[Abschied/ ach du herbes Wort]

[287] A-bschied/ ach du herbes Wort/

Welches meinen Sinn bestreitet/

Und an einen fremden Ort

Von Lisillens Schos mich leitet/

Wie verhaßt ist mir die Zung/

Auff der du geworden jung.[287]


B-itter ist der Galle Safft/

Bitter was aus Wermut quillet/

Was der schwartzen Pillen Krafft

Myrrh und Aloe verhüllet;

Doch dein Scheiden bildt mir ein/

Jenes müsse Zucker seyn.


S-chwer ists/ wenn der müde Geist

Sein gewöhnlich Hauß muß meiden/

Wenn der Lebens-Faden reist/

Und die besten Freunde scheiden/

Scheiden von Lisillens Zier

Kommt mir gleich beschwerlich für.


C-inthius/ wenn er entzieht

Unsrer Welt die göldnen Blicke/

Lässet alles/ was man sieht

Hinter sich betrübt zurücke;

Seht/ wie so in Trauren steht

Wenn Lisillens Sonn entgeht.


H-enckers Hände können nicht

Uber wenig Tage quälen:

Wer Lisillens sich entbricht/

Kan der Pein kein Ende zählen:

Qual und Sorge frist ihn ab/

Leben ist sein täglich Grab.


I-st gleich in der Todten-Zunfft

Der erblaßte Cörper kommen/

Bleibt ihm doch die Wiederkunfft

Zu der Selen unbenommen;

Ob Lisille mehr sieht mich

Wissen Glück und Zeit/ nicht ich.


D-och das Beste/ Lisilis/

Wollen wir zusammen hoffen.[288]

Wer weiß/ wo auff den Verdruß

Uns noch Glück und Heyl steht offen?

Gönne mir drauff einen Kuß

Eh ich dich verlassen muß.


Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 1, S. 287-289.
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