt sie, und greift alsobald um nach dem Balsambüchsel, um ein l'Eaudela Reyne oder Königinwasser, schmiert die Nase, ja sie eilt gar aus der Kirche, denn sie sonst in Ohnmacht thäte fallen. O meine heikliche Nase! wie wirst du den Gestank können erdulden so vieler Millionen Böck in der Höll? zumalen der heilige Bonaventura sagt, wenn eines einzigen verdammten Menschen Körper aus der Hölle in die Welt getragen würde, so gäbe er einen solchen Gestank von sich, daß hievon die ganze Welt infizirt würde. Der heilige Isidorus schreibt, daß ein gewisser Teich oder Weiher sey, woraus ein solcher stinkender Dampf empor steigt, daß davon die Vögel in der Lust verrecken.

Der römische Tyrann Ezelinus hat zu Padua eine solche Gefängnuß aufgericht, dergleichen die Welt noch nie gesehen, denn diese ohne einziges Licht, ohne einige Luft war. In solchem erschrecklichen Kerker[178] seynd gewest Menge der Leut, so viel Weibs, als Mannspersonen, unter denen alle Tag etliche gestorben, aber nicht, wie gewöhnlich ist, begraben worden, sondern daselbst unbegraben also verfault. So mußte auch aller Unflath daselbst liegen bleiben, den da die menschliche Mühseligkeit von sich gibt, wovon geschehen, daß diese elenden Gefangenen in solchem Wust und abscheulichen Morast bis über die Knie gestanden, und die allergeringste Bewegung daselbst einen solchen Gestank verursacht, daß viel hierdurch kraftlos niedergefallen und gesunken. Nichts desto weniger ist diese Gefängnuß gegen die höllische noch eine wohlriechende Spezereikammer, ein lieblicher Blumengarten zu nennen, denn ein einiger Bock in der Höll einen weit ärgern Gestank von sich gibt, als alle Todtenaas in der ganzen Welt, als alle Schenkgruben in der ganzen Welt, als alle Ställ und Mistpfitzen in der ganzen Welt, als aller Wust und Unflath in der ganzen Welt.

Der Evangelist Matthäus registrirt, wie einst der Herr Jesus die Teufel ausgetrieben aus zwei besessenen Personen; diese höllischen Larven aber rechten ein Memorial über, und verlangten, es möchte der Herr doch so gütig seyn, und sie nicht in die Höll hinunter schaffen, sondern die gnädigste Erlaubniß ertheilen, daß sie dürften in die nächste Heerd Schwein fahren; so fahrt fort, fiat, ihr Saunarren; kaum aber, daß solche höllische Larven in diese berüßelte Herberg kommen, so hat sich die ganze Heerd mit größter Ungestüm in das Meer gestürzt. Der heil. Petrus Chrysologus gibt dessen Ursach, und sagt, daß die Schwein,[179] ob sie schon die unflätigsten Thier seyn, und sich nur mit Koth und Gestank erlustigen, gleichwohl aber den größten Gestank dieser verdammten Inwohner nicht leiden können, sondern sich derentwegen in die Tiefe des Meers versenkt.

Severus Sulpitius schreibt, daß ein böser Feind dem heil. Bischof Martino erschienen, und zwar in Gestalt eines majestätischen Königs mit herrlichem Purpur, goldenen Kron und Scepter, anbei sich verlauten lassen, daß er Christus der Herr sey; Martinus erkannte bald die Arglist des Teufels, machte weiter nicht viel Reverenz, ja zeigte ihm noch den Rucken, und sagte, er habe noch nie einen so hoffärtigen Christum gesehen, sondern derselbe sey ihm mehrmalen erschienen mit dem Kreuz, mit einer dörnern Kron etc.; solches hat den Satan also verschmacht, daß er augenblicklich verschwunden, aber einen solchen Gestank hinterlassen, daß hierdurch der heil. Martinus hätte das Leben verloren, wofern ihn Gott nicht hätte wunderbarlicher Weis' errettet. Jetzt Mensch erachte, was für ein Gestank müsse seyn unter so vielen höllischen Böcken, dero Zahl gleichsam unzählbar scheinet. O unglückseligster Iscarioth, wie schmeckt dir dieß, dem vorher die kostbaren Salben der Magdalena mißfallend?

Rhetorika, was sagst du von der Höll? Ich, sagt diese, in Beschreibung der höllischen Pein kann meine Tropos und Figuras gebrauchen Metaphora, Synecdoche, Metonimia, Antonomasia, Onomatopaeia Catechresis, Metalepsis, Allegoria, Ironia, Periphrasis, Hyperbato, alle dienen mir gar wohl zum Entwurf der ewigen Verdammnuß,[180] allein das Hyperbole kann ich nicht brauchen. Wie Moses die Ausspäher in das kananäische Land geschickt, so seynd sie gar mit einer großen Weintraube zurück kommen, aber auch mit einer großen Lug, denn einige aus ihnen thäten vorgeben, daß sie Leut haben gesehen einer so ungeheuern Größe von den Kindern Enac, »daß sie gegen sie anzusehen wie die Heuschrecken, quasi locustae videbamur, etc.« Num. c. 13. »Est Hyperbole nimia et mendax,« sagt Kornelius a Lapide, das ist zu viel geredt, und gar über die Schnur gehaut, aber von der Qual der Verdammten kann ich nicht zu viel reden, da ist kein Hiperbole.

Der heilige Chrysostomus nennt alle Peinen und Tormenten der ganzen Welt nur ein Kinderspiel und Dockenwerk gegen den Höllischen. »Haec omnia ludicra sunt et risus ad illa supliccia.« Gott! soll es denn nicht möglich seyn, daß ich auf dem Theater und Schauspiel dieser Welt nicht etwas soll finden, welches der allermindesten Pein alldorten möge gleichen? Der römische Kaiser Diogenes ist von seinen eigenen Bedienten gefangen worden, welche ihm nachmals die Augen ausgestochen, am ganzen Leib verwundt, daß ihm endlich aus dem offenen und halb verfaulten Leib die häufigen lebendigen Würmer herausgewachsen, und folgsam auf öffentlicher Straße gestorben und verdorben. Das ist zwar viel, aber gegen die höllischen Peinen ist es nur ein lächerliches Kinderspiel und Dockenwork. »Haec omnia ludicra sunt etc.« Nicht vor vielen Jahren ist in Lombardia ein Edelmann von seinem Feind und Widersacher[181] gefangen und lebendig eingemauert worden, mit einem kleinen Fensterlein, dadurch ihm neunzehn ganze Jahr täglich nicht mehr gereichet worden, als ein Stücklein Brod und wenig Wasser. Nach neunzehn Jahren ist dieser gesunden worden mit ganz verfaulten Kleidern, mit einem Bart bis auf die Knie, die Füß und der untere Theil des Leibs in einen lebendigen Wurmhaufen verwandelt, und weil der peinliche Ort gar zu nieder, dessentwegen ist er wie ein fleischener Ballen zusammengewachsen, daß er keinem Menschen mehr gleichte. Das ist zwar erschrecklich, aber gegen die Peinen der Verdammten nur Schellen und Kinderrollen. »Haec omnia ludicra sunt.«

In England ist folgende Tyrannei erdenkt worden. Man hat den Menschen ganz entblößt, ihm Händ und Füß gebunden, nachmals auf den bloßen Leib unter einem Barbierbeck einen Ratzen oder Maus gelegt, das Geschirr von obenher mit lebendiger Gluk erhitzt worden, wovon besagtes Thierlein ganz ergrimmt, und folgsam mit ihren gespitzten Zähnen in den lebendigen Leib hineingedrungen, alles Ingeweid erbärmlich durchnaget. Dieses ist zwar entsetzlich, aber gegen die Tormente der Hölle lauter Schatten und Kinderspiel. »Haec omnia ludicra sunt.«

Eine erschreckliche Sentenz ist gefällt worden über denjenigen Menschen, welcher Henricum den IV., König in Frankreich, umgebracht. Erstlich wurde er ganz ausgestreckt, und mit glühenden Zangen am ganzen Leib große Stück Fleisch abgezwicket, nachmals in die Wunden zerlassenes Blei, Pech, Saliter eingegossen. Das Messer, womit er den König ermordet, mußte[182] er über ein Feuer halten, so von lauter Schwefel, also lang, bis nach und nach die Hand völlig zerschmolzen, und die bloßen Beine verblieben. Endlich wurde er mit vier Pferden zerrissen, und nachgehends alles zu Asche verbrennt. Dieß ist zweifelsohne grausam und erschrecklich, aber gegen die Hölle und gegen die Pein der Verdammten nur lauter Scherz und Tändlerei. »Haec omnia ludicra sunt.«

Kaiser Andronicus hat unglaublich viel gelitten, ihm seynd die Augen ausgestochen worden, nachmals setzte man ihn hinterwärts auf einen Esel, dessen Schweif er anstatt des Scepters mußte in der Hand halten; solchergestalten wurde er von dem muthwilligen Pöbel und allermindesten Lottersgesind mit Stein und Koth geworfen, endlich ist er bei den Füßen aufgehenkt, zu Stücken zerhaut, und den Hunden wie ein Luder vorgeworfen worden. Aber alles dieses ist gegen die Höll nur wie ein Schatten, nur Kinderpossen. »Haec omnia ludicra sunt.«

Jonä, einem Martyrer und Blutszeugen Christi, seynd erstlich, nach Beschreibung Baronii, die Finger alle abgeschnitten worden, nachmals hat man ihm die Haut völlig abgeschunden, die Zunge aus dem Mund gerissen, und in heißem Pech gesotten, endlich seine Gebein in einem Mörser zerstossen und zermalmet worden. Dem Marko Arethusio hat man alle erdenklichen Peinen angethan; denn erstlich hat man ihn mit kleinen Lanzeten am ganzen Leib über und über verwundet, sodann mit häufigem Honig überstrichen, und solchergestalt an die Sonne gehenkt, daß er also nach[183] und nach von den Mucken und Fliegen zu todt geheckt worden. »Haec omnia ludicra sunt.«

Aber gleichwohl ist alles dieses gegen die allergeringste Pein in der Höll nur ein Scherz zu nennen.

Die Tyrannei und Grausamkeit Maximi in Afrika, Diokletiani in Palästina, Maxentii in Achaia, Herodis in Judäa, Neronis zu Rom, Kaligulä in Welschland, Ziska in Böhmen, Attilä in Deutschland, Dionysii in Sizilien, Phalaris in Aegypten, seynd nichts, nichts seynd sie gegen die Hand Gottes, so da züchtiget in der Höll.

Die Pestilenz des Königs David, die Verspottung und Dienstbarkeit Samsons, die Angst Danielis in der Löwengrube, die Gefängnuß Josephi in Aegypten, die Bedrängnuß Jonä im Wallfisch, die Zerstörung der Stadt Jerusalem, die Einäscherung Sodomä und Gomorrhä, der Feuerofen zu Babylon, die Schlickung des Dathan und Abiron, die Schlacht des Sennacherib, der Untergang Pharaonis in dem Meer, der Sündfluß der ganzen Welt, seynd noch eine Barmherzigkeit gegen dasjenige, was da leiden die Verdammten in der Höll.

Cäsareus schreibt, daß ein Doctor Juris durch Zulassung Gottes nach seinem Tode sey dem Bischof, als seinem vorhin guten Freund, erschienen, mit Feuer allerseits umgeben, und in diese erschrecklichen Wort ausgebrochen: »Ach mir Armseligen, wisse, daß ich ewig verdammt bin;« der Bischof fragt dessen die Ursach, bekommt aber die Antwort: »Docui Leges Imperiales, et violavi divinas, ich hab die Reichssatzungen dociret und die göttlichen violiret.« So fragte[184] ferner der Verdammte, wie die Leut anjetzo leben? ob sie noch einen solchen Wandel führen, wie zur selben Zeit, als er bei Leben gewest? der Bischof verwundert sich der Frag; und wessenthalben, sagt er, willst du solches wissen? ist doch erst vier Stund, daß du gestorben bist? was, vier Stund.! setzt hinwieder der Unglückselige, tausend Jahr seynd schon, daß ich verdammt bin; der Bischof sagt weiter, daß sein Leib noch unbegraben sey; worauf der Verdammte: wehe mir Armseligen! aus dem kannst du abnehmen, was ich leide, indem mir vier Stund wie tausend Jahr vorkommen; so hab ich auch dich befragt, wie dermalen die Menschen leben, denn mit mir so viel Seelen seynd in die Höll gestiegen, daß ich geglaubt, die ganze Welt habe bereits ein Ende. In Summa, alle Peinen der Welt seynd nur ein Schatten gegen die Höll, und dieß ist nicht allein ein Hyperbole.

Was sagst du Logica von der Höll? ich, sagt sie, finde bei den Verdammten das unendlich wiederholte Ergo, »Ergo erravimus a via veritatis, Ergo seynd wir irr gangen vom Weg der Wahrheit,« Sap. c. 5.; haben so liederlich verschwendt das Ewige um das Zeitliche, und die falschen Wollüste der ewigen Glückseligkeit vorgezogen; haben mit dem Esau die Primogenitur um ein schlechtes Linsenkoch, so durch den Bauch aufblähet, so spöttlich verscherzt; absonderlich aber finde ich in der Höll keine andere Syllogismos, als in Barbara und in Ferio. O wie barbarisch und wild sehen die höllischen Gespenster aus! Der heilige Antonius schreibt, daß einer aus seinen Religiosen hab den bösen Feind gesehen, und an dessen[185] Abscheulichkeit dergestalten erschrocken, daß er für todt dahin gelegen; nachdem er aber die Lebensgeister in etwas wieder erholt, so hat er freimüthig gestanden, daß er lieber wolle sich in einen feurigen Ofen stürzen, als die höllischen Larven nur einmal noch anschauen.

Der heil. seraphische Franziskus, nachdem er durch göttliche Zulassung eines verdammten Geists ansichtig worden, hat der Fr. Aegidio bekennt, daß ein Mensch natürlicherweis müßte sterben, wenn er nur ein Ave Maria lang sollt einen bösen Geist anschauen. Die heilige Katharina Senensis hat es gestanden, nachdem ihr eine solche Larve unter die Augen kommen, daß sie lieber wollt bis auf den jüngsten Tag in einem angezündeten Scheiterhaufen brennen, als noch einmal solches höllische Gespenst anschauen.

Ludovikus Severus, einer aus dem hochfürstlichen Stammhaus Bayern, indem er einmal einen Brief seiner Frau Gemahlin Mariä, welchen sie Nuchoni, einem vornehmen Herrn, geschrieben, aber durch Irrthum des Botens aufgefangen, und den Inhalt des Briefs nicht allerdings verstanden, so ist er alsobald in einen bösen Argwohn gerathen, und setzte ihre ehrliche Treue in einen Zweifel, als hätte sie dasjenige, an welches ihre Unschuld nie gedacht, begangen. Wie nun dieses Fürsten gefaßter Zorn je länger und je mehr überhand genommen, so ist erstlich der arme Bot als ein vermeinter Mitwisser enthaupt worden, nachmals hat er zu Donauwörth, allwo seine fürstliche Residenz war, den Burggrafen lassen umbringen, weil er bei ihm verdächtig, als hätte er seiner Gemahlin[186] Untreu vermäntlet, überdas läßt er die Burggräfin, so ebenfalls eine ehrliche Matron, wegen solchen Verdachts von einem hohen Thurm herunterstürzen; endlich hat seine Grausamkeit alles Maas überschritten, indem auch Maria, seine durchlauchtigste und unschuldigste Frau Gemahlin, mußte ihr Haupt dem Scharfrichter darreichen. Als nun solches der ganze fürstliche Hof beweinte und bedauerte, hat Rucho, obgedachter Herr, mit augenscheinlichen Beweisungen dargethan die Unschuld Mariä, worüber Ludovikus seinen so groben begangenen Fehler erkennet, ganz bußfertig nach Rom zu dem Pabst Alexander dem Vierten gereist, und von ihm Nachlaß solcher Schuld erhalten; auch hierüber das stattliche Kloster Fürstenfeld mit herrlichen Renten und Einkommen gestiftet. Was aber das Denkwürdigste an diesem Ludoviko Severo gewesen? In der ersten Nacht nach dem vollbrachten Todtschlag hat ihn der Geist Mariä dergestalten geängstiget, daß er ganz weiß und eisgrau worden, und einem Herrn von siebenzig Jahren gleich gesehen, der doch von jungen Jahren und Haaren gewesen.

Jetzt erwäge Jemand, wenn ein einziger, und zwar ein menschlicher, und was noch mehr, der Geist seiner eigenen Frau Gemahlin Ludovikus, also geängstiget, daß er in einer Nacht eisgrau worden, wie werden dann erst ängstigen und bedrängen eine verdammte Seel die höllischen Geister, welche Geister und Gespenster in der Gestalt seynd erschrecklich, in der Grausamkeit unbarmherzig, in der Gewalt vollmächtig, in dem Willen tyrannisch, in dem Zorn grimmig, in dem Wüthen unverdrossen; welche Gespenster[187] aus den Augen werfen Feuer, aus der Nase riechen Schwefel, aus dem Maul speien Flammen, in den Haaren tragen Schlangen, in dem Athem haben Gift; und solche Geister seynd noch in der Zahl unzählbar, und werden von den verdammten Menschen nicht allein von außen gesehen, sondern noch dergestalten von ihnen besessen, wie das glühende Eisen vom Feuer, in Summa nichts als Barbarische.

In der Höll ist ein steter Syllogismus in Ferio, denn die Verdammten seynd allerseits geschlagen, forderist aber in dem, daß sie sehen die unermeßliche Glorie der Auserwählten, und doch ewig zu derselben nicht gelangen werden. Sie sehen den Pomp und Pracht der Patriarchen. Sie sehen die Glückseligkeit der Propheten. Sie sehen die Belohnung der Apostel. Sie sehen die schönsten Kronen der Martyrer. Sie sehen die Freud und Ergötzlichkeit der Beichtiger. Sie sehen die große Würde der Jungfrauen. Ein mancher siehet droben im Himmel einen Bettler wie einen König gekrönet, den er allhier auf der Gasse nicht hat angeschaut. Er siehet einen und andern droben glänzen mehr als die Sonne, die er auf der Welt nur lausige Bettelpfaffen genennet hat. Ein anderer siehet droben in unbegreiflicher Glorie denjenigen, so er auf der Welt verfolgt und für einen Fußhadern gehalten. Eine geweste Dama siehet droben in aller Herrlichkeit ein Weib, die sie vorher für eine alte Hex und Wettermacherin gehalten. Ein mancher Prälat siehet droben in einem überstattlichen Thron seinen Untergebenen, den er meistens als einen Simpel verlacht hat. Und solches Sehen und Ansehen[188] erwecket einen so unaussprechlichen Neid, daß dieser die Verdammten mehr quälet und peiniget, als alle andern Tormenten im ganzen höllischen Abgrund.

Wie die Brüder des Joseph wahrgenommen, daß er mehr bei den Eltern gelte, als sie, so seynd sie dergestalten vom Neid eingenommen worden, daß sie unter einander beschlossen, denselben aus dem Weg zu räumen. In wem hat aber Joseph mehr gegolten? Einen saubern Rock hat ihm sein Vater machen lassen, und zuweilen ein freundliches Gesicht gezeigt, sonst nichts. O wie wird es dann den Verdammten um das Herz seyn, wenn sie sehen, nicht ihren Bruder in großer Glorie bei Gott, sondern wohl einen geringen Menschen, den sie vorher nicht für gut gehalten. Wie wird ein Edelmann ergrimmen, wenn er siehet, daß sein Unterthan und Bauer, den er zuvor ohne Maas und Gewissen geschulden, nunmehr mit aller unsterblicher Herrlichkeit umgeben ist. Wie wird es einem Hochwitzigen und Gelehrten so peinlich sallen, wenn er siehet, daß ein einfältiger Schaafhirt, ein arbeitsamer Tagwerker in aller Herrlichkeit sitzet. Wie unleidentlich wird es fallen einer Frau in der Höll, wenn sie sehen muß, daß ihre Dienstmagd, so ihr die Stube austrieben, jetzt in dem Himmelssaal der ewigen Freuden schwebe. Dergleichen Ding erwecken einen solchen Neid, der die Herzen der Verdammten wie eine bissige und giftige Schlange stets durchnaget und plaget.

Sobald der reiche Prasser eines gähen Tods gestorben, und den geraden Weg zum Teufel gefahren, da war seine größte Pein unter andern, daß er mußte[189] ansehen den Lazarus in der Schoos Abrahams, den Lazarus, diesen so elenden Bettler, der vor seiner Thür gelegen, den Lazarus, diesen so müheseligen Krippel, dem die Hunde Melampus, Diana, Coridon, Soldan und Mopsel die Geschwär geleckt, den Lazarus in der unsterblichen Glorie sehen, und er, als ein Kavalier, als ein Edelmann, ein gnädiger Herr in diesem ewigen Schwebel-Teich sitzen, das hat ihn also geschmerzt, und solcher Neid hat ihn mehr gequält als alle andern undenklichen Peinen in dem Abgrund. Est grave illis malum, et incendium non ferendum, quos hic habuere non contemptui, videre felices. Ideon non se ad Lazarum, se ad se Lazarum vult deduci. O ihr verdammten und ewig unglückseligen Geschöpf, der Neid frißt euch umsonst das Herz ab. Sehet ihr denn nicht, daß Gott und Heilige euch nur auslachen und ausspotten? »Dominus irridebit illos.«

Was sagt Arithmetica von der Höll? Ich, sagte diese, gehe meistens mit der Zahl um, mit Ziffern und Rechnen verzehre ich die Zeit; aber ein einiges Nulla in der Höll, das kann ich nicht ergründen. Ex inferno Nulla redemptio! O ein erschreckliches Nulla! Sonst acht man ein Nulla nicht viel, sonderbar in den neuen Zeitungen, eins mehr oder weniger liegt nicht viel daran; aber in der Höll ist ein Nulla, ob dem ich an Händ und Füß zittere: »Nulla redemptio, keine Erlösung, sondern Ewig, Ewig, Ewig, o Jesu Christe!«

Obgedachter reicher Prasser hat ein Memorial abgefertiget zu dem Vater Abraham, dessen meister[190] Inhalt war, daß er doch wollte so gut seyn, und den Lazarus zu seinen fünf Brüdern – schicken, damit er denselben sein Elend andeute, und zugleich als ein eiferiger Prediger sie ernsthaft ermahne, damit sie doch einen besseren und frömmeren Wandel führen, auf daß sie nicht auch in diesen Abgrund und Untergang gerathen. »Ne et ipsi veniant in hunc locum tormentorum, etc.« Aber was ist dieses für ein thörichtes Begehren? Es fängt ja die Lieb von dem Ego an, es ist ja das Hemmt näher als der Rock. Warum hält er nicht um eine Gnad an, für seine eigene Person? Warum bitt er nicht den Abraham, wie der Joseph in Egypten den Mundschenk, daß er bei Gott so viel möchte auswirken: »Ut educat me de isto carcere, etc. damit er doch konnt aus dem höllischen Kerker erledigt werden?« Nichts dergleichen, gar nichts dergleichen, hat der elende Gesell begehret, denn er wußte schon das Nulla, Nulla redemptio, etc. daß auf ewig keine Erlösung. O Ewigkeit! o Ewigkeit! Die Hand zittert, wenn sie nur dieses einzige Wort schreibt.

Wenn Gott einer Ameise oder Mücke sollte befehlen, daß sie alle tausend Jahr ein Tröpflein Wasser trinken sollte, bis sie endlich alle Brunnen der Welt, alle Bäch, alle Flüß, alle Teich, alle See, ja das große Meer selbst ausleeret, wie viel Million, Million, Million tausend Jahr würden vergehen, bis sie nur die Donau thäten austrinken. Es würden aber die Verdammten alle gern so lange leiden, bis alles Wasser ausgeleert würde, denn es doch einmal ein End nehme, aber dieses ist ihnen rund abgeschlagen, sondern ewig, ewig, ewig.[191]

Wenn ich sollte hinunter geschickt werden in das Ort der Verdammten, mit dieser neuen Zeitung. Ihr Verdammten höret mich allesammt an, jetzt in diesem Augenblicke wird eine Schnecke, die doch aus allen Thieren das langsamste ist, anfangen zu kriechen, und wird die ganze Welt durchmarschiren, ganz Europa, ganz Afrika, ganz Asien, ganz Amerika, alle Königreiche, ganz Spanien, ganz Frankreich, ganz Deutschland, ganz Welschland, ganz England, ganz Polen, über alle Berg und Büchel, nachmals gar bis in den Himmel hinauf, wohin es so weit, daß nach Aussag des gelehrten Astrologen Alpharabi, ein Mensch hätte achttausend Jahr zu reisen, nur allein bis ins Firmament. Nachdem nun die Schnecke den ganzen Erdboden und alle Himmelskreis wird durchkrochen haben, alsdann wird Gott sich euerer erbarmen. Ach! das wäre den Verdammten eine gewünschte Zeitung, da thäten sie alle aus den Flammen die Hände aufheben, und Gott danken. Aber umsonst, auch dieses wird ihnen nicht gestattet, sondern ewig, ewig, ewig. O allmächtiger Gott!

Wenn sollte die ganze, große Welt von lauter Stachel seyn, alle tausend Jahr aber ein Engel mit einem Messer thäte einen Kratzer darüber machen, so würde doch mit der Welt etwas abgekratzt werden, nachdem nun die ganze stachelne Weltkugel wird gänzlich hinkratzt seyn, alsdann werdet ihr Verdammte erlöst werden. O wie lang, allmächtiger Gott! würde es hergehen, und gleichwohl würde diese Zeitung in den Ohren der Verdammten eine liebliche Musik seyn und thäten sie vor Freuden und Jubelschall aufhupfen, aber[192] umsonst, auch dieß nicht, sondern ewig, nie kein Ende, sondern ewig, ewig.

Judas ist schon über die sechszehn hundert Jahr in diesem Feuer, Holofernes, etliche tausend Jahr in diesem Schwefelteich. Pharao etliche tausend Jahr in diesem Brennofen. Dathon und Abiron etliche tausend Jahr in diesem höllischen Rachen. Jezabel etliche tausend Jahr in diesem Abgrunde. Wenn Gott sollte zu ihnen sagen: höret ihr Verdammten, wenn ihr werdet weinen, und so viel Zäher vergießen, bis damit der ganze Erdboden bis auf das Firmament hinauf angefüllet wird, alsdann will ich euch euer Feuer auslöschen. O was Trost thät sich nicht erheben in diesen Gemüthern, aber auch das wird nicht seyn, sondern ewig, ewig, ewig.

Wenn ich dürfte hinuntersteigen, in dieses Marterhaus, und ihnen sollte ankünden, daß sie so viel Jahr werden brennen und braten, wie viel da ein Schreiber Tipfel machen kann bis auf den jüngsten Tag, oder wie viel Sonnenstäubel, auf der ganzen Welt, oder wie viel Geschöpf auf dem weiten und breiten Erdboden, dieß wäre ihnen ein Trost über alle Trost, aber umsonst, umsonst, sondern ewig, ewig, ewig, nie ein Ende. Das Gute sagt ihnen: ich fliehe ewig von euch. Das Böse sagt ihnen: ich bleibe ewig bei euch. O Ewigkeit! du bist ein Gesang ohne Klaus. O Ewigkeit! du bist ein Graben ohne Grund. O Ewigkeit! du bist ein Meer ohne Gestatt. O Ewigkeit! du bist eine Nacht ohne Morgenröth. O Ewigkeit! du bist ein Leben ohne Sterben. O Ewigkeit! du bist ein Irr – Garten ohne Ausgang. O[193] Ewigkeit! du bist ein Maß ohne Ziel. O Ewigkeit! du bist ein Exordium ohne Epilogo. O Ewigkeit! du bist ein versperrter Kerker, dessen Schlüssel abgeworfen ist in den grundlosen Abgrund.

Hieronymus wohnet in einer rauhen Wüste zwischen und unter den wilden Thieren, ernährt sich mit einem kleinen Stückel Brod, zerfleischt seinen Leib mit blutigen Geißeln, zerschlägt seine Brust mit hartem Kieselstein, mergelt sich dergestalten aus, daß er eine Kopei des Todes selbsten. Hieronymus warum dieß? Ob Gehennae metum, etc. sagt er, wegen der Ewigkeit, die ich fürchte in der Höll, o Ewigkeit!

Guilelmus, ein Herzog in Aquitanien, hat sich nach seiner Bekehrung neun ganze Jahr in einer Grube aufgehalten, der vorhero in einem prächtigen Pallast gesessen, hat sich in einen eisenen Panzer am bloßen Leib lassen einschmieden, der vorhero mit Sammet sich nicht begnügen lassen, erhält sich allein mit Wasser und Brod, und dieses so mäßig, daß kaum ein Spatz damit gesättiget würde, der doch vorhero auf einmal so viel Speis zu sich genommen, als acht starke Männer. Guilemus warum dieß? Ob Gehennae metum, wegen der Ewigkeit, sagt er, so ich fürchte in der Höll.

Karolus Quintus ein glorwürdigster Kaiser aus dem Haus Oesterreich, dem die Welt unterthänig, dem die Fortuna botmäßig unterworfen, ein deutscher Herkules, ein österreichischer Alexander, legt etliche Jahr vor seinem Tode Kron und Scepter freiwillig ab, verschließt sich selbst in ein Kloster, nimmt vor Lieb mit einer engen Zelle, dem vorhero ganze Königreich[194] zu eng. Karolus warum dieß? Ob Gehennae metum, sagt er, wegen der Ewigkeit, so ich fürchte in der Höll. O Ewigkeit! o Ewigkeit!

Noch eins, ihr unglückseligen Verdammten, dasjenige Würmel, welches aus göttlichem Befehl dem Propheten Jonä seinen Kürbis abgebissen, dasselbe wird alle Bäume, alle Wälder, alle Hecken, alle Stauden, alle Gewächs der ganzen Welt abbeißen, wie lang wird es zu thun haben mit einem Eichbaum? wenn es nun wird völlig mit seiner Arbeit fertig seyn, und alles Gehölz zermahlen haben, alsdann wird auch die Post kommen, daß ihr erlediget werdet, seyd ihr zufrieden mit dieser Gnad? O freilich, o freilich, sagen sie, unendlich wollten wir um dieses danken, aber wir wissen es, daß es nicht seyn kann, wenn auch die Mutter Gottes selbst, wenn auch alle Heilige im Himmel, alle Engel im Himmel sich zu den Füßen Jesu thäten niederwerfen, und solche Gnad für uns begehren, so würde es doch Gott nicht thun; c redemptio, es ist keine Erlösung auf ewig, o erschreckliches Nulla. O Jesu erbarm dich unser.

Was sagst du Musika von der Höll? Ich, sagt Musika, sind einen tiefen Paß in der Höll, find einen erschrecklichen Gesang, benanntlich das Heulen und Zähnklappern, sind unendliche Suspir, sind einen grausamen Takt, indem ein jeder Verdammter spricht: »Manus Domini retigit me;« aber welches das Allerschmerzlichste ist, ich finde in der höllischen Musik keine einige Pause. Es ist zwar die ganze Woche dem Menschen von Gott zur Arbeit gegeben worden, aber gleichwohl ist keine Woche ohne Pause und Feierabend.[195] Es plagt sich der Scholar mit seiner lateinischen Arbeit nicht ein wenig, und muß oft den Schlaf brechen, wenn er etwas machen will, muß oft die Bücher lesen, wenn er sich vom Uebel erlösen will, aber gleichwohl hat er seine Pause, und seine gewisse Vakanz. Ein Zimmermann hat eine harte Arbeit, und muß manchem Baum die Haut abziehen, da er doch sein Lebtag kein Pfleger wird, muß manches Haus aufbauen, wenn er doch wohl hausen will, muß wider seinen Willen oft hoch steigen, da doch andere viel Geld spendiren, damit sie solches erhalten, aber gleichwohl hat er seine Pause, seine gewissen Stunden des Tags, an denen er sich mit einem Stück Brod erquicket, oder aber auf den harten Scheiten einen linden Schlaf versucht. Ein Schnitter auf dem Feld hat eine harte Arbeit, muß es machen wie der Tod, wenn er doch will zu leben haben, er bucket sich ein ganzes Jahr nie so stark gegen die Erde, es ist aber eine interessirte Reverenz, denn dazumal spendirt sie die liebe Mutter zum Meisten, der Schweiß rinnt ihm über das Angesicht herab, diesen Firniß hat uns der Adam gemacht, aber dennoch hat der arbeitsame Schnitter seine Pause, hat gewisse Zeiten des Tags, bei denen er sich unter einen Schatten setzt, das gewünschte Mittag – Mahl einnimmt, und ist anbei versichert, daß er übern Stuhl nicht hinunter fällt.

Der Soldat auf der Wach hat eine harte Arbeit, und wenn andere bei nächtlicher Ruhe die Augen zuschließen, muß er die seinigen zum Beßten offen haben, muß in der größten Kälte Schildwach stehen. Ob das Wort Schildwach von Schild oder Schelten[196] herkommt, das weiß ich nicht Muß immerzu auf der hohen Pastei seyn, da ihm doch, dem hungerigen Tropfen, lieber wäre die Pastete, etc. Aber gleichwohl hat er seine Pause, wenn die Stund und gewisse Zeit verflossen, so schreit er alsobald: Abgelöst! lehnt die Muskete an die Wand, begibt sich in die Rauchstube oder Wachstube, legt sich nieder und schläft, und schneidet Bretter auf der Bank. Nichts ist in der Welt, so nicht eine Pause, seine untersetzte Ruhe hat, aber in der Höll ist keine einige Pause, in alle Ewigkeit nicht eine halbe Viertel – Stund eine Ruhe. O allmächtiger Gott! Ewig brennen, und nicht einmal eine Viertel-Stund eine Abkühlung. Ewig verwundet, und nicht einmal ein Pflaster. Ewig Hunger leiden, und nicht einmal einen einigen Bissen. Ewig Durst leiden, und nicht einmal einen Tropfen Wasser. Die erbitterten höllischen Geister thun auf ewig die Verdammten peinigen, schlagen, stechen, hauen, zwicken, brennen, drosseln, werfen, pressen, drucken, räderen, folteren, binden, raufen, schinden, stoßen, treten, sieden, braten, bachen, stürzen, spießen, schneiden, etc. Und werden doch weder müd noch matt.

Johannes, der apokalyptische Engel, hat auf eine Zeit gesehen, wie der göttliche Richter am jüngsten Tag wird erscheinen; ich sah ihn, sagt er, daß sein Haupt gewesen wie ein weißer Schnee, seine Augen waren wie Feuerflammen, seine Füß gleichwie ein glänzendes Erz, als wenn es wäre in einem feurigen Ofen, und seine Stimm wie das Rauschen vieler Wasser, und er hatte sieben Stern in seiner rechten Hand, und aus seinem Mund ging ein scharfes zweischneidiges[197] Schwert heraus, und sein Angesicht war, als wenn die Sonn scheinet in ihrer Kraft etc. »Praecinctum ad mamillas zona aurea;« unter andern hab ich Johannes auch gesehen, daß seine Brust mit einer goldenen Gürtel verschlossen, durch welches wurde angedeutet, daß am jüngsten Tag der göttliche Richter sein vorhin so gütiges Herz völlig und auf ewig den Verlornen werde zuschließen, und nicht einmal auf einen Augenblick eröffnen, und nicht einmal ein Haar von seiner Sentenz auf ewig nachlassen, nicht einmal mit der vorgenommenen Straf nur einen Augenblick dispensiren in alle Ewigkeit. O Jesu Maria! gar keine Pause, gar keine einige Pause.

Es ist nicht gar lang, daß sich in Welschland folgende erschreckliche Geschicht begeben. Eine adeliche und reiche Frau führte einen sehr frommen und auferbaulichen Wandel, war freigebig gegen die Armen, und dem Gebet und Andacht sonderbar ergeben. Nachdem sie mit Tod abgangen, hat sie keinen andern Erben hinterlassen, als eine einige Tochter, und zwar ein Kind, so nicht allein Gestalt halber, sondern forderist Tugend halber wohl beschaffen war, welche neben andern gottseligen Werken auch sehr gern für die Todten und Abgestorbenen gebetet, insonderheit aber für ihre liebste Mutter. Als diese Tochter etliche Wochen nach dem Tod der Frau Mutter einmal ganz allein in der Stube war, da erblickt sie ein erschreckliches Abentheuer bei der Thür, so fast gleich einer wilden und geschundenen Sau, voller Gestank und Unflath; die Tochter thät sich billig hierüber höchst entrüsten, und wollte die Flucht sogar vom Fenster hinunter[198] nehmen; aber das Gespenst redet sie mit folgenden Worten an: »Stehe still, und weiche nicht, o Tochter, ich bin deine unglückselige Mutter, ob ich schon einen frommen und untadelhaften Wandel geführet auf Erden, so bin ich gleichwohl ewig verdammt, weil ich mit deinem Vater etliche abscheuliche Sünden begangen, die aus Schamhaftigkeit in der Beicht niemalen entdecket;« nachdem die Tochter sich in etwas erholet, so fragt sie ihre unglückselige Mutter nicht ohne häufige Zähren, was denn für Peinen in der Höll seyen? worauf die Mutter: die Beraubung des göttlichen Angesichts ist die größte Pein, und darum ist bei den Verdammten ein immerwährendes Vermaledeien und Fluchen der göttlichen Justiz; nachmals ist eine unerläßliche Pein, indem alle Verlornen gedenken und betrachten, daß sie ewig, ewig, ewig nicht mehr erlöst werden, ewig, nicht auf einen Augenblick nur ihr Feuer auslöschen, ewig nicht eine Unze der göttlichen Barmherzigkeit zu hoffen haben, ewig nicht die mindeste Pause genießen in ihren Tormenten und Qualen etc.; worüber sie etliche Sprüng über Stühl, Tisch und Bänk gethan, und allenthalben wie ein feuriges Eisen tiefe Fußpfade eingedrückt, mit einem unleidentlichen Gestank, und folgsam von den bösen Feinden in den Abgrund gestürzt worden. Die Tochter hat sich alsobald in die Kirche begeben, sich mit dem dazumal berühmten Fastenprediger unterredt, welcher dann nach eingenommenem Augenschein mit dero Erlaubnuß alles in der Predigt geoffenbaret, auch mit dieser erschrecklichen Geschicht sehr viel Sünder zur Buß und Besserung gezogen.[199]

Was sagst du Geometria von der Höll? Ich, sagt Geometria, bin immerzu beschäftiget mit dem Ausmessen des Erdbodens, aber es ist mir nie heißer worden, als wie ich die Höll, so in dem Mittelpunkt der Erde liegt, habe abgemessen. Wie Judas von einer großen Anzahl Teufel in die ewige Verdammnuß hinunter geführt worden, da ist er zum allerersten kommen in einen großen Kerker des Erdbodens, allwo nichts anders gewest, als eine dicke Finsternuß, von Feuer und Pein sah er nichts, und hörte auch nichts, und empfand auch nichts; da fragte er alsobald, ob dieß die Höll sey? ja wohl, die Höll, antworten die verdammten Larven, dieß ist ein Paradeis gegen die Höll, dieses ist der Ort, so der Schoos Abrahams genennt wird, in diesem seynd arrestirt gewest die heiligen Altväter, bis der Heiland Jesus nach seinem bittern Tod hinunter gestiegen, und sie erlöst. Judas wird weiter hinunter geführt, und kommt in eine andere Keiche, so von uns tausend zwei hundert und zwei und fünfzig welsche Meilen Wegs in dem Erdboden entlegen; fragt daher gleich wiederum, ob dieses die Höll? nichts von der Höll, sagen die Teufel, dieß ist derjenige Ort, wo die unschuldigen Kinder loschiren, welche das Angesicht Gottes zwar nicht sehen, aber im übrigen wenig leiden. Der Iscarioth wird ohne Verzug tiefer hinunter gerissen, und kommt an den dritten Ort, so zwei tausend fünf hundert und fünf welsche Meilen in dem Erdboden; da sah er ganz feurige Oesen, und in den Oesen die armen Seelen, er sah ganz feurige Röst, und auf den Rösten die armen Seelen, er sah ganz feurige Flüß, und in den[200] Flüssen die armen Seelen, er hörte weinen und wehklagen, er hörte schreien und bitten, er hörte seufzen und trauern; ach, sagte er, da, da, da ist die Höll; ja wohl Höll, war die Antwort, in der Höll thut man Gott vermaledeien, aber allhier thut man Gott benedeien, in der Höll ist ein Eingang ohne Ausgang, aber allhier ist ein Eingang und auch ein Ausgang, in der Höll thut man fluchen, aber da thut man beten, dieser Ort ist eine Vorstadt des Himmels, und wird genennt das Fegfeuer. Weiter fort mit dem Juda, bis er endlich kommen ist drei tausend sieben hundert und acht und fünfzig welsche Meilen in der Erde; hier ist die Höll, hat es geheißen, und stoßen ihn alsobald mit größter Macht in den Abgrund. Diesen erschrecklichen ewigen Kerker hab ich, sagt Geometria, ganz genau gemessen, und gefunden, daß er ganz rund wie eine Kugel, und folgsam die Höhe wie die Weite, und die Weite wie die Höhe, benanntlich zwei tausend fünf hundert und fünf welsche Meilen, der ganze Umkreis aber des höllischen Kerkers sieben tausend acht hundert fünf und siebenzig welsche Meilen; in diesem Ort haben gleichwohl Platz viel tausend Millionen der verdammten Seelen samt ihren Leibern, denn sie auf einander werden liegen wie die Ziegel in dem Brennofen, wie die Häring in der Tonne, wie die Glut auf dem Heerd. Etlicher heiliger Väter Aussag ist, daß am jüngsten Tag die Höll werde größer werden, denn der Ort der Altväter, oder Sinus Abrahae, der Ort der unschuldigen Kinder, das Fegfeuer deßgleichen, werden alle zusammen[201] brechen, und eine Höll seyn. O was ist das für ein tiefer Kerker!

In dem Königreich Neapel ist eine Landschaft, so vor diesem Peligri genennet worden, dessen Hauptstadt Sulmona; in besagter Landschaft war ein Edelmann, der sehr tyrannisch und unbarmherzig mit seinen Unterthanen umgangen. Einsmals hat es sich zugetragen, daß einer aus denselben einen Jagdhund seiner Herrschaft todt geworfen, und zwar wider seinen Willen; worüber der Edelmann dergestalten ergrimmet, daß er denselben alsobald an eisene Ketten hat fesseln lassen, und in den tiefesten Kerker werfen; nachdem der bedrängte Unterthan etliche Tag in dieser abscheulichen Gefängnuß gesessen, und die ihm bevorstehende Straf so stark zu Herzen genommen, ist er in eine solche Melancholie und Verzweiflung gerathen, daß er den bösen Feind angerufen um Hülf und Beistand. Was geschieht? der Kerkermeister wollt nach Gewohnheit dem Gefangenen die Speis, ob zwar wenig und schlecht genug, bringen, findet aber keinen einigen Menschen, ungeacht die eisenen Bande und die wohlversperrte Keichenthür unverletzt waren; jedermann, forderist die Herrschaft, verwunderten sich hoch über dieses, glaubten auch fest, der Teufel müsse den Bauern geholt haben; nach drei Tagen hörte man ein ungeheures Geschrei unter der Erde, und zwar in demselben Gefängnuß, und wie man hinunter kommen, findet man den Gefangenen wie zuvor in eisene Banden geschlagen, aber mit einer erbärmlichen und entsetzlichen Gestalt; als man ihn befragte, wo er gewesen sey, gab er keine Antwort, sondern stund wie[202] eine seellose Statue oder Bildnuß; endlich begehrt er mit der Herrschat zu reden, welches ihm auch verwilliget worden, daselbst hat er bekennt, daß ihn der böse Feind in den Abgrund der Hölle habe geführt, welche so tief, daß er glaubt, er sey über tausend Meilen hinunter gestiegen; daselbst habe er gesehen die unermeßliche Pein der Verdammten, unter andern habe er viel erblickt, die in Sammet und Seide, in Silber und Gold aufgezogen, als er aber eines dergleichen Kleider nur ein wenig angerührt, sey ihm hievon die Hand halb abgebrannt; so habe er auch gesehen den Ort, wohin sein Edelmann werde gestoßen werden, wofern er nicht von seinem bösen Wandel werde abstehen, und dieß hab ihm einer gezeigt, so vorhin des Edelmanns bester Freund gewesen; zum Zeugnuß dessen hab er ihm jenen geheimen Kontrakt vertraut, den sie beide einmal im Feld mit einander gemacht haben. Der Edelmann konnte hieraus die Wahrheit schließen, zumalen um diese Sach kein Mensch auf Erde gewußt, außer die zwei; über dieß ist der Unterthan frei und los worden, aber wegen des erschrecklichen verstellten Angesichts kaum von seinem Weib und Kindern erkennet worden; und so diese mit weinenden Augen befragt worden, wo er gewest, so gab er fast keine andere Antwort, als nur lauter tiefeste Seufzer, wie er dann etliche Tag hernach, nachdem er sein Testament verfertiget, gestorben ist.

Was sagst du Astronomia von der Höll? Ich, sagt Astronomia, mag mich nicht viel fretten mit irdischen Dingen, ich halt mich meistentheils in der Höhe auf, besichtige den Mond, welcher so hoch über[203] dem Firmament, daß er von demselben acht und dreißig tausendmal tausend, achtmal hundert sieben tausend, drei hundert und siebenzehn deutsche Meilen entlegen. Ober dem Mond beschaue ich den Planeten Venus, ober der Venus den Merkurium, ober dem Merkurium die Sonn, welche nach Aussag Cassonäi einen so schnellen Lauf hat, daß sie in einer Stund zweimal hundert und sechzig tausend deutsche Meilen postirt; das heißt gelaufen. Ober der Sonne betrachte ich den Planeten Mars, und schau, ob er noch gut französisch. Ober dem Mars besuche ich den Jupiter; ober diesem den Saturn, und verwundere mich über dessen Langsamkeit; ich will zwar Gott nicht einreden, aber meines Gedünkens hätte er besser getaugt für einen Zimmermann, als für einen Planeten. Ober dem Firmament stehet man ein blaues Gewölb, so aber nur in lauter Wasser besteht; nach allen diesen finde ich den Himmel, allwo Gott in seiner Majestät mit allen Auserwählten residiret, welcher so groß seyn soll, wie Nierenbergius davor hält, daß er vier und zwanzig tausend Millionen deutsche Meilen in der Länge, und drei tausend sechs hundert Millionen in der Breite begreife; ja wenn ein Vögelein so schnell könnte fliegen, daß es in einem Ave Maria lang den ganzen Erdboden zwanzigmal könnte umfliegen, so hätte es doch 24 Stund zuzubringen, wenn es den Himmel, wo die Heiligen wohnen, wollt durchfliegen. Weil denn die ganze runde Weltkugel nichts anders ist gegen den Himmel, allwo die Wohnung der Auserwählten, als ein Tüpfel, so schämen sich die Verdammten in alle Ewigkeit, verfluchen ihre[204] Thorheit, daß sie um ein so winziges Tüpfel halber den so edlen Himmel auf ewig verschwendt, verscherzt, vertändlet. Ach wehe! ach wehe! ach wehe! und unendlich wehe! die ewige Glorie, die ewige Freud, das ewige Licht, den ewigen Frieden, das ewige Leben, die ewige Wollust, die ewige Ersättlichkeit, die ewige Musik, die ewige Ruhe, den ewigen Glanz, die ewige Würde, die ewige Lieblichkeit, die ewige Herrlichkeit, die ewige Vergnügung, die ewige Gnad, die ewige Ergötzung, den ewigen Wohlstand, die ewige Wohnung im Himmel, die ewige Gesellschaft der Engel, die ewige Freundschaft der Heiligen, das ewige Angesicht Gottes, haben wir elende Geschöpf verschwendt um eine zergängliche Wollust. O vermaledeit die Stund, an dero wir geboren, vermaledeit die Mutter, so uns getragen, vermaledeit die Tauf, die wir empfangen, vermaledeit die Zeit, an dero wir zum Verstand kommen, vermaledeit der Sand, den wir angetreten, vermaledeit Gott, der uns berufen, vermaledeit die Sakramenta, die wir mißbraucht, vermaledeit der Himmel, den wir verloren, vermaledeit die Erd, die wir verlassen, vermaledeit der Teufel, der uns versucht, vermaledeit die Sünden, die uns anhero gestürzt; ach wehe! ewig wehe! wehe ewig! ewig wehe!

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ, oder eigentlicher Entwurf und Lebensbeschreibung des Iscariotischen Böswicht. 7 Bände, in: Abraham a St. Claraߣs Sämmtliche Werke, Band 7, Passau: Friedrich Winkler, 1834–1836, S. 175-205.
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