3. Scene.

[57] Jacobe. Gerlind.


GERLIND steht auf, geht hinüber nach der andern Seite. Ach, wär's nur schon vorbei! Dieses erzwungene Schweigen tödtet mich! Das Herz ist mir zu voll, ich fürchte es springt.

JACOBE geht auf sie zu und sieht ihr fest und ruhig in's Antlitz.

GERLIND will erst etwas sprechen, wendet aber dann den Kopf nach der andern Seite. Auch hierher folgt ihr Jacobe. Was starrst du mich so an? Bin ich ein Wunderthier? Ich mag das nicht leiden!

JACOBE. Na ja – 's ist richtig – geschwind, Fräulein, sagt mir, wer ist's?

GERLIND. Was soll das?

JACOBE. Na, mich betrügt ihr doch nicht, mir verhehlt ihr doch nichts, Fräulein, einer so alten Mutter Praktika. Geht, geht, wenn man verliebt ist, so ist man just am ungeschicktesten, Komödie zu spielen. Ich kenne das.

GERLIND. Verliebt?

JACOBE. Ach nein, ihr seid's nicht – ganz und gar nicht – nein, nein – dieses Erröthen und dieses Sich-Wegwenden – nein, das rührt von etwas ganz Anderem her – von der Hitze vielleicht – ich werde das Fenster öffnen – jaja, die Maisonne –

GERLIND. Rede nicht solche Thorheiten!

JACOBE. Theuerstes Fräulein Gerlind, ihr wißt, wie ich euch liebe: seit dem ersten Tage, da ihr auf[57] die Welt kamt – sprecht, wer ist's – ich bin ja eure beste Freundin – wer ist's, ein Fürst, ein Herzog? –

GERLIND schüttelt den Kopf.

JACOBE. Nun, ihr werdet mir nun und nimmer weiß machen, daß es ein Geringerer sei. Soll ich euch ehrlich sagen, Fräulein, wie ich von euch denke? Liebe? Pah, euer Herz weiß nichts von Liebe ... solche Augen lieben nicht, solche Augen, wie ihr sie besitzt, wollen nur herrschen – ihr strebt nach Höherem – ihr heirathet noch einmal einen alten, ganz reichen und hohen, hohen Herrn – und dann ärgert ihr ihn todt, mausetodt – dann seid ihr Fürstin. Aber mich müßt ihr zur Oberkämmerin machen, das müßt ihr mir versprechen.

GERLIND. Schweig, schweig, was redest du! – – Oder nein, komm her – ich will dir was sagen – so – erst gieb mir deine beiden Hände darauf, daß du mich nicht verrathen, daß du mich in Allem unterstützen wirst – so – weißt du, wen ich liebe? An ihr Ohr. Den zukünftigen Kaiser von Deutschland –

JACOBE. Allmächtiger, sie redet irre – es ist ihr zu Kopf gestiegen –

GERLIND. Schwöre mir, daß du mich unterstützen, mir helfen wirst, in Allem, was ich von dir verlange – auch gegen den Willen meiner Eltern. Drückt ihre Hände. Schwöre mir –

JACOBE. Jaja, ich schwör's beim Heiligen – nein, jetzt giebt's ja keine Heiligen mehr – ich schwör's – jaja, laßt mich nur los – ich schwör's – bei Allem – sie ist nicht ganz richtig – jaja, ich hab's ja geschworen schnell zu ihren Eltern. Rückwärts schnell ab.


Quelle:
Conrad Alberti: Brot! Leipzig 1888, S. 57-58.
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