Judas Iscarioth, weilen er sein Leb-Tag, absonderlich bei Hof, die Arbeit wenig gewohnt, so war er auch in dem apostolischen Kollegio dem Faulenzen ergeben.

[221] Nachdem der berauschte Herodes Antipas an seinem Geburts-Tag Johanni das Haupt hat lassen abschlagen, hat sich der Herr Jesus mit seinen Apostlen in die Wüste begeben; dem aber eine große Menge der Leut nachgefolget, etliche aus Andacht, weilen sie in sein göttliches Wort ganz verliebt waren; andere eignen Nutzens halber, weilen sie suchten von dieser oder jener Krankheit durch ihn kurirt zu werden; etliche wohl aus Bosheit halber – dann sie, forderist die Pharisäer, ganz genau beobachteten, ob sie möchten in ihm einen Tadel vermerken. Wie nun das Volk sich ziemlich verweilt, und die Zeit des Essens vorhanden, hat der Herr Jesus den Philippum gefragt: Mein Philipp, unde ememus panes, wo werden wir Brod kaufen für so viel Leut? Und als man ihm 5 Brod und 2 Fisch beigetragen, hat er gleich den göttlichen Segen über dieselben gegeben, und nachmals denen Apostlen befohlen, sie sollten es unter das Volk austheilen. Maldonatus und Cornelius in Matth 14. seynd der Aussag, als habe ein jeder Apostel von dem Volk einen Korb zu leihen[222] genommen, in welchen Christus der Herr ein Brod geworfen, welches gleich dergestalten gewachsen, und darmit 5000 Männer ohne Weib und Kinder seynd ersättiget worden, und noch derer Stücklen so viel übergeblieben, daß darmit 12 Körb voll angefüllt worden; dahero nach solcher ansehnlichen Frei-Tafel ein jeder Apostel mit einem Korb voll Brod auf dem Rucken zu unserm Herrn kommen. Eine oder die andere Frag ereignet sich hierinfalls: warum nemlich der Heiland den Philipp gefraget, unde ememus? wo werden wir Brod kaufen? Warum hat der Herr Judam nicht gefraget, indem doch dieser Procurator war? er führte die Kassa, dieser hatte in solchen Begebenheiten die beste Erfahrnuß, er wußte, wo das schwarze Brod, das weiße Brod, die Semmel, die Kipfel, das altbackene, das neubackene Brod verkauft wird; er kennt die mehresten Bäcker und Bäcker-Gesellen, die mehresten Wirth und Sudl-Köch. Darum ist Philipp gefragt worden und nit Judas; dann dieser war dazumalen schon ein Schelm, und unser lieber Herr hat schon gewußt, daß er nicht gern etwas umsonst gebe, weilen er in Geheim sogar denen Armen das Almosen gestohlen. Aus was Ursachen aber hat der rothbartete Partitenmacher auch einen Korb müssen auf dem Buckel tragen? Da antwortet der hl. Basilius, daß unser lieber Herr die Arbeit gar gern sehe, und hasse über alle Massen den Müssiggang, welchem Judas Iscarioth sehr ergeben war, und viel Zeit durch Faulenzen und unnützes Gespräch mit denen Juden und hebräischen Handels-Leuten, auch mit denen Pharisäern verzehret. In diesem hat Judas viel Brüder.[223]

In dem Bauern-Kalender am St. Galli Tag ist ein Bär abgemalt, welcher ein Holz oder einen Block über die Achseln trägt. Die Ursach dessen aber ist diese: der hl. Gallus, welcher ein sonderbarer Patron in Schweizerland, hatte einsmals etliche Fischlein in der Einöde mit dem Diacon Gildeboddo wollen braten, und zu diesem End ein Feuer angemacht. Unterdessen springt mit großem Gewalt ein wilder Bär hinzu, ob welchem Hildeboddus der Diacon sich sehr entrüstet; der hl. Gallus aber hat dem Bären befohlen, er soll kein fauler Bärenhäuter seyn, sondern lieber Holz herzu tragen; welchem Befehl der Bär alsobalden nachkommen, und Holz, Prügel nach Nothdurft zugetragen.

Der hl. Corbinianus, Bischof zu Freysing reiste auf eine Zeit nach Rom; unterwegs aber bei einem dicken Wald hat ein wilder Bär sein Pferd angefallen und selbiges zerrissen. Wer will anjetzo unsere Ranzen und Pinkel tragen, sagt Ansericus, der Diener, zu dem hl. Bischof, das Pferd ist hin. Anserice, sprach der hl. Corbinianus, laß dir derenthalben keine grauen Haar wachsen, gehe hin, leg alle unsere Wander-Pinkel auf den Bären, schaffe ihm, er soll anstatt des Pferds dieselbigen nach Rom tragen. Welches auch also geschehen; und mußte der Bär anstatt des Schimmels alle Last, wie ein zahmes Pferd, bis nach Rom auf dem Buckel tragen.

Der hl. Marinus lebte in der Wüste unweit[224] Arimini. Als er aber einsmals zu Rom gewisse Geschäfte verrichtet, und in der Rückkehr, großen Alters halber, auf einem Esel mußte reiten, so ist ein Bär so wild gewest, daß er dem hl. Mann seinen Esel zerrissen, worüber Marinus geschwind den Esels-Zaum dem Bären angehenket, den schlechten Esels-Sattel auf de Bären gelegt, und nachmals er selbst auf dem Bären bis in die Wüste geritten.

Deßgleichen haben dem hl. Humberto, dem hl. Romedio, dem hl. Florentio, dem hl. Magno und vielen anderen Heiligen mehr die Bären müssen arbeiten. Ich wollte wünschen, ich könnte gleichförmig bringen und zwingen nit zwar die Bären, wohl aber diejenigen Faulenzer, welche eine ganze Zeit auf der Bären-Haut liegen, und die edle Zeit in dem Müssiggang verschwenden: allermassen dem Menschen nichts schädlichers ist, als der Müssiggang. Dann fürwar ein großer Unterschied ist zwischen den Holz-Aepfeln und dem Menschen: die Holz-Aepfel werden im Liegen gut, die Menschen aber im Liegen werden schlimm. Eine andere Beschaffenheit hat es mir der Bruthenn' und dem Menschen: eine Bruthenn' mit Sitzen brüt' gute Hühnl aus, ein Faulenzer mit Sitzen brütet böse Händel aus. Es ist gar keine Gleichheit zwischen einem faulen Holz und zwischen einem faulen Menschen; denn ein faules Holz, absonderlich ein eichenes, glänzet in der Finster, aber ein fauler Mensch, der ranzt sich in der Finster.

In der Arch Noe seynd aus allen unreinen Thieren zwei, aus den reinen aber siebene durch die Engel geführet worden, wie es mein hl. Vater darvor hält;[225] und dieß ist geschehen in dem Monat Liar, welches bei uns ist der Majus: just in einem solchen Monat, wo Freud und Ergötzlichkeit allerseits gefunden und empfunden wird. Nun entsteht eine Frag, ob auch Mäus', Krotten, Frösch und dergleichen in dieses Schiff seynd eingeführt worden. Pererius mit Andern ist der Aussag, daß dergleichen Thier nit seynd in der Arche gewest, aus Ursachen, weilen ihr Geschlecht nicht vonnöthen hatte, in der Arche erhalten zu werden; dann sie nach dem Sündfluß durch so faule Aas und andere faule Materi seynd gewachsen. Ja die öftere Erfahrenheit gibst, daß dergleichen Thier aus faulen Aasen und unflätigen Materien ihr Herkommen haben; ist also auf keine Weis' zu sagen, daß eine Mucke oder ein Floh sey in der Arche gewest, außer es hätte aus denen 8 Personen dergleichen Käferl bei sich gehabt. So wachsen denn Mäus' und Krotten aus fauler Materi? Ja, was dann? und das wissen Alle. So glaub du mir auch, daß die größten Mausköpf, die leichtfertigen Krotten aus der Faulheit und von der Faulheit herstammen. Wo kommen her so viel Geld-Dieb und Zelt-Dieb? so viel Tücher-Dieb und Bücher-Dieb? so viel Wein-Dieb? so viel Brein-Dieb? so viel Eisen-Dieb? so viel Speisen-Dieb? so viel Schnier-Dieb? so viel Geschirr-Dieb? so viel Kandel-Dieb? so viel Bandel-Dieb? so viel Beutel-Dieb? so viel Kräutel-Dieb? so viel Geigen-Dieb? so viel Feigen-Dieb? so viel Better-Dieb? so viel Bretter-Dieb? so viel Hauben-Dieb? so viel Tauben-Dieb? so viel Lämmel-Dieb? so viel Kämpel-Dieb? so viel Fässer-Dieb? so viel Messer-Dieb? wo kommen die mehresten Dieb her, als eben[226] von dem Müssigang? die mehresten Mauser von der Faulheit? denn es heißt bei ihnen: Fodere non valeo, mendicare erubesco, »graben und arbeiten mag ich nit, das Bettlen schame ich mich,« so muß ich nothwendig stehlen. Wo kommen her eine Dalila und Rahab, eine Rhodope und Lamia, eine Thais, eine Lais, eine Flora etc. und viel tausend andere leichtfertige Krotten, als eben von der Faulheit? In dem ABC folgt auf das O gleich das P. Wann der böse Feind einen des O erinnert, O halt still! O hör auf, O rast eine Weil! O arbeit nit mehr! auf dieses O folgt unfehlbar das P, Peccatum die Sünd. Fleiß und Fleisch können sich miteinander gar nit vertragen, sondern sie seynd wie die zwei Amper in dem Brunnen: wann einer oben ist, so muß nothwendig der andere hinunter; wann der Fleiß, verstehe die Arbeit, die Oberhand hat, so wird das Fleisch und dessen Ueppigkeit unterdrucket; wann aber das Fleisch herrschet, so nimmt der Fleiß das Valet: dann sich allein arbeitsam und ehrsam miteinander vergleichen.

Der König David hat einmal der Lenz gestochen; deßwegen er Nachmittag Langweil halber sich niedergelegt und den Polster gedruckt; nachmals nach vielen Ranzen und Gaimetzen auf seiner Altana hin und her spazieren gangen, und also seinen Augen freien Paß vergonnt, welcher dann bald ein gewünschtes Wildpret ergafft, indem er gegenüber aus seiner königlichen Burg hat wahrgenommen, daß sich ein überaus schönes Frauenzimmer gebadet, welche ihm auf alle Weis dergestalten wohlgefallen, daß er gleich einige Bediente dahin abgesandt, daß sie ihm die schöne Madam sollen nach[227] Hof führen. Solchem seynd diese Gesellen emsig nachkommen, und gibt leider dergleichen Bediente mehr bei diesen unseren Zeiten, welche ihres Herrn seine Buhlschaft wissen zu vermantlen, und ihn mit dergleichen Geflügelwerk bestermassen versehen; auch so manche Dienstmagd die stillen Löffels-Posten und verdächtige Briefel nit hin und her thäte tragen ihrer gestrengen Frauen, so würde mancher armer Mann nit in das Zeichen des Widders kommen. Solche gewissenlose Bedienten seynd nit um ein Haar besser, als jener vermaledeite Diener Malchus – dessen Latern nit weit von Paris in Frankreich in der Kirche des hl. Dionysii aufbehalten – massen dieser Bös'wicht auch dem gebenedeiten Heiland einen so harten Backenstreich versetzet hat, nur darum, damit er seinem Herrn dem Hohen-Priester ein Wohlgefallen verursache. Also pflegen dergleichen Lakeien und Dienst-Menscher in aller Bosheit der Herrschaft an die Hand zu gehen, damit sie nur in dero Huld und Gnaden verharren, und zuweilen mit einem Recompens bezahlet werden. Dergleichen schlimme Vögel hatte der David zu Hof. Sobald solche vermerkt, daß sie dem König ein Wohlgefallen machten, haben sie auf solche Weis' die schöne Bersabea überredet, daß solche mit ihnen nach Hof gangen: in Summa, der David begeht den Ehebruch, welchen er nachgehends mit so vielen heißen Zähren beweinen, und den Psalm Miserere so vielfältig intoniren müssen. An allen diesen ist die Ursach[228] der Müssigang. Wär' David dazumalen, wie es dann hätte sollen seyn, in das Feld gangen und den Degen geführt, so hätte ihn der blinde Bub nit also verwundet. Piger und Niger gehen gemeiniglich miteinander, wie die 2 Jünger nach Emmaus, jedoch mit dem Unterschied, daß unser Herr nit mit ihnen wandert; dann wo der Piger, dort ist der Niger; wo der Müssiggang, dort ist des Teufels Anhang.

Jener Hausvater, welcher drei unterschiedliche Mal auf den Platz gangen, und allemal etliche Faulenzer angetroffen, weßwegen er sie mit diesen Worten angefahren: quid statis tota die otiosi? »was stehet ihr den ganzen Tag müssig?« o mein lieber Hausvater, wann du bei diesen Zeiten sollst auf den Platz kommen in dieser oder jener Stadt, du würdest weit mehr antreffen, welche da müssig stehen! Ecce, dort stehen etliche bei einander mit Mänteln, ni fallor, sunt Studiosi. Si, si, es seynd Studenten; man kennt sie aus dem linken Arm, dann sie pflegen gemeiniglich den Ellbogen heraus zu spitzen aus Gewohnheit, weilen sie unter demselben Arm so viel Jahr die Bücher getragen. Diese stehen schon anderthalb Stund müssig! O nein, mein lieber Hausvater, sie stehen nit müssig; sie arbeiten gar emsig, sie hechlen, das ist ihre Arbeit, verstehe mich aber recht, sie ziehen die Leut durch die Hechel. Geht eine ehrliche Frau vorbei, die etwa Rosen auf den Wangen tragt: Ecce! sagen diese Knöpf, die ist gewiß bei[229] einer Kindstauf gewest; es seynd etliche Seidl Wein gemartert worden, weilen das Gesicht roth ausgespalirt ist. Geht ein ehrliches Mädl übern Platz, Ecce, haec est serva bona et fidelis, das Mensch ist gut vertreulich, sie ist wohl nit wie dasselbe Kraut in Brasilia, von welchem man diese wunderbarliche Natur und Eigenschaft ausgibt: wann jemand solches Kraut will anrühren, so pauscht es sich ganz zusammen, als habe es eine natürliche Schamhaftigkeit! sobald aber der Mensch von diesem Kraut wieder abweichet, alsdann breitet es sich wieder auseinander. Dergleichen Reden Führen die Müssiggänger. Vidit alios stantes otiosos in foro. An demselbigen Eck des Platzes gehen Etliche mit unterschiedlichen Kleidungen. Einer zieht roth auf, der andere blau, der dritte gelb, der vierte grün, der fünfte braun, der sechste geschecket, allerley Farben, wie eine Taube am Hals; aber Tauben seynd diese nit, andere Vögel wohl; ich glaub und halt' sie für Herren-Diener. Diese stehen auch schon eine geraume Zeit müssig? Nein, mein lieber Hausvater, sie stehen nit müssig, sie leuten, Leuten ist ihre Arbeit. Das wissen diejenigen wohl, welche die große Glocke zu Erfurt leuten, welche etliche hundert Centner schwer, und deßwegen 24 starke Gesellen dieselbige zu leuten erfordert werden, dero Klang auf drei deutsche[230] Meil' gehört wird. Aber verstehe mich wohl mein, Hausvater, diese leuten nur die Sau-Glocke, s.v. diese seynd fast wie die Wiedhöpf', nit zwar derenthalben, weilen sie auch immerzu einen Federbusch tragen, wie dieser Vogel, sondern darum, weil dieser Vogel sich mehresten aufhaltet an wilden und stinkenden Orten, und seinen Schnabel immerzu stecket in Koth, Mist und Unflat. Vidit alios stantes in foro otioso. Unterhalb des Platzes stehen mehrmalen einige, allem Ansehen nach seynd diese Burgersleut; solche seynd auch müssig? Nein, mein lieber Hausvater, sie stehen nit müssig, sie schneiden, Schneiden ist ihre Arbeit. Es ist ja Schneiden eine Arbeit, Holz schneiden, Kraut schneiden; zwar sie thun nur aufschneiden, bringen allerlei Zeitung auf die Bahn, lügen so sehr, daß sich der Thurm zu Kölln möcht auf die andere Seite biegen. Das Messer, mit dem der hl. Apostel Bartholomäus ist geschunden worden, wird in der churfürstlichen Haupt-Stadt Mainz aufbehalten, und in der Haupt-Kirche gezeiget. Dieses Messer ist nit gar zu klein; aber das Messer, mit welchem diese Leut also unerhört aufschneiden, ist um viel größer und schärfer. Vidit alios stantes otiosos. Zu End des Platzes stehen auch zwei ganz müssig. Es seynd aber nur Weiber, die seynd bei der Fruhmeß gewest, und stehen schon bis um 9 Uhr bei einander; sie seynd ja auch müssig? Das gar nit, mein lieber Hausvater, sie lesen alle beede, Lesen ist ja nicht müssig gehen! aber sie lesen nur ihren Männern die Planeten. Wie geht es dir, mein Baberl? Wie wollts gehen, es hat halt einer ein großes Kreuz! die hl. Barbara malt man mit einem Thurm ab, mich könnt man wohl malen[231] mit einer Keiche, ich darf eine ganze Zeit nicht ausgehen; mein Mann ist gar ein eifersüchtiger Narr! Aber meine Margareth, ich bilde mir wohl ein, ihr habt auch kein Paradeiß. Ich mein wohl, sagt diese, es sey niemand also geplaget, wie ich; wohl recht hat man mich Margareth getauft, ich hab' freilich wohl einen Lindwurm, der immerzu voller Gift und Zorn; wann ich eine Wirthinn wär, so müßt mein Wirthshaus heißen bei dem wilden Mann. Gedenke, wie er gestern nach Haus kommen mit einem Rausch, weilen das Essen nit gleich ist auf dem Tisch gestanden, so hat er mich zweimal in das Gesicht geschlagen, daß mir das Feuer zu den Augen heraus gangen! Der Ochs sagt freilich wohl, er schlagt mich nur mit dem Rosenkranz: dank dir's der Henker! er hat keinen andern Rosenkranz, als die Faust, denn er bet' seine Sach alles an Händen. So oft er einen Spitz nach Haus bringt, so ist er ein solcher grober Knopf. – Viel andere mehr stehen auf Gassen und Strassen müssig, verschwenden die Edle Zeit; unterdessen solcher Müssiggang brütet nichts anders aus, als alles Uebel! Eine Wurzel, aus der alles Uebel wachset, ein Brunn, aus dem alle Bosheit rinnet, eine Mutter, die alle Laster gebähret, ein Präceptor, der alle Leichtfertigkeiten lehret, ein Haus, wo alle Schelmereien loschiren, ein Meister, der alle Untugenden schnitzlet, ein Amboß, wo alle Sünden geschmiedet werden, ist der Müssigang. Eine Uhr, die da stehet und nicht gehet, ist nicht nutz, ein Wasser, das da stehet und nicht gehet, ist nicht nutz, ein Schiffel, das da immerzu auf dem trucken' Land stehet und nicht gebet, ist nichts nutz, ein Faulenzer, der immerzu müssig stehet und[232] nicht gehet, ist auch nichts nutz. Salomon, mit dem Salomon Absalon, mit dem Absalon Ammon, mit dem Ammon Samson, mit dem Samson Junge und Alte zu Sodoma, Große und Kleine unter den Israeliten wären nit so grob gefallen, wann sie nit wären müssig gangen.

Etlichen Weibern gefällt der weise Salomon nit, indem er ein rechtschaffenes Weib ganz weitschichtig beschreibt. Unter andern sagt er, was einer solchen wohl anständig gewesen: Sie hat Woll und Flachs gesucht, und hat gearbeitet nach dem Rath ihrer Hände, sie hat ihre Händ zu starken Dingen ausgestrecket, und ihre Finger haben die Spindel ergriffen, sie hat schöne Leinwand gemacht und verkauft, und hat den Kananitern ein Quintel geliefert; sie hat die Weg ihres Hauses in Acht genommen, und hat ihr Brod in Müssiggang nit geessen. Dieses gefallt manchem Frauenzimmer nit. Was, sagt eine, soll ich arbeiten? für wem seynd die Menscher? ich muß meiner Andacht abwarten! zu Morgens stehe ich um halbe 10 Uhr auf (Holla! das ist eine neue Modi! Magdlena samt den zwei anderen ist um ein gutes früher aufgestanden, wie sie zum hl. Grab ist gangen); wie ich sag, um halb 10 Uhr ist meine Ordinari Stund, nachmalens hab ich meine ausgezeichnete Kirche; darinn verbleib ich bis es Zeit zum Essen – dann bei uns Weibern steht gar wohl die Andacht, muß doch sonsten der Weihbrunn umsonsten in der Kirche austrucknen, so wir nicht wären. Nach der Tafel foppe ich mich mit dem Pamphilio, und wirf[233] zuweilen ein lächerliches Wort unter die Karten; nach diesem so eile ich wiederum zu der Litanei. Gräfinn, gehe daher in meinen Stuhl! Auweh, wie seynd halt die gemeinen Leut so grob! sie thun einem mit harter Mühe weichen. Meine Gräfinn, wie gehts dir? oder wie stehe ich bei dir in Gnaden? was schreibt dir dein Herr? du hast gewiß schon innen worden, daß die französischen Waaren verboten! Es ist wohl ungereimt, mit der Weil wird man uns aus einem alten Fürhang ein Manto anmessen. Ich achte es nit so viel, wann nur das gemeine Geschmeiß nit also thät aufziehen. Schau, meine Gräfinn, an diese Secretari-Frau auf der andern Seite im dritten Stuhl, was sie für einen schönen Brocat traget; das lateinisch Ziefer will uns in allem gleich seyn. Je, schau, die Lateininn fanget schon an! ach Gott sey mir gnädig, ach – –! o heil. N. stehe mir in allem bei, o mein hl. Schutz-Engel, o – – –! Meine Gräfinn hätte bald vergessen, wo ist die Gesellschaft? ich werde dich ja auch darbei antreffen? Es ist mir die Weil so lang zu Haus. Mein Herr hat heut eine Kommission, so hat er auch die Post noch nit abgefertiget etc. Nach der Gesellschaft fahre ich wiederum nach Haus, da thut man anrichten, und stehen wir vor 11 Uhr nit auf, nachmals hab ich noch etwas wenigs zu beten und mit dem gehe ich in das Bett. Solchergestalten, Gott Lob, bring ich meine Zeit[234] gar ordentlich zu. Uebermorgen hab ich wieder einen Beicht-Tag.

Ihr Gnaden, mit Erlaubnuß, daß ich so streng reden thue, das heißt ordentlich gefaulenzet. Sie verstehen ungezweifelt auch ein wenig Lateinisch. Schauen Sie, orare und arare müssen beisammen seyn! es muß bei dem Beten das Arbeiten, und bei dem Arbeiten das Beten seyn. Beten und Arbeiten seynd zwei Riegel, welche dem bösen Feind die Thür verschließen; Arbeiten und Beten seynd zwei Flügel, mit welchen der Mensch von Sünden flieget; Beten und Arbeiten seynd zwei Ziegel, mit denen des Menschen Sinnlichkeiten gezaumet werden:


Arbeiten ohne Beten

Ist eine Nuß ohne Kern,

Ist ein Himmel ohne Stern.

Arbeiten ohne Beten

Ist ein Faß ohne Wein,

Ist ein Gold ohne Schein.

Arbeiten ohne Beten

Ist ein Teich ohne Fisch,

Ist eine Stube ohne Tisch.


Herz und Zunge hat Gott dem Menschen gegeben zu dem Gebet; Händ und Füß hat Gott gegeben dem Menschen zu der Arbeit. Es hat unser lieber Herr nicht allezeit gebetet, sondern auch vielfältige Arbeit verrichtet; der gebenedeiten Mutter selbst das Wasser nach Haus getragen, dem liebsten Nähr-Vater Joseph[235] ein manches Brett helfen abhoblen. Es hat Maria nit allezeit gebetet; in aller Fruhe zwar ist sie etliche Stund in dem Gebet eiferigst verharret; nachmals aber hat sie auch Hand-Arbeit verrichtet, gespunnen oder genähet; nachmals hat sie durch Lesung der hl. Schrift und Betrachtung göttlicher Geheimnuß die übrige Zeit zugebracht; und diesen Wandel führte sie dazumal, als sie noch mit anderen im Tempel war. Also bezeuget Sabellius und Carthagena. Nachdem sie auch wunderbarlicher Weis' den Sohn Gottes geboren, hat sie zu ihrem allerheiligsten Gebet auch die Hand-Arbeit gesellet. Denjenigen Unter-Rock Christi, welchen die Juden unter dem Kreuz unzertrennt gelassen, und welcher mit Christo von Kindheit auf solle gewachsen seyn, haben gemacht die Händ' der allerseligsten Jungfrauen Mariä; dasjenige Tisch-Tuch, worauf das letzte Abendmahl gehalten worden, hat Maria mit schönsten Lilien ausgenähet, ja man hat annoch an unterschiedlichen Oertern Gespunst und Knäul-Garn von der Arbeit Himmels-Königinn Mariä, welche außer der Zeit ihres heiligsten Gebets nit einen Augenblick wollte feiren oder müßig gehen.

Nachdem der hl. Paulus aus einem Saulo ein Paulus, aus einem Verfolger ein Nachfolger Christi, aus einem Verkehrer ein Lehrer worden, hat er 35 Jahr durch Arabiam, Syriam, Cilicium, Pamphiliam, Lycaoniam, Phöniciam, Samariam Mysiam, Phrygiam, Galatiam, Bithyniam, Samotraciam, Macedoniam, Thessalonicam, Cäsaream, Antiochiam, Galliam, Italiam, Hispaniam geprediget; aber das nit allein, Wunderwerk gewirket; aber das nicht allein, gebetet[236] auf das eifrigste; aber das nicht allein, sondern auch seine Lebens-Nahrung und Leibs-Unterhaltung gesucht durch die Arbeit seiner Händ.

Petrus, Thomas, Jakobus, Joannes, nachdem sie auch in das apostolische Collegium kommen seynd, und diese hohe heilige Würde angetreten, haben dannoch noch auf dem Befehl Christi selbst zum öftern durch die Arbeit und durch das Fischen sich unterhalten müssen, und hat unser lieber Herr nit allezeit wollen, daß Iscarioth seine Victualien einkaufen, sondern sie haben müssen bisweilen durch die harte Arbeit das Brod gewinnen.

Der Evangelist Lucas war ein sehr hl. Mann, welcher allerseits die Ehr und Lehr Christi mit größtem Eifer ausgebreitet, und stets mit himmlischen Betrachtungen sein Herz gespeist; gleichwohl aber wollt er nit einen Augenblick feiren; sondern den Pinsel in die Hand genommen und seine Maler-Kunst getrieben: wie dann die Bildnuß Christi des Herrn zu Rom, die Bildnuß der seligsten Mutter Gottes daselbst bei Maria major, die Bildnuß unser lieben Frauen zu Regensburg, welche der hl. Kaiser Henricus dahin gebracht, von dem hl. Luca seynd gemalt worden. Zu Biel in Welschland ist ein geschnitztes Maria-Bild aus Cederholz, zu welchem eine unbeschreibliche Andacht und Zulauf ist; und erscheinen an diesem Ort am Fest unser lieben Frauen Himmelfahrt gegen 50,000 Personen; auch ist erst vor 24 Jahren allda dieses Wunder geschehen, daß einer Namens Joannes Sa acht ganzer Jahr keine Zunge gehabt, welche ihm von denen Mördern ab- und ausgeschnitten worden, und doch dieselbige Anno 1661 durch Hilf der wunderbarlichen[237] Mutter Gottes an diesem Ort wieder erhalten. Diese hl. Bildnuß hat auch mit eignen Händen geschnitzlet der hl. Lukas, daß er also nie müssig gangen.

Antonius, ein Heiliger, außer den Betstunden hat Körbe gemacht. Serapion, ein Heiliger, hat öfters auf dem Acker die Bauern-Arbeit verricht. Stephanus, ein Heiliger, hat nit allezeit betracht, sondern zu gewissen Stunden auch Strick gewirket. Ulmarus, ein Heiliger, hat sich nit stets im Chor aufgehalten, sondern zu gewissen Zeiten Holz gehacket. Pachomius, ein Heiliger, hat nit allzeit psalirt, sondern gar oft im Garten gearbeitet, damit sie nur keinen Augenblick müssig gehen; dann sie wußten wohl, daß von Feiren das Feuer herkomme, und der Müssiggang eine Vigil sey des Untergangs, und die Trägheit eine Furierinn sey der Geilheit.

Der berühmte Kriegsfürst Josue führte einst seine tapferen Soldaten wider 5 Könige der Amorrhiter, nemlich wider den König zu Jerusalem, wider den König zu Hebron, wider den König zu Jerimoth, wider den König Lachis, wider den König zu Eglon, und hat nit allein durch sonder göttliche Hilf dero ganze große und volkreiche Armee erlegt, sondern auch gedachte 5 König an 5 hohe Bäume aufgehängt. Dazumalen konnten die Bäumer schier stolzieren, daß sie solche vornehme Frucht getragen. Bei der blutigen Niederlag dieser Amorrhiter hat sich neben anderen auch dieses Wunder zugetragen, daß Josue der Feld-Herr, weilen ihm der Tag nit erklecket, der Sonnen befohlen, sie soll stillstehen und ihren Lauf inne halten, damit er desto füglicher und bequemer den Feind möge[238] verfolgen. Worüber dann alsobalden die Sonne gehorsamet und noch 24 Stund länger am Himmel geleuchtet, daß also vorhin und hernach kein Tag so lang gewähret. Dieses Wunder ist geschehen Anno 2500 von Anfang der Welt, 1471 Jahr vor Christi Geburt. Unsere Zeiten und die Leut zu unseren Zeiten seynd weit anderst beschaffen als Josue. Warum? Frag' eine Weil, darum, darum: dem Josue ist der Tag zu kurz gewest, daher er denselben Tag durch ein Wunderwerk verlängert; aber uns ist mehrmalen der Tag viel zu lang, und deßwegen wir selben durch ein Plunderwerk verkürzen. Hört man nit öfters: Bruder, wir wollen heut Nachmittag für die Langweil eins spazieren, oder für die Langweil trapuliren, oder für die Langweil galanisiren? Warum sagst nit auch, du willst für die Langweil zum Teufel fahren? So ist dann dir Faulenzer, dir Polsterdrucker, dir Müssiggänger die Zeit zu lang? O elender Tropf! weißt du so gar nit, was die Zeit ist?

Wahr ist es. Armuth wehe thut, Bethlehem und Leiden liegen nit unweit von einander. Ebenholz ist ein hartes Holz, Eichenholz ist ein hartes Holz, Buchenholz ist ein hartes Holz; aber kein härters Holz ist, als am Bettelstab. Der Arme tragt freilich wohl zerrissene Kleider, aber beinebens wohl ein gutes Göller von Elend-Leder; dann allerseits der Arme am Elend reich ist. Ein bitteres Kraut um eine arme Haut! Wie bei den Juden der Speck, wie bei den[239] Hennen der Fuchs, wie bei den Tauben der Geier, wie bei den Schafen der Wolf, wie bei den Fröschen der Storch, wie bei den Hasen der Hund, wie bei den Bauern der Schauer, wie bei den Pelzen die Schaben, wie bei dem Jahrmarkt die Dieb, wie bei dem Spielmann der Quatember, wie bei dem Wasser die Glut: so ist bei den armen Leuten die Armuth, das ist – verfeind't. Dann die Reichthumen nehmen das Prämium, die Armuth wird nachgelesen; die Reichthumen thun jubeliren, die Armuth thut lamentiren; mit einem Wort: der Reiche reit', der Arme leid't. Aber sag her, wer ist arm? Der Bettler, sagst du; dann dero ganzes Hausen besteht im Hausiren, und suchen das Brod in der Noth. Wer ist arm? Die Bauern: sagst du; dann diese seynd wie die Lemoni, welche man so lang pflegt zu drucken, wie lang ein Saft darinnen ist. Wer ist arm? Die Wittiben und Waisen, sagst du; dann die Wittwen seynd wie ein Ofen: wie lang der Ofen warm ist, so lang thut man ihm gar schön, wann er aber kühl ist, so zeigt man ihm den Rucken: also wie lang eine Wittib einen Mann hat, der sie reichlich unterhält, da gibts Freund genug; wann es aber nach dem Tod des Manns kühl hergeht, so fliegen sie ab, wie die Mucken von einer kalten Kuchel. Wer ist arm? Die Soldaten und Kriegsknecht, sagst du: dann sie fechten oft mehr wider den Hunger als wider den Ungar. Alle diese seynd arm, sagst du; aber ich sage es nicht, sondern alle Men schen seynd reich, das ist mein Ausspruch. Wir Menschen, so lang wir leben, seynd reich genug, haben das Gold in dem Ueberfluß, Gold genug: haben wir denn nit die guldene Zeit,[240] welche ein Schatz ist über alle Reichthumen, und sollst du diese guldene Zeit mit Faulenzen verschwenden?

Bekannt ist die Nachlässigkeit jener zwei Hof-Bedienten bei dem König Pharao, wessenthalben sie durch königlichen Befehl in die Keichen seynd geworfen worden. Diese zwei seynd gewest der Mundschenk und der Mundbäck, welche sich in ihrem Amt und Verrichtungen nit verhalten, wie es die Schuldigkeit erfordert. In diesem Kerker war schon auch der unschuldige Joseph. Als dieser seine Mit-Kammeraden in etwas melancholisch vermerket, fragte er, warum sie also traurig seyen? Mein Joseph, sagt einer, wann es dir also schwer getraumet hätte, wie mir, so würde dir ingleichen das Lachen gewiß vergehen! Es hat mir, sagt der Mundbäck, getraumet, ich trag drei Körb' auf meinem Kopf, und aus dem obern Korb fressen mir die Vögel die Semmeln heraus. Ho – – – ho – – antwortet der fromme Joseph, ich will dir bald aus deinem Traum helfen: Tria canistra adhuc tres dies sunt, »die drei Körb' seynd die drei Täg; nach solchen wirst du aufgehenkt werden.« Warum? Um den Hals herum! Ist auch also geschehen. – Mein lieber keuscher Joseph, so nennst du die drei Täg drei Körb? so seynd bei dir die Täg wie ein Korb? tria canistra tres dies. Gut, gut; jetzt nimm ich dich Menschen in das Examen, und frage dich, wie alt bist du? 40 Jahr. Gut! 40 Jahr haben 480 Monat, 480 Monat haben 2080 Wochen, 2080 Wochen haben 14600 Täg; hast es gemerket? Wann du nun heut sollest sterben, so mußt du vor Gottes Angesicht bringen 14600 Körb. Du hast es ja gemerket, daß Joseph die Täg mit denen[241] Körben verglichen: jetzt möchte ich gern sehen, was in einem jedwedern Korb wird seyn. O wie viel leere Körb werden aus diesen 14600 seyn; dann wie viel Tag hast du mit Faulenzen zugebracht, und an denselbigen nichts Guts gethan! Da möchte ich gern darbei seyn, wann man einen jedwedern Korb wird eröffnen; wie mancher Korb wird voll seyn mit lauter Trapulier- und Labet-Karten! denn wie viel Tag hast du mit Spielen zugebracht! wie viel Körb aus diesen vierzehn tausend sechs hundert werden seyn, worinnen lauter Kandl, Pitschen, Krüg, Gläser, Angster etc., dann wie viel Täg hast du mit Saufen und Schlemmen anworden! wie viel Körb werden darunter seyn, welche mit lauter Löffel angefüllt zu sehen, weilen du so viel Täg mit Löfflen und Galanisiren und Scherzen zugebracht! wie viel Körb werden allda aufgemacht werden, worinnen lauter Kämpl, Bürsten, Kraus-Eisen, Spiegel, Bändel, Musch, Mäsch, Misch etc., seyn, weilen du so manche Zeit mit Krausen und Aufzausen hast verschwendt! Was wirst du für eine Rechenschaft geben dem gerechten Gott, welcher dir so viel guldene Zeit gespendiret pur und nur zu seinen Diensten und deiner Seligkeit, welche du aber ganz unnutz, ganz fruchtlos verschleudert!

Es seynd etliche Berg in der Welt, welche immer[242] an einander Feuer auswerfen, als wie der Berg Aetna in Sicilien, der Berg Vesuvius in Campanien, der Berg Chimera in Licia; diese Berg werfen unaufhörlich Feuer aus, also zwar, daß sie zuweilen angränzende Felder und Wälder, Wohnungen und Dorfschaften in Asche legen. Mein hl. Vater Augustinus ist der Aussag', daß diese feurigen Berg rechte Rauchfäng der Hölle seynd, und begründet solche Meinung die öftere Erfahrenheit, daß, wann ein Reicher und Lasterhafter in der Gegend daselbst, oder anderwärts ein bekannter Tyrann stirbt, so pflegt der Berg Vesuvius und Aetna häufige Flammen auszuwerfen; wie dann solches auch beobachtet worden bei dem Tod Henrici des Achten, Königs in England. Wann nun mir Gott zuließ, daß ich unverlezt könnte durch einen solchen Feuer-braßlenden Rauchfang hinunterschreien in die Höll, und alldorten fragen 32 römische Kaiser – dann sie waren alle Heiden und Abgötter – dort fragen 32 König der Persier, fragen 41 König der Syrier, fragen 29 König der Medier, fragen 32 König der Babylonier, fragen etlich und 20 ottomannische Monarchen; wann ich dort sollte fragen vielleicht einen oder den andern, den ich selbst gekennt, mit dem ich geessen und trunken, mit dem ich conversirt: was wolltst du und du und du, ihr und ihr und ihr um eine einige Stund geben, um wieder auf die Welt zu kommen, Reu und Leid zu erwecken über alle unsere Sünden? O, o, o! schreien alle zugleich, o, um eine einige solche Stund wollten wir gern hundert tausend Jahr leiden in der Höll; aber[243] umsonst, eine solche Stund ist uns auf ewig, ach auf ewig versaget! Und wir verschleudern, verschwenden, vertäntlen solche guldene Zeit so liederlich, da wir doch nit wissen, ob nit diese und diese Stund meine letzte Stund, und nach derselben auf ewig keine mehr!

Das Weib im Evangelio hat einen Groschen verloren, derenthalben ein Licht angezündet, über und über gesucht, bis sie ihn wieder gefunden, deßwegen Ursach gehabt sich höchstens zu erfreuen. Wir könnten uns auch erfreuen, ja nit ein wenig erfreuen, wann wir unsere verlorene Zeit wieder konnten finden; aber umsonst. Wo seynd die Jahr, Monat, Wochen, Tag, Stund unserer Kindheit? Verloren. Wo seynd die Jahr, Monat, Wochen, Stund und Tag unserer Jugend? Verloren. Wo seynd die Wochen, Monat, Tag und Stund unsers Lebens? Verloren. Die können wir nimmer finden. Zu Zeit des kranken Königs Ezechiä ist die Sonne zuruck gangen; aber unsere verwichenen Jahr, Monat, Wochen, Tag und Stund können nicht mehr zurück gehen. Ich habe also keine Zeit, als eben diesen Augenblick, da ich solches schrieb, dieser Augenblick Jetzt gehört mir zu. Wer weiß, ob ich nit hierüber des gähen Tods stirb, wie es schon mehrern begegnet? Wie ist es denn möglich, daß ich nit einen Augenblick solle hoch schätzen? O mein Jesu, wie kann denn ein Mensch sagen, die Weil, die Zeit sey ihm zu lang, in dem an solcher Zeit seine Seligkeit oder ewige Unglückseligkeit hanget!

Von einem gottseligen Religiosen wird geschrieben: Wie er gestorben, ihm der Teufel einen ganzen Sack voll kleiner Brösel Brod vor dem göttlichen Richter habe gezeiget, und diesen saumseligen Geistlichen daselbst[244] anklagt, wie daß er viel Jahr das Refectorium des Klosters in Verwaltung gehabt, und bisweilen saumselig etliche kleine Brösel Brod auf die Erde fallen lassen, und solche nit aufgehebt. O Gott, o Herr! hat solcher Rechenschaft müssen geben wegen etlicher kaum sichtbaren Bröslen, die er verwahrlost, wie wird dann einer müssen Rechenschaft geben von so viel 1000 Täg und Stunden der guldnen Zeit, welche er unnützlich verschwendet, saumselig zugebracht! Wann ich jetzt, welches doch der barmherzigste Gott verhüte, soll sterben, so muß ich meinem Gott als dem gerechten Richter ganz genau Rechenschaft geben von sechsmal tausend tausendmal tausend, achtmal hundert tausend, vierzehen hundert und sechs und sechzig Augenblick oder Minuten wie würde ich bestehen!?

Der hohe Priester trägt in dem alten Testament aus Befehl Gottes ein wunderseltsames Kleid; neben andern thäten an dem untern Bräm dieses priesterlichen Kleids 366 guldene Schellen oder Glöcklein hangen, und zwischen einem jeden ein Granat-Apfel. Diese 366 Glöcklein haben die Jahrszeit bedeutet, denn im Jahr 366 Täg gezählet werden; die Granat-Früchten entzwischen haben bedeutet, daß kein einiger Tag im Jahr ohne Frucht soll vorbei gehen. Jetzt setze dich nieder, anatomir deine verwichene Lebens-Zeit, ob du alle Tag habest fruchtbar zugebracht. O wie viel Täg[245] wirst du finden, welche durch lauter Müssiggang unnutzlich seynd verschwendet worden, indem du doch in einer jeden Viertel Stund hättest können eine absonderliche Kron' im Himmel erwerben! ist wohl Schad um die guldene Zeit! Wie der gebenedeite Herr von Jericho ausgangen, da ist ihm eine große Menge Volk nachgefolget. Mitten auf dem Weg befanden sich zwei Blinde, welche dann gleich, wie bald sie erfahren, daß Jesus vorbeigehe, angefangen zu schreien, er soll sich doch ihrer erbarmen: Jesu, du Sohn Davids, erbarme dich unser! Das Volk hat diese zwei grob angefahren, »turba increpabat eos.« Ihr grobe Gesellen, sollt ihr schreien? halt das Maul! at illi magis clamabant, »aber diese zwei Blinde, ungeachtet daß ihnen die Leut so grob über das Maul gefahren, haben noch ärger angefangen, zu schreien.« Warum aber daß sie noch heftiger geschrien? Darum, sie haben geförchtet, es möchte der Herr Jesus vorbei gehen, und möchte sich darauf eine solche Gelegenheit nicht mehr ereignen. Deßgleichen sollen wir auch keinen einzigen Tag, noch Stund lassen vorbei gehen, in denen wir nit etwas Gutes gethan, unsere Sünden bereuet, uns mit Gott versöhnet; dann es möchte seyn, daß keine solche Zeit und Gelegenheit sich mehr thät ereignen, es möcht seyn, daß diese Stund, dieser Tag der letzte wär, massen der gähe Tod gar nichts Neues mehr.

In der Höll ist Brinnen und Brennen und[246] Braten; in der Höll ist Sitzen, Hitzen und Schwitzen; in der Höll ist Zausen und Grausen und Pfnausen; aber alles dieses ist noch nicht die größte Pein. Der unmenschlichen, tiegerartigen, blutgierigen, hartmüthigen Tyrannen Diocletiani, Juliani, Maximiani, Vespasiani, Gratiani Torturen, Qualen, Folterung, Schwerter, Galgen, Räder, Geißel und alle erdenkliche Pein, mit welchen sie die Christen gemartert, seynd Kinderspiel, Schatten, Abschnitzel, Affen-Possen gegen die geringste Pein in der Hölle; – aber rathe, welche Pein daselbst die allergrößte? Es schreibt Humbertus de 7 don., daß ein heiliger Ordens-Mann habe einsmals eine weheklagende und erschreckliche Stimm gehöret. Als er gefragt, wer also lamentire, so war die Antwort, wie daß sie eine Seel aus denen Verdammten sey, und schmerze sie und alle Verdammten (merke dieß wohl), nichts mehrers, als allein der Verlust und Verschwendung der guldenen Zeit, indem sie so viel taufend Stunden haben lassen dahin schleichen, in dero jedwedern sie hätten können den Himmel gewinnen. O Verlurst! Jetzt haben sie keine Zeit mehr, die Thür ist verschlossen, die Sentenz ist ergangen, der Markt hat ein End, der Gnaden-Brunn ist ausgetrucknet, die Sonn der Barmherzigkeit ist untergangen, ihr habt auf ewig, ewig, ewig, ewig keinen Augenblick mehr zur Buß, da ihr vorhero mit so viel guldener Zeit seyd versehen gewest!

Wann aus uns einer soll einen schlimmen Lottersbuben ertappen, welcher aus lauterem Muthwillen in dem[247] Keller die Pippen aus dem Faß zöge, und den besten Wein unnützlich ließe ausrinnen; er könnte sich nicht enthalten, daß er sich nit erzürnete über diesen losen Schelm, um weilen er eine so kostbare Sache so unnutzlich verschwendet. Aber was wollt das mit lauter Muscat- und Reifel-Wein angefüllte Faß zu Heidelberg seyn gegen eine einige Viertelstund? Das, was ein Linsenkoch eines Esau gegen das Manna der Israeliten, das, was ein alter Fischer-Stiefel eines Petri gegen allen Reichthum Salomonis, das, was ein kleiner Bach Cedron gegen das große Meer Tiberiadis! Und dannoch – wie viel kostbarere Zeit wird verschwendt durch Müssiggang, absonderlich in dem Spielen. Allhier kann ich nit umgehen, die liederlichen Spiel-Lumpen, welche nit allein die Ehr verlieren, das Geld verlieren, sondern forderist die guldene Zeit verlieren:

Wer spielt, der verliert. Er verliert erstlich Ehr und Reputation. Von einem liederlichen Bürschel, dessen Meldung thut der hl. Evangelist Lucas, ist bekannt, daß er das Erbgut seines Vaters dergestalten durchgebracht, daß er endlich zerrissen und zerfetzt hat müssen einen Sauhirten abgeben: der vorhero in Kleidern so stattlich aufgezogen, hat nachmals eine so elende Tracht müssen annehmen, daß er nachmalens seinen Leib kaum mit Zwilch konnte bedecken, und die feuchte[248] Nase am Aermel mußte wischen. Die schöne Summa Geld, welche er von seinem Herrn Vater empfangen, hat er in kurzer Zeit mit Schlemmen und Demmen angebracht »vivendo luxuriosè.« Vinum und Venus haben ihm das Elend geschmiedet, Andl und Kandl haben ihm gemacht einen so üblen Handel. Man liest aber nicht von ihm, daß er einmal durch Würfel und Karten auch sein Geld verspielt. Ich glaub, nur derentwegen habe er sich vom Spielen enthalten, weilen er ein Praenobilis war, von einem edlen Haus; dann durch Spielen zu gewinnen, und dardurch sich zu erhalten eigentlich nur denen schlechten und raupischen Lumpen-Gesind anhängig.

Jene 4 Spieler, welche um das Kleid Christi unter dem Kreuz mit Wirflen gespielet, seynd keine rechtschaffene und ehrliche Leut gewest, sondern Schörganten und Henkersknecht, als welche Jesum an das Kreuz genaglet haben. Dann Christus der Herr hatte dreierlei Kleidung, einen Mantel, einen Ober-Rock und einen Unter-Rock oder ein Unter-Hemmet, wie man in Palästina pflegte zu tragen. Den Mantel haben sie ihm in dem Garten Gethsemane genommen, da sie ihn gefangen, den Ober-Rock haben diese liederliche Bursch[249] in 4 Theil zerschnitten, und weilen die Theil gar gleich nit konnten werden, massen einer größer dann der andere war, also haben diese Henkersknecht mit Wirflen gespielt, was für ein Theil einem jedwedern zukomme; nachmalens haben sie auch gewirflet um den Unter-Rock, den sie auf keine Weis' wollten zertrennen, weil er ohne Naht gewirkt war; und diesen hat einer aus den Schelmen erhalten, von dem nachmals Longinus ihm solchen durch gewisses Geld erkauft, und also mit der Zeit ist solcher nach Trier gebracht worden, allwo er so viel 100 Jahr mit höchster Reverenz aufbehalten wird. Warum aber diese muthwilligen Gesellen den Ober-Rock in 4 Theil zerschnitten, ist die Ursach, weil ein jeder etwas von diesem Kleid haben wollte; dann sie wußten, daß dieser Nazarener große Wunder gewirkt mit diesem Rock, massen ein Weib, so nur dessen Saum angerührt, gesund worden; beinebens aber glaubten sie, daß dieser Gekreuzigte mit Zauberei und Teufelskünsten umgangen: also hat ein jeder einen Theil von diesem Kleid begehrt, in der Hoffnung, er wolle ebenfalls Teufelskünsten darmit treiben; dahero ein jedwederer seinen Theil dem gekreuzigten Jesu schimpfweis gezeigt und neben Spottreden getrutzt, er wolle die Sach weit besser anstellen als er. Mit diesem Kleid, sagt einer, will ich mich fest machen, daß mich kein Teufel kann verwunden; mit diesem, sagt der andere, will ich machen, daß mich jene Tochter des Samuels muß lieben; mit diesem Trumm, sagt der dritte, will ich machen, daß ich allzeit im Spielen gewinne. Mit dergleichen Spott und aushöhnischen Reden beleidigten diese Spieler nit[250] ein wenig den beschmerzten Jesum am Kreuz. Seynd also die Spieler keine andere Leut gewest, als Luder-Gesind, Henkersknecht, Troßbuben, Galgen-Kramer etc., woraus sattsam zu vernehmen, daß das Spielen einem ehrlichen Menschen nicht gebühre. O Pater, Kartenspielen ist ein ehrliches Spiel, sagt einer. Ich frag' aber einen solchen, ob ein ehrlicher Mensch sich solle aufhalten, wo es säuisch hergeht? So seynd ja in der Karten 4 Säu, und weilen die Säu mehr gelten, als die König, so ist ja dieses ein säuisch Spiel. Es seynd zwar zu Christi Zeiten nur einmal die Teufel in die Säu gefahren; ich glaub aber, der Teufel reit' eine jede Sau im Kartenspiel. Nicht allein verliert der Spieler die Ehr, sondern auch das Gewissen. Nachdem der Prophet Jonas zu Ninive geprediget, hat er sich hinaus begeben auf eine Höhe gegen den Aufgang der Sonn, allda sich in etwas zu erquicken, und Gott der Herr im Augenblick einen großen Kürbes lassen wachsen, welcher mit seinen Blättern dem Propheten einen angenehmen Schatten ertheilt, wessenthalben der Jonas sich nicht ein wenig erfreute. Aber Glück und Gras wie bald verdorrt das! Nit lang hernach aus Befehl Gottes thut ein Wurm diesen Kürbes abnagen; worüber die Blätter alsbald verdorrt, daß hernach die hitzigen Sonnenstrahlen dem Jonä dergestalten zugesetzt, daß er fast vor Aengsten nit gewußt, was er solle anfangen; ja er hat sich dermassen erzürnet, weilen er die Kürbes-Blätter verloren, daß er ihm lieber den Tod als das Leben gewunschen. Schau, schau, ich hätte nit vermeint, daß die Prediger so kitzlich sollten seyn, verdrießt dich denn so sehr, mein Jona,[251] daß du die Blätter verloren? was dann? Meliùs est mihi mori, quam vivere. »Es ist mir besser, daß ich sterbe, als daß ich lebe.« Es ist aber nit das erste Mal, daß der Verlust der Blätter so großen Zorn verursachet, das geschieht wohl öfter, sonderlich bei den Spielern. Es sitzen vier beisammen, die um das Geld trapuliren. In diesem Spiel seynd 36 Blätter – ist ungewiß, ob der Kürbes Jonä so viel Blätter habe gehabt – da hat einer aus diesen 9 gute Blätter, als da seynd König, Kaball etc.; auf solche Blätter erfreut er sich mehr als der Jonas über seine Kürbes-Blätter. Was geschieht aber? es kommt ein Gespann als ein gar arger und übler Spielwurm, der sticht ihm alle Blätter, daß ihm also nit ein einiges bleibt; da entsteht alsobald ein unmäßiger Zorn wegen Verlurst dieser Blätter, daß er alle Teufel zur Assistenz bittet, und mehrmalen Gott und seine Heilige lästert. Dergleichen Geschichten konnten in der Menge beigebracht werden.

In dem köllnischen Gebiet war ein Erz-Spieler mit Namen Tiemus, welcher fast jedermann zum Spielen heraus gefordert, weilen er fast allezeit gewunnen. Einmal bei nächtlicher Weil kommt zu ihm der Satan in Gestalt eines Kaufmanns, welcher einen ziemlichen Sack voll Geld auf den Tisch gelegt, mit dem Verlaut, wie daß er Lust hätte, absonderlich mit ihm zu spielen. Gar gern, antwortet der Tiemus. Spielen also beede bis über die mitte Nacht, jedoch war der Verlust auf des Tiemi seiner Seiten; der andere hat[252] glücklich allezeit eingezogen: worüber dann Tiemus ganz ergrimmt, daß ihn dießmal das Glück so spöttlich verlassen, indem es ihm sonsten jederzeit willfährig gewesen. Sagt dahero aus Zorn: Ich glaub, du bist der Teufel! Nunmehr ist es Zeit, antwortet der vermaskirte Teufel, daß wir gehen, massen es schon über Mitternacht. Ergreift also diesen unglückseligen Spieler, führt ihn mit solcher Ungestümm zum Dach hinaus, daß dessen Inngeweid an den Zieglen behangen, und von derselben Zeit an nichts mehr von ihm gesehen worden.

Anno 1242, als Massatius Vigonzonius zu Mailand nit allein sein Geld durch das Kartenspiel verloren, sondern sogar die Kleider am Leib, hat er sich hierüber also heftig erzürnet, deß er ganz rasend und tobend der Kirche zugeeilt, daselbst an der Mauer des Kirchenhofs ein gemaltes Bildnuß Christi angetroffen, welches er mit vielen Lästerworten erstlich angefahren, nachmals mit einem Dolch in den Hals dieses Bilds gestochen, aus welcher Wunde gleich das helle und häufige Blut heraus gespritzet.

Zu Genezan, unter dem Papsten Paulo dem Dritten, hat ein unsinniger Soldat, weilen ihn alles Glück im Spielen verlassen, in der Kirche ein Krucifix-Bild auf dem Altar am Kopf, Brust, Händen und Füßen mit einem scharfen Degen also verwundet, daß auch allerseits das häufige Blut heraus geronnen. Der Degen aber dieses gottlosen Menschen hat sich durch ein Wunderwerk ganz gebogen, und wird noch auf heutigen Tag gezeiget.

Anno 1383 zu Mainz an dem Rheinstrom,[253] Anno 1558 zu Luca in Italien seynd gleichermassen die gemalten und geschnitzleten Bilder von den Spielern also tractirt worden, daß sie häufiges Blut vergossen. Dergleichen wunderthätige Bilder siehet man zu Rom, Maria de Pace genannt, zu Neapel Maria de Misericordia, und an vielen Oertern mehr.

Anno 1522 haben zu Neapel etliche Kirchenräuber unterschiedliches Silber, welches sie aus dem Gotteshaus entfremdet, unter einander getheilt. Nachmals, wie's solche gottlose Bursch in dem Brauch haben, die Karten in die Händ genommen, in welchem Spiel einer aus besagten Bösewichtern seine Portion völlig verloren; worüber er dermassen ergrimmet worden, daß er mit einem Dolch die Bildnuß in der Kirche, Ecce homo genannt, scharf verwundet; aus welcher Wunde nit allein viel Blut gequellet, sondern die Bildnuß Ecce Homo, welche vorhero an beeden Armen gebunden war, hat gleich eine Hand frei und los gemacht, und darmit die offene Seiten-Wunde zugedecket. Dieses ist noch heutiges Tags zu sehen. Aus welchem gnugsam und fugsam zu lernen, daß ein Spieler nit allein die Ehr, sondern auch das Gewissen verliere im Spiel. Gleichwie nun dir gebenedeite Heiland die Blätter des Feigenbaums verflucht, also seynd ebnermassen zu verfluchen die Karten-Blätter.

Der Spiel-Lump verliert auch die Lebens-Mittel. Daß der David einen Ehebruch begangen, ist allbekannt.[254]

Es war ihm aber nit genug, dem tapfern Soldaten Uriä seine Frau Gemahlinn, die Bersabeam, also zum Fall zu bringen; sondern diese seine Unthat zu verhüllen, suchte er in allweg, wie er konnte dem Uria in der Stille den Rest geben; dahero er einen Brief verfertiget zu dem Joab, und denselben Uriä eingehändiget, mit dem Befehl, daß er solchen dem Joab soll überbringen. Der gute und ehrliche Urias nimmt mit größten Freuden den Brief von des Königs Händ und glaubt, es werde dessen Innhalt zu seinem Interesse ausschlagen; und unterdessen hat der arme Mann seinen gewissen Tod in diesem Brief getragen, allermassen der schriftliche Befehl darinn gestanden, man solle diesen Uriam an die Spitze der Armee und an das gefährlichste Ort stellen, damit er seinen Rest bekomme. – Die Spiel-Karten pflegen die Mehresten nur Brief zu nennen. Herr Hans Paul, gib Karten aus, mir auch noch zwei Brief! Meister Egidi, gib die Karten aus, mir geht noch ein Brief ab! Bruder Ferdinand, ich glaub, du hast um einen Brief zu wenig etc.! Diese Brief gedunken mir zu seyn, wie der Brief Uriä: der hat vermeint, es stecke was Gutes hinter diesen Briefen; es war aber das Widerspiel, ja der Tod selbsten darinnen verpetschirt gewest. Vielen Spielern lacht schon das Herz, wann sie eine Karte sehen, sie erfreuen sich, wann sie eine Karte hören rauschen. O wann sie den Pamphilium, holla, hab mich geirret, hätte sollen sagen, den Herrn Pamphilium erblicken, da hängt der Himmel voller Geigen, glauben kräftig, es sey für sich ein Glück darinnen; unterdessen aber bringen manchen solche Brief, wo nicht um das Leben, wenigst um die Lebens-Mittel![255] Wie manches Weib Lucia hat das Augen-Weh; dann sie sieht schier nichts mehr Uebriges im Haus! wie manches Weib Apollonia hat das Zahn-Wehe; dann sie hat fast nit mehr so viel, daß sie es konnt in einen hohlen Zahn verbergen! wie manches Weib Agatha hat das Brust-Weh; dann sie bekümmert sich schier das Herz ab, daß so gar keine Lebens-Mittel mehr vorhanden! wie manches Weib Magdalena hat nit die Alabaster-Büchsen, sondern die Spar-Büchse zerbrochen; dann was sie bishero durch ihre Klugheit ersparet, ist schon alles aufgangen! wie manches Weib Dorothea hat einen leeren Korb, und weiß bald nicht mehr, ob sie ihre Kinder mit Mandel oder Mangel speise! wie manches Weib Ursula hat 11000 Sorgen und Kümmernussen wegen ihrer so armen Wirthschaft, weilen nemlich ihr Mann Tag und Nacht beim Spiel-Brett ihr und ihren Kindern alle Lebens-Mittel verschwendet. So steckt ja in diesen Briefen Nichtsnutz.

Dahero ist einer gewest, welcher sehr stattliche Mittel, forderist eine große Baarschaft im Geld von seinem Vatern ererbet, wessenthalben er nit hat dörfen zu Fuß gehen, wie der Jacob mit seinem Stab; er hat nit dörfen Linsen essen, wie der Esau; er hat nicht dörfen Wasser trinken, wie der Samson aus des Esels Kinnbacken; er hat nit dörfen einen rupfenen Kittel anlegen, wie der David; er hat nit dörfen auf[256] der Erd' liegen, wie der Jacob; sondern er konnte reiten, fahren, essen, trinken, kleiden, liegen, wie ein reicher guter Edelmann. Gleichwohl ist dieser durch das übermäßige Spielen in solche äußerste Armuth gerathen, daß er endlich mußte in zerlumpten Kleidern bettlen gehen. Als ihn nun einer oder der andere Bekannte gefragt, wie er doch sey an den Bettelstab gerathen, indem er zuvor bei so guten Mittlen gewesen, gab er allemal die Antwort, wie daß er gar oft sey gestochen worden, und das Kuriren habe ihn so viel gekost. Er wollte aber hierdurch zu verstehen geben, daß er im Kartenspiel gar zu oft sey gestochen worden, und derenthalben all das Seinige verloren.

Absonderlich aber verliert der Spieler die guldene Zeit, da doch nichts Kostbarers auf dem Erden-Kreis, als die Zeit. Jener Knecht hat einen Schelmen in den Busen bekommen und einen kräftigen Nequam darvon getragen, dem sein Herr ein Pfund Geld hat geben, auf daß er darmit eine Wirthschaft treibe, welches er aber in das Schweiß-Tuch eingewicklet und liegen lassen, und also gefaulenzet. Dahero ihn der Herr also angefahren: serve nequam, »du schalkhafter und fauler Knecht!« Er hätt es nit sollen in das Schweiß-Tuch einstecken, sondern in den Schweiß, das ist: er hätt sich sollen befleißen und bearbeiten, mit diesem Geld etwas zu gewinnen, aber er war zu faul. Gott der Allmächtige hat dir ein Geld eingehändiget, und zwar lauter Goldstuck, nemlich die guldene Zeit, auf[257] daß du mit derselben sollest wirthschaften, einen Gewinn suchen, die Seligkeit gewinnen. So hast du aber von diesem Gold zwar nichts in das Schweiß-Tuch gestecket, wohl aber viel in Polster, viel unter die Schüssel, und das mehreste in die Spielkarten versteckt! O serve nequam! 40 Jahr hast du gelebt, in diesen Jahren hast du genossen 350,400 Stund. Sag her, wie hast du diese Zeit zugebracht? weißt du, wer dich am jüngsten Tag wird zum heftigsten anklagen? Ein alter Mann mit einem eisgrauen Bart, der tragt auf dem Kopf eine Sand- oder Reis-Uhr, in der linken Hand eine Sense, in der rechten Hand den Himmels-Cirkul Zodiacum genannt. Dieser wird eine scharfe Klag wider dich führen, kennst du diesen? Er ist die Zeit. Vocavit adversum me tempus: »die guldene Zeit wird dich überweisen,« daß du aus denen 8000 sieben hundert und 60 Stunden des Jahrs die mehresten dem Schlaf, die mehresten dem Essen, die mehresten dem Faulenzen, die mehresten dem Spielen, die mehresten dem Teufel geschenket hast; deinem Gott aber, deinem Erschöpfer, deinem Erlöser, deinem Richter kaum etliche, und diese nicht recht. Serve nequam, heißt das gewirthschaftet?

Alle drei Apostel hat der Heiland schlafend gefunden in dem Garten, und dannoch hat er dem Peter allein einen Verweis geben; dieser mußte das Kapitel allein ausstehen: Non potuisti una hora vigilare mecum? Dem Jacob sagt er nichts, dem Joanni sagt er nichts, der Peter, so vorhero Simon geheißen,[258] mußte allein das Bad austrinken. Hast du dann nicht eine Stund mit mir können wachen? Die Ursach war diese: Er wollt dem Peter zu verstehen geben, er soll sich selbst erinnern, daß er ihm habe geklagt, daß er die ganze lange Nacht habe gefischet und nichts gefangen: schau mein Peter, die ganze Nacht hast du können fischen und arbeiten und das Zeitliche suchen, aber wegen meiner nit eine Stund wachen oder beten? Siehe Spieler, wie viel ganze Nächt, wie viel guldene Zeit, wie viel edle Täg hast du zugebracht mit Spielen und Karten, mit Kegel, mit Wirfel etc. und mir kannst nit eine Stund schenken des Tags, ja zuweilen die ganze Woche kaum eine Stund! Serve nequam.

Ist demnach der Müssigang eine Mutter des Spielens, des Zankens, des Stehlens, des Murrens, des Schlemmens, ja aller Laster! Mich wundert nichts mehreres, als wegen der 5 thörichten Jungfrauen, welche von dem himmlischen Bräutigam haben einen Korb bekommen, und also mit der langen Nasen müssen abziehen. Wie diese Jungfrauen haben geheißen, schreibet der hl. Evangelist Matthäus nit, außer daß er von ihnen den üblen Nachklang setzet: dormitaverunt omnes, et dormierunt, »sie seynd schläferige Menscher gewest.« Ich mein, die erste hat geheißen Schlafofta, die andere Schlenziana, die dritte Faulberga, die vierte Thuenixa, die fünfte Ranzinbeta. Gewiß ist es, daß sie faule, schläferige Menscher gewest. Aber das wundert mich, daß sie noch Jungfrauen seynd gewest; dann sonst der Müssigang und das Faulenzen gemeiniglich die Ehr abfressen. Dahero sagt der Poet: Ovid. 2.


Cedit amor rebus, res age, tutus eris.

[259] Der sich entschütten will der Lieb,

Der muß Faulenzen meiden;

Dann dieser ist ein Ehren-Dieb,

Und macht oft Kohln aus Kreiden.


Es schadet der Müssigang nicht allein der Seele, sondern auch dem Leib. Dann wer schnitzlet den Bettelstab, als eben der Müssigang? dahero spricht der weise Salomon: Wer dem Müssigang nachgehet, der wird mit Armuth erfüllet. Wie der Herr und Heiland nach Bethania kommen ist, da seynd ihm entgegen gangen die zwei Schwestern Magdalena und Martha, beede in tiefen Klag-Kleidern, und wischten immerzu ihre nassen Augen ab mit dem Tüchel. Dazumalen war Sonnenschein und Regenwetter beieinander. Denn es war der Herr Jesus die Sonn der göttlichen Gerechtigkeit zugegen; der Regen aber war das häufige Weinen dieser zwo Schwestern. Weilen nemlich ihr Herr Bruder der Lazarus mit Tod abgangen, hat aber sie der gebenedeite Herr bestermassen getröstet, auch begehrt, man solle ihm nur das Grab zeigen. Wie solches die Martha vernommen, platzet sie eilends mit ihren Reden darein. Jam faetet: »Ei Herr, er stinket schon,« dann er liegt bereits schon 4 Täg im Grab. Meine Martha, du hast halt eine heikliche Weiber-Nase! kanns der Herr schmecken, warum du nicht? schau, schau, es ist aber kein so großes Wunder, daß er schon stinket, weilen er schon so lang in dem Grab liegt, stinken doch auch die Leut bei Lebens-Zeiten, wann sie lang liegen: das ist, sie seynd stinkfaul, und dahero solche[260] gemeiniglich lauter Lazari seynd; verstehet mich aber recht, lauter Laceri, das ist zerrissene, zerlumpte und lausige Gesellen, haben kaum ein Hemmet anzulegen, gehen baarfüß, wie die Gäns, weilen sie nemlich stinkfaul und nit arbeiten mögen.

Wie die Kinder Israel von Mose aus Egypten geführet worden, und sich so viel Jahr in der Wüste aufgehalten, da haben sie angefangen viel Schmach- und Spott-Wort über Mosen auszugießen, daß er sie wie ein anderer etc. habe aus einem guten Land in eine solche unbewohnte Wüste gebracht; sie wünscheten von Herzen, daß sie noch in Egypten konnten bei dem Zwiebel ihren Aufenthalt haben. Nachdem sie nun lang und breit, hin und wieder gemurret und geschmählt haben, so ist ihnen der allmächtige Gott noch so gütig gewest, und hat ihnen gegen Abendzeit eine solche Menge der Wachteln geschicket, daß hierdurch das ganze Lager bedecket worden, und konnte diese Vögel ein jeder mit Händen fangen. Dieses war nun ein großes Wunder; jedoch liest man nit, daß diese Vögel schon seynd gebraten gewest, und also denen Israeliten ins Maul geflogen, das wird keiner in der hl. Schrift registrirt finden, sondern sie haben auch ihre Arbeit müssen darzugesellen, die Vögel ropfen, das Feuer aufmachen, dieselben braten etc.: also will Gott gar nit, daß einem die gebratenen Vögel sollen ins Maul fliegen, sondern er hat ihm derenthalben Händ und Füß und andere Leibs-Kräften ertheilet, mittels deren er soll ein Brod gewinnen; will er aber die Händ in Sack schieben, dem Müssiggang nachleben, so wird er mit Armuth erfüllet werden.[261]

Einer hat sich einmal wehemüthig beklagt, wie daß seine Hauswirthschaft so gar den Krebsgang nehme. Er spüret von Tag zu Tag die Schwindsucht in denen Mittlen, die Aecker und Felder seynd ihm nit so willfährig wie anderen Leuten, ja er vermerkte, daß bereits die Frau Armuth, auf welche der hl. Franciscus so viel gehalten, bei seiner Haus-Thür anklopfe; sucht demnach bei einer alten Frauen, welche er für eine Gabalierinn gehalten, einen guten Rath, daß er möchte zu Mittlen kommen. Diese war eine ehrliche und gewissenhafte Matron, welche gar wohl erkannte die Ursachen, derenthalben zu Tag und Tag dieser in der Wirthschaft abnehme, gibt ihm also ein kleines hölzernes Schächtlein oder Büchsel, welches gar genau allerseits verpetschiret war, befiehlt ihm, er soll dieses alle Tag wenigist einmal in die Kuchel, in Keller, in Stall, auf den Treid-Kasten, in Summa, in allen ihm zugehörigen Orten herumtragen. Sie verspricht, ja schwört ihm, daß er in einem halben Jahr werde merklich sein Aufkommen verspüren. Dieser folgt, und tragt obbenanntes Schächterl an alle besagte Ort. Wie er in die Kuchel kommt, so ertappet er die Köchinn, daß sie dem Knecht ein gutes Fruhstuck angericht. So siehe ich wohl, sagt er, heißt das gehaust? erwische ich euch[262] noch einmal, so jage ich euch beede zum Teufel! Er tragt das Schächterl in den Keller, da trifft er seinen Sohn an, welcher mit einem großen Krug Wein ihm entgegen kam, worüber der Bub also erschrocken, daß er gar nit reden konnte, sondern mit der Hand auf das Maul gedeut', als wollt er sagen: Vater zum Trinken! Wie er mit dem Schächterl in Stall kommen, so find't er, daß aus Unachtsamkeit der Dienstmagd eine Kuh das Kalb zertreten. Nachdem er nun alle Tag das verpetschirte Schächterl an alle Ort getragen, so seynd die Dienstboten so emsig und getreu in ihren Verrichtungen worden, daß in einem halben Jahr augenscheinlich die Wirthschaft zugenommen. Der Gesell vermerket, daß er ziemlich wieder aufnehme, und erkennet sich sehr verbunden dieser Frauen, wird aber beinebens durch den Vorwitz angetrieben zu sehen, was doch in dem verpetschirten Schächterl müsse verborgen seyn, kraft dessen seine Wirthschaft wieder ins Aufnehmen komme; eröffnet dahero gedachtes Büchsel, findet aber nichts darinnen, als ein geringes Zetterle, worauf diese wenigen Wort geschrieben stunden;


Willst du dir ein Nutzen machen,

So schau auf deine Sachen!


Aus diesem hat der faule Phantast wohl vermerket, daß nit dieses Schächterl eine Ursach sey seines Aufnehmens, sondern der Fleiß und Wachtsamkeit, welche er dieß halbe Jahr hindurch gehabt; auch habe vorhero seine Wirthschaft den Krebsgang genommen, weilen er stets dem Müssiggang ergeben und als ein nachlässiger Schleicher auf das Seinige keine Acht,[263] keine Wacht genommen. Dann fürwahr der Müssiggang machet den Beutel eitel, der Müssiggang kommt mir vor, wie jene Thorwärtlinn, Ancilla Ostiaria, welche dem Peter die Thür aufgesperrt: also eröffnet einem der Müssiggang zu der Armuth die Porten.

In Palästina seynd zwei Städt' nah bei einander: eine heißt Bethel, die andere Galgala, von welchen Meldung geschieht in der hl. Schrift. Ein Müssiggeher, wann er schon nit diesen Weg reist, so kommt er doch meistentheils auf Bettel, nachmalens auch gemeiniglich auf Galgala. Möcht' mich schier wundern, daß der Jakob erschrocken ist, wie er die Leiter gegen den Himmel gesehen. Terribilis est locus iste. Ein Schlenzer wird gemeiniglich mit der Zeit eine Leiter sehen, die ihn fügsamer soll erschrecken; dann Müssiggang ist alles Unglücks Anfang.

Wie der große Patriarch Abraham aus göttlichem Befehl seinen Sohn und einigen Erben sollte aufopfern auf dem hohen Berg Moria, also hat er sich unverzüglich auf die Reis' gemacht, und zwar bei nächtlicher Weil, ohne Vorwissen der Sara, seiner Frau Gemahl; mit sich hat er genommen seinen Sohn, zwei Diener und einen Esel. Wie er nun den dritten Tag zu dem Berg kommen, so schafft er den zwei Dienern: Exspectate hic cum asino, »wartet [264] allhier mit dem Esel!« Mein hl. Patriarch und Patron Abraham, warum nimmst nicht mit dir den Esel auf den hohen Berg, damit er das Holz trage zum Opfer? dem Isaak, als einem so schwachen und klebern Herrl ist dieß viel zu schwer! »Wartet allhier mit dem Esel!« Der Esel hat auf keine Weis' auf den hohen Berg dörfen steigen; vielleicht derenthalben, weilen derselbige Berg heilig war und eine Figur einer Kirche, allwo das höchste Gut aufgeopfert wird? da sollt wohl auch kein fauler Esel sich einfinden, der sich nur auf den Kirchen-Stuhl leinet, schlafet und schnarchet. Es gibt noch andere Ursachen mehr, warum dieser Langohr nit ist auf den hohen Berg gelassen worden. Es hat halt geheißen bei dem Abraham: Esel bleib unten! Gar recht, es heißt wohl öfter, und soll allezeit heißen: Esel bleib unten! Ein Fleißiger, ein Emsiger, ein Arbeitsamer gehöret in die Höhe, dieser thut fortkommen, der wird promoviret.

Catamelata, eines Bauern Sohn, aus dem Dorf Narni gebürtig, soll im Wald Holz hacken, verliert aber durch ein Unglück die Hacke, wessenthalben er sich nit mehr nach Haus getraut, aus Forcht, der Vater möchte ihm wegen der Hacke den Stiel zeigen. Lauft dahero mit denen Soldaten darvon, hält sich aber so wohl und fleißig und emsig, daß er mit der Zeit ein Kriegsfürst worden, und ihm seiner heroischen Thaten halber eine schöne Ehren-Saule ist aufgerichtet[265] worden. Recht also, fleißige Leut gehören hinauf; aber Esel bleiben unten!

Mutius Attendulus, ein Bauernbub, ist mit denen Marketendern und Sudlköch ins Feld gezogen, anfänglich die Schüßlen abgespült und den Brater umgetrieben, hat schon den Braten von weitem geschmeckt, wann er werd fleißig seyn, daß er werde übersich kommen. Hat sich demnach also wohl und emsig verhalten, daß er ein Fürst worden. Ist gar wohl geschehen: die Arbeitsamen gehören hinfür, aber die Esel bleiben unten.

Villegrisus, eines Wagners Sohn von Sioningen aus Sachsen, ist so fleißig und unverdrossen gewest, daß er seine Studia mit sonderem Lob absolvirt. Nachmalens ist er aus einem Studenten ein Kapellan worden, aus einem Kapellan ein Domherr, aus einem Domherrn ein Erz-Bischof, aus einem Erz-Bischof ein Churfürst, welcher aber aus angeborner Demuth ein Rad jederzeit in dem Wappen geführt, – ob er zwar nit gewest ist, wie das fünfte Rad im Wagen, sondern dem römischen Reich sehr wohl anständig. Ist sehr heilig geschehen, daß man ihn also erhöhet hat; aber Esel bleiben unten!

Gabrielletus war Anfangs ein Hunds-Bub bei dem Kardinal Ascanio Sforzia (eine saubere Schansche); nachmalens ist er ein Kuchel-Bub worden (eine hübsche Promotion); mit der Weil wegen seines Fleißes und Wohlverhaltens ist er gar so weit kommen, daß er Erz-Bischof zu Barri, indianischer[266] Patriarch, und letztlich vom Papst Klemens dem Siebenten zu einem Kardinal erwählt worden. Und ist solches gar weislich geschehen: denen fleißigeren und emsigeren Leuten muß man hinauf helfen; aber Esel bleiben unten!

Nicolaus V., römischer Papst, hatte eine Mutter, die war eine Vorkäuflerinn, ein sehr armes Weib, welche auf dem Markt Eier und Hennen feil hatte. Ob sie zwar Federn genug zu Haus gehabt, so thät sie sichs doch nie einbilden, daß ihr Sohn sollte einmal so hoch fliegen; ist gleichwohl geschehen, weilen er so fleißig im Studiren ist gewest, daß er mit der Zeit ein Kardinal, und letztlich auch gar römischer Papst und Statthalter Christi auf Erden worden. O wie lobreich ist dieses geschehen! dann fleißige und fromme Leut gehören in die Höhe; aber Esel bleib unten!

So ist es geschehen mit dem David, mit dem Saul, mit dem Jeroboam, mit dem Gedeon und mit viel anderen mehr, welche als fleißige und emsige Leut Gott der Allmächtige zu so hohen Ehren gezogen. Aber faule Müssiggänger, träge Schlank-Loden, schläferige Polster-Hund, gähnmaulige Ranzer und stinkfaule Esel bleiben herunten. Die Rachel ist auf dem Stroh gesessen, wie der Laban ihr Vater die Götzen-Bilder gesucht: so viel verdient das[267] Stroh, daß man so gar darauf sitzen thut. Faule Strohköpf verdienen auch nicht viel größere Ehr.

Gedeon aus Befehl Gottes mustert seine Soldaten bei dem Fluß, mit dem Geding, daß er soll wohl in Obacht nehmen, wie diese Männer werden trinken. Welche mit der Hand werden das Wasser schöpfen und also trinken, die soll er auf die Seite stellen; diejenigen aber, so gar nieder knieen, sich auf die Wampe legen, und also aus dem Fluß saufen, die soll er abdanken. Dieser Männer seynd gewest 9700; blieben ihm also nicht mehr als dreihundert, welche aus der Hand gesürflet. Diesen 9700 Gesellen ist gar recht geschehen, daß sie nicht seynd appliciret worden, gar recht, daß sie haben müssen mit der langen Nase abziehen, gar recht, daß sie zu einer solchen glorreichen Action nicht seynd gelangt, weilen sie so faule Gesellen gewest, – aus Schlampen, die nur versorgten ihre Wampen. Faulenzer, welche nur ihre Ruhe und Bequemlichkeit suchen, die werden nie zu einem ehrlichen Dienst oder gutem Stückel Brod gelangen, sondern bleibt allezeit wahr,[268] was Salomon ausgesprochen: Der dem Müssiggang nachgehet, der wird mit Armuth überfüllet.

Wie der alte, betagte, und bereits schier ganz erblind'te Isaak einen so wunderlichen Appetit gehabt zu dem Wildpret, daß er dessenthalben seinen älteren Sohn den Esau ersucht, er woll ihm doch um ein Wildpret umsehen, nachmals soll er seinen väterlichen Segen empfangen: unterdessen, daß der Esau um einen Hasen ausgangen, ist ein großer Fuchs in das Haus kommen, nämlich die arglistige Rebecca, welche geschwind dem Jakob junge und rauhe Bocks-Fell um die Arm gebunden, und ihn also mit einem guten Brätl zu dem Vater Isaak gesandt. So bald der alte Tättl die rauhe Händ des Jakob gefühlt, gut, gut, sagt er, ob ich schon nit sehe, so greife ich doch die rauhe Hand des Esau. So sey es denn, so gebe ich dir und ertheile hiemit meinen reichfließigen, väterlichen Segen. Hat also mittels der rauhen Hände der Jakob des Vaters Segen erhalten, welcher bestund in Fettigkeit der Erde, in Fülle des Korns und Weins etc.

Du Schlenzer und Faulenzer, du wirst ja nit so faul seyn, daß du nit sollest etliche Tritt und Schritt können gehen! du wirst hoffentlich nit verwandt seyn jenen dreien Faulenzern, deren der erste so faul, daß, wann man ihm soll das Essen auf den Tisch setzen, so wollte er vor lauter Faulheit nicht essen; der andere sprach: wann man mir das Essen in das Maul steckete, und thät man mirs zugleich käuen, so möcht' ich es vor lauter Faulheit nit hinunter schlucken; der dritte[269] wollte vor lauter Faulheit kaum das Maul aufthun und sagte: ach, wie möcht' ihr reden! Wann du dann nit gar so faul wie diese drei, so heb dich doch ein wenig auf, gehe durch ein Dorf, durch einen Markt, durch eine Stadt, frag ein und den anderen Bauersmann, frag diesen und jenen Handwerksmann, wie er doch zu so großen Mittlen, zu so schöner Wirthschaft und Habschaft gelangt, wie ihn doch Gott der himmlische Vater so reichlich gesegnet hat, so wird er dir, wie der Jakob, die rauhen Händ zeigen, und wird dir die rauhe Arbeit citiren, vermittels dero er ein so gutes Stückel Brod erworben. Aber der dem Müssiggang nachgehet, der wird mit Armuth erfüllet!

Belluacensis schreibt von einem, der fast an den Bettelstab gerathen, dahero auf seinem Tisch fast alte Tag Quatember war, in seiner Kuchel schier allzeit Dezember; dann es ist gar kühl hergangen, und hatte der arme Tropf nichts zu essen, nichts zu nagen, außer etliche harte Brocken, die er über Willen mußte schlicken, und dieses war sein tägliches Confect von seinem Weib. Er war nicht viel ungleich gewest jenem armen Schlucker, welcher vorhero bei stattlichen Mittlen war, und dannoch bei der Nacht noch allezeit wächsene Kerzen brennte, über welches sich ein anderer sehr verwunderte; dem aber der verdorbene Gesell geantwortet: Mein lieber Bruder, du darfst dich derenthalben so stark nit verwundern, daß ich noch in meiner Armuth wächsene Kerzen brenne, du mußt aber wissen,[270] daß ich celebrire und begehe die Exequien oder Leich-Begängnuß meiner verstorbenen Güter. Ein solcher armer Tropf ist gleichmäßig der obere gewest, wessenthalben er sich allerseits sehr beklaget, sonderlich aber bei einem alten Weib, von dero er den üblen Argwohn geschöpfet, daß sie eine freie Künstlerinn sey, und wisse alle Geheimnussen, welche der Belzebub in seiner Kanzlei verborgen. Diese aber gab ihm unverweilt den Rathschlag, weilen sie von seiner stinkenden Faulheit schon bericht war, er solle früh Morgens bei angehender Morgenröth aufstehen, und wohl Achtung geben, was ihm die Schwalben sagen werden; deßgleichen soll er auch vernehmen, was ihm die Vögel spät Abends werden rathen, wann sie schlafen gehen. Den dritten fragt dieses alte Mütterle den gedachten faulen Lümmel, was ihm dann die Schwalben gesagt? Ich, antwortet er, bin zwar in aller Fruh aufgestanden, und gar spat in das Bett gangen, habe das Disdi dasdi kiri miri dieser Vögel nit verstanden. Du, sagt sie, hättest sollen wenigst dero Exempel, wo nit die Sprach verstehen, sie haben dir gesagt:


Stehe fruh auf, leg dich spat nieder,

So bekommst dein Reichthum all'n wieder!


Siehe diese Vögerl von früh Morgens befleißen sich hin und her, immer mehr, allzusehr, wie sie ihre Nahrung bekommen. Deßgleichen sollst du auch thun, so wird dir nie etwas manglen; aber wann du dem[271] Müssiggang nachgehest, so wirst du mit Armuth überfüllet! Weißt du dann nicht, was der Job auf dem Misthaufen dir Mist-Finken hat vorgesungen? Homo nascitur ad laborem, »der Mensch wird geboren zu der Arbeit.« Hast du nie gehöret, was Paulus dir Faulo gesagt hat? Qui non vult operari, non manducet, »so jemand nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen

Dahero sollen dergleichen starke, gesunde Bettler und Landlaufer nicht gestattet, sondern zu der Arbeit angetrieben werden. Dann man von keinem in göttlicher Schrift lieset, der eines geraden und gesunden Leibs gewest, daß er hätte gebettlet. Lukas registrirt von einem Bettler, mit Namen Lazaro, der war aber voller Geschwür und Schäden; Markus schreibt von einem, der auf dem Weg hat gebettlet, aber dieser war blind; die Geschichten der Apostlen melden von einem Bettler, welcher so inständig bei der Porten des Tempels Petrum und Joannem um ein Almosen ersucht, aber dieser war von Mutter-Leib krumm und lahm. Man hat vor diesem nur diejenigen bettlen lassen, welche wegen Krankheiten der Arbeit nit konnten obliegen; aber bei diesen und in allen verkehrten Zeiten trifft man allerlei starke, junge, frische, gesunde Bettler an, welche nur dem Müssiggang nachgehen, und bisweilen zur Vermantlung ihrer Faulheit ein Paar Meer-Muschlen am ledernen Kragen tragen, und mit etlichen bleiernen Zeichen ihre Hüt' behängen, daß man's für Bet-Schwestern oder Bet-Brüder soll halten, da sie unter diesem mehr von Bett als von Bet den Namen haben. Es dunkt mich nit unebens, da[272] beizufügen eine große Frechheit eines Polacken, welcher sich für Christo den Herrn ausgeben, Zweifels ohne, damit er sich solcher gestalten durch Müssiggang möge erhalten.

Jakobus Melstinski, gebürtig von Brezin aus Polen, hat sich für den Heiland der Welt, für den wahren Messias und Christo den Herrn ausgeben, und Petrum Zatorski von Krakau neben anderen elfen für seine Apostel erkiesen, auch einem jeden den Namen eines Apostels geben; mit welchem frechen Bubenstuck sie alle Dörfer durchgangen, und hin und her, dem Schein nach, große Wunder gewirket, etliche durch Geld und Schankungen bestochen, daß sie sich vor todt gestellt, welche nachmals der Herr Christus auf das Anersuchen seiner Apostel zum Leben erwecket hat. Wurde also das einfältige Bauern-Volk hierdurch nicht ein wenig bethöret, forderist, weilen sie so große Miracul bei diesen Leuten sahen. Christus begehrte einmals von dem Dorf-Richter etliche Fisch, wessenthalben der Richter samt seinen Geschwornen sich höflich entschuldiget, daß bei ihnen aus Abgang und Mangel des Wassers keine Fisch zu finden; worauf Christus dem Peter befohlen, er soll mit dem Jakobo hingehen in seinem Namen, und in dieser Lache Fisch fangen, in welcher unmöglich war, daß ein Fisch sich konnte aufhalten. Diese in Gegenwart vieles Volks gehen fischen, fangen die schönsten Fisch in dem Namen Christi, worüber die gemeinen Leut die Händ vor Wunder zusammen geschlagen, und dieses nit anderst, als für ein großes Wunder ausgeschrien, unwissend, daß vorhero diesen schlimmen Schelm die Fisch haben hinein geworfen. Ein anders Mal[273] begehrte der Herr Christus drei weiße und neugebackene Leib Brod von einer Bäuerinn, dessen sie sich auch entschuldiget, meldend, wie daß sie nit mehr, als zwei schwarze, und noch darzu altbackene Leib im ganzen Haus habe, und so ihm diese beliebig, so wölle sie ganz willfährig dieselben herbei bringen. Gehe hin, sagt Christus, zu dem Philipp, such in meinem Namen drei weiße Leib Brod in diesem Bach-Ofen, und bring sie her! Philippus vollzieht unverweilt den Willen seines Herrn Christi, und zieht mit höchster Verwunderung dieser Bäuerinn samt etlichen Nachbarn die schönsten drei Leib Brod aus dem Ofen, dergleichen im ganzen Dorf nicht anzutreffen. Es wußten die einfältigen Tropfen aber nit, daß einer aus diesen Betrügern solche ihnen unvermerkt in dem Ofen verborgen hatten. Auf eine Zeit hat sich dieser Christus mit seinen Apostlen nach Cästochov begeben, allwo eine weitberühmte Wallfahrt wegen des wunderthätigen Unser lieben Frauen-Bilds daselbst. Diese führten einen Schelm mit sich, der sich meisterlich konnte in die Possen schicken, als wäre er von vielen Teufeln besessen, dahero hin und her in die Wirthshäuser und Garkuchlen geloffen, das Fleisch aus den Häfen, das Brätl von dem Spieß gerissen, und Christo wie auch seinen Apostlen auf den Buckel geworfen, welche aber das hl. Kreuz-Zeichen darüber gemacht, und im Namen Christi dasselbige mit Gustu verzehrt. Als dazumalen eine vornehme Festivität zu Cästochov begangen wurde, worbei eine unglaubige Menge Volk erschienen, welche zur Zeugnuß ihrer Andacht gegen die Mutter Gottes sehr viel Geld auf den Altar geopfert, haben die Apostel diesen besessenen Menschen zu dem Altar geführet,[274] zum Schein, als wollte der Herr Christus daselbst die Teufel austreiben; da hat sich aber der Bösewicht mit allem Gewalt aus denen Händen der Aposteln gerissen, und nachmals alles Geld und häufiges Opfer gewaltthätig von dem Altar geraubet. Auch hat sich der listige Schalk gestellt, als schiebe er solches Geld in Busen; unterdessen aber hat er dieses in das Unterfutter des Rocks gestecket, welches mit allem Fleiß zu diesem Schelmenstuck also gemacht worden, einwendig aber in dem Hemmet des Busens hatte er zuvor um und um sehr viel kleine Steinl geschoben. Wie nun die Geistlichen dieses von dem Chor herab wahrgenommen, daß dieser Besessene alles Geld in Busen gestecket, also seynd sie eilfertig zugeloffen, und diesem Gesellen die Gürtel, welche er um die Lend hatte, ganz beherzet aufgelöst, der unfehlbaren Meinung, daß nachgehends das eingeschobene Geld sollte durchfallen. Sobald sie aber die Gürtel los und frei gemachet, siehe, da seynd mit großem Getöß und Raßlen lauter kleine Steinl herab gefallen, welches die guten Religiosen also bethört, daß sie beständig glaubten, die Teufel haben das Geld in Stein verkehrt. Unterdessen ist dieser schlimme Gast wieder entwichen, und bald darauf mit so guter Beut mit Christo und seinen Aposteln von dem Ort sich hinweg begeben, und ihre fernere Reis' genommen in die Dörfer. Wie sie dann bald zu einer Müllnerinn gelangt, von derselben in Abwesenheit ihres Manns eine saubere Leinwath begehrt, auf welcher der Herr Christus könnte celebriren. Solche hat sie auch gar treuherzig beigebracht. Weilen aber die schlimmen Gäst ein ganzes Stuck Leinwath in der Truhe wahrgenommen, also[275] haben sie, wohl unverschämte Apostel, auch diese begehrt, so aber die Müllnerinn abgeschlagen aus Forcht ihres Manns. Worüber der Herr Christus in etwas sich erzürnet und ihr gedrohet, es werde bald dessenthalben eine gebührende Straf über sie vom Himmel kommen. Unterdessen haben die Apostel einen brennenden Lunden samt einem Zunder ihr unvermerkt in die Truhe gestecket, worvon innerhalb etlichen Stunden eine schädliche Brunst entstanden. Als nun der Müller nach Haus kommen, ist ihm sein Weib mit weinenden Augen und zusammengeschlagenen Händen entgegen geloffen: O mein Mann, sagte sie, was siehst du nit für ein Unglück, ich bin halt also vom Himmel gestrafet worden, um weilen ich dem Herrn Christo mit seinen Aposteln, welche gestern bei mir die Einkehr genommen, habe das Stückel Leinwath abgeschlagen! o mein Gott! Was? sagt der Müllner, soll Christus bei dir seyn gewest? sollen die Apostel bei dir haben einkehrt? Er muß ein rechter Schelm seyn! Und hat alsobald die ganze Nachbarschaft versammelt, welche mit gesamter Hand und groben Prüglen diesem Christo und seinen Aposteln nachgeeilt, auch selbige in einem Bauern-Haus angetroffen. Sobald solches der Herr Christus wahrgenommen, so wend't er sich zu dem Petro, sprechend: Mein Peter, die Zeit meines Leidens nahet herzu, ich werde bald den bittern Kelch meiner Passion müssen trinken. Ja Herr, antwortet Petrus, so viel ich sehe, so wird es mir auch nit ausbleiben. Mein Peter, ich glaube, es sey zum allerrathsamsten, daß ich mich zu diesem Fenster hinaus reterire. Ja, mein Herr Christus, sequar te, quocumque ieris, »Ich will dir nachfolgen, wo[276] du immer hingehest.« Wie nun der Herr Christus mit seinen Apostlen aus gedachtem Fenster entrunnen, haben sie gleichwohl die schlauen Bauern noch ertappet, dieselben jämmerlich mit Prüglen empfangen, und den falschen Christum schier halben Theils zu todt geschlagen, auch noch diese höhnischen Wort hinzu gesetzet: Christe, prophezeie uns, in welchem Wald ist dieser Prügel gewachsen! Für solche Landlaufer, Müssiggeher und Faulenzer war diese ungebrennte Asche gericht', und soll man jetziger Zeiten nicht glimpflicher umgehen mit dergleichen Gesellen, welche allerlei Ränk und Schalkheiten ersinnen, damit sie nur der Arbeit nit in die Händ gerathen. Dergleichen Lumpen-Gesind auch die Zigeuner seynd, welche nicht ohne großen Schaden und Diebstahl alle Länder ausreisen mit dem gedichten Vorwand, als kommen sie aus Egypten, und müssen 7 Jahr lang hin und her wandern zu einer Buß, weilen sie der seligsten Jungfrauen Mariä mit ihrem göttlichen Kind, als sie in Egypten geflohen, einmal die Herberg geweigert haben. Es ist aber solches ein lauteres Gedicht und bloße Schalkheit; dann diese Leut haben das Egpytenland ihr Lebenlang nie gesehen, sondern ist ein solches zusamm gerottes Lottersgesind von allerlei müssigen Leuten, welche denen armen Bauers-Leuten mehresten Theils sehr überlästig, mit Klauben und Rauben ihren Unterhalt suchen, und mit ihrem Wahrsagen den einfältigen Pöbel bethören. Wessenthalben gar wohl die Satzungen Kaisers Caroli V. zu Augsburg auf dem Reichstag Anno 1549 geboten, daß man dergleichen Müssiggeher in Deutschland auf keine Weis' gedulden solle. Diese und alle Müssiggeher ins gemein seynd des[277] Judä Iscarioths des Erz-Schelm nahe Brüder und Anverwandte.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 2, S. 221-278.
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